Bernhard Eisel, Team Dimension Data, und Jürgen Horak, CEO Dimension Data Austria © Dimension Data, Richard Tanzer
Dimension Data sorgte abermals für Begeisterung bei der Tour de France. Wie „Machine Learning“ und „Predictive Analytics“ Sportereignisse zu einem noch spannenderen Erlebnis machen können ...
... hat uns CEO Jürgen Horak erzählt.
Wie wir uns fortbewegen, wie wir unsere Arbeit verrichten, wie wir Medien konsumieren – Technologien verändern unser Leben und haben auch sportliche Bereiche in vielerlei Hinsicht neu gestaltet. Man bedenke, wie sich die Fahrräder von der ersten Tour de France im Jahr 1903 verändert haben. Damals gab es noch nicht einmal eine Gangschaltung und heute schalten Fahrräder bereits elektronisch. Aber auch die mediale Übertragung des wichtigsten Etappenrennens im Straßenradsport hat sich stetig weiterentwickelt. Von der anfänglichen Radioübertragung über erste TV-Beiträge bis hin zur Live-Übertragung in Echtzeit. Der nächste logische Schritt für den Veranstalter, die Amaury Sport Organisation (A.S.O.), war es, die Tour de France in ein neues, digitales Zeitalter zu manövrieren. Mit dem Ziel, das Sportevent auch für das jüngere Publikum, die Digital Natives, attraktiv zu gestalten, suchte man den Weg in die sozialen Medien, welche bekanntlich von kurzen und prägnanten Inhalten leben. Genau an diesem Punkt kam Dimension Data ins Spiel. Die Datenanalytik-Plattform, die gemeinsam mit der A.S.O. entwickelt wurde, hat dieses Jahr maschinelles Lernen und komplexe Algorithmen integriert und dadurch noch umfassender aufbereitete Echtzeit-Informationen rund um das größte Radrennen der Welt ermöglicht.
Sportliche Leistung
„Die Tour de France war von Anfang an eines der herausforderndsten Prestigeprojekte für uns – vor allem aufgrund der sehr kurzen Umsetzungszeit“, erinnert sich Jürgen Horak. „Die A.S.O. ist im Jänner 2015 auf uns zugekommen und innerhalb weniger Monate war die Lösung einsatzfähig.“ Im ersten Jahr konzentrierte sich Dimension Data auf die Sammlung und grundsätzliche Auswertung der Daten. Im zweiten Jahr wurden die vom Tracker aufgezeichneten Daten mit Umwelt- und Wetterdaten zusammengeführt. Dieses Jahr war die Weiterentwicklung des Big-Data-Trucks ein besonderes Highlight für Jürgen Horak: „In den ersten beiden Jahren bei der Tour de France sind wir mit unserem Data Center in Form eines Trucks täglich einige hundert Kilometer gefahren und mussten dafür das komplette Data Center jedes Mal vom Strom nehmen, was logistisch eine enorme Herausforderung war. Jetzt ist der Truck nur noch unsere Kommandozentrale, die komplette Big-Data-Analytik findet seit diesem Jahr in der Cloud statt. Ein Riesenvorteil, da nur noch wenige Menschen vor Ort für die Steuerung bzw. Auswertung notwendig sind und der Einsatz einer Cloud ein örtlich flexibles Arbeiten ermöglicht.“
Datenorakel im Einsatz
„Es geht allerdings nicht um die Daten allein, sondern vielmehr um ihre Aufbereitung, ihre grafische Darstellung sowie ihre Auswertung.“ Im diesjährigen Pilotprojekt erforschten die A.S.O. und Dimension Data während der Tour de France die Rolle der „Predictive Analytics“-Technologien, um die Wahrscheinlichkeit von verschiedenen Rennszenarien zu beurteilen – z. B., ob das Peloton das Spitzenfeld in bestimmten Stadien des Rennens wieder einholen wird. „Unsere Machine-Learning-Engine hat es uns ermöglicht, auf unsere Daten der letzten drei Jahre zuzugreifen und diese miteinander sowie mit öffentlich zugänglichen Informationen zu vergleichen. Durch die Zusammenfassung all dieser Daten ist man dieses Jahr erstmals so weit gegangen, die ersten drei Siegerplätze vor jeder Etappe zu prognostizieren. Bei der 19. Etappe, die ich vor Ort mitverfolgen konnte, sollte Edvald Boasson Hagen mit einer 73 prozentigen Wahrscheinlichkeit als Sieger hervorgehen. Und so war es dann auch.“ Dass solche Vorhersagen natürlich keine 100 prozentige Trefferquote haben und sich auch nicht als Wettbasis eignen, macht Jürgen Horak aber ebenfalls deutlich. „Es geht darum, Spannung zu erzeugen, Diskussionen und Interaktionen anzuregen und dadurch ein möglichst großes Publikum zu begeistern.“
Neue Möglichkeiten für Sport und Sportler
Tour-Routinier und Fahrer des Dimension-Data-Rennteams Bernhard Eisel nutzt viele Informationen, die ihm neben seinen biometrischen Daten auf einem kleinen Computer am Fahrrad angezeigt werden, nicht nur während des Rennens sondern auch im Nachhinein, z. B. für spezielle Trainings oder strategische Optimierungen. „Auf Twitter und anderen Medien konnte man dieses Jahr auch die sogenannte Heat-Map mitverfolgen“, erzählt Jürgen Horak. „Damit ließ sich beobachten, welcher der Top-3-Fahrer im Endspurt wann und wie stark zu beschleunigen begann. Dabei kam heraus, dass manche Fahrer zu früh mit der Beschleunigung begonnen haben und deshalb am Ende doch noch überholt wurden. Wenn man solche Fehler erkennt, können diese bei der nächsten Etappe natürlich vermieden werden.“
Das Potenzial von Big-Data-Analysen im Sport beschränkt sich laut Jürgen Horak aber keineswegs auf das Radfahren. „Sei es im Fußball oder Rugby, technologisch machbar ist extrem viel. Sportorganisationen und -veranstalter müssen das Potenzial allerdings erst erkennen und Schritt für Schritt ein Bedürfnis für diese Technologie entwickeln. Trotz alledem bin ich als begeisterter Sportler der Meinung, dass der Mensch und seine Leistung weiterhin im Mittelpunkt stehen muss, damit der Sport an sich am Ende nicht zu kurz kommt.“ (BO)