»Für die bevorstehenden, tiefgreifenden Veränderungen der Industrie und Gesellschaft brauchen wir gemeinschaftliche Anstrengungen. Eine Branche allein kann hier nur begrenzt wirksam werden. Das Miteinander wird der entscheidende Erfolgsfaktor sein. Denn die technischen Lösungen für die Dekarbonisierung werden wir finden.« © Holcim
Berthold Kren, CEO von Holcim Central Europe, ist offen, teamorientiert und nicht zuletzt entscheidungsstark. Oder anders: Ein Kapitän mit Teamgeist.
Geboren und aufgewachsen ist Berthold Kren in der obersteirischen Mur-Mürz-Region, wo er auch das BRG Bruck an der Mur besuchte, bevor er fürs Studium an die Montanuniversität Leoben ging. Eine Region, die in den vergangenen Jahrzehnten eine einschneidende Wandlung durchgemacht hat. Die glanzvolle Zeit der Stahl- und Bergbauindustrie ging in den 1980er-Jahren zu Ende, auch Umweltthemen rückten mehr in den Mittelpunkt – man musste neue Wege finden.
Entwicklungen, die auch am jungen Berthold Kren nicht spurlos vorbeigingen und ihn in späteren Entscheidungen auf seinem Lebensweg beeinflussen sollten. Besonders große Industrieprozesse übten immer schon eine Faszination auf ihn aus. So entschloss er sich dazu, sich mit Umwelttechnik zu beschäftigen.
„Ausschlaggebend für die Wahl des Studiums war das Aufwachsen in der steirischen Industriezone Mur-Mürz-Furche und das persönliche Erleben der industriellen Auswirkungen auf die Natur mit saurem Regen. Aus dem starken Willen, etwas an dieser Problematik ändern zu wollen, und einer persönlich sehr hohen Industrie- und Technikaffinität war das Studium der Umwelttechnik die ideale Voraussetzung für die Berufswahl“, erinnert er sich.
Vom Volleyball ...
Seine Freizeit verbrachte er damals unter anderem beim Volleyball. Er spielte etwa als Amateur im Bundesligaclub Gleisdorf. 1993, er war gerade im vierten Semester, reifte in ihm der Gedanke, auf eine Profikarriere hinzuarbeiten. „Ein Jahr später habe ich dann hauptberuflich Volleyball gespielt und nebenberuflich studiert“, so Kren. Durchaus mit Erfolg: „Im Profivolleyball führte ich als Teamkapitän die Hotvolleys Vienna und das österreichische Nationalteam.“
Von 1994 bis 2000 hatte er als Spieler und Kapitän großen Anteil an sechs österreichischen Meistertiteln, das Team war sechsmal Cupsieger und er stand sogar einmal im Finale der Champions League. Aus dieser Zeit hat er viel mitgenommen. „Herausforderungen motivieren mich. Ich habe gelernt, Verantwortung zu übernehmen. Im Sport wie im Berufsleben gilt es, die Fähigkeiten der Teammitglieder zu erkennen und zu fördern“, reflektiert Berthold Kren, und weiter: „Ich mag es sehr, im Team zu arbeiten.“
... zur Industrie
Nach dem Ende seiner Sportlerlaufbahn, noch neben dem Studium, fing er 2001 bei dem Abfallentsorgungsunternehmen A.S.A. AG/INERTA GmbH (jetzt FCC) an, wo er für Anlagenbau und Beratung verantwortlich zeichnete. 2005 wechselte er dann zu Lafarge, seit 2015 Teil der Holcim-Gruppe, dem weltweit führenden Zementproduzenten – wo er auch noch heute tätig ist. 2023 wurde der Auftritt in Österreich unter der Marke Holcim vereinheitlicht.
Es folgte eine internationale Karriere innerhalb der Gruppe. Kren wechselte 2010 nach Paris, wo er die Verantwortung für die globale Strategie zu Primärenergie, Trading und Leitung des Energieportfolios für Europa, Middle East, Afrika und Indien übernahm. 2017 ging er nach Indien und leitete das Asiengeschäft von Geocycle, dem Kreislaufwirtschaftsunternehmen der Holcim Group. Immer begleitet von seiner Frau und seinen Kindern, die ihren Lebensmittelpunkt mit ihm verlegten.
Verantwortung tragen
Seit 2020 ist Berthold Kren wieder zurück in Österreich und als CEO von Holcim Central Europe ganz in seinem Element. „Zement und Beton schaffen den Raum unseres täglichen Lebens – unser Tun hat damit Einfluss auf jeden. Wir schaffen den Baustoff für ein Zuhause, aber auch für den Schutz vor Hochwasser, oder für Wege und Straßen, um in Verbindung zu bleiben. Als Hersteller eines vielseitigen Baustoffs stehen wir einerseits in der Verantwortung für das Produkt, andererseits tragen wir auch eine hohe Verantwortung für den Standort Österreich: Wie wir produzieren und welche Rolle wir in der Gesellschaft übernehmen.“ Diese Verantwortung möchte er auch noch lange mittragen – und langweilig wird ihm dabei ganz bestimmt nicht: „Ich bin hier als Geschäftsführer der Holcim-Central-Europe-Holding sehr gut angekommen, aber es gibt noch viel zu tun für die kommenden Jahre. Wir stehen vor der entscheidenden Transformation der Industrie, das birgt ausreichend Herausforderungen auf unserem Weg. Jetzt darf ich die größte Herausforderung der Industrie managen.“
Welche Herausforderungen das sind? „Die größte ist, dass die Industrie, v. a. die Zementindustrie an einem historischen Wendepunkt steht. Die Dekarbonisierung und die Anforderungen an die Industrie in Richtung Kreislaufwirtschaft werden die nächsten 10 bis 15 Jahre bestimmen. Dabei werden nur jene Unternehmen eine Zukunft haben, die sich diesem Wandel stellen und diesen aktiv vorantreiben“, ist Kren überzeugt und ergänzt:
„Dazu kommt unsere Verantwortung, auch die nachgelagerten Industrien beim Wandel zu unterstützen. Wir müssen das Bauen neu denken: künftig besser mit weniger zu bauen. Und uns mit der Frage auseinandersetzen, wie wir Räume nutzen. Diese Herausforderung braucht eine enge Zusammenarbeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette vom Rohstoffproduzenten, den Zulieferern und Dienstleistern, den Baufirmen, den Planer:innen, Architekt:innen und Energiemanager:innen. Diese Veränderung können wir als Chance begreifen und nützen. Wir können grünes Bauen schon heute ermöglichen, mit Bauteilaktivierung beispielsweise in Richtung energie-autarke Gebäude bauen. Dazu braucht es aber auch das nötige Wissen und den Mut, hier neu zu denken und anders als bisher zu planen und zu bauen.“
Und wie geht er mit schwierigen Bedingungen um, die in letzter Zeit ja an der Tagesordnung sind? „Ich lasse mir keine Krise einreden. Herausforderungen begegne ich mit dem Vertrauen, dass wir als Team eine Lösung finden. Unsere Organisation soll mit den Herausforderungen wachsen, und das tut sie auch.“ Berthold Kren ist und bleibt eben ein Teamplayer mit Weitblick, egal ob im Sport oder im Beruf. (RNF)
12 FRAGEN AN BERTHOLD KREN
Was wollten Sie als Kind werden?
Pilot.
Was bedeutet Glück für Sie?
Die kleinen Dinge im Leben, wie zum Beispiel ein Sonntagsfrühstück mit der Familie.
Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?
Ich lese meist mehrere Bücher parallel. Aktuell sind es drei Bücher: „FATUM – Das Klima und der Untergang des Römischen Reichs“ von Kyle Harper und C. H. Beck, „Insel“ von Ragnar Jonasson und von Jakob Dunkel „Weniger“.
Welche Persönlichkeit inspiriert Sie?
Da gibt es viele, Thomas Muster war mein Idol der Jugend, der mich mit seiner Willensstärke sehr beeindruckt hat, ebenso wie Larry Page und Amelia Earhart, die Persönlichkeiten mit Durchsetzungsvermögen, Vision und Weitblick sind bzw. waren.
Gibt es ein Lebensmotto, das Sie verfolgen?
Den Wind können wir nicht ändern, jedoch die Segel anders setzen.
Mit wem würden Sie gerne einen Tag lang tauschen?
Mit dem Skipper unseres Holcim-Ocean-Race-Teams.
Was war Ihr bisher größter Erfolg?
Es als Umwelttechniker bis zum CEO geschafft zu haben, und dass Österreich in unserer Industrie als Vorreiter bei Kreislaufwirtschaft weltweit gilt.
Was ist das Verrückteste, das Sie in ihrem Leben getan haben?
Wer mich kennt, weiß, dass ich ausreichend Verrücktes getan und erlebt habe. Ich bin aber besonders dankbar und glücklich, dass meine Familie hier ebenso mitgezogen hat und wir 2017 gemeinsam nach Indien aufgebrochen sind.
Worüber haben Sie zuletzt gelacht?
Ich bin grundsätzlich eine Frohnatur und habe meistens ein Lachen auf den Lippen … ich lache viel und gern, oft auch über mich.
Gibt es etwas, das Sie schon immer ausprobieren wollten, sich bisher aber nicht getraut haben?
Aus einem Flugzeug zu springen – dazu hat sich noch nicht die Gelegenheit geboten.
Was motiviert Sie, tagtäglich aufzustehen?
Der neue Tag.
Wenn Sie ein Tier wären, welches wären Sie dann und warum?
Ein Elefant. Er ist ein Arbeitstier, und wenn er mal unterwegs ist, ist er nicht mehr zu stoppen.
ZUR PERSON
Österreich, Frankreich, Indien & retour
Der gebürtige Steirer Berthold Kren studierte an der Montanuniversität Leoben. Neben dem Studium war er Volleyballprofi. Nach einigen Jahren in der Abfallwirtschaft ging Kren 2005 zur heutigen Holcim, wo er die Bereiche erneuerbare Energien und Rohstoffe verantwortete und den Einkauf weiterentwickelte. 2010 wechselte er innerhalb des Unternehmens nach Paris. 2017 folgten drei Jahre als General Manager Indien und Asien bei Geocycle, Holcims Abfallwirtschaftssparte. 2020 kehrte er als CEO von Holcim Central Europe nach Österreich zurück. Berthold Kren ist verheiratet und hat zwei Kinder. Seine Hobbys sind Sport, Bergwandern und Lesen.