3D-Druck boomt weiterhin. Immer mehr produzierende Unternehmen erkennen den die Möglichkeiten der Technologie. © kjpargeter/Freepik
3D-Druck erobert neue Fertigungsbereiche
Wie kann moderne Produktion funktionieren, wenn Produkte in kleiner Stückzahl gefertigt werden sollen? Und was ist, wenn sehr spezifische Kundenwünsche zu berücksichtigen sind und im Extremfall jedes fertige Produkt ein maßgeschneidertes Einzelstück sein soll? Hier kommen immer öfter ausgelagerte Spezialisten zum Zug, die bis zur Losgröße eins jeden Wunsch ihrer Kunden erfüllen.
3D-Druck ist schon seit langem in aller Munde, mittlerweile hat die Technologie aber einen regelrechten Siegeszug angetreten. Denn: Die Produktion industrieller Güter wird in Zukunft ganz anders ablaufen als bisher. „Verschiedene Arbeitsschritte werden vernetzt, eine intelligente und durchgängige IT sorgt für mehr Effizienz, auch bei kundenindividuellen Wünschen und daher kleinen Stückzahlen“, erklärt Detlef Gerhard, Dekan der Fakultät für Maschinenwissenschaften und Betriebswissenschaften der TU Wien und Mitinitiator der Pilotfabrik Industrie 4.0 der TU Wien. „Eine durchgängige Datenverarbeitung kann alle Schritte von der individuellen Konfiguration und Bestellung eines Produkts über notwendige konstruktive Anpassungen bis hin zur Teilefertigung und Montage automatisch miteinander verbinden.“ „Unsere Pilotfabrik ist ein zentraler Träger im Gerüst der TU-Aktivitäten bei Industrie 4.0“, ergänzt Johannes Fröhlich, Vizerektor für Forschung und Innovation der TU Wien. Verknüpft damit sei die Arbeit im K1-Zentrum Austrian Center for Digital Production, in dem an der Virtualisierung der Produktion, an flexibler Automation und Maschinenkommunikation geforscht wird. „Zur Kompetenzvertiefung bieten wir mit dem DigiTrans-4.0 Innovationslehrgang eine wichtige Möglichkeit zur Schulung von Firmen“, so Fröhlich.
„In der digitalisierten Fabrik gilt der alte Gegensatz zwischen günstiger Fließbandproduktion und teuren Einzelstücken nicht mehr. Wir werden dann etwa unser Auto ganz nach unseren Wünschen zusammenstellen können, statt zwischen vorgefertigten Modellen zu wählen – vom Design über den Motor bis zur Innenausstattung. Heimische Unternehmen erproben die digitale Produktion von morgen bereits heute in unseren Pilotfabriken, ohne ihren eigenen Betrieb zu stören. So können wir neue Produktionsmethoden entwickeln und Arbeitsplätze in Österreich schaffen“, erläutert Infrastrukturminister Jörg Leichtfried.
Welche Arbeitsschritte müssen demnächst erledigt werden? Wie kann man sie möglichst effizient zusammenfassen? Kann man die Reihenfolge der Schritte so wählen, dass Zeit und Energie gespart werden und die Maschinen optimal ausgelastet sind? Solche Entscheidungen lassen sich in einer modernen Fabrik nicht von Menschen treffen, dafür sei das Gesamtsystem zu kompliziert. Aber mit moderner Datenverarbeitung würden sich ganz neue Möglichkeiten eröffnen. Das Ziel sei es, die Losgröße eins zu den gleichen Kosten wie eine großvolumige Produktion zu realisieren. Moderne Produktionsplanung und Industrie-4.0-Strategien würden nun an der TU Wien anhand der Produktion von 3D-Druckern untersucht. „Das ist ein Produkt, das sich für unsere Zwecke sehr gut eignet“, meint Gerhard. „Es ist komplex genug, um als Beispiel für die vorher genannten Fragestellungen zu dienen, es vereint mechanische Komponenten mit elektrischen Antrieben, Elektronik und Software zur Steuerung und kann in vielen unterschiedlichen Varianten produziert werden, etwa in verschiedenen Größen oder mit unterschiedlichen Druckköpfen. Das bringt entsprechende Herausforderungen für die Planung des Produktionsprozesses mit sich.“
Zukunftsszenarien durchspielen
„Seit mehr als sieben Jahren sind innovative Fertigungstechnologien ein zentraler Förderschwerpunkt, den die FFG für das bmvit abwickelt. Herzstücke dieser Bemühungen sind Pilotfabriken, wie sie gerade an der TU Wien, an der TU Graz und an der Johannes-Kepler-Universität Linz eingerichtet werden. Wir erwarten, dass Pilotfabriken eine aktive Rolle in den ganz zentralen Innovations-, Technologie- und Forschungsbereichen der Zukunft, nämlich Digitalisierung, Robotik und Automatisierung, einnehmen werden, und wir wünschen der Pilotfabrik der TU Wien viel Erfolg“, sagt Klaus Pseiner, Geschäftsführer der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft FFG. Zusätzlich zu den Pilotfabriken bietet die FFG auch weitere Förderformate für diese Zukunftsthemen.
„Uns war es wichtig, der Pilotfabrik in unserem Technologiezentrum einen raschen Start zu ermöglichen. Durch das Zusammenspiel mit den bereits ansässigen Weltkonzernen wie HOERBIGER oder Opel und den dynamischen Technologie-Start-ups hat sich die Seestadt bereits zu einem österreichweiten Zentrum für die Erforschung und Umsetzung von Lösungen für die Industrie 4.0 entwickelt“, sagt Gerhard Hirczi, Geschäftsführer der Wirtschaftsagentur Wien.
Neben der durchgängigen Datenverarbeitung, die alle Prozessschritte miteinander verbindet, gibt es noch einen weiteren Kernpunkt, der für das Umsetzen einer effizienten Produktion entscheidend ist und in der Pilotfabrik erforscht wird. Die Fabrik hat einen „digitalen Zwilling“, somit können am Computer alle Abläufe in der Fabrik virtuell simuliert werden. „Nur, wenn man schon im Voraus Änderungen an Produktionsprozessen simulieren und Alternativen durchspielen kann, lassen sich die Prozesse optimal gestalten“, erklärt Gerhard. Darüber hinaus gibt es viele weitere Forschungsthemen, die in der Pilotfabrik untersucht werden – dabei geht es um die Kommunikation zwischen Maschinen, um kollaborative Robotik, aber auch um Sicherheitsaspekte und die Frage, wie das umfangreiche Datenmaterial, das in einer automatisierten Fabrik anfällt, optimal ausgewertet werden kann, um möglichst großen Nutzen daraus zu ziehen.
Lehrlinge im 3D-Fieber
Unter Federführung der FH Technikum Wien konstruierten auch Lehrlinge von Böhler Edelstahl, einer Tochtergesellschaft des voestalpine-Konzerns, am Unternehmensstandort Kapfenberg im Sommer eine digitale Minifabrik. Konzept, Komponenten, Motoren, Sensoren und Mikroprozessoren wurden vom Studiengang für Mechatronik und Robotik der FH Technikum zur Verfügung gestellt. Auf der im Stil eines Makeathons errichteten Produktionsanlage fertigten die Jugendlichen wie in einer echten Fabrik ein funktionsfähiges Produkt, nämlich Fidget-Spinner, kleine Spielzeuge aus Präzisionsteilen, besser bekannt als Handkreisel. Die Lehrlinge implementierten dabei sämtliche Schritte einer realen Produktion – von der Planung der Bauteile am Computer, ihrer Herstellung mit dem 3D-Drucker bis hin zur Verpackung und Etikettierung der fertigen Fidget-Spinner unter smarten Produktionsbedingungen.
„Ziel unserer Kooperation war es, talentierten Lehrlingen aus einem renommierten Industriebetrieb praxisnahes Know-how zu digitalen Produktionsprozessen zu vermitteln, weil Industrie 4.0 auch in der realen Produktion zunehmend an Bedeutung gewinnt. Die Unternehmen brauchen daher entsprechend ausgebildete Fachkräfte“, erklärt Erich Markl, Leiter des Instituts für Advanced Engineering Technologies der FH Technikum Wien.
Eine Einschätzung, die Franz Rotter, Vorstandsmitglied der voestalpine AG und Leiter der High Performance Metals Division, teilt: „Hoch qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bilden die Basis für unseren internationalen Unternehmenserfolg. Daher hat insbesondere die Vorbereitung zukünftiger Fachkräfte auf eine zunehmend digitale und vernetzte Arbeitswelt bei uns schon während der Lehrlingsausbildung oberste Priorität. Die digitalen Kompetenzen unserer Lehrlinge zu fördern und sie mit den Technologien von morgen vertraut zu machen, war auch das Ziel des diesjährigen Projekts ‚Digitale Lernfabrik‘ unserer Tochtergesellschaft Böhler Edelstahl in Kapfenberg“, so Rotter.
Erfahrungen direkt sammeln
Im Zuge des einwöchigen Projekts erstellten zwei Mal 30 Lehrlinge von Böhler Edelstahl im dritten Ausbildungsjahr – darunter Zerspanungstechniker, Elektrotechniker, Maschinenbautechniker und Werkstofftechniker – in jeweils sechs Teams eine Roboter- oder Produktionsstation, die es dann miteinander zu vernetzten galt. „Diese besondere Herausforderung haben die Lehrlinge mit Bravour gemeistert. Die Inbetriebnahme hat hervorragend geklappt“, freut sich Corinna Engelhardt-Nowitzki, Leiterin des Studiengangs Mechatronik und Robotik an der FH Technikum, die auch das didaktische Konzept dafür entwickelt hat.
Die FH Technikum Wien möchte die Lehrlingsausbildung im Bereich Industrie 4.0 forcieren und betrachtet die Kooperation mit Böhler Edelstahl als einschlägiges Pilotprojekt. „Für uns ging es auch darum, Erfahrungen zu sammeln, um an der Weiterentwicklung der Lehrlingsausbildung, für die Österreich noch immer weltweit beneidet wird, mitzuarbeiten und sie für die Herausforderungen von Industrie 4.0 fit zu machen“, erläutert Markl abschließend.
3D-Druck am Bau
Konische, konkave und konvexe Formen sowie aufwendige Rundungen zählen zu den größten Herausforderungen in der baulichen Umsetzung, sie geben Gebäuden aber ihre unverwechselbare Charakteristik und Formschönheit. Mit bestehender Technik können diese Formen nur schwierig oder zu hohen Kosten realisiert werden. Während sich 3D-Druck in der Metallbranche bereits durchsetzt, betritt der Overtec-Geschäftsführer und Unternehmer Sebastian Hilscher mit diesem Thema Neuland in Österreich und produziert die ersten 3D-gedruckten Bauteile aus Beton. Geschoßhohe Elemente kann er bereits produzieren, die damit optimal für den Einsatz bei modernen Gebäuden als Fassade oder Fertigteil geeignet sind.
Während international an Druckmodellen für ganze Häuser experimentiert wird, beschäftigt sich Hilscher hierzulande mit konkreten Bauelementen und Oberflächen, die schon in wenigen Monaten auf den Markt kommen sollen. Vor allem Architekten profitieren von mehr Planungsfreiheit, aber auch Bauherren können sich auf niedrigere Kosten freuen. Zu den ersten Produkten, die Hilscher anbieten möchte, zählen Schacht-, Brüstungs- und Oberflächenelemente sowie flexibel gestaltete Innenraumelemente, mit denen die Raumeffizienz erhöht werden soll.
Seit wenigen Wochen druckt Hilscher in der Produktionsstätte im oberösterreichischen Attnang-Puchheim auf dem vier Meter großen und 1,8 Tonnen schweren 3D-Drucker erste Elemente – zur großen Zufriedenheit des innovativen Unternehmers. Im Frühjahr 2018 möchte er die ersten Elemente serienreif ausliefern.
Marktbedürfnisse erkannt
„Als Familienunternehmen mit 20-jähriger Geschichte erkennen wir die Bedürfnisse des Markts sehr gut. Mit dem 3D-Druck möchten wir der Architektur neue Gestaltungsmöglichkeiten zu einem attraktiven Preis bieten: Im 3D-Drucker macht es keinen Unterschied, ob wir gerade oder flexible Formen produzieren“, fasst der Unternehmer zusammen.
Der Hersteller von 3D-Druckern Ultimaker hat bei der TCT-Show seine neue Softwarestrategie angekündigt. Das Unternehmen will die Software in den Mittelpunkt seiner Strategie stellen, indem regelmäßige Software-Upgrades veröffentlicht werden, welche die vorhandene Hardware kontinuierlich verbessern. Dies macht Ultimaker zu einer zukunftssicheren Lösung, die im Lauf der Zeit für Benutzer und Unternehmen immer bessere Ergebnisse liefert. Die ersten beiden Software-Updates sind Ultimaker Cura und Cura Connect. Ultimaker Cura wurde Mitte Oktober vorgestellt und bietet eine leistungsstarke, unkomplizierte Lösung zur Vorbereitung von Dateien für die digitale Fertigung.
Zu den Vorteilen zählen unter anderem die Erweiterung des Ultimaker-Ökosystems durch Software-Upgrades, die die Möglichkeiten der Hardware verbessern, die Integration mit führender Design- und Engineering-Software, die bedeutet, dass Unternehmen neue, auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Arbeitsabläufe erstellen können, sowie die Bereitstellung einer nahtlosen Workflow-Integration zwischen branchenüblichen CAD-Anwendungen wie SolidWorks und Siemens NX.
Druckerverwaltung via Software
Cura Connect ermöglicht es Benutzern, eine Reihe von 3D-Druckern von Ultimaker zu verwalten und eine zugängliche Lösung für Prototypentwicklung, Werkzeugbau und Kleinproduktionen zu schaffen. Mit dieser wegweisenden Branchenlösung können Anwender Druckaufträge planen, in die Warteschlange stellen und überwachen, um die Effizienz der 3D-Drucker von Ultimaker zu maximieren.
„Auch Kunden, die den ersten Ultimaker 3 gekauft haben, profitieren von den neuen Softwarelösungen in Ultimaker Cura – jetzt und in der Zukunft. Wir sind stolz darauf, zukunftsweisende Lösungen bieten zu können. Ultimaker Cura eröffnet die Möglichkeit einer Drittanbieter-Plug-in-Entwicklung, die eine nahtlose Workflow-Integration mit branchenüblicher CAD-Software ermöglicht, um den 3D-Druck noch zugänglicher zu machen“, erklärt Paul Heiden, Senior VP of Product Management bei Ultimaker.
Siert Wijnia, Gründer von Ultimaker, fährt fort: „Darüber hinaus werden wir kontinuierlich neue Anwendungen für unsere 3D-Drucker entwickeln und eine noch integriertere Lösung für unsere eine Million Cura-Anwender schaffen, unter denen professionelle Designer, Ingenieure, Forscher und Hersteller sind. Dies hilft Benutzern, das Beste aus ihrem Ultimaker-3D-Drucker herauszuholen.“
Komplettes Ökosystem
3D Systems zeigte auf der EMO Hannover 2017, wie Kunden seine End-to-End-Lösungen für die additive Fertigung einsetzen, um Designs zu optimieren, Workflows zu verbessern, Produkte schneller auf den Markt zu bringen und Fertigungsabläufe zu transformieren.
3D Systems bietet mittlerweile ein komplettes Ökosystem, das Metall-und Kunststoff-3D-Drucker für die additive Fertigung, Druckmaterialien, Software und On-Demand-Fertigungsleistungen umfasst. Das sich stetig erweiternde Spektrum der Kunden wird durch ein umfangreiches Partnernetzwerk unterstützt, das den Anwendern bei der Verbesserung ihrer Produktionsergebnisse und bei der Integration von additiver Fertigung ins Unternehmensgeschäft zur Seite steht.
So präsentierte das Unternehmen unter anderem die neuen LaserForm-Metallwerkstoffe für die Erzeugung von Präzisionsmetallteilen im Gesundheitswesen, in der Luft- und Raumfahrt, im Bereich Dental und anderen Anwendungsgebieten. Dabei zeigte der Konzern, wie sich traditionell gefertigte Metallteile mithilfe des Additive-Manufacturing-Lösungsportfolios von 3D Systems nicht nur in deutlich leichtere, sondern auch deutlich kostengünstigere Teile transformieren lassen, die vollständig für ihre Funktion und vorgesehene Umgebung optimiert sind.
Die Produktionsanforderungen hinsichtlich Konsistenz und Reproduzierbarkeit von additiv gefertigten Teilen erfüllt wiederum DMP Vision, das sowohl neuen als auch bestehenden ProX-DMP-320-Kunden die Prozessüberwachung ermöglicht. Das DMP-Hardware- und Software-Kit erleichtert die Layer-by-Layer-Bilddatenerfassung und -Analyse und hilft, die Präzision und Produktivität im Metalldruck-Workflow zu steigern. (TM)
www.bmvit.gv.at
www.tuwien.ac.at
www.ffg.at, www.feei.at
www.overtec.at, www.ultimaker.com
www.3dsystems.com