Sie befinden sich hier:  Home  |  Ingram Micro: Nah am Kunden
Adolf Markones, Executive Managing Director von Ingram Micro Österreich © RNF

Ingram Micro setzte in diesem Jahr auf eine Roadshow durch Österreich anstatt auf eine große Veranstaltung. Executive Managing Director Adolf Markones spricht im Interview über die Gründe.

Im vergangenen Jahr feierte die Fachhandelsmesse Ingram Micro TOP in einer neuen Location, der Marx-Halle in Wien, ihr 20. Jubiläum – mit über 80 Ausstellern und einem Besucherrekord. Für heuer hat sich der ITK-Distributor jedoch ein anderes Konzept überlegt, um mit seinen Kunden und Partnern auf Tuchfühlung zu gehen. Mit seiner Solution Roadshow machte das Unternehmen im Juni an insgesamt vier Standorten in Österreich Station – in Wien, Graz, Tirol und Salzburg. Und zum Abschluss standen dann Ende September auch erstmalig die Elektrofachhandelstage in Linz auf dem Programm. NEW BUSINESS war vor Ort in Oberösterreich und hat sich mit Adolf Markones, Executive Managing Director von Ingram Micro Österreich, unter anderem über die Gründe für diese Veränderung, aber auch andere Neuigkeiten aus dem Hause Ingram Micro unterhalten.

Herr Markones, Ingram Micro hat in Österreich jahrelang die TOP als großen Event in Ost-Österreich veranstaltet. Dieses Jahr wurde die TOP TOUR ins Leben gerufen, mit ihrem krönenden Abschluss bei den Elektrofachhandelstagen in Linz. Warum diese Veränderung und warum jetzt?

Die Elektrofachhandelstage sind für uns die Fortführung der erfolgreichen Futura-Zeit (Anm. eine frühere Technologie-Branchenfachmesse in Salzburg) – das ist schon etwas länger her – und natürlich eine Ergänzung zur TOP TOUR, nachdem es keine TOP mehr gibt. 
Warum gibt es keine Top? Die Top ist ein bisschen zu groß geworden. Außerdem kam auch die Frage unserer Kunden, warum wir nicht bei den Elektrofachhandelstagen vertreten sind. Es ist also auch ein Schritt zu auf unsere Kunden.
Wir haben dann nach Alternativen zu einer großen TOP gesucht und Michael Tropper (Anm.: Head of Marketing & PR bei Ingram Micro Österreich) kam auf die Idee der TOP TOUR durch Österreich. Das hat uns gut gefallen, weil man sehr nah an den Kunden rankommt. Man spart ihm Fahrzeiten. Die Kunden, die kommen, sind hochinteressiert. Wir haben die Möglichkeit gehabt, wirklich Solutions aus der Praxis zu zeigen – viel besser als auf einer TOP.
Eine Tour ist natürlich anstrengend. Aber es ist gut angenommen worden. Und die Elektrofachhandelstage haben als Gegenstück dazu schon einen Rahmen geboten. Wir treffen hier nicht nur zum Beispiel die Mediamarkt-Geschäftsführer der Bundesländer, der Termin am Freitag und Samstag bietet auch dem kleinsten Selbstständigen die Möglichkeit, herzukommen. Das ist etwas, das wir immer unterstützt haben. Das hat uns insgesamt als Konzept gefallen und darum machen wir das.
Das heißt aber nicht, dass es keine TOP mehr geben wird. Wir hören sehr genau auf unsere Kunden, die Reseller aber auch die Hersteller. Wann immer der Bedarf da ist, wird es auch wieder eine TOP geben. Vielleicht alternierend, vielleicht auch in Kombination mit etwas ganz anderem. Man muss flexibel sein und sich anpassen.

Wie sieht denn der finanzielle und generelle Aufwand im Vergleich aus? Sind die vergleichbar oder gibt es große Unterschiede?

Eine TOP selbst zu veranstalten, wie zuletzt in der Wiener Marx-Halle – was schon ein Restart in einem sehr großen Rahmen war –, war finanziell aufwendig, das kann man ruhig sagen. Man darf auch ruhig zugeben, dass nach der Pandemie alles sehr viel teurer geworden ist. Die Kosten haben stark zugenommen und das stimmt einen natürlich nachdenklich. Die TOP war immer super besucht. Aber es ist ein hoher Aufwand. Die Teams haben in der Vorbereitung deutlich mehr zu tun, als bei einer Roadshow. Ich spreche dabei nicht von der Roadshow selbst, das Team vor Ort hat genug zu tun. Aber die Vorbereitung ist überschaubarer. Es macht einen Unterschied, ob ich mich um jedes Kabel, jede Steckdose und jedes riesige Banner in der Halle kümmern muss, oder ob ich einen großen Saal miete. Der Aufbau muss natürlich schon sitzen. Da ist eine Messe wie die Elektrofachhandelstage im Vergleich dann fast schon einfach. Auch das bedeutet natürlich Vorbereitung, aber das ist schon fast Standard, möchte ich sagen. Da sind wir nach 20 Jahren Profis genug. Ich würde sagen, diese Variante ist die einfachere, wenn auch für das Individuum eventuell manchmal die anstrengendere.
Personell macht es natürlich schon einen Unterschied, ob eine TOP oder eine TOP TOUR. Das waren jetzt fünf Tage , in denen im Schnitt 15 Leute unterwegs waren. Das hält sich einerseits vielleicht die Waage, zerreißt das Business aber etwas mehr. Aber wir kommen hierher, weil wir Business machen wollen, also ist es ein gutes Investment.

 

© RNF

 

Jetzt würde ich gerne auf die Xvantage-Plattform von Ingram Micro zu sprechen kommen. Das Programm ist noch relativ neu. Wird es in Österreich gut angenommen?

Es wird gut angenommen. Es ist ja nicht das erste Mal, dass wir von einem aufs nächste System umgestiegen sind. Und jeder, der das schon einmal gemacht hat, weiß, dass er auf dieser Reise meistens Kunden verliert. Das war dieses Mal ganz anders. Wir haben keine Kunden verloren. Die Feedbacks waren, ich muss fast sagen, überschaubar. Wenn man nichts sagt, ist das Lob genug, heißt es  doch. Wir haben dann sehr rasch, kontinuierlich im Hintergrund, ohne großen Releasewechsel oder dergleichen, das System weiterentwickelt. Besonders die Suchfunktionen und den Content. Das ist ganz wichtig auf so einer Plattform. Ich glaube, davon leben grundsätzlich alle Unternehmen, die Plattformen betreiben. Es geht um den Content. Natürlich geht es um den Preis. Natürlich geht es um die Verfügbarkeit. Aber man muss sich zurechtfinden.
Xvantage ist sehr anpassungsfähig. Der Kunde kann sich wirklich aussuchen, was er sehen möchte, und wird nicht mit Dingen belastet, die er nicht braucht. Dafür haben wir ein sehr flexibles Widget-System entwickelt. Es ist eine Informationsquelle mit viel Platz für die Hersteller, um ihre Informationen mit den Resellern zu teilen. Wir nennen das V-Cards. Das wird gut angenommen und bietet die Möglichkeit, von interessanten Informationen oder Produkten aus direkt ins System zu gehen. 
Die Interaktion mit dem Kunden funktioniert immer besser. Das heißt, der Kunde bekommt von uns das Angebot, das mehr oder minder auf unserer Seite von Xvantage  erarbeitet wird. Er kriegt es geschickt, schickt es uns zurück, dann rufen wir es auf und können es übertragen oder abändern.

Sind weitere Schritte geplant?

In Zukunft wird es auch ein Self-Service geben, der Kunde kann sich das Angebot auch selbst erstellen. Ein Angebot geht meistens über die Menge, bei größerer Menge erwartet man sich einen besseren Preis. Da muss man fairerweise sagen, das kann auch eine Maschine machen. 
Und in Kürze werden wir unser Modell Xvantage Unite vorstellen, wie wir es intern nennen. Was ist neu? Für unser Kunden, die Xvantage bereits kennen, relativ wenig. Sie müssen sich an nichts Neues gewöhnen. Eigentlich bekommen sie ein Upgrade, denn sie können damit Cloud-Produkte in der gleichen Order mitbestellen und so seinen Workplace in einer Bestellung fertigmachen. Für den Cloud-Kunden ändert sich, dass er von unserem Cloud-Marketplace auf diese neue Plattform wechselt. Daran wird er sich vermutlich ein bisschen gewöhnen müssen, hat aber dafür die Möglichkeit, dort auch andere Produkte zu sehen und so sein Geschäft zu erweitern.
Denn das ist eines der zentralen Features. Alle haben tolle Warenwirtschaftssysteme, alle haben sicher tolle Reportings. Aber wenn ich heute mit so einem großen Partner wie mit der Ingram Micro  als Reseller zusammenarbeite, möchten wir dem Partner auch ein Bild geben, wo er sein Geschäft mit uns erweitern kann.
Wir bieten auf der Plattform natürlich auch Auswertungen an, auch auf der Herstellerseite. Auch der Hersteller kann die Plattform nutzen und sieht, in welchen Segmenten sich seine Produkte gut bewegen und in welchen weniger gut. Damit ist diese Community, wenn man so möchte, doch recht rund. Jeder sieht, was er sehen soll und was ihm etwas bringt. Das Ganze beruht auf einem riesigen, einzigen Data Lake und wird laufend mit Informationen angereichert. Als nächsten Step, bei dem wir auch KI nutzen, arbeiten wir an Recommendations. Der Kunde bekommt dann zu seiner Bestellung oder Suche, wie wir das von B2C-Plattformen kennen, auch im B2B-Bereich passende Angebote vorgeschlagen.

Interessant ist in diesem Zusammenhang die Business Class Option, die Xvantage-Kunden für 20 Euro im Monat Vorteile bietet, wie kostenlosen Premiumversand oder eine erweitertes Retourenrecht und Zahlungsziel. Das kennt man aus dem Consumer-Geschäft, scheint im B2B-Geschäft aber auf den ersten Blick ungewöhnlich. Was ist der Gedanke dahinter und wie wird das wiederum von den Kunden angenommen?

Der klassische Distributionskunde ist ein typischer Wechselkunde. Wir kennen die drei Entscheidungskriterien, das sind der Preis und die Verfügbarkeit, Verfügbarkeit meisten an erster Stelle, gefolgt vom Preis, und dann gibt es einen gewissen "Sympathie-Bonus". Sympathie-Bonus heißt nicht, dort sitzt jemand, den ich mag ich, sondern da habe ich eine gewisse Kreditlinie zur Verfügung, da habe ich ein tolles Return-Service, da wird mir auch geholfen, wenn ich einmal nicht weiterweiß.
Mit der Business Class möchten wir zwei Dinge erreichen. Das eine ist, dass uns die die Nutzung dieser Plattform sehr wichtig ist. Sie spart allenZeit und Geld. Aber es gibt aus der Gewohnheit heraus noch viele Tätigkeiten, die weiterhin am Telefon und per Mail gemacht werden. Das machen wir alles gern, aber eigentlich müssen die Reseller und natürlich auch wir Tag für Tag produktiver werden. Wir versuchen damit, die Prozesse für die Reseller, aber auch für uns, zu optimieren und einfacher zu gestalten. 
Dafür braucht es Anreize, und die Business Class soll so ein Anreiz sein. Die Gebühr ist sehr niedrig und rechnet sich für den Kunden schon bei zwei Bestellungen im Monat. Dafür bekommt er die günstigsten Frachtraten, die es gibt. Wir machen mit ihm auch einmal im Jahr einen Business Check, sehen uns alles in Ruhe an und geben Empfehlungen, wie er sich weiterentwickeln kann. Vielleicht wirkt es ein bisschen ungewöhnlich, aber wir wollen damit einfach unsere digital-affinen Kunden unterstützen.

 

© RNF

 

Läuft dieses Angebot gut in Österreich?

Es läuft gut. Wir sind schon lange aus dem Probebetrieb heraus und werden das auch entsprechend ausbauen. Vielleicht wird es auch einmal eine First Class geben, darüber wird schon intensiv nachgedacht. Oder die Business Class wird weiter angereichert. 

Erlauben Sie mir jetzt einen kleinen Schwenk zu einem anderen Thema. Ingram Micro hat gerade erst seinen aktuellen ESG-Report veröffentlicht (Anm.: siehe auch "Ingram Micro veröffentlicht ESG Report 2023"). Was passiert in dieser Hinsicht in Österreich?

ESG ist ein riesiges Thema und Ingram Micro ist ein riesiges Unternehmen. Die großen Dinge passieren natürlich dort, wo man auch richtig zupacken kann. Aber natürlich leisten auch wir in Österreich, dort wo es möglich ist, unseren Beitrag – und das machen wir sehr gut. Wir haben uns zum Beispiel sehr stark mit dem Thema Diversity beschäftigt. Wobei, so große Schritte mussten wir gar nicht machen, denn wir hatten das eigentlich schon immer in unserer DNA.
Worauf wir wirklich stolz sind, ist, dass unser Zentrallager für Deutschland, Österreich, Teile der Schweiz und Ungarn in Straubing eine PV-Anlage bekommen hat. Als wir dort vor 20 Jahren hingezogen sind, waren wir einer der größten lokalen Stromabnehmer. Heute produzieren wir unseren Strom selbst und speisen sogar noch in den Straubinger Verbund ein.
Wir nehmen in Österreich auch mit der ganzen Mannschaft an vielen Projekten teil, die ihnen wichtig sind. Wir haben einige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die das sensationell vorantreiben. Egal, ob sie im Prater aufräumen oder bei der Caritas mitkochen, das sind alles Herzensprojekte. Damit geben sie nicht nur der Gesellschaft etwas zurück, sondern das bringt das Team auch noch näher zusammen.

Wie geht es Ihnen in Österreich mit dem Recruiting bzw. der Aus- und Weiterbildung?

Man kann sagen, dass sich Ingram Micro zu einem Ausbildungszentrum entwickelt hat. Wir bilden Lehrlinge nicht mehr wie früher ausschließlich als IT-Kaufmann aus, sondern wir haben hochspezialisierte Bereiche, etwa in Netzwerktechnik, Serverinfrastruktur oder Cloud, aber auch Marketing oder E-Commerce. Auch hier benötigen wir Nachschub, denn am Markt ist oft nichts zu finden. Wir arbeiten im Rahmen unserer Ingram Micro Academy auch sehr eng mit Studenten zusammen. Hier arbeitet man als Student 25 Stunden und macht parallel seine Ausbildung – die wir auch bezahlen. Damit decken wir sehr viel vom Recruiting ab.

Expandieren Sie auch?

Wir sind immer auf der Suche. Es gibt Bereiche, in denen wir sehr dominant sind. Es gibt aber auch Bereiche, in denen wir noch deutliche Wachstumsmöglichkeiten sehen, wie etwa bei Cyber Security oder Data Center Software. In diesen Bereichen haben wir ein großes Interesse daran, Hersteller aufzunehmen. Das ist gleichbedeutend mit expandieren, denn wenn man qualitativ hochwertige Hersteller aufnimmt, dann reicht es nicht, ein Logo irgendwohin zu kleben. Das geht meist einher mit einer Teamgründung und diese Investmentbereitschaft haben wir auch. Also ja, wir sind noch nicht fertig.

Zum Abschluss würde ich gerne den Kreis schließen. Wir sitzen hier ja bei den Elektrofachhandelstagen als Abschluss der TOP TOUR. Wenn Sie in ein paar Tagen auf alles zurückschauen, was muss dann erreicht worden sein, damit Sie mit dem Ergebnis zufrieden sind?

Das Wichtigste ist, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Kunden getroffen haben, mit denen sie Termine vereinbart haben. Was ich damit meine ist, ob wir auf diese Weise eine höhere Show-Rate erreichen, als auf einer vielleicht etwas anonymeren Großveranstaltung. Dort haben die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, das muss man fairerweise sagen, schon damit zu kämpfen, mit jedem, den sie kennen, ein Gespräch zu führen. Eine TOP TOUR, oder auch eine Messe, ist wesentlich fokussierter und damit erwarte ich mir auch, dass dabei mehr herauskommt. Wenn am Ende die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zufrieden sind und sich dafür aussprechen, dass wir das wieder machen, dann bin ich der letzte, der Nein sagt. Denn dann hat es sich für uns  gerechnet. (RNF)

https://at.ingrammicro.eu/