INNOVATIVE INDUSTRIE
DER BEZUG GEHT VERLOREN
»Ich halte nichts davon, ein Heer von Hunderten
Freelancern zuhause vor den Schirmen zu haben, weil
dadurch der Bezug zum Unternehmen verloren geht.«
Peter Lenz, Managing Director Region Alpine T-Systems
24 NEW BUSINESS • INNOVATIONS | OKTOBER 2021
Foto: RNF
das wirklich weiß und ob es dann auch so passiert. Wir
hatten kürzlich einen Kunden im SAP-Umfeld, der sich für
eine herkömmliche, aber sehr performante Lösung hier bei uns
im Keller des T-Centers entschieden hat, die wir ihm on premise
auf unserer eigenen Cloud-Infrastruktur im Datacenter
sehr kostengünstig angeboten haben – 30 Prozent günstiger
als die große Hyperscaler Cloud-Konkurrenz. Das geht.
Das heißt also, wenn man es nicht so genau weiß ...
Wenn man es nicht weiß, dann sind die zeitgemäßen, aktuellen
Cloud-Lösungen sicher die bessere Wahl. Auch, weil man dann
mit Release Management, Upgrades und all diesen Themen
überhaupt nichts mehr zu tun hat. Man bezieht Compute und
Storage „aus der Steckdose“. Die berechtigte Frage, die sich
Unternehmen und Organisationen stellen sollten, ist, ob es
ihre Kernaufgabe ist, solche Plattformen selbst zu betreiben,
oder ob es nicht klüger ist, diese Verantwortung abzugeben.
Das ist auch ein buchhalterisches Thema, oder?
Das ist das Nächste, ich habe keine Capex (Anm.: Investitionsausgaben)
sondern Opex, also Operational Expanses, und kann
damit meine eigenen Finanzprozesse anders steuern. Hier gibt
es meinerseits einen kleinen Kritikpunkt, weil die Investitionsprämie
der österreichischen Regierung war natürlich sehr
stark auf Investitionen bezogen und da waren Cloud-Dienste
nicht inbegriffen. Da gibt es noch einen kleinen Nachschärfungsbedarf.
Am Schluss würde ich noch einmal zum Mitarbeiter-
Thema zurückkommen. Auch bei Ihnen sind viele noch
im Homeoffi ce. Wird das so bleiben?
Ich glaube generell, dass man dort, wo es Sinn macht – bei
Co-Creation, Team-Meetings, wenn es darum geht, sich gegenseitig
zu sehen und zu spüren – die Büroinfrastruktur wieder
verstärkt nutzen sollte. Ich halte nichts davon, ein Heer von
Hunderten Freelancern zuhause vor den Schirmen zu haben,
weil dadurch der Bezug zum Unternehmen verloren geht. Es
gibt so etwas wie eine T-Systems-Familie, eine „Unter-der-
Woche-Familie“, wie es die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
nennen. Wir müssen jetzt wieder in diesen Familiengeist investieren.
Sonst fehlt etwas. Wenn ich an unsere Sinne denke,
das Sehen, das Spüren, das Sprechen, dann sind Videokonferenzen
da eine trennende Barriere. Es funktioniert, wir haben
das alle gesehen, aber wenn es zum Beispiel um das Onboarding
neuer Mitarbeiter geht, dann ist es wichtig, dass man sich sieht.
Man kann Firmenwerte anders transportieren, wenn man
Face-to-Face mit Kunden zusammenkommt – oder auch die
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter untereinander.
Der sogenannte „war for talents“ grätscht da gerade
ein bisschen hinein. Firmen ködern wechselwillige
Mitarbeiter mit dem Versprechen, dass sie bei ihnen
eben nicht ins Büro kommen
müssen, sondern im Homeoffi
ce bleiben können.
Ich bin kein Homeoffice-Gegner
geworden in den letzten Wochen,
ganz im Gegenteil. Homeof ce ist
gekommen um zu bleiben. Aber in
einem vernünftigen Mix wird man
wieder das Beste aus beiden Welten
kombinieren – für die Generierung
neuer Ideen, für Dinge, die Spaß machen, ein bisschen Tratsch,
all das, was das Büroleben eben auch ausmacht. Für den Entwicklungsprozess
neuer Lösungen ist das persönliche Zusammenkommen
meines Erachtens ganz wichtig.
Ob – wenn ich das so verallgemeinernd sagen darf –
„unsere Generation“ da nicht etwas altmodisch ist?
Das ist eine gute Frage. Das frage ich mich auch. Aber gerade
die Purpose-Diskussion, die auch die jungen Kolleginnen und
Kollegen intensiv führen, dreht sich unter anderem um die
Frage, ob es nur um die Aufgabe geht, oder eben auch um das
Miteinander im Team. RNF
INFO-BOX
Zur Person
Peter Lenz bekleidete im Zuge seiner Laufbahn bereits unterschiedliche
Top-Management-IT-Positionen in den Bereichen
Automotive, Energie und Mobilität. So arbeitete er in leitenden
Funktionen bei Magna Europe, Magna Powertrain und der OMV
AG. Von 2011 bis 2016 war er bei den Österreichischen Bundesbahnen
als Konzern-CIO tätig. Im Januar 2017 begann Lenz seine
Karriere bei T-Systems Austria, erst als VP Delivery und mit
Januar 2018 dann als Vorsitzender der Geschäftsführung der
T-Systems Austria. Seit dem 1. Januar 2020 ist Peter Lenz als
Vorsitzender der Geschäftsführung für T-Systems Österreich und
Schweiz für die Großkundensparte der Deutschen Telekom in
der Region Alpine verantwortlich. Er begann ein Studium in
Maschinenbau und Informatik an der TU Wien und studierte
später Informations- & Wissensmanagement an der Donau-
Universität Krems.