Das Sunlighthouse ist eines von sechs Vorzeigeobjekten von Velux, die unter der Initiative „ModelHome2020“ zwischen 2009 und 2011 in fünf europäischen Ländern errichtet wurden. © Velux
Das Sunlighthouse in Pressbaum ist das erste CO2-neutrale Einfamilienhaus in Österreich. Zwölf Jahre nach Fertigstellung wird ein Rückblick auf das einzigartige Experiment geworfen ...
... Die Lösungsansätze für Umweltschutz und Energiesparen sind weiterhin aktuell und bilden die Basis für das Bauen der Zukunft.
An einem steilen, beschatteten Hang im niederösterreichischen Pressbaum liegt das erste CO2-neutrale Einfamilienhaus Österreichs, das sogenannte Sunlighthouse. Als eines von sechs europäischen Demonstrationsobjekten wurde es 2010 vom Dachfensterhersteller Velux nach dem Entwurf von HEIN-TROY Architekten errichtet und von der Donau-Universität Krems sowie dem IBO (Austrian Institute for Healthy and Ecological Building) wissenschaftlich begleitet.
Heute, über zehn Jahre nach Abschluss des Baus, erfüllt das Sunlighthouse als internationales Vorzeigeprojekt weiterhin den neuesten Stand der Technik und entspricht mehr denn je dem aktuellen Zeitgeist. Klimaneutrales Wohndesign, das den Energieverbrauch auf ein Minimum reduziert, ohne den Komfort oder den Lebensstandard der Bewohner:innen zu beeinträchtigen, steht bei dem Bauprojekt im Mittelpunkt.
Mehr nachhaltige Energiegewinnung als benötigt
Um ein umfassendes und nachhaltiges Bau- und Wohnkonzept zu schaffen, lag der Fokus in der Planung – neben der nachhaltigen Materialwahl – vor allem auf einem durchdachten Tageslicht- und Lüftungskonzept. Die Vision war, durch einen außergewöhnlich hohen Tageslichtanteil tagsüber komplett ohne Kunstlicht auszukommen und neben den positiven Auswirkungen auf den Menschen auch den Energieverbrauch zu reduzieren. CO2-Emissionen aus Errichtung und Betrieb wurden zusätzlich neutralisiert. Messungen und Aufzeichnungen des Monitorings haben gezeigt, dass der Energieertrag den jährlichen Energieverbrauch sogar übersteigt.
Das funktioniert unter anderem durch nach Südwesten orientierte Dachflächen, die mit Dachfenstern für die passiven solaren Zugewinne sowie mit Photovoltaikpaneelen und Sonnenkollektoren ausgestattet wurden. Für die Wärmegewinnung wird neben einer Erdwärmepumpe vor allem in den kalten Jahreszeiten der Tageslichteinfall des Hauses schlagend: Durch durch Fensterflächen in der Größe von 42 Prozent der Grundfläche erfüllt das Sunlighthouse einen viermal höheren Tageslichtanteil als gesetzlich vorgeschrieben.
Die Maximierung von Wohnkomfort und -gesundheit bei gleichzeitiger Minimierung des Energieverbrauchs steht für Christina Brunner, Tageslicht- und Planungsexpertin bei Velux Österreich, im Mittelpunkt: „Unser damaliges Vorzeigeprojekt zeigt, dass der Bau von CO2-neutralen Gebäuden nicht nur in der Theorie möglich ist, sondern diese auch den Praxistest bestehen – im Falle des Sunlighthouse bereits seit über zehn Jahren. Durch das Projekt wird deutlich, wie sich eine gute und integrale Planung langfristig auf die Lebensqualität der Bewohner:innen, aber auch die Umwelt auswirkt.“
Tageslichtversorgung für Wohlfühlfaktor und Energieeffizienz
Mit einem durchschnittlichen Tageslichtfaktor von mindestens 5 Prozent in allen Wohnräumen schafft das Haus optimale Bedingungen für ein gesundes Raumklima. Architekt Juri Troy, der damals den Wettbewerb zur Errichtung des Hauses gewann, dazu: „Die Tageslichtplanung war ein wesentlicher Parameter in diesem Projekt, um die Gesundheit und das Wohlbefinden der Bewohner:innen zu gewährleisten. Die Position der Fenster wurde strategisch geplant, um die beste Aussicht, maximalen Tageslichteinfall und ein natürliches Lüftungskonzept zu gewährleisten.“
Die Donau-Universität Krems hat die Tageslichtverhältnisse während der Planung digital und mithilfe eines Modells unter künstlichem Himmel evaluiert und nach Fertigstellung gemessen. Die Evaluierung zeigt auch, dass sogar am kürzesten Tag des Jahres fünf Stunden direktes Sonnenlicht im Wohnbereich vorhanden sind. Dies gewährleistet ein ausgewogenes Tageslichtniveau über die beiden Etagen und minimiert den Bedarf an Kunstlicht.
Intelligentes Lüftungskonzept für jede Jahreszeit
Je nach Temperatur und Wetterlage passt sich das hybride natürliche/mechanische Belüftungssystem des Hauses an. Während der Heizperiode sorgt kontrollierte Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung für behagliche Wärme und gesunde Raumluft. Im Frühling schaltet sich die kontrollierte Wohnraumlüftung ab und stellt auf automatische Fensterlüftung um.
So messen Sensoren die Innen- und Außentemperatur, Windgeschwindigkeit, CO2-Gehalt und Feuchtigkeit der Raumluft. Nach exakt definierten Kriterien öffnen und schließen sich die Fenster vollautomatisch. Die Kombination dieser beiden Techniken sorgt für wohngesundes Raumklima mit natürlicher Belüftung bei höchstem Komfort und geringstem Energieaufwand.
Ein Jahr Praxistest durch Familie Dorfstetter
Yasmin und Ludwig Dorfstetter, zogen mit ihren zwei Kindern im März 2012 in das Sunlighthouse ein und testeten ein Jahr lang das Lebensgefühl im Vorzeigeprojekt. Ludwig Dorfstetter über die Beweggründe: „Der nachhaltige Umgang mit natürlichen Ressourcen ist seit Langem ein wichtiger Bestandteil unseres Berufs- und Privatlebens. Deshalb freuen wir uns, dass wir mit diesem Experiment auch im privaten Bereich die Zukunft des ökologischen Hausbaus und Wohnens mitgestalten konnten.“
Die Zukunft nachhaltiger Gebäude
In einer Zeit, in der wir uns zu 90 Prozent in Innenräumen aufhalten, spielt eine hohe Wohnraumqualität durch gesundes Innenraumklima und die Wahl der Materialien eine bedeutende Rolle, um die Gesundheit der Bewohner:innen langfristig zu erhalten. Das Sunlighthouse ist eines von sechs Vorzeigeobjekten von Velux, die unter der Initiative „ModelHome2020“ zwischen 2009 und 2011 in fünf europäischen Ländern errichtet wurden.
Auf Basis der damaligen Erkenntnisse und kontinuierlicher Studien und Recherchen wurde eine weitere Initiative, „Living Places“, gemeinsam mit MOE Engineers und EFFEKT Architects ins Leben gerufen. Mit der grundlegenden Idee, Häuser zu bauen, die sowohl den Bewohner:innen guttun als auch der Umwelt, wird das Konzept in Kopenhagen als Prototypen-Pavillon bei der World Capital of Architecture 2023 zu besichtigen sein. (BO)