V. l. n. r.: Isabella Hönlinger, Betriebsratsvorsitzende Verbund AG; Jessica Bauer, technische Projektleiterin Burgenland Energie AG; Melanie Schönböck, Geschäftsführerin Energie AG Oberösterreich Trading GmbH; Barbara Schmidt, Generalsekretärin Oesterreichs Energie; Brigitte Bach, Vorständin Salzburg AG; Nadine Kroemer, Operator Schaltanlage Austrian Power Grid AG; Mari Lang, Moderatorin © Hannah Ecker
Der Frauenanteil in Österreichs E-Wirtschaft ist nach wie vor sehr gering. Nun startet das Netzwerk #Powerfrauen mit dem Ziel, mehr Frauen für die Branche zu begeistern.
Die typischen Spitzenvertreter der E-Branche sind überwiegend männlich, im Top-Management sind nur rund zehn Prozent Frauen vertreten. Nun startete das Netzwerk #Powerfrauen, unterstützt von Oesterreichs Energie, Ende März eine Initialzündung mit dem Event „Die Energiezukunft ist weiblich“. Langfristiges Ziel der Initiative ist ein „Female Shift“ in der E-Wirtschaft. Die Interessenvertretung will die Branche für weibliche Beschäftigte attraktiver machen.
Mehr Unterstützung für Frauen
Studien zeigen, dass Teams mit einem höheren Frauenanteil effizienter, lösungsorientierter und kreativer agieren. Barbara Schmidt, Generalsekretärin von Oesterreichs Energie, ist davon überzeugt, dass hier viel Potenzial vorhanden ist: „Mit dem Netzwerk #Powerfrauen stärken wir uns gegenseitig, lernen voneinander und holen Frauen vor den Vorhang, die mit ihrer Arbeit die Energiewende ermöglichen.“ Um das Interesse an der Branche zu wecken, sei es wichtig, engagierte Frauen anzusprechen. Die E-Wirtschaft arbeite an der Energiewende und damit an der Umsetzung des Klimaschutzes.
Das Netzwerk „Powerfrauen“ soll Vorbilder und Karrierewege in der Branche sichtbar machen und mit einem Mentoringprogramm Frauen auf dem Karriereweg unterstützen. Allerdings könne die Branche nicht alle Hindernisse selbst beseitigen – im Bereich der Nachmittagsbetreuung und Ganztagsschulen etwa sei die Politik gefordert. Auch Michael Strugl, Präsident von Oesterreichs Energie, ist ein Befürworter der Initiative. Das Argument, Frauen könnten die körperlich anstrengenden Tätigkeiten in der E-Wirtschaft, etwa im Kraftwerksbau, nicht bewältigen, gelte angesichts der vielfältigen Dienstleistungen und neuen Geschäftsfelder der Branche längst nicht mehr. Für manche Stellen keine Bewerberin zu finden, könne es einfach nicht mehr geben.
„Es geht – aber es geht nicht von selbst“, das müsse auch das Management klar signalisieren und entsprechende Schritte setzen. „Frauen in allen Sektoren in der E-Wirtschaft zu beschäftigen, ist ein Erfolgsweg, und den sollten wir gehen“, so Strugl, und er richtete einen Appell an die männlich dominierten Vorstandsetagen: „Maßnahmen, um den Frauenanteil zu steigern, können nur dann erfolgreich sein, wenn sie auch vom Top-Management aktiv befürwortet und unterstützt werden.“
Mit Diversität und neuen Arbeitswelten zur Energiewende
Die Veranstaltung „Die Energiezukunft ist weiblich“ punktete am 22. März mit Expertisen von in der E-Wirtschaft tätigen Frauen. Tech-Expertin und Data Economist Sabine Seymour zeigte anhand ihrer einführenden Keynote, wie der Einfluss von neuen Arbeitswelten und mehr Diversität die Energiewende beeinflussen. Die Technologieexpertin sprach sich in ihrer Keynote für eine „Demokratisierung“ der täglich generierten Daten aus, die derzeit vor allem von Technologiekonzernen wie Google, Facebook und Amazon kommerziell genutzt werden.
Notwendig sei außerdem die Etablierung eines „Privacy by Design“-Zugangs, der dem Datenschutz oberste Priorität einräumt. Außerdem plädierte Seymor dafür, die „Generation Z“ für die Mitarbeit in der Branche zu begeistern. Dieser Generation, die vor allem durch die Krisen der vergangenen Jahrzehnte geprägte wurde – von der Finanzkrise 2008 über die Covid-Pandemie bis hin zum Ukraine-Krieg –, könne die E-Wirtschaft durch die Arbeit an der Energiewende und für den Klimaschutz eine attraktive Perspektive bieten.
Brigitte Bach, Vorständin der Salzburg AG, stellte das aktuelle Projekt der Dekarbonisierung des Energiesystems in Salzburg vor.
Die Geschäftsführerin der Energie AG Oberösterreich Trading GmbH, Melanie Schönböck, berichtete über die Anforderungen an fachliche und soziale Kompetenzen in Hinblick auf den Energiehandel in volatilen Zeiten. Außerdem berichtete sie von den „extrem spannenden Zeiten“ der vergangenen Monate. Angesichts der enormen Preissprünge an den Energiemärkten musste das Risk-Management in dieser Zeit erheblich ausgebaut werden.
Die technische Projektleiterin der Burgenland Energie AG, Jessica Bauer, gab einen Einblick in das Repowering für die Energiezukunft. Jessica Bauer sprengt bei der Energie Burgenland als technische Projektleiterin nicht nur Windräder sondern auch Geschlechtergrenzen. Bei der Modernisierung des Windparks Neudorf mit 22 Windrädern war sie unter den zeitweise 400 Arbeitern auf der Baustelle eine von nur zwei Frauen.
Neben den Windrädern mussten im Zuge dieses Repowerings auch die massiven Fundamente neueren Modellen weichen. Um das Projekt am Ende aber in einen Erfolg zu verwandeln, brauchte es neben Improvisationstalent und Flexibilität auch einige Überzeugungsarbeit gegenüber männlichen Kollegen, von denen viele zum ersten Mal mit einer Projektleiterin zusammenarbeiteten.
Mit Hochspannung im wörtlichen Sinne beschäftigt sich Nadine Kroemer, die als Schaltmeisterin in einem Umspannwerk der Austrian Power Grid (APG) unter anderem Sicherheitsfragen verantwortet. Im Hinblick auf diese Tätigkeiten sei es wichtig, dass Unternehmen Frauen die Angst vor technischen Berufen nehmen. Dass diese teilweise auch anstrengend sind, lasse sich nicht leugnen. „Doch das trifft auch auf Berufe wie die Krankenpflege zu, in denen Frauen seit jeher tätig sind.“
Diverse Teams sind stärker
Einen weiteren Schwerpunkt bot Nicole Prieller, Partnerin bei PwC Österreich und Leiterin des Bereichs Workforce Transformation, zur Power of Diversity. Ihre Einschätzung: „Es gibt auf verschiedenen strukturellen Ebenen, auf der Unternehmensseite, in der Bildung, aber auch gesamtgesellschaftlich noch genug zu tun.“
Mit „diversen“ Teams aus Männern und Frauen ließen sich aber die bevorstehenden Herausforderungen deutlich besser bewältigen. „Unternehmen, die Geschlechterdiversität glaubwürdig leben, haben zufriedenere Beschäftigte und damit letzten Endes auch zufriedenere Kunden“, so Prieller. Im anschließenden Workshop entstanden bei den Thementischen über Best-Practice-Beispiele der Branche neue Ansätze und Ideen, wie der Frauenanteil in der E-Wirtschaft erhöht werden kann.
Appell an interessierte Frauen
Alles in allem ist es ein guter Start für mehr Diversität in der österreichischen Energiebranche, ist Barbara Schmidt sicher: „Die Veranstaltung zeigt uns, dass wir gemeinsam in kurzer Zeit erfolgversprechende Ergebnisse auf den Tisch bringen können. Wir rufen qualifizierte Frauen dazu auf, sich unserem Netzwerk anzuschließen und sich vermehrt bei Energieunternehmen in Österreich zu bewerben. Wer Sinn in der Arbeit sucht, findet ihn bei der Arbeit an der Energiewende.“ (BS)