Die zerrissene Generation

NEW BUSINESS - NR. 6, JULI/AUGUST 2019
Millennials sehnen sich nach Sicherheit in einer unsicheren Welt © unsplash

Österreichs Millennials bewegen sich im Spannungsfeld zwischen Pessimismus, sozialem Gewissen und dem Wunsch nach Sicherheit. Doch was bedeutet das für die Wirtschaft?

Weltweit macht sich unter den sogenannten Millennials Desillusionierung breit – sowohl auf persönlicher als auch auf wirtschaftlicher und politischer Ebene. Im internationalen Vergleich zeigen sich die zwischen 1980 und den späten 1990er-Jahren geborenen Österreicher besonders pessimistisch, wie die Deloitte Millennial Survey festgestellt hat. „Österreichische Millennials blicken sorgenvoll in die Zukunft. Sie sind wenig optimistisch, dass sich die politische und gesellschaftliche Situation im nächsten Jahr verbessern wird“, analysiert Anna Nowshad, Director bei Deloitte Österreich. „Die größten Sorgen der heimischen Befragten sind der Klimawandel, politische Instabilität und Terrorismus. Auch der Anstieg des Nationalismus bereitet ihnen mehr Sorge als dem weltweiten Durchschnitt.“

Schwindendes Vertrauen in die Wirtschaft
Aufgrund des negativen Ausblicks haben Millennials ein steigendes Bedürfnis nach Sicherheit und Stabilität. 47 Prozent der österreichischen Befragten wollen länger als fünf Jahre beim derzeitigen Arbeitgeber bleiben. Im globalen Durchschnitt geben das nur 28 Prozent an. Dennoch haben die Österreicher kein allzu positives Bild von Unternehmen. Im Gegenteil: Sie sind deutlich skeptischer als ihre internationalen Kollegen. „Gerade Führungskräften gegenüber zeigen sich die Millennials sehr misstrauisch“, erklärt Elisa Aichinger, Senior Managerin bei Deloitte Österreich. „Über ein Viertel gibt an, kein Vertrauen in das Management von Unternehmen zu haben.“

Einforderung von sozialer ­Verantwortung
Klimaschutz und Gleichstellung zählen zu den größten Anliegen der Millennials. Daher wird auch der sozialen Verantwortung von Unternehmen eine immer wichtigere Rolle zugeschrieben. Hierzulande glauben jedoch 73 Prozent nach wie vor, dass Unternehmen sich eher auf die eigenen Agenden konzentrieren, anstatt sich wichtiger gesellschaftlicher Themen anzunehmen. „Nur 37 Prozent der heimischen Studienteilnehmer meinen, dass Unternehmen einen positiven Beitrag für die Gesellschaft leisten. Im internationalen Vergleich ist das ein besonders niedriger Wert“, so Elisa Aichinger. „Millennials wählen nicht nur ihre Konsumartikel entsprechend ihren Werten aus, sondern auch ihre Arbeitgeber. Im Wettbewerb um die besten Talente kommen Unternehmen an sozialen Themen nicht mehr vorbei. Sie müssen ihre gesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen, sonst werden sie diese Generation nicht überzeugen“, bestätigt Aichinger.

Offenheit für neue Arbeitsformen
Die Arbeitswelt der Zukunft erfordert neue Kompetenzen und Arbeitsweisen. Hierzulande glauben immerhin 75 Prozent der arbeitstätigen Befragten, über die passenden Fähigkeiten für die Industrie 4.0 zu verfügen. Laut Studie stehen freie Dienstverhältnisse der Gig Economy bei Millennials hoch im Kurs, wenngleich die Österreicher da noch zurückhaltender sind. „Alternative Arbeitsformen etablieren sich: Die Gig Economy kommt bereits für drei Viertel der österreichischen Studienteilnehmer in Frage. Global ziehen das beachtliche 84 Prozent in Betracht“, ergänzt Anna Nowshad.

Skepsis gegenüber Social Media
Bei aller Offenheit gegenüber neuen Arbeitsformen und Digitalisierung in der Arbeitswelt zeigt sich bei der privaten Mediennutzung ein völlig anderes Bild. Mehr als die Hälfte der heimischen Millennials glaubt, dass sie eine Reduktion ihres Social-Media-Konsums gesünder und glücklicher machen würde. Die Mehrheit der Befragten glaubt auch, dass Social Media mehr Schaden als Gutes bringt. In Österreich wollen 54 Prozent der Millennials ihren Social-Media-Konsum auf Null reduzieren. „Die Digital Natives sind im Privaten auf der Suche nach Digital Detox. Die Widersprüchlichkeit dieser Generation kommt damit einmal mehr zum Ausdruck“, so Anna Nowshad abschließend. (VM)