Bei Abgastests am Rollenprüfstand sowie bei RDE-Prüfverfahren verbinden Forschende das mobile Messgerät mit dem Auspuff des Testfahrzeugs. © Lunghammer/TU Graz
Forschende der TU Graz entwickelten gemeinsam mit internationalen Partnern ein Messverfahren, das erstmals Partikel unter zehn Nanometern misst ...
... und zur Durchsetzung zukünftiger, strengerer Abgasnormen beitragen wird.
Eine geplante Maßnahme des kürzlich präsentierten „Green Deals“ der europäischen Kommission ist die Einführung strengerer Abgasregelungen. Schon bisher wurden die Grenzwerte des Schadstoffausstoßes bei Fahrzeugen gesetzlich festgelegt. Der aktuelle Sollwert liegt bei 6x1011 Partikel pro Kilometer (Euro-6d-Temp), wobei nur Partikelanzahlemissionen über 23 Nanometer (nm) reguliert werden. Kleinere Nanopartikel, wie sie neue und zukünftige Generationen von Verbrennungsmotoren in einer noch viel höheren Anzahl emittieren, können bei Abgastests derzeit nicht erfasst werden. Dieser Feinstaub ist aber noch viel gesundheitsschädlicher, da Partikel dieser Größe ungehindert in die Lunge eindringen können.
Zuverlässige Messung
Im Rahmen des Horizon-2020-Projekts DownToTen entwickelten nun Forschende der TU Graz gemeinsam mit einem internationalen Konsortium ein neues Verfahren, mit dem erstmals Partikel bis zu einer Größe von 10 nm gemessen werden können. Tests am Rollenprüfstand des Instituts für Verbrennungskraftmaschinen und Thermodynamik der TU Graz, aber auch im praktischen Fahrbetrieb (Real Driving Emissions – RDE), bestätigen die Robustheit des Verfahrens.
Warum so kleine Partikel bislang nicht erfasst werden konnten, weiß Markus Bainschab, Forscher am Institut für Elektrische Messtechnik und Sensorik der TU Graz und federführend bei der Entwicklung des neuen Messsystems: „Im Bereich unter 23 nm sind viele flüssige Partikel im Abgas vorhanden. Diese flüchtigen Tröpfchen sind nicht so stark gesundheitsgefährdend wie die festen Partikel. Für ein exaktes Testergebnis muss daher sichergestellt sein, dass beim Messen nicht irrtümlich flüssige Partikel erfasst werden. Mit aktuellen Messmethoden ist es nicht in dieser Qualität möglich, die flüssigen Partikel zu entfernen, ohne dass nicht auch ein Großteil der festen Partikel verloren geht. Uns ist das durch ein optimiertes Verdünnungssystem und durch die Oxidation von Kohlenwasserstoffen mithilfe eines Katalysators gelungen.“
Besseres Verständnis über die Auswirkungen von Abgasen auf die Luftverschmutzung
Herzstück des Verfahrens ist ein mobiles Emissionsmessgerät, das am Kfz-Auspuff befestigt wird und dort sowohl neue als auch gealterte ultrafeine Partikel misst. Das Erfassen von neuen und gealterten Partikeln birgt dabei in zweierlei Hinsicht Vorteile, wie Bainschab erklärt: „In Kombination mit einem Aerosol-Massenspektrometer lässt sich das Verhältnis der Fahrzeugemissionen zu gealterten Partikeln untersuchen und feststellen, ob diese sogenannten sekundären Aerosole durch den Schadstoffausstoß erzeugt werden.“ Bei diesen sekundären Aerosolen muss es sich nicht zwingend um Fahrzeugpartikel handeln. Die atmosphärisch gealterten Partikel können auch aus dem Meer, aus der Landwirtschaft, aus Wäldern oder von natürlichen Prozessen stammen. Beim Verfahren werden zunächst die neu produzierten Emissionen des Autos erfasst, künstlich atmosphärisch gealtert und analysiert. Anschließend werden die Daten mit jenen der gemessenen sekundären Aerosole aus der Luft abgeglichen. Das Resultat zeigt den realen Einfluss der Autoabgase auf die Luftqualität.
Der Prozess liefert ein besseres Verständnis zur Entstehung von Sekundäraerosolen durch Autoabgase und kann Automobilhersteller dabei unterstützen, durch die Entwicklung neuer Verbrennungsmotoren oder durch Abgasnachbehandlungen die Fahrzeugemissionen zu reduzieren. Außerdem kann der Forschungserfolg als Grundlage für eine neue Abgasgesetzgebung dienen. (BO)