Gerüstet für den Krisenfall

NEW BUSINESS - NR. 7, SEPTEMBER 2018
In Krisensituationen müssen Kommunikationsabteilungen Professionalität und Fingerspitzengefühl beweisen. © Fotolia/picsfive

Die Krisenkommunikation ist im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der sensibelste Bereich für Unternehmen, Behörden und Organisationen. Wie Unternehmen sie professionell umsetzen.

Eine Lagerhalle stürzt ein, ein Produkt muss zurückgerufen werden, ein Industriekonzern verschmutzt nach einem Unfall Abwässer. Zusätzlich zum Druck von Kunden, möglichen Geschädigten und Behörden soll die Unternehmensspitze auch den Medien Rede und Antwort stehen. Gerade in Ausnahmesituationen können die Kommunikationsstrategie sowie die daraus abgeleiteten Maßnahmen über Image und Zukunft eines Unternehmens entscheiden – oft binnen weniger Tage. Steht ein Unternehmen nach einem Zwischenfall unter medialem Beschuss, ist es meist zu spät. Krisen- oder Ereignisfall-Kommunikation wird kaum gelingen, wenn sie das Unternehmen komplett unvorbereitet trifft. Im besten Fall wird sie nie gebraucht, im Falle eines Unglücks entscheidet sie aber darüber, wie der Verlauf eines Zwischenfalls wahrgenommen wird. „Kein Kommentar“ wird von der Öffentlichkeit nicht hingenommen: Schnell wirkt es so, als versuche man, den Zwischenfall zu verheimlichen oder herunterzuspielen.

Die goldenen Regeln der ­Krisenkommunikation
Gerade im Ereignisfall oder in der Krise­ gibt es kaum ein Patentrezept. ­Aufgrund aktuellster Entwicklungen müssen Einschätzungen vorgenommen und Risiken gegeneinander abgewogen werden. Um abschätzen zu können, welche Strategie die richtige ist, braucht es viel Fingerspitzengefühl und eine gute Kenntnis der Medienbranche.

Acht Punkte, worauf es in der ­Krisenkommunikation ankommt 
• Schnell, schnell, schnell
Oft sind die ersten Stunden der Krise die entscheidenden. Je größer die Chance­ ist, dass die Krise ohnehin öffentlich wird, umso sinnvoller ist es, die Kommunikation aktiv an die Hand zu nehmen. Besser, Sie sprechen selbst über die Angelegenheit, bevor es andere an Ihrer Stelle tun, die weniger über die Ereignisse wissen und möglicherweise fatale Gerüchte streuen.

• Fakten vs. Gerüchte
Kaum ist eine Katastrophe passieren, werden die ersten Gerüchte gestreut. Wer schweigt, lässt Raum für Mutmaßungen. Nur mit Fakten zerschlagen Sie diese. Jede Aussage des Sprechers muss der Wahrheit entsprechen und einer späteren Prüfung standhalten. Alles andere macht Sie angreifbar. Was zum gegebenen Zeitpunkt nicht gesichert ist, kommentieren Sie nicht. Die Information wird nachgereicht, sobald sie verfügbar ist.

• Zusammenarbeit mit den Medien
Abhängig davon, was passiert ist, wollen zahlreiche Journalisten mit Ihnen sprechen. Die österreichischen Tageszeitungen haben Sie vielleicht noch im Griff – was aber, wenn über 100 in- und ausländische Medien nachfragen? Nur wer rechtzeitig auf Ereignisfälle oder Krisen vorbereitet ist und sich blitzschnell organisieren kann, meistert so eine Situation.
Gute Zusammenarbeit mit den Medien ist hier von Vorteil – auch vor einem Krisenfall. Wer der Presse gegenüber aktiv und offen auftritt, schafft eine gute Kommunikationsbasis. Die ist notwendig, um den Tag X und die Zeit danach unbeschadet zu überstehen.

• Wer spricht?
Zeit ist im Ereignisfall Mangelware. Unter Druck passiert es, dass unterschiedliche Sprecher unterschiedliche Aussagen machen. Die Zahl der Sprecher sollte daher so gering wie möglich sein, im Bestfall gibt es nur einen. Falls sich die Krise länger hinzieht oder die Anfragen allein nicht zu bewältigen sind, dürfen es auch mehr sein. Geben Sie den verschiedenen Sprechern möglichst klare Rollen und Kompetenzräume. Die Abstimmung auf die zu erwartenden Fragen ist unverzichtbar.

• Interne Kommunikation
Jeder Mitarbeiter ist ein möglicher Kommunikator, jeder verfügt über ein Handy mit Kamera. Es ist es wichtig, dass Interne dieselben Informationen bekommen wie Externe. Sie müssen geschult werden, bei Anfragen keine Gerüchte zu streuen oder Mutmaßungen zu äußern.

• Keine falschen Versprechen
Auch unter dem Druck der Medien müssen Ihre Worte standhalten: Wenn Sie Informationen in einer Stunde versprechen, müssen die Informationen dann auch kommen. Wenn Sie ein Interview versprechen, müssen sie es geben. Ein sicheres, professionelles Auftreten gegenüber den Medien ist im Ereignisfall entscheidend.

• Digitale Zeiten
Journalisten können und werden in kürzester Zeit Kontakt zu Unternehmenskritikern, Umweltschützern, Branchenkennern und Mitbewerbern etc. herstellen, um sich über die Ereignisse aus verschiedenen Perspektiven zu informieren. Dank Social-Media-Plattformen verbreitet sich das Unglück wie ein Lauffeuer. Während Ihre Krise gerade im Gange ist, zieht sie in Echtzeit immer schneller breitere mediale Kreise – und fordert raschere Reaktionszeiten.

• Haben Sie eine Botschaft
Die Fakten und Zahlen sind gut, aber nicht gut genug. In Krisensituationen brauchen Sie eine Botschaft. Die soll vor allem zukunftsgerichtet und lösungsorientiert sein. (MW)

INFO-BOX
Warten Sie nicht auf den Tag X
Gerade kleine und mittelständische Unternehmen verfügen selten über die Manpower und gut geschultes Krisenmanagement. Wer darüber nicht im Haus verfügt, erhält professionelle Unterstützung durch PR- und Mediaagenturen. Präventions-Workshops, Krisenkommunikationspläne, Szenarienerstellung und Trainings bis hin zu Ad-hoc-Einsätzen vor Ort mit Experten helfen, in Krisensituationen schnell und richtig reagieren zu können.