Bürgermeister Michael Ludwig musste mit einem Notkredit aushelfen © APA - Austria Presse Agentur
Der Wiener Stadtrechnungshof hat die Liquiditätskrise der Wien Energie im Sommer 2022 untersucht und keine spekulativen Geschäfte feststellen können. Das Energieunternehmen habe "weder auf fallende noch auf steigende Strompreise gesetzt, sondern mit der langfristigen Absicherung der Energiepreise Vorsorge gegen künftige Preisschwankungen" getroffen, hieß es in dem am Mittwoch veröffentlichten Bericht. Auf den immensen Preisauftrieb war die Wien Energie aber nicht vorbereitet.
Die Wien Energie musste im vergangenen Jahr für den Börsenhandel mit Strom und Gas infolge der Preissprünge exorbitant hohe Sicherheiten hinterlegen. Das Unternehmen konnte diese ab dem Sommer nicht mehr aus eigener Kraft aufbringen. Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) stellte deshalb ab Juli per Notkompetenz insgesamt 1,4 Mrd. Euro bereit.
Der Stadtrechnungshof äußerte sich nun auf Ersuchen des Grünen Klubs im Wiener Rathaus zu dem Geschäftsgebaren und dem Risikomanagement der Wien Energie. In dem Bericht stellten die Prüfer nun fest, das Festhalten der Wien Energie an den Börsengeschäften könne in Anbetracht der Zielsetzung "Stabilisierung von Preisen und Ergebnissen über einen längeren Zeitraum" und der damit verbundenen erhöhten Planungssicherheit "nicht als Spekulation betrachtet" werden.
Außerdem konnte der Stadtrechnungshof "kein Managementversagen der Geschäftsführung" erkennen. Die erheblichen Preisverwerfungen am 26. August, die zu den "massiven Liquiditätsproblemen" führten, war nach Ansicht des Stadtrechnungshofs in diesem Ausmaß nicht vorhersehbar. Die Wien Energie sei bis zu diesem Zeitpunkt davon ausgegangen, das "Liquiditätsrisiko durch die Geschäfte an Energiebörsen - auch mithilfe der Stadt Wien - beherrschen" zu können.
Empfehlungen sprachen die Prüfer in Sachen energiewirtschaftlichen Risikomanagement des Unternehmens aus. Dieses sei zwar grundsätzlich angemessen gewesen, es werde aber die Einrichtung eines freiwilligen Prüfungsausschusses im Aufsichtsrat der Wien Energie zu prüfen sein, hieß es in dem Bericht. Es habe keine "kritische Diskussion des Geschäftsmodells bzw. des Risikomanagements gegeben", kritisierte der Stadtrechnungshof.
Die Wien Energie sieht sich in ihrem Handeln bestätigt. "Wien Energie ist aktuell das wohl am besten geprüfte Unternehmen Österreichs. Ich bin froh, dass auch der Stadtrechnungshof jetzt auch nochmals klargestellt hat, dass unser Energiehandel korrekt und unser Vorgehen damals alternativlos war", so Michael Strebl, Vorsitzender der Wien Energie-Geschäftsführung, in einer Aussendung. Für die Zukunft wolle man besser vorbereitet sein.
Die FPÖ Wien blieb ungeachtet des Rechnungshofberichts bei ihrer Kritik, die Wien Energie habe spekuliert. "So wird etwa deutlich hervorgestrichen, dass die Wien Energie als Spekulationsdrehscheibe trotz Ukraine-Krieg und Marktverwerfungen ihre hochvolatilen Börsengeschäfte verdoppelt bis verdreifacht haben, während andere Markteilnehmer ihre Geschäftsmodelle adaptiert haben", teilten die Freiheitlichen mit. Der Wiener FPÖ-Klubobmann Maximilian Krauss fordert ein "gerichtliches Nachspiel".
Die ÖVP kritisiert, dass die Wien Energie und die Stadt Wien erklärt hatten, sie hätten nur wenig Zeit und keine Alternative zur Notkompetenz des Bürgermeisters gehabt. Diese Erklärung würde durch den Stadtrechnungshof widerlegt, so Klubobmann Markus Wölbitsch.
Für die Wiener Grünen stellte der Stadtrechnungshof ein schlechtes Zeugnis für das Risikomanagement aus. "Putins Krieg gegen die Ukraine und die explodierenden Energiepreise haben die Verantwortlichen der Stadt offensichtlich kalt gelassen", so der grüne Klubobmann in Wien, David Ellensohn, laut Aussendung.