Bunte Vielfalt bringt schwarze Zahlen

NEW BUSINESS Guides - BILDUNGS- & KARRIERE-GUIDE 2024
Bei Helvetia zählen Qualifikation, Einzigartigkeit und Begeisterung. Name, Alter, Religion oder ­Nationalität sind nicht relevant. © Helvetia

Helvetia setzt auf Diversität. Dafür geht die Versicherung mit Schweizer Wurzeln innovative Wege im Recruiting, berichtet Thorid Braunstein, Teamleiterin Unternehmens- & Personalentwicklung.

„Vielfalt macht Unternehmen erst zukunftsfit“, ist Thorid Braunstein überzeugt. Sie leitet bei Helvetia Österreich die Bereiche Unternehmens- und Personalentwicklung. In dieser Funktion fallen u. a. das österreichweite Recruiting und die Förderung von Talenten in ihren Verantwortungsbereich. Dass berufliche Potenziale entfaltet werden, ist ihr ein Anliegen, und entsprechend geschult ist ihr Blick auf Entwicklungsmöglichkeiten.

Hier kommt die Diversität zum Zug: In der Arbeitswelt bedeutet Vielfalt, dass Gemeinsamkeiten und Unterschiede existieren und respektiert werden. Es braucht ein Umfeld, in dem Geschlecht, Herkunft, körperliche Beeinträchtigung oder sexuelle Orientierung keine Rolle spielen, damit wahre Talente gelebt und entwickelt werden können.

(K)eine Frage der Gerechtigkeit 
„Die Förderung von Talenten mit unterschiedlichen Hintergründen ist nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, sie hat auch Business-Priorität“, erzählt Braunstein. ­Mitarbeitende gestalten Produkte und bieten Services an für Kund:innen, die einzigartig sind. Wenn es einem Unternehmen gelingt, diese Vielfalt auch intern abzubilden, kann es den ­Wünschen seiner Zielgruppen besser gerecht werden. Unterschiedliche Blickwinkel auf Problemstellungen sind die Basis für Innovationen, davon ist die erfahrene Recruiterin überzeugt.

Auch mit Blick auf die drohende Personallücke ist gelebte Diversität ein wichtiger Hebel der Talentgewinnung. Unterschiedliche Ansichten führen zu positiver Reibung und neuen Ideen. Daher ist es erklärtes Ziel von Helvetia, bereits im Recruiting-Prozess anzusetzen und möglichst viele Menschen mit ihren Stellenausschreibungen zu erreichen. 

Mit diesem Gedanken hat Helvetia 2019 österreichweit als erstes Unternehmen das Projekt „Blind Recruiting“ lanciert. Personenbezogene Daten werden weggelassen, Qualifikation und Motivation stehen im Zentrum. Bei der Umsetzung ging Helvetia noch einen Schritt weiter und ließ auch die erste Bewerbungsrunde mit Vorhang zwischen den Gesprächspart­ner:innen stattfinden. „Die Resonanz war sehr positiv“, zieht Thorid Braunstein Resümee, ergänzt jedoch, dass der Erfolg sich anders eingestellt hat, als erwartet.

Beurteilen, ohne zu bewerten 
„Wir haben die Erfahrung gemacht, dass alleine die Bereitstellung dieser Option ausreicht, um vielfältigere Bewerbungen zu erhalten – auch wenn sich viele Kandidatinnen und Kandidaten letztlich für den klassischen Weg entscheiden“, berichtet Braunstein. Als Motiv wird häufig genannt, dass die Personen sich keine Sonderbehandlung wünschen. „Wir begrüßen das Selbstbewusstsein, mit dem viele Bewerber und Bewerberinnen in die Gespräche gehen. Aber auch hier gibt es noch einiges zu tun“, räumt Thorid Braunstein ein.

Strukturelle Nachteile, Probleme mit der Vereinbarkeit mit familiären Verpflichtungen und unbewusste Vorurteile tragen ihren Teil dazu bei, dass der Wandel nicht schnell genug passiert. „Wir sind Teil eines größeren Systems, das sich nur langsam ändert. Umso wichtiger ist es, hier anzuknüpfen und immer wieder Maßnahmen zu ergreifen“, berichtet sie. Das anfängliche Pilotprojekt „Blind Recruiting“ hat sich mittlerweile zum etablierten Bewerbungskanal „Anonyme Bewerbung“ entwickelt. 

Ein Zeichen gegen Voreingenommenheit
Die Teamleiterin richtet ihren Blick auch auf die Unternehmensentwicklung und thematisiert unbewusste Vorurteile in einer internen Kam­pagne. „In Mustern zu denken ist oft Grundlage für diskriminierendes Verhalte  – selbst wenn es womöglich unbewusst stattfindet“, erklärt sie. Die wichtigsten Bias hat Helvetia in einem Erklärvideo veröffentlicht und setzt damit ein aktives Zeichen nach außen.

Für Mitarbeitende und Führungskräfte wurden spezielle Lernprogramme lanciert, die sich mit Wahrnehmungsprozessen befassen. Die erlernten Strategien sollen Vorurteile, die oft Grundlage für diskriminierendes Verhalten sind, im Arbeitsalltag reduzieren – und letztlich zu mehr Vielfalt im Büro beitragen. (RNF)