Digitalisierung im Katastrophenschutz - Übung Ironore2019 © www.einstellungssache.at

Bei der Übung Ironore2019 im steirischen Eisenerz wurden österreichische Kommunikationslösungen für das Krisen- und Katastrophenmanagement in einem fiktiven Erdbeben-Katastrophenfall eingesetzt.

In Europa treten täglich Erdbeben auf. Im Juli 2019 wurden Daten der “Incorporated Research Institutions for Seismology” zufolge nicht weniger als 27 Erdbeben der Größenordnung 4 bis 5 registriert, die meisten davon in Südosteuropa. Zum Glück richten Ereignisse dieser Größenordnung selten schwere Schäden an, aber es gibt Ausnahmen – und jede davon ist eine zu viel. Rasche und richtige Reaktion rettet ins so einer Ausnahmesituation viele Leben.

Von 12. bis 14. September fand deshalb im steirischen Eisenerz mit dem TRIAL Austria die letzte von insgesamt vier Katastrophenschutzübungen im Rahmen des EU-finanzierten Projektes DRIVER+ statt, bei dem österreichische Kommunikationslösungen für das Krisen- und Katastrophenmanagement in einem fiktiven Erdbeben-Katastrophenfall eingesetzt wurden. Diese Großübung wurde vom AIT Austrian Institute of Technology und dem Österreichischen Roten Kreuz in Österreich organisiert und durchgeführt. Untersucht wurde dabei die bestmögliche Unterstützung von Akteuren im Krisen- und Katastrophenmanagement (Crisis and Disaster Management – CDM) bei der Bewältigung von Katastrophen.

Das Testszenario
Als Testszenario galt die Annahme eines massiven Erdbebens mit der Stärke 6,8 nach Richter im zentralen Teil Österreichs mit nachfolgendem schweren Regen sowie steigenden Vermissten- und Verletzten-Zahlen, einstürzenden Gebäuden, blockierten Straßen und gefährdeten Industriebetrieben. Auf Basis einer Ausschreibung wurden für die Übung verschiedene Lösungen ausgewählt, die im Rahmen des Testszenarios in Eisenerz (daher der Name der Übung: Ironore2019) an drei Tagen auf ihre Praxistauglichkeit getestet wurden. In die Übung waren sowohl sämtliche nationalen Einsatzkräfte (Rotes Kreuz, Feuerwehr, Polizei und Bundesheer) als auch internationale Hilfsmannschaften eingebunden.

EU-finanziertes Projekt DRIVER+
Das AIT ist österreichischer Spezialist für modernste Command & Control Kommunikationslösungen und brachte dessen digitale Applikation CROWDTASKER in den TRIAL ein, der bereits Ende 2018 in Murau erfolgreich im Rahmen einer Katastrophenschutzübung mit dem Land Steiermark und allen beteiligten zivilen und militärischen Bedarfsträgern und Freiwilligenorganisationen bezüglich Akzeptanz und Effizienz eingesetzt wurde. Der CROWDTASKER ermöglicht die Einbindung von Hilfskräften und Freiwilligen aus der Bevölkerung in das CDM, sowie eine Echtzeitkommunikation zwischen diesen und den Einsatzkräften, die verschiedenste Such- und Rettungsaufgaben ausgeben und darüber eine Echtzeit-Lagebild des betroffenen Gebiets für ihre effiziente Einsatzplanung und Entscheidungsfindung erhalten.

Weitere in der Übung eingesetzte Lösungen zur Bewältigung der Katastrophe ermöglichen die Erstellung von Lagebildern aus der Luft und am Boden (Airborne & Terrestrial Situational Awareness) vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt – DLR, hochpräzise, missionskritische georäumliche Foto- und Videokommunikationslösung (ASIGN PRO) von ANSUR für verbesserte Reaktionszeiten der Kriseneinsatz-Teams, sowie ein Visualisierungstool (VIEWTERRA) der Firma VWORLD, die Ergebnisse aus allen beteiligten Lösungen in ein gemeinsames operatives Lagebild, sowohl für das Krisenzentrum als auch für die Rettungseinheiten vor Ort, zusammenführt. Abgerundet wird dies durch die Bereitstellung psychosozialer Unterstützung (PFA = Psychological First Aid) für Betroffene im Krisengebiet durch das Dänische Roten Kreuz.

Österreichisches Lösungsportfolio
Am AIT wurde im Center for Digital Safety & Security im Forschungsschwerpunkt Krisen- und Katastrophenmanagement von Beginn an ein holistischer Ansatz verfolgt, um bisherige Interoperabilitätsprobleme, die sich historisch aus verschiedensten IT-Insellösungen verschiedener Einsatzorganisationen ergeben haben, zu überwinden.

Helmut Leopold, Head of Center for Digital Safety & Security am AIT, dazu: „In enger Zusammenarbeit mit den österreichischen Bedarfsträgern der öffentlichen Hand, der Landeswarnzentralen und dem Österreichischen Roten Kreuz, wurde am AIT in den letzten Jahren ein umfassendes Lösungsportfolio für ein modernes Krisen- und Katastrophenmanagement entwickelt. Mit der erfolgreichen Durchführung und Organisation dieser international besetzten, beispielgebenden Großübung haben wir die österreichische Vorreiterrolle in der Digitalisierung im Krisen- und Katastrophenmanagement erfolgreich unter Beweis gestellt.“

Die technologischen Eckpfeiler dieser am AIT entwickelten digitalen CDM-Kommunikationsplattform beinhalten einen gemeinsamen Informationsraum für den Command & Control Bereich (C2) von Einsatzkräften im Katastrophenschutz mit besonderem Fokus auf einen nahtlosen Informationsaustausch zwischen militärischen und zivilen IT-Systemen. Darüber hinaus ist auch die bereits erwähnte mobile Applikation CROWDTASKER für die Interaktion mit Freiwilligen und deren gezielte Einbindung in ein effizientes staatliches Krisen- und Katastrophenmanagment Teil der Plattform.

Weiters sind UAV- und Landerkundungsroboter-basierte Analysesysteme für die Echtzeit-Lagebilderstellung in Gefahrenzonen, wie z.B. in kontaminierten Gebieten, und ein dadurch erhöhter Schutz von Einsatzkräften Bestandteil der Plattform. Auch hochentwickelte Sensornetzwerk- und Internet of Things-Technologien (IoT) zählen dazu, die heute bereits international für die Überwachung von Umweltparametern wie z.B. auf Baustellen (Staub- und Lärmbelastung), für das Management industrieller Kontaminierungen (radioaktive und chemische Schadstoffe), für sicherheitsrelevante Branchen (zur Vorbeugung gegen Naturkatastrophen wie Überschwemmungen, Waldbrände und andere Gefahrenvektoren) sowie für die Verkehrssteuerung (schadstoffbasierte Verkehrsflussplanung) und die Städteplanung eingesetzt werden. (red./RNF)