Christine Ronzheimer (rechts im Bild), Produktmanagerin für IT-Cooling-Solutions bei Rittal, präsentierte die neue Megawatt-Kühllösung bei einer Veranstaltung in Wien. © RNF
Künstliche Intelligenz konfrontiert die Betreiber von Rechenzentren mit neuen Herausforderungen.
Eine davon ist es, die hochleistungsfähigen Server, die viel Wärme entwickeln, auch entsprechend zu kühlen. Rittal hat dafür eine neue Lösung präsentiert.
Rittal hat 2024 eine innovative Megawatt-Kühllösung präsentiert, die für die hohen Anforderungen von High-Performance-Computing und KI-Anwendungen entwickelt wurde. Diese modulare Lösung mit direkter Flüssigkeitskühlung (Direct Liquid Cooling) bietet eine Kühlleistung von mehr als einem Megawatt und ermöglicht so den Betrieb von leistungsstarken GPUs und LLMs in Rechenzentren. Durch die Modularität und Standardisierung nach dem Open-Rack-V3-Standard, dessen Entwicklung Rittal im Open Compute Project (OCP) vorangetrieben hat, wird eine hohe Skalierbarkeit und einfache Wartung im laufenden Betrieb gewährleistet.
Die Lösung integriert Kühlung, Stromversorgung und Monitoring direkt im Rack und bietet Flexibilität für verschiedene Rackgrößen (19 und 21 Zoll). Rittal adressiert damit den wachsenden Bedarf an effizienter Kühlung für KI-Infrastrukturen und unterstützt Betreiber von Rechenzentren bei der Umsetzung zukunftssicherer Lösungen.
Die Lösung ist zwar voraussichtlich erst ab dem zweiten Quartal 2025 verfügbar, aber schon Anfang Dezember vergangenen Jahres wurde die neue Megawatt-Kühlung von Rittal in Wien bei einer Veranstaltung präsentiert. NEW BUSINESS hat die Gelegenheit genutzt, um mit Christine Ronzheimer, Produktmanagerin für IT-Cooling-Solutions bei Rittal, über das System zu sprechen.
Frau Ronzheimer, wer benötigt diese enorme Kühlleistung?
Im Bereich Direct Liquid Cooling sprechen wir generell von High-Performance-Cooling, insbesondere für Anwendungen im KI-Bereich, wo hohe Rechenleistungen erforderlich sind. Die Chips der neuesten Generation entwickeln eine enorme Wärme auf kleinstem Raum. Wir stoßen an die physikalischen Grenzen der Luftkühlung, sodass Wasser für solche Anwendungen unerlässlich ist. Das Megawatt-Kühlsystem ist so konzipiert, dass es mehrere Racks kühlen kann, nicht nur ein einzelnes Rack mit hoher Leistungsdichte.
Die Anzahl der anschließbaren Racks ist prinzipiell nicht limitiert und hängt von der installierten Verlustleistung ab. Es richtet sich eher an Kunden im Hyperscaler-Bereich, also große Player wie Meta, Google oder Amazon, die große Rechenzentren betreiben, aber auch an größere Colocators mit anspruchsvollen Anwendungen.
„Unser Konzept zeichnet sich durch die hohe Leistung auf kleinstem Raum und das modulare Konzept aus.“
Christine Ronzheimer, Produktmanagerin IT-Cooling-Solutions Rittal © RNF
Ist das System dann „Overkill“ für ein Industrieunternehmen mit einem überschaubaren Rechenzentrum?
Im Enterprise-Bereich kommt es auf den Einzelfall an. Auch Universitäten mit einem hohen Forschungsanteil könnten solche In-Row-Systeme unter Umständen nutzen. Wir haben deshalb auch kleinere Lösungen im Portfolio, wie die CDU (Coolant Distribution Unit) In-Rack mit 150 kW, die für einzelne Racks gedacht ist. Durch die regelbaren Pumpen ist es kein Problem, wenn diese nicht voll ausgelastet wird.
Die im KI-Bereich eingesetzten GPUs entwickeln eine im Vergleich enorme Wärmeleistung. Liegt das daran, dass die Entwicklung so schnell voranschreitet und andere Prioritäten gesetzt werden – also vor allem die Leistung im Vordergrund steht?
Es liegt daran, dass diese GPUs Rechenvorgänge parallel ausführen. Das erfordert viel mehr Rechenkapazität in Verbindung mit der technologischen Entwicklung, Technik immer kleiner zu bauen und auf immer kleineren Chips unterzubringen. Dadurch entsteht diese hohe Leistungsdichte auf kleinstem Raum.
Was ist das Besondere an der Megawatt-Lösung von Rittal? Was sind die Vorteile?
Unser Produkt unterscheidet sich stark von den am Markt üblichen Produkten. Traditionelle CDU In-Rows sind klassische Industriedesigns mit zwei bis drei großen Industriepumpen, einem kleinen Schaltschrank für die Steuerung, Filtern, Wärmetauschern und so weiter. Unser Konzept zeichnet sich durch die hohe Leistung auf kleinstem Raum und das modulare Konzept aus. Wir haben fünf einzelne Pumpeneinschübe, was Modularität, Skalierbarkeit und Redundanz ermöglicht.
Vier Einschübe reichen für ein Megawatt Leistung, der fünfte ist redundant. Die Pumpen sind Hot-Swap-fähig, können also im laufenden Betrieb getauscht werden, ohne den Betrieb des Geräts zu beeinträchtigen. Das Handling ähnelt dem eines Servers. Auch der Controller, die Sensoren und der Filter sind im laufenden Betrieb wechselbar, was im Rechenzentrumsbetrieb und gerade bei den Hyperscalern extrem wichtig ist.
Wurde das System in Zusammenarbeit mit großen Kunden aus dem Hyperscaler-Bereich entwickelt?
Ja, wir sind und waren mit vielen Hyperscalern, aber auch mit Server- und Chip-Herstellern im Gespräch und haben deren Anforderungen direkt in die Entwicklung einfließen lassen. Wir sind noch nicht am Markt mit dem Produkt; der Marktstart ist für Anfang des zweiten Quartals nächsten Jahres geplant. Bis dahin lassen wir permanent Anforderungen einfließen.
Der Markt ist dynamisch, und selbst die Anforderungen der Server- und Chiphersteller ändern sich noch. Die Hyperscaler mussten in den vergangenen Jahren oft eigene Lösungen entwickeln, da nichts Passendes verfügbar war. Die Erfahrung von Rittal in Sachen Standardisierung kommt ihnen hier zugute.
Was waren die größten Hürden in der Entwicklung?
Eine große Herausforderung war die hohe Entwicklungsgeschwindigkeit und die Flexibilität, auch zu einem relativ späten Zeitpunkt noch auf sich ändernde Anforderungen einzugehen. Die Time-to-Market ist extrem wichtig, aber gleichzeitig wollen wir ein ausgereiftes und qualitativ hochwertiges Produkt auf den Markt bringen. Was uns sehr geholfen hat, sind unser großes, interdisziplinäres Team und die enge Zusammenarbeit mit den Kunden, mit Vertrieb, Produktmanagement und Entwicklung.
Wann hat die Entwicklung begonnen?
Die konkrete Produktentwicklung hat vor etwa anderthalb Jahren begonnen. Es gab aber diverse Voruntersuchungen und Vorkonzepte. (red.)
Info-Box
Megawatt-Kühlung für KI
Die Leistungsdichte für KI-Anwendungen, wie beispielsweise das Training und der Betrieb von Large Language Models (LLMs) in Rechenzentren, oder auch High-Performance-Computing bringen die heute übliche Luftkühlung an ihre Grenzen. Die neuen, ultraschnellen Grafikprozessoren (GPUs) produzieren so viel Wärme, dass die Hersteller sie gleich für leistungsfähige direkte Flüssigkeitskühlung auslegen. Rittal hat dafür in Abstimmung mit mehreren Hyperscalern eine modulare Cooling-Lösung entwickelt, die mit direkter Wasserkühlung eine Kühlleistung von über 1 MW erbringt.
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