Austropapier warnt vor einer Bevorzugung von wiederverwendbaren Verpackungen aus nicht nachwachsenden Rohstoffen – verbunden mit der Gefahr von mehr Plastikmüll. © Adobestock/GenerativeAI
Die EU-Kommission will mit einer Novelle der Verpackungsverordnung (PPWR) verpflichtende Quoten für Kunststoffverpackungen einführen.
Damit werde das österreichische Erfolgsmodell Altpapierrecycling bedroht, warnt die Vereinigung Austropapier.
Ausgerechnet Verpackungen aus Papier, Karton und Wellpappe, die bei der Bevölkerung in Österreich und Europa am beliebtesten sind und die mit großem Abstand höchsten Sammelquoten aller Materialien aufweisen, sollen aufgrund einer neuen EU-Verordnung verdrängt werden, warnt Austropapier, die Vereinigung der österreichischen Papierindustrie. Durch die Einführung von verpflichtenden Quoten für wiederverwendbare Verpackungen müssten obendrein Milliarden an neuen fossilen Kunststoffprodukten produziert werden.
„Der aktuelle vorliegende Vorschlag zur PPWR steht in völligem Widerspruch zum dringend gebotenen Weg der Dekarbonisierung zwecks Erreichung der Klimaziele. Es gibt keine ökologischen oder ökonomischen Argumente für eine undifferenzierte und generelle Bevorzugung von sogenannten wiederverwendbaren Verpackungen aus nicht nachwachsenden Rohstoffen“, so Austropapier-Präsident Martin Zahlbruckner. Vielmehr drohe die Gefahr, dass die Flut an Plastikmüll nur noch größer wird, wenn die theoretisch wiederverwendbaren Produkte aufgrund des zu großen Aufwands für Händler:innen, Lieferant:innen und Kund:innen in der Praxis gar nicht gesammelt, sondern mehrfach ausgewaschen und dann gar nicht an den Ursprungsort retourniert werden.
Recycling als europäisches Erfolgsmodell
Papier, Karton und Wellpappeverpackungen landen in Österreich laut aktuellen ARA-Zahlen dank eines jahrzehntelang aufgebauten Sammelsystems zu 90 Prozent in der roten Tonne, EU-weit sind es immer noch 82 Prozent. Kunststoffverpackungen hingegen kommen nur auf eine Sammelquote von 38 Prozent. Drei Viertel der papierbasierten Verpackungen werden vollständig aus recycelten Materialien hergestellt. Papier- und Pappfaserreststoffe sind kein Abfall, sondern Austropapier zufolge hochwertige Sekundärrohstoffe, die mehr als 25-mal und für unterschiedliche Anwendungen verwendet werden können, wenn sie im Kreislauf verbleiben.
Nur rund ein Viertel des Rohstoffs für die Herstellung von Papier-, Karton- und Wellpappeverpackungen sind Frischfasern, die jedoch zur Gänze aus Durchforstungsholz oder Nebenprodukten der Sägeindustrie – sogenannten Hackschnitzeln – stammen. Die wesentlich hochwertigeren Stämme werden für die Möbel- und Baubranche verwendet und nicht für die Papierindustrie. „Für Verpackungen aus dem nachwachsenden Rohstoff Holz muss also kein Baum gefällt werden“, schreibt Austropapier in einer Aussendung.
Waldflächen werden größer und nicht kleiner
Ein funktionierendes Recyclingsystem zu schwächen oder gar zu zerstören, wie es der aktuelle Entwurf der PPWR zur Folge hätte, hätte zudem keinerlei Auswirkungen auf die Anzahl der Bäume in Europa, wie oft behauptet wird. Fast zwei Drittel der europäischen Bevölkerung sind der Ansicht, dass die Wälder immer kleiner und weniger werden.
Die Fakten sprächen laut der Vereinigung der österreichischen Papierindustrie eine andere Sprache: Allein zwischen 2005 und 2020 sei die Gesamtfläche der europäischen Wälder laut Berechnungen der UNO um 58.390 Quadratkilometer angewachsen, das ist mehr als die Fläche der Schweiz. Österreich besteht zu knapp mehr als 50 Prozent aus Waldfläche.
Konsument:innen bevorzugen Papierverpackungen
Die in der PPWR enthaltenen verpflichtenden Quoten für wiederverwendbare Kunststoffprodukte würden auch in keiner Weise den Wunsch der Bürgerinnen und Bürger berücksichtigen, die immer mehr Wert auf ökologische Verpackungen legen. Mehr als die Hälfte der europäischen Bevölkerung wünscht sich laut einer aktuellen Umfrage der Nachhaltigkeitsinitiative Two Sides aus Gründen der Nachhaltigkeit explizit Verpackungen aus Papier, Karton oder Wellpappe.
Beim Onlinehandel ist der Wert noch höher. Auch bei der Kaufentscheidung spielt die Verpackung eine große Rolle, da sie die Produktqualität schützt und erhält. Mit Wellpappe verpacktes Obst und Gemüse bleibt laut einer Studie der Universität Bologna mindestens drei Tage länger frisch als Unverpacktes. Geht es nach der EU, soll Obst und Gemüse unter 1,5 Kilogramm gar nicht mehr verpackt werden dürfen.
„Alle ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Argumente führen eine pauschale Bevorzugung fossiler Verpackungen gegenüber nachhaltigen und nachwachsenden Papierverpackungen ad absurdum“, sagt Martin Zahlbruckner und ergänzt: „Ohne ausreichende Analyse eine perfekt funktionierende Kreislaufwirtschaft einzuschränken, kann nicht im Sinne des European Green Deal sein, wir hoffen daher sehr auf die Sanierungsbemühungen der Europäischen Kommission!“ (RNF)
INFO-BOX
Über Austropapier
Austropapier vertritt als Vereinigung der österreichischen Papierindustrie die Interessen ihrer 23 Mitglieder und der rund 7.700 Beschäftigten, die zusammen sieben Millionen Tonnen Papier und Zellstoff pro Jahr erzeugen. Als Sprachrohr der Branche widmet sich Austropapier verstärkt den Themen Energie- und Rohstoffpolitik, Umweltschutz, Dekarbonisierung, Kreislaufwirtschaft, F&E sowie der Ausbildung von Fachkräften und setzt sich für fairen Wettbewerb am europäischen Markt ein.
www.austropapier.at