Die Arbeitslosenquote belief sich im Mai auf 6,4 Prozent © APA - Austria Presse Agentur

Die schwächelnde Bauwirtschaft und Industrie belasteten weiter den Arbeitsmarkt. Ende Mai waren 351.151 Personen beim Arbeitsmarktservice (AMS) arbeitslos oder in Schulung gemeldet, davon waren 272.997 arbeitslos und 78.154 in AMS-Schulungen. Im Vergleich zum Vorjahresmonat ist die Zahl der Arbeitslosen und AMS-Schulungsteilnehmer um 9,5 Prozent bzw. 30.549 Personen gestiegen. Die Arbeitslosenquote erhöhte sich um 0,5 Prozentpunkte auf 6,4 Prozent.

Es gebe zwar rund 30.000 Arbeitslose mehr als vor einem Jahr, aber die Arbeitslosenquote sei immerhin die drittniedrigste Mai-Quote, die es in Österreich seit 2008 gegeben habe, sagte Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) am Montag am Rande einer Pressekonferenz in Wien. "Im Zeitraum 2008-2023 lag die Arbeitslosenquote Ende Mai im Durchschnitt bei 7,2 Prozent und somit im Schnitt um 0,8 Prozentpunkte höher als aktuell." Seit Monaten sei die Zahl der zusätzlichen Arbeitslosen konstant bis leicht fallend, so Kocher. "Es gibt Anzeichen dafür, dass der Stand, den wir jetzt haben, leicht zurückgeht", mit "sehr großer Vorsicht" könne man Zeichen für eine Erholung am Arbeitsmarkt herauslesen.

Das größte Plus bei arbeitslosen Personen und Menschen in AMS-Schulung gab es Ende Mai im Vergleich zum Vorjahresmonat am Bau (+19 Prozent), in der Warenerzeugung (+16,8 Prozent), im Handel (+13,3 Prozent) und im Verkehrs- und Lagerwesen (+9,9 Prozent). Leicht niedriger fiel das Plus in der Gastronomie und Beherbergung (+7,9 Prozent), im Gesundheits- und Sozialwesen (+8 Prozent) und in der Arbeitskräfteüberlassung (+7,3 Prozent) aus. Einen besonders starken Anstieg bei Arbeitslosen und Schulungsteilnehmern gab es im Jahresabstand in Oberösterreich (+18,1 Prozent), Steiermark (+12 Prozent) und Salzburg (+10,3 Prozent). Schwächer war der Anstieg in Niederösterreich (+9,1 Prozent), Wien (+8 Prozent), Burgenland (+7,9 Prozent), Vorarlberg (6,7 Prozent), Kärnten (+6,2 Prozent) und Tirol (+5,7 Prozent).

Die Zahl der arbeitslosen Inländer inklusive Schulungsteilnehmer stieg um 6,3 Prozent auf 198.451 und die Anzahl der arbeitslosen ausländischen Personen stieg um 14 Prozent auf 152.700. "Aktuell melden sich circa 1.000 Geflüchtete pro Monat erstmals beim AMS", sagte AMS-Vorstand Johannes Kopf im Ö1-"Mittagsjournal" des ORF-Radio am Montag. "Wir brauchen ein noch stärkeres Wachstum, damit die Arbeitslosigkeit zurückgeht. Im nächsten Jahr soll das passieren, für heuer erwarte ich es, wie gesagt, noch nicht."

Die Arbeitslosigkeit ist im Mai aber etwas schwächer als heuer im Februar, März und April gestiegen. "Trotzdem ist es wohl zu früh, von einem Konjunkturaufschwung zu sprechen, aber zumindest mehren sich - bei optimistischer Grundeinstellung - die Anzeichen, dass sich die Rezession in Österreich langsam ihrem Ende zuneigt", so Kopf in einem AMS-Arbeitsmarktbericht. Die Arbeitslosigkeit werde "damit in Österreich zwar noch länger nicht sinken, aber zumindest eine Stabilisierung der Situation in einzelnen Bundesländern oder Branchen erscheint im Jahresverlauf denkbar".

Scharfe Kritik an Arbeitsminister Kocher äußerte erneut die FPÖ. Die Arbeitslosigkeit in Österreich steige seit April 2023, besonders starke Zuwächse gebe es bei der Ausländerarbeitslosigkeit, so FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch in einer Aussendung. Für SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch hat die Regierung angesichts der Inflationsentwicklung und der Arbeitslosenzahlen "auf der ganzen Linie versagt". AK-Präsidentin Renate Anderl forderte, dass die Regierung "endlich eine umfassende Fachkräftestrategie" vorlegt. IV und WKÖ verwiesen auf die Lohnnebenkosten. "Wir brauchen daher mehr Anreize, damit sich Arbeit auch entsprechend netto mehr auszahlt", so WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf. Der Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV), Christoph Neumayer, forderte erneut eine Senkung der Lohnnebenkosten und die Einführung eines Vollzeitbonus.

Die schwächelnde Wirtschaftsentwicklung macht sich auch am heimischen Stellenmarkt bemerkbar. Beim Arbeitsmarktservice waren Ende April knapp 97.000 offene Stellen als sofort verfügbar gemeldet, ein Minus von rund 17 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Der ÖVP-Wirtschaftsbund erfasst in seinem Stellenmonitor alle Jobportale und verzeichnete über 174.000 Stellenangebote. "Der demografische Wandel ist eine der drängendsten Herausforderungen für den Arbeits- und Wirtschaftsstandort Europa", so Arbeitsminister Kocher. 2023 sei in Österreich auf eine über 65 Jahre alte Person ungefähr eine Person unter 20 Jahren gekommen, bis zum Jahr 2050 werde sich dieses Verhältnis "stark verändern" und laut Prognosen auf 1,5 ansteigen.