341.769 Personen im Juli ohne Job - 10 Prozent mehr als im Jahr davor © APA - Austria Presse Agentur

Die schwache Wirtschaftslage bremst den Arbeitsmarkt weiterhin und hat im Juli zu einem Anstieg der Arbeitslosen geführt. Ende Juli waren 341.769 Personen beim AMS arbeitslos oder in Schulung gemeldet, im Vergleich zum Juli 2023 war das ein Plus von 31.187 Personen oder 10 Prozent, gaben das Arbeitsministerium und das AMS am Donnerstag bekannt. Die Arbeitslosenquote stieg um 0,5 Prozentpunkte auf 6,4 Prozent.

"Die Arbeitsmarktdaten sind ein Spiegelbild der schwächelnden Konjunktur", sagte AMS-Vorständin Petra Draxl. Besonders stark vom Anstieg der Arbeitslosigkeit betroffen waren die Warenproduktion (+18 Prozent) und der Bau (+13 Prozent), das sei ein Zeichen für rückläufige Investitionen. Aber auch der Tourismus (+12 Prozent) leide unter der schwachen Konjunktur insbesondere in Salzburg und Tirol. Die Menschen würden immer kurzfristiger buchen, auch die Fußball-EM in Deutschland dürfte viele Menschen angezogen haben, die sonst vielleicht in Österreich Urlaub gemacht hätten, räumte Draxl ein. Dazu komme der zurückhaltende private Konsum.

Eine Besserung der Arbeitsmarktlage zeichnet sich laut Draxl vorerst nicht ab. "Wir sind in einer wirtschaftlichen Stagnation und gerade im Bau und in der Industrie, hier vor allem im Automotivsektor, wird es zur Auflösung von Dienstverhältnissen kommen", sagte die AMS-Vorständin in einem Beitrag des Ö1-Mittagjournals. Die schwierige wirtschaftliche Situation dürfte sich bis in Jahr 2025 hineinziehen, sinkende Arbeitslosenzahlen dürfte es erst ab dem zweiten Halbjahr 2025 geben, erwartet Draxl.

Draxl sprach von Kündigungswellen, die auf Österreich zukommen würden. Das bemerke das AMS an den Beratungsterminen und an den Meldungen im Frühwarnsystem. Auch das Thema Kurzarbeit werde wieder stärker kommen, wobei sie das Instrument, wie auch Arbeitsminister Kocher, nicht als arbeitsmarktpolitische Maßnahme sieht, um konjunkturelle Schwankungen auszugleichen. Zuletzt sind die Pläne des Haushaltsgeräteherstellers Liebherr, im Herbst bis zu 960 Mitarbeiter im Produktions- und produktionsnahen Bereich in Kurzarbeit zu schicken, auf Skepsis gestoßen.

Von Arbeitslosigkeit waren im Juli mehr Männer und alternative Geschlechter (+11 Prozent) betroffen als Frauen (+9 Prozent). Bei Ausländerinnen und Ausländern (+14 Prozent) war der Anstieg der Menschen ohne Job doppelt so hoch wie bei Inländerinnen und Inländern (+7 Prozent). Wenig Unterschiede gab es diesmal beim Bildungsgrad: Personen mit maximal Pflichtschulausbildung (+10,5 Prozent) waren gleichermaßen von Arbeitslosigkeit betroffen wie Personen mit akademischer Ausbildung (+11 Prozent). Ältere Personen ab 50 Jahre (+9 Prozent) waren etwas weniger stark betroffen als Unter-25-Jährige (+10 Prozent).

Die schwächelnde Wirtschaftsentwicklung in Österreich hat sich auch am Stellenmarkt bemerkbar gemacht. Beim Arbeitsmarktservice waren Ende Juli 94.504 offene Stellen als sofort verfügbar gemeldet, ein Rückgang von 17 Prozent gegenüber dem Jahr davor. "Besonders starken Fachkräftebedarf sehen wir aktuell beispielsweise für Berufe im Bereich Elektroinstallation mit über 3.300 offenen Stellen", sagte Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP).

Auch am Lehrstellenmarkt gab es mit 7.871 sofort verfügbaren offenen Lehrstellen ein Minus von 7 Prozent. Dem gegenüber standen 9.426 Lehrstellensuchende, um 9,5 Prozent mehr als Ende Juli 2023. Die Lehrlinge im ersten Lehrjahr sind mit rund 4 Prozent leicht rückläufig. Derzeit werden in den österreichischen Unternehmen 87.902 Lehrlinge ausgebildet, 28.861 davon im ersten Lehrjahr. "Die Entwicklung zeigt, dass die betriebliche Lehrlingsausbildung als quantitativ wichtigster Bildungsweg, um Fachkräfte auszubilden, zahlenmäßig weiterhin relativ stabil bleibt. Das ist angesichts des hohen Fachkräftebedarfs wichtig und gleichzeitig auch eine Bestätigung für die Stabilität unseres international hoch anerkannten Lehrlingsausbildungssystems", so Kocher.

Der ÖGB nahm die Arbeitslosenzahlen zum Anlass, erneut eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes auf 70 Prozent zu fordern. Die Arbeiterkammer (AK) will unter anderem mehr Geld und Personal im AMS für bessere Beratung und passgenauere Vermittlung sowie das Forcieren von Fachkräfteausbildungen. Die Arbeiterkammer Kärnten verurteilte angesichts der neuesten Arbeitsmarktdaten die vom Bund vorgesehenen Budgetkürzungen beim AMS um 94 Mio. Euro. Alleine im südlichsten Bundesland würden bei Umsetzung 10 Mio. Euro fehlen. "Als die Kürzungen geplant wurden, gingen Expertinnen und Experten von sinkenden Arbeitslosenzahlen aus. Die Situation hat sich jedoch merklich verändert, eine Einschränkung der Leistungen klingt jetzt grotesk", warnte AK-Kärnten-Chef Günther Goach in einer Aussendung mit Verweis auf schwache Konjunkturprognosen vor negativen Folgen der Einsparungen "für die gesamte Wirtschaft".

Die Oppositionsparteien SPÖ und FPÖ sind im Wahlkampfmodus und üben Kritik an der Regierung. "Es ist doch eindeutig sichtbar, dass die Arbeitslosigkeit im Steigen ist und die Wirtschaft durch die Unfähigkeit und Willenlosigkeit von ÖVP und Grünen den Bach runtergeht", so FPÖ-Klubobmannstellvertreterin und freiheitliche Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch laut einer Aussendung. Auch SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch zeigte sich besorgt über die Job-Entwicklung und kritisiert die "grottenschlechte Wirtschaftspolitik von ÖVP und Grünen". "Was jetzt droht, ist die weitere Insolvenz von Betrieben, denen finanziell die Luft ausgeht, und die Abwanderung von Unternehmen", sagte Muchitsch.