Die schwarz-rote Tiroler Landesregierung will mit einer Novelle der Tourismusfinanzierung - und damit auch der Tourismusabgabe - die Wirtschaft ab 1. Jänner 2025 um 10 Mio. Euro entlasten. Tourismusfernere Berufs- und Beitragsgruppen bzw. Unternehmer sollen im Schnitt rund ein Viertel weniger bezahlen müssen, einzelne davon um bis zu 50 Prozent weniger. Im Gegenzug wird die Mindestortstaxe für Gäste ab Dezember 2024 von 1 Euro auf 2,60 Euro pro Gast und Nacht erhöht.

Damit gelinge es die derzeit bestehende "Schieflage auszugleichen", die bisher zwischen Gästen und den rund 80.000 Tourismusabgabe zahlenden Tiroler Unternehmern bestanden habe, erklärte Wirtschafts- und Tourismuslandesrat Mario Gerber (ÖVP) am Montag bei einer Pressekonferenz im Innsbrucker Landhaus. "Es sind nämlich auch die Gäste, die von der Infrastruktur in Tirol profitieren", sagte Gerber und nannte dabei etwa Freizeiteinrichtungen, Kultur und Sport. Mit der Mindest-Ortstaxe, die zusätzlich zu den Übernachtungskosten zu entrichten ist, befinde man sich europaweit gesehen außerdem immer "noch sehr weit unten." Dass Gäste deshalb ausbleiben, glaube er nicht, so Gerber: "Die Konkurrenzfähigkeit der Unterkünfte ist dadurch nicht in Frage gestellt."

In sieben Beitragsgruppen eingeteilt, sollen jedenfalls nur mehr die Gruppen I und II wie bisher voll Tourismusabgabe zahlen. "Das sind beispielsweise Beitragsgruppen, die sehr stark vom Tourismus profitieren, etwa die Seilbahnen in Beitragsgruppe I", führte der Landesrat aus. Nutznießer sollen aber alle Tiroler Unternehmen und Selbstständige sein. "Wir führen auch einen Freibetrag von 2.500 Euro ein, bis zu dem überhaupt keine Tourismusabgabe zu entrichten ist", betonte der Tourismuslandesrat. Zudem wolle man das Service für Unternehmer deutlicher verbessern, etwa mit einem Ausbau "zu einer Servicestelle für beitragspflichtige Unternehmen", hielt Gerber fest.

Außerdem biete man künftig "mehr Transparenz bei den Vorschreibungen" für die Tourismusabgabe und schlüssle dort auch den "Einsatz der Mittel genau auf". Auch "Berufsgruppen" wolle man adaptieren. "Es gibt Berufsgruppen, die ausgedient haben und solche, die neu dazukommen werden", meinte Gerber.

Mit der Novelle, die noch im Landtag beschlossen werden muss, gelinge jedenfalls die "Quadratur des Kreises", schloss sich Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) an eine Formulierung von Gerber an. "Es ist ein Faktum, dass Gäste und Einheimische gleichermaßen vom Tourismus profitieren", sagte Mattle. Mit der künftig reformierten Tourismusfinanzierung sei gewährleistet, dass Einheimische und Gäste auch künftig "Wohlstand, Arbeit und Entwicklungsmöglichkeiten" in Tirol vorfinden werden.

Die vorgestellte Novelle führte unterdessen zu einer äußerst reservierten Reaktion aus dem "schwarzen Lager." "Die geplante Änderungen gehen nicht weit genug", ließ Wirtschaftskammerpräsidentin und ÖVP-Wirtschaftsbundobfrau Barbara Thaler wissen. Trotz einiger positiver Ansätze gehe die angekündigte Reform an den "tatsächlichen Bedürfnissen der heimischen Wirtschaft vorbei", meinte sie. Die Wirtschaftskammer stehe "grundsätzlich hinter der Tourismusabgabe", betonte Thaler. Eine umfassende Veränderung sei aber dringend notwendig. "Als Wirtschaftskammer haben wir der Politik bereits eine Reihe entsprechender konkreter Vorschläge gemacht. Dass diese in der geplanten Novelle nicht in dem erforderlichen Maß berücksichtigt wurden, ist eine vertane Chance, die knapp 100 Jahre alte, komplizierte Abgabe in eine moderne Infrastrukturfinanzierung umzuwandeln", übte sie recht deutliche Kritik. Die kurzfristige Entlastung sei "okay", reiche aber nicht aus und verpuffe durch die Inflation schnell. Thaler plädierte unter anderem für eine Reduktion um bis zu 50 Prozent der Gesamtsumme, gestaffelt über die nächsten fünf Jahre, sowie eine "faire Neugestaltung der Aufenthaltsabgabe." Die Wirtschaftskammerchefin kündigte jedenfalls an, im Zuge der Begutachtung weiter vehement auf die eingeforderten Maßnahmen zu pochen.

Auf wenig Begeisterung stieß die Novelle auch bei den Oppositionsparteien Grüne und NEOS. Die Öko-Partei bemängelte etwa, dass "keine ökologischen Nachhaltigkeitskriterien" eingearbeitet worden seien. "Wir haben im vergangenen Jahr Ideen eingebracht. Alle waren der Regierung entweder zu ökologisch oder zu viel Arbeit: die Höhe der Abgabe nach Anreiseart zu staffeln, sodass Bahn- und Radfahrer weniger zahlen und es den Unternehmen frei stellen, ob sie ihre Pflichtabgabe lieber dem öffentlichen Verkehr in ihrer Region zur Verfügung stellen wollen", zählten Klubobmann Gebi Mair und Tourismussprecherin Landtagsabgeordnete Petra Wohlfahrtstätter auf.

Noch schärfer die Kritik der NEOS. Gerber sei mit der Reform der Tourismusabgabe "krachend gescheitert", befand Landessprecher und Klubobmann Dominik Oberhofer. Es handle sich um "nichts weiter als eine Augenauswischerei." "Das was Gerber hier vorgelegt hat, ist eine Mehrbelastung für die Vermieter:innen in diesem Land, in dem die Ortstaxe erhöht wird. Ob das in Zeiten, in denen die Gäste immer preissensibler werden, das richtige Signal ist, muss bezweifelt werden", argumentierte Oberhofer in einer Aussendung und zog den Schluss: "Die ÖVP ist keine Wirtschaftspartei mehr, sondern eine Belastungspartei." Gleichzeitig erneuerte er die pinke Forderung, dass die Abgabe gestrichen werden müsse. Stattdessen sollten Tirol Werbung und Tourismusverbände aus dem Budget finanziert werden.

Die Tourismusabgabe wird in Tirol von allen Unternehmen, die direkten oder indirekten wirtschaftlichen Nutzen aus dem Tourismus ziehen, seit 1927 eingehoben. Als Berechnungsgrundlage dafür wird der Umsatz des jeweiligen Unternehmens herangezogen. Sie war in den vergangenen Jahren - auch da sie in dieser Form österreichweit einzigartig ist - in die Kritik geraten. Vor allem die regierende ÖVP verwies aber stets darauf, dass es sich bei der Tourismusabgabe um "ein nachhaltiges und von vielen beneidetes Tourismusfinanzierungssystem" handle mit dem beispielsweise Gästewerbung, öffentlicher Verkehr oder Freizeitattraktionen finanziert werden. Besonders schlagzeilenträchtig: Der bekannte Autor Felix Mitterer kehrte Tirol mutmaßlich aufgrund der auch für ihn zu entrichtenden Tourismusabgabe den Rücken.

(APA)