Vorsprung durch ­Robotik

NEW BUSINESS Guides - AUTOMATION GUIDE 2025
Roboter in menschlicher Gestalt erregen große mediale Aufmerksamkeit. © Freepik/ahmadzada

Rund um die Welt wird kräftig in ­Robotik investiert. Die staatlichen ­Forschungs- und Entwicklungsprogramme in Asien, ­Europa und Amerika verfolgen dabei ­unterschiedliche Strategien.

Das Ziel ist aber immer dasselbe: sich durch Innovationen einen Vorteil zu verschaffen.

Die Robotik ist ein Grundpfeiler der Automatisierung in der Industrie und verbreitet sich zunehmend auch in andere Bereiche. So verwundert es auch nicht, dass Volkswirtschaften in aller Welt in diesem Bereich investieren und forschen. Die staatlichen Forschungs- und Entwicklungsprogramme (F&E) verfolgen allerdings ganz unterschiedliche Strategien. Welche das sind und wie die Lage ist, hat die International Federation of Robotics (IFR) in ihrem Report „World Robotics R&D Programs 2025“ analysiert. Auf dem Prüfstand standen offizielle Förderprogramme in Asien, Europa und Amerika.

„Die vierte Auflage des Reports ‚World Robotics R&D Programs‘ berichtet über die jüngsten Entwicklungen in den Förderprogrammen, inklusive der Aktualisierungen für 2024“, sagt Jong-Oh Park, stellvertretender Vorsitzender des IFR-Forschungsausschusses und Mitglied des Executive Boards. „Wir haben insgesamt 13 Länder analysiert, wobei Singapur und Kanada zum ersten Mal in dieser Publikation ausführlich vorgestellt werden.“

Chinas „14th Five-Year Plan“
In China läuft der „14th Five-Year Plan“ für die Entwicklung der Roboterindustrie noch bis Ende 2025. Das Programm konzentriert sich auf die Förderung von Innovationen. Das Ministerium für Industrie und Informationstechnologie (MIIT) hatte den Startschuss im Dezember 2021 gegeben. Ziel ist es, China zu einer weltweit führenden Nation im Bereich der Robotertechnologie und der industriellen Entwicklung zu machen.

Das „Key Special Program on Intelligent Robots“ wurde im Juli 2024 aktualisiert. Die Entwicklung unabhängiger Schlüssel­sektoren für die Volkswirtschaft soll mit einem Budget von umgerechnet rund 45,2 Millionen US-Dollar gefördert werden. Zu den Hauptzielen­ gehören grundlegende Spitzentechnologien, wie beispielsweise das Training generativer KI-Modelle.

Wie das jüngste statistische Jahrbuch „World Robotics“ der IFR zeigt, hat China in der verarbeitenden Industrie eine Roboterdichte von 470 Einheiten pro 10.000 Arbeiter erreicht: Damit liegt das Land im Jahr 2023 weltweit auf Platz drei. China ist erst 2019 in die Top-Ten-Liste aufgestiegen und hat es geschafft, seine Roboterdichte innerhalb von vier Jahren zu verdoppeln.

„China ist es gelungen, die eigene Fertigungsindustrie in einem noch nie da gewesenen Tempo zu modernisieren“, sagt Takayuki Ito, Präsident der IFR. „Mit seiner im Dezember 2021 veröffentlichten nationalen Robotik-Strategie lebt das Land vor, wie sich die Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft systematisch ­stärken lässt.“

Japans „New Robot Strategy“
In Japan zielt die „New Robot Strategy“ darauf ab, das Land zum weltweit führenden Zentrum für Roboterinnovationen zu machen. Zu den Schlüsselsektoren gehören unverändert das ­verarbeitende Gewerbe, Pflege und Medizin sowie die Landwirtschaft. Das 2020 ins Leben gerufene „Moonshot Research and Development Program“ wird bis 2050 laufen und mit einem Budget von 440 Millionen US-Dollar ausgestattet sein.

Zehn definierte Moonshot-Ziele in den Bereichen Gesellschaft, Umwelt und Wirtschaft sollen das „menschliche Wohlergehen“ fördern. Dazu gehören beispielsweise Herausforderungen, mit denen das Land in Zukunft konfrontiert sein wird: die Überalterung der Bevölkerung und die Erderwärmung. Das Programm fördert gezielt KI-Projekte, in denen Roboter autonom lernen, sich an ihre Umgebung anzupassen, ihre künst­liche Intelligenz weiterzuentwickeln und mit Menschen zusammenarbeiten.

Laut dem statistischen IFR-Jahrbuch „World Robotics“ ist Japan der weltweit führende Hersteller von Industrierobotern. Bei der Roboterdichte rangiert das Land mit 419 Einheiten pro 10.000 Arbeiter weltweit auf dem fünften Platz.

Südkoreas „4th Basic Plan on Intelligent Robots“
Die Regierung in Südkorea kündigte im Jänner 2024 den „4th Basic Plan on Intelligent Robots“ mit einer Fördersumme von 128 Millionen US-Dollar und einer Laufzeit bis 2028 an. Der Plan zielt darauf ab, die Robotik als Kernindustrie der vierten industriellen Revolution zu entwickeln sowie Innovationen in der Fertigung und im Dienstleistungssektor zu fördern. Die koreanische Robotikindustrie soll mit verbesserter Technologie wettbewerbsfähiger werden. Darüber hinaus will das Land die strategische Kooperation von Unternehmen und die internationale und interregionale Zusammenarbeit in der Robotikindustrie stärken. 

Das statistische Jahrbuch „World Robotics“ der IFR führt Korea mit 1.012 Robotern pro 10.000 Beschäftigte als weltweiten Spitzenreiter beim Einsatz von Industrierobotern auf. Die Roboterdichte hat sich seit 2018 jedes Jahr um durchschnittlich fünf Prozent erhöht.

„Horizon Europe“
„Horizon Europe“ ist mit einem Budget von 100 Milliarden US-Dollar und einer Laufzeit bis 2027 das wichtigste Rahmenprogramm für Forschung und Innovation der EU. Die wichtigsten Ziele sind: Stärkung der wissenschaftlichen und technologischen Grundlagen der EU sowie Förderung der Innovationskapazität und Wettbewerbsfähigkeit. Für das auf Robotik bezogene Arbeitsprogramm 2023 bis 2025 stellt die Europäische Kommission insgesamt 183,5 Millionen US-Dollar bereit.

Fokussiert wird auf eine industrielle Führungsposition in den Bereichen KI, Daten und Robotik, eine saubere Energiewende und innovative Gesundheitsinitiativen, um einige Beispiele zu nennen. Die Europäische Union hat laut IFR-Statistik „World Robotics“ eine Robo­terdichte von 219 Einheiten pro 10.000 Beschäftigte. Deutschland, Schweden, Dänemark und Slowenien zählen zu den Top Ten der automatisierten Volkswirtschaften weltweit.

Deutsche Hightech-Strategie 2025
Die deutsche Hightech-Strategie 2025 (HTS) hat mit einem Gesamtbudget von 369,2 Millionen US-Dollar eine Laufzeit bis 2026. Der „Aktions­plan Robotikforschung“ soll die Vernetzung von Forschungszentren als Robotics Institute Germany (RIG) unterstützen, Fachkräfte fördern und Robotik-Forschungsergebnisse in die Anwendung bringen.

Deutschland ist laut „World Robotics“-Statistik der größte Robotermarkt in Europa – die Roboter­dichte liegt mit 429 Robotern pro 10.000 Beschäftigte weltweit an vierter Stelle.

USA: Forschung, Weltraum, Militär
In den USA gehören zu den öffentlichen Förderprogrammen im Bereich Robotik in erster Linie die Grundlagenforschung zu intelligenten Robotern und autonomen Systemen der National Science Foundation (NSF), die Weltraumrobotik der NASA und das Programm „Military Robotics and Autonomous Vehicles“ des Verteidigungs­ministeriums (DoD). Nach dem Mars-Erkundungsprogramm startete die NASA im Mai 2019 das Projekt Artemis, um Astronauten auf die Mondoberfläche zu schicken und neue Fähigkeiten für Marsmissionen nach 2024 zu entwickeln. Das Gesamtbudget für Artemis beträgt für die Haushaltsjahre 2021 bis 2025 insgesamt 53 Milliarden US-Dollar.

Die NSF-Forschungsprogramme unterstützen die Entwicklung und den Einsatz von Robotern am Arbeitsplatz, in Kranken­häusern, in Gemeinden und in Haushalten. Das für 2024 beantragte Budget beläuft sich auf rund 70 Millionen US-Dollar. Der Haushalt 2023 des US-Verteidigungsministeriums beinhaltete für Robotik und autonome Technologien insgesamt 10,3 Milliarden US-Dollar.

Im internationalen Vergleich rangieren die USA laut IFR-Statistik „World Robotics“ mit einer Roboterdichte von 295 Einheiten pro 10.000 Beschäftigte weltweit auf Rang zehn. Bei den jährlichen Installationen von Industrierobotern liegen die USA weltweit auf dem dritten Platz.

Das sind die Trends 2025
Doch jetzt weg von den nüchternen Zahlen und hin zu dem, was mit den vielen Investitionen und Forschungsgeldern erreicht werden soll: neue Möglichkeiten und Anwendungen in der Robotik. Denn die IFR hat sich auch Gedanken darüber gemacht, welche Trends und Innovationen aktuell im Vordergrund stehen. Dazu zählen – wenig überraschend – künstliche Intelligenz (KI) und Nachhaltigkeit, aber unter anderem auch Strategien gegen den Arbeitskräftemangel und humanoide Roboter.

Künstliche Intelligenz – Physisch, analytisch, generativ 
Der Trend zum verstärkten Einsatz künstlicher Intelligenz setzt sich der IFR zufolge fort. In der Robotik helfen verschiedene KI-Technologien dabei, ein breites Spektrum von Aufgaben effi­zienter auszuführen: Mit analytischer künstlicher Intelligenz lassen sich große Datenmengen ver­arbeiten und analysieren, die von der Robotersensorik erfasst werden.

Dies hilft dabei, auf unvorhersehbare Situationen oder wechselnde Bedingungen in öffentlichen Räumen oder bei der Produktion von „High-Mix-Low-Volume-Aufgaben“ zu reagieren. Mit Bildverarbeitungssystemen ausgerüstete Roboter analysieren ihre Arbeitsschritte, um Muster zu erkennen und Arbeitsabläufe zu optimieren. Ziel ist beispielsweise, Tempo und Präzision zu steigern.

Roboter- und Chiphersteller investieren aktuell in die Entwicklung spezieller Hard- und Software, die Umgebungen aus der realen Welt simulieren. Diese sogenannte physische KI ermöglicht es Robotern, sich selbst in solchen virtuellen Um­gebungen zu trainieren. Dabei gemachte Erfahrungen treten an die Stelle traditioneller Programmierung.

Solche generativen KI-Projekte zielen darauf ab, einen „ChatGPT-Moment“ für physische KI zu schaffen. KI-gesteuerte ­Simulationstechnologie für Roboter dürfte sich sowohl in typischen industriellen Umgebungen als auch in Anwendungen der Servicerobotik durchsetzen.

Humanoide Roboter
Roboter in menschlicher Gestalt erregen große mediale Aufmerksamkeit. Die Vision: Roboter werden zu Allzweckwerkzeugen, die selbstständig eine Spülmaschine beladen und gleichermaßen anderswo am Fließband arbeiten können. Robotik-Start-ups arbeiten an diesen humanoiden Alleskönnern.
Industrielle Hersteller konzentrieren sich dagegen auf Humanoide, die zunächst individuelle Einzelaufgaben bewerkstelligen.

Die meisten ­dieser Pilotprojekte laufen in der Automobil­industrie. Diese Branche spielt seit jeher eine Pionierrolle bei der Entwicklung von Roboter­anwendungen. Das gilt sowohl für die Industrierobotik als auch für die Logistik und Lager­haltung. Aus heutiger Sicht bleibt jedoch a­bzuwarten, ob humanoide Roboter einen wirtschaftlich tragfähigen und skalierbaren Business-Case für die breite industrielle Anwendung darstellen werden, insbesondere im Vergleich zu bereits bestehenden Lösungen. 

Nichtsdestotrotz gibt es zahlreiche Anwendungen, die von der humanoiden Form profitieren könnten und Marktpotenzial für die Robotik bieten, beispielsweise in der Logistik und Lagerhaltung.

Nachhaltigkeit und Energieeffizienz
Die Erfüllung der nachhaltigen Entwicklungs­ziele der Vereinten Nationen (UN) und damit korrespondierender Regularien weltweit wird zu einer wichtigen Voraussetzung, um sich als Lieferant zu qualifizieren. Roboter spielen für Hersteller eine Schlüsselrolle, wenn es darum geht, diese Ziele zu erreichen. Grundsätzlich verringert Robotik mit ihrer Präzisionsarbeit die Verschwendung von Material und verbessert das Output-zu-Input-Verhältnis in Fertigungsprozessen.

Diese automatisierten Systeme gewährleisten zudem eine gleich bleibende Qualität, die für Produkte mit langer Lebensdauer und minimalem Wartungsaufwand unerlässlich ist. Bei der Herstellung umweltfreundlicher Energietechnologien wie Solarzellen, Batterien für Elektroautos oder Recyclinganlagen sind Roboter für eine kosteneffiziente Produktion von entscheidender Bedeutung. Sie ermöglichen es Herstellern, ihre Produktion schnell zu skalieren, um eine wachsende Nachfrage der Kunden zu befriedigen, ohne Kompromisse bei der Qualität oder Nachhaltigkeit einzugehen.

Darüber hinaus wird die Robotertechnologie dahingehend verbessert, Maschinen energieeffi­zienter zu machen: Die Leichtbauweise beweglicher Roboterkomponenten senkt beispielsweise deren Energieverbrauch, ebenso neue Stand-by-Modi, die die Hardware in eine energiesparende Parkposition bringen. In der Greifertechnologie gibt es Fortschritte bei der Anwendung bionischer Lösungen, um z. B. eine starke Greifkraft bei sehr geringem Energieverbrauch zu erreichen.

Neue Geschäftsfelder und Kundenbranchen
In der Fertigungsindustrie gibt es insgesamt noch viel Potenzial für die Automation mit Robotern. Die meisten Betriebe im produzierenden Gewerbe zählen zu den KMUs. Aktuell stellen hohe Anfangsinvestitionen und Gesamtbetriebskosten für KMUs jedoch eine Hürde für den Einsatz von Industrierobotern dar.

Geschäftsmodelle wie Robot as a Service (RaaS) sollen es Unternehmen erleichtern, von der Roboterautomatisierung zu profitieren, ohne eine festgelegte Kapitalsumme investieren zu müssen. RaaS-Anbieter, die sich auf bestimmte Branchen oder Anwendungen spezialisiert haben, können schnell anspruchsvolle­ Lösungen liefern.

Darüber hinaus bietet die Low-Cost-Robotik Lösungen für potenzielle Kunden, für die ein Hochleistungsroboter überdimensioniert wäre. Viele Anwendungen haben geringe Anforderungen an Präzision, Traglast und Lebensdauer. Die Low-Cost-Robotik adressiert dieses neue „good enough“-Segment. Abseits des produzierenden Gewerbes gehören Bauwirtschaft, Laborautomation und Lagerhaltung zu interessanten neuen Kundensegmenten.

Branchenübergreifend wird die Nachfrage darüber hinaus von einem Ausbau inländischer Produk­tionskapazitäten in strategisch wichtigen Branchen angetrieben, deren Bedeutung aufgrund der jüngsten Krisen ins politische Bewusstsein gerückt ist. Die Automatisierung ermöglicht Herstellern eine Rückverlagerung von Produk­tionskapazitäten näher zum Kunden ohne Einbußen bei der Kosteneffizienz.

Roboter gegen den Arbeitskräftemangel
Nach Angaben der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) leidet das verarbeitende Gewerbe weltweit weiter unter Arbeitskräftemangel. Einer der Hauptgründe dafür ist der demografische Wandel, der die Arbeitsmärkte in führenden Volkswirtschaften wie den USA, Japan, China, der Republik Korea und Deutschland belastet. Die konkreten Effekte sind zwar von Land zu Land unterschiedlich, aber in der Summe überall in der Lieferkette ein Grund zur Besorgnis. Der Einsatz von Robotern verringert die Auswirkungen des Arbeitskräftemangels in der Fertigung deutlich.

Mit der Automation von gefährlichen, schmutzigen oder repetitiven Tätigkeiten können sich menschliche Arbeitskräfte auf interessantere und höherwertige Aufgaben konzentrieren. Roboter übernehmen Arbeiten wie ermüdende visuelle Qualitätskontrollen, gesundheitsschäd­liche Lackierarbeiten oder schweres Heben von Lasten. Technologische Innovationen wie einfache Bedienbarkeit, kollaborierende Roboter oder sogenannte mobile Manipulatoren helfen Lücken im Arbeitsprozess zu füllen, wann und wo immer sie benötigt werden. (RNF)


INFO-BOX
Über die IFR 
Die International Federation of Robotics ist das Sprachrohr der weltweiten Robotik­industrie. Die IFR vertritt nationale Roboterverbände, Forschungseinrichtungen sowie Roboterhersteller aus mehr als 20 Ländern. Die IFR wurde 1987 als nicht gewinnorientierte Organisation gegründet. 

www.ifr.org