Valerie Höllinger, CEO Austrian Standards, im Porträt

NEW BUSINESS - NR. 5, MAI 2022
»Ich bin der Meinung, dass ein offener Umgang mit Fehlern gleichzeitig die Innovation fördert, denn viele Innovationen sind die Summe der Erfahrungen aus vorangegangenen Fehlern.« © feelimage/Matern

Mit Konsequenz und hohen Standards: Auch schon bevor sie im Januar diesen Jahres ihre neue Aufgabe übernommen hat, setzte Valerie Höllinger Maßstäbe.

Einen Lebenslauf wie jenen von Valerie Höllinger, seit 2022 CEO von Austrian Standards, Österreichs Organisation für Standardisierung und Innovation, könnte man auch halbieren. Beide Teile für sich würden noch immer jederfrau und jedermann gut zu Gesicht stehen. „Meinen Karriereweg würde ich als sehr vielfältig beschreiben: Als Geschäftsführerin des BFI Wien verantwortete ich die Geschäftsbereiche der Privat- und Firmenkunden, geförderte Bildungsprojekte sowie Finanzen und, neben der digitalen Transformation, die Segmente Innovation & New Business, Data Science, Vertrieb, Marketing & PR sowie Customer Care & Quality. Davor war ich in den Branchen IT, Telekommunikation, Getränkeindustrie und Erwachsenenbildung tätig, unter anderem in der Konzernstrategie bei der A1 Telekom Austria AG und als Marketingleiterin bei ANECON, nun Nagarro. Darüber hinaus war ich als Unternehmensberaterin tätig und war langjährige stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende der Bundestheater-Häuser. Zusätzlich engagierte ich mich als Beirätin in den Bereichen Gesundheit, Bildung und Kultur“, erzählt die Doktorin der Rechtswissenschaften, die an der Universität Wien studiert hat. Zusätzlich hat sie später einen MBA an der IMADEC University sowie einen MBL (Master of Business Law) an der University of Salzburg Business School absolviert. Schon beeindruckt? Dabei sind wir doch erst am Anfang!

Mit Konsequenz und Demut
Höllinger übernimmt gerne Verantwortung und scheut sich auch nicht davor, ihre Komfortzone zu verlassen, um neue Wege zu gehen. Doch niemals unbedacht. „Bereits im Studium war ich konsequent und wusste genau, was ich möchte bzw. was ich nicht möchte. Auch im unternehmerischen Handeln bewahrheitete sich immer wieder, wie wichtig konsequente Entscheidungen und Aktionen sind“, antwortet die CEO auf die Frage nach ihrem Erfolgsrezept, um sogleich zu ergänzen: „Darüber hinaus bin ich als Managerin nur so gut, wie mich meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterstützen. Wir arbeiten als ein Team und müssen uns aufeinander verlassen können. Als Führungskraft sehe ich vor allem die Notwendigkeit, das eigene Ego hintanzustellen und im Sinne der Mitarbeitenden, Kunden und Partner zu agieren. Daher bin ich in Demut dankbar, dass mich auf all meinen Karrierestationen Kolleginnen und Kollegen mit ihrer Kraft, Expertise und Kompetenz unterstützten.“

Ehrlichkeit und Wertschätzung sind Werte, die Valerie Höllinger im Umgang miteinander sehr wichtig sind. „Ich nehme gute Leistungen und neue Perspektiven von meinen Kolleginnen und Kollegen nicht selbstverständlich, sondern schätze das Engagement und die Begeisterung, die sie mitbringen. Das bringe ich auch gerne direkt zum Ausdruck.“ 

Eine gesunde Fehlerkultur ist ihr ebenfalls ausgesprochen wichtig: „Ich möchte nicht, dass meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Angst vor Bloßstellung und bestrafenden Konsequenzen Fehler totschweigen bzw. vertuschen. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass ich aus Fehlern am meisten gelernt habe. Das kann auch eine gesamte Organisation tun und dadurch das interne Qualitätsmanagement kontinuierlich verbessern. Ich bin der Meinung, dass ein offener Umgang mit Fehlern gleichzeitig die Innovation fördert, denn viele Innovationen sind die Summe der Erfahrungen vorangegangener Fehler. Den transparenten Umgang mit Fehlern sehe ich nicht als Freifahrtschein für Müßiggang, sondern als Möglichkeit, eine ansteigende Lernkurve zu erreichen.“

Eine sinnstiftende Tätigkeit
Apropos Teamgeist und Innovation: Die Zusammenarbeit findet bei einer Institution wie Austrian Standards nicht nur innerhalb der „eigenen vier Wände“ statt, sondern schließt viel mehr mit ein. „Das Besondere für mich an der Standardisierung generell ist, dass sie offen für alle ist und dass alle gehört werden. Unsere Türen stehen offen, um die Standards von morgen und Innovationen mitzugestalten. Denn Standards werden von Menschen aus der Praxis gemeinsam entwickelt. Wir arbeiten daher mit natio­nalen und internationalen Expertinnen und Experten zusammen und holen diese Fachleute aus den jeweiligen Bereichen an einen Tisch. In der Standardisierung treffen unterschiedliche Meinungen und Interessen aufeinander – die Menschen bei Austrian Standards sorgen dafür, dass es eine vernünftige Lösung gibt. Für mich ist dies tatsächlich eine Tätigkeit, die nicht nur erfüllend, sondern vor allem für die Gesellschaft sinnstiftend ist und es ermöglicht, Wirtschaft zu gestalten“, kommt Höllinger fast ins Schwärmen. Wer kann es ihr auch verdenken?

Trotzdem braucht selbst jemand, der seinen Beruf nicht einfach als Job, sondern schon eher als Berufung versteht, auch einen Gegenpol. „Meine Familie und Freunde sind meine Kraftquelle und Energiespender“, verrät Valerie Höllinger und fügt hinzu: „Ich bin gerne auf Reisen – seien es nur Kurztrips – und bin gerne mit dem E-Bike unterwegs. Außerdem genieße ich es, mein Heim einzurichten. Das ist ein Hobby, das man nur selten ausüben kann, da man nicht regelmäßig umzieht – derzeit richte ich gerade unser Haus ein.“ (RNF)


12 FRAGEN AN VALERIE HÖLLINGER

Was wollten Sie als Kind werden?
Eisverkäuferin. 
    
Was bedeutet Glück für Sie?
Glück bedeutet für mich ein harmonisches, aber auch aufregendes Privatleben. Beruflich empfinde ich das Glück in der Veränderung und in der Möglichkeit, die Zukunft positiv zu gestalten.

Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?
„Würde: Was uns stark macht – als Einzelne und als Gesellschaft“ von Gerald Hüther.

Welche Persönlichkeit inspiriert Sie?
Die Protagonistin Birgitte Nyborg aus der Serie Borgen, weil ich es cool finde, wie sie ihren Weg geht. Und ich bewundere die Nerven und die Ruhe der Queen. 

Gibt es ein Lebensmotto, das Sie verfolgen?
Entscheidungen mit Blick ins Gute.

Mit wem würden Sie gerne einen Tag lang tauschen?
Mit einem Delfin – nachdem ich vor ein paar Wochen die Möglichkeit hatte, auf dem offenen Meer mit Delfinen zu schwimmen …

Was war Ihr bisher größter Erfolg?
Beruflich gesehen ein Unternehmen mit größtmöglicher Rücksichtnahme auf die menschlichen/sozialen Aspekte saniert zu haben.

Worüber haben Sie zuletzt gelacht?
Über meinen Kater Levi – ein weißes Fellknäuel, das sich im Staub wälzt, weil er offenbar ein dunkleres Fell haben möchte. :)

Gibt es etwas, dass Sie schon immer ausprobieren wollten, sich bisher aber nicht getraut haben?
Nein.

Was ist das Verrückteste, das Sie je in ihrem Leben getan haben?
Als ich mich nach dem Studium für drei Monate auf nach Kalifornien gemacht habe und das ohne Geld.

Was motiviert Sie, tagtäglich aufzustehen?
Das Bewusstsein, dass ich meinen Tag zu einem guten machen kann – für mich und die Menschen rund um mich –, und liebe Menschen, die mich umgeben und unterstützen.

Wenn Sie ein Tier wären, welches wären Sie dann und ­warum?
Ein Wildpferd, weil es frei ist und selbst den Weg bestimmt. 


ZUR PERSON
Vielfältige Interessen und viele Facetten
Nachdem Dr. Valerie Höllinger, MBA, MBL, bereits 2021 Teil der Geschäftsführung von Austrian Standards wurde, übernahm sie mit Jänner 2022 als CEO die gesamte Leitung des renommierten Unternehmens aus den Händen von DDr. Elisabeth Stampfl-Blaha. Zuvor war die Wiener Juristin als Geschäftsführerin des BFI Wien sowie auch in den Branchen IT, Telekom, Getränkeindustrie und Erwachsenenbildung tätig, unter anderem bei der A1 Telekom Austria AG und ANECON (heute Nagarro). Valerie Höllinger war darüber hinaus stv. Aufsichtsratsvorsitzende der Bundestheater-Häuser und engagiert sich in ­Beiräten im Bereich Gesundheit, Bildung und Kultur. Weiters arbeitete sie als Unternehmensberaterin.