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Das Markengeheimnis

NEW BUSINESS Export - NB EXPORT 2/2017
Consumer-Engagement: Mit diesem Erfolgsrezept punkten auch heimische Markenunternehmen. © asierromero/Freepik

Auch wenn die Preise für Markenprodukte einen wesent­lichen Beitrag zum Umsatz ihrer Anbieter beitragen, ist es der Wert der Marke, der ihren Erfolg bestimmt ...

... Wir haben einen Blick hinter die Kulissen geworfen und sind dem Geheimnis des Markenerfolgs auf den Grund gegangen.

Alle Jahre wieder erstellt das European Brand Institute sein „GLOBAL TOP 100 BRAND CORPORATIONS RANKING“, welches auch 2017 nach wie vor von US-amerikanischen Markenunternehmen dominiert wird. Diesem zufolge musste Dauerspitzenreiter Apple zwar ein kleines Minus von drei Prozent hinnehmen, der Elektronikriese bleibt mit 144,571 Milliarden Euro aber weiterhin die wertvollste Marke der Welt, gefolgt von Google mit einem Markenwert von 107,913 Milliarden Euro (+ 17 %) und Microsoft (76,867 Mrd. Euro/+ 2 %). China Mobile (55,589 Mrd. Euro/+ 5 %) rückt auf Platz acht vor.
Wie bereits im Jahr zuvor bleibt die LVMH Group auch heuer Europas wertvollstes Markenunternehmen mit einem Markenwert von 49,979 Milliarden Euro (+ 15 %/Platz 12), gefolgt von der belgischen ABInbev Group mit 41,674 Milliarden Euro (+ 3 %/Platz 17) und Nestlé, Schweiz, mit 37,745 Milliarden Euro (– 1 %/Platz 20). Die Deutsche Telekom (25,217 Mrd. Euro/+ 2 %/Platz 32) löst die Volkswagen Group mit 23,363 Milliarden Euro (– 12 %/Platz 36) als wertvollstes deutsches Unternehmen ab.
Facebook, ein Musterbeispiel für Consumer Engagement, rückt mit einer Markenwertsteigerung von 44 Prozent (54,763 Mrd. Euro) innerhalb von vier Jahren auf Platz zehn vor und rangiert im absoluten Wachstum vor Google und Amazon (68,793 Mrd. Euro/+ 27 %), im relativen vor ­Adidas (+ 41 %) und KraftHeinz (+ 34 %).

Die wertvollsten Markenunter­nehmen des Landes
Wie die österreichische Markenwertstudie zeigt, profitieren zahlreiche Unternehmen auch hierzulande von der Stärke ihrer Marke. Für das heimische Ranking wurden aus den „TREND TOP500“ vom Juni 2017 jene heimischen Unternehmensmarken ermittelt, die sich zu mehr als 45 Prozent in österreichischem Eigentum befinden und deren Markenwerte nach dem aktuellen internationalen Standard ISO 10668 und ÖNORM A 6800 bewertet wurden. Daraus ergibt sich das folgende Top-Ten-Listing: 1. Red Bull, 2. Swarovski Gruppe, 3. Novomatic-Gruppe, 4. Spar Österreich Gruppe, 5. ÖBB Gruppe, 6. Raiffeisen Bankengruppe, 7. Erste Bank Gruppe, 8. OMV, 9. XXXLutz Gruppe und 10. Vienna Insurance Group.
Die zehn wertvollsten Austro-Markenunternehmen sind zusammen mehr als 32,4 Milliarden Euro (+ 1,2 %) wert.

Österreichs wachstums­stärkste Markenunternehmen
Red Bull konnte seinen Markenwert erneut um 0,9 Prozent auf 15,247 Milliarden Euro aus­bauen. Der Weltmarktführer für Energydrinks gilt international als Vorzeigeunternehmen für Consumer-Engagement und konsequente Markeninvestitionen und beweist dies in seiner 30-jährigen Marken-Erfolgsgeschichte.
Das Kristallimperium Swarovski glänzt mit ­einem Markenwertzuwachs von zwei Prozent und 3,507 Milliarden Euro Markenwert. Mit dem internationalen Testimonial Miranda Kerr p­unktet das heimische Luxusmarkenunter­nehmen ebenso wie mit der erfolgreichen ­Fortführung bei Mode-, Film-, Design- und Architekturkooperationen.

Novomatic AG: Wachstums­rekord dank Innovationskraft
Mit einem Plus von 8,4 Prozent bzw. 246 Millionen Euro Markenwertsteigerung setzt die Novomatic-Gruppe mit dem erfolgreichsten Geschäftsjahr in der 36-jährigen ­Unternehmensgeschichte ihre Vormachtstellung als wachstumsstärkstes Markenunternehmen Österreichs weiter fort. Der weltweit tätige Full-Service-Anbieter verfügt über mehr als 4.000 Marken, Patente und andere Schutzrechte und setzt zudem bei der Entwicklung von Hightech-Gaming-Equipment Branchentrends. Dazu zählt auch die Verschmelzung von Gaming mit bekannten Themen der Popkultur, wie TV-Sendungen und Block­buster. Mit Akquisitionen, wie z. B. des britischen Glücksspielbetreibers Talarius, sowie strategischen Partnerschaften und der Initiative „Digitale Transformation“ konnte die Expansionsstrategie konsequent fortgesetzt werden. Corporate Governance ist fest im Konzern verankert.
„Wir von Novomatic sind davon überzeugt, dass die Wahrnehmung unternehmerischer Verantwortung ein Investment ist, das sich mittel- bis langfristig lohnt. Denn dadurch können einerseits Kosten gesenkt werden, und andererseits kann unsere Marktposition abgesichert werden. Dazu kommt, dass die Wahrnehmung gesellschaftlicher Verantwortung auch in den Wert unserer Marken Novomatic und Admiral einzahlt – ein heutzutage nicht zu unter­schätzender Faktor“, so Monika Poeckh-Racek, Vorstandsvorsitzende Admiral Casinos & Entertainment AG.

Expansions- und Modernisierungsoffensive bei SPAR
Ein Markenwertzuwachs von drei Prozent auf 2,263 Milliarden Euro: Der SPAR Konzern punktet mit überzeugender Innovationskraft, laufender Modernisierung der Standorte u. a. mit Europas modernstem Hypermarkt, einem eigenen SPAR Innovation Forum und trendy Eigenmarken-Events sowie der Einführung des modernsten Food-Onlineshops Österreichs.

ÖBB punktet mit Open Innovation und Consumer-Engagement
Auch Österreichs größter Mobilitätsdienstleister ÖBB punktet mit innovativen Markenmaßnahmen und konnte den Markenwert erneut um 0,1 Prozent auf 1,889 Milliarden Euro steigern. Themenführerschaft als zukunftsweisende, innovative und umweltfreundliche Mobilitäts­marke mit Kundenzentrierung demonstrieren die ÖBB mit der größten Digitalisierungsoffensive der Unternehmens­geschichte, mit laufenden Inves­titionen in die bundesweite Bahnhofs­offensive, dem erfolgreichen ­Relaunch der ÖBB-Nightjets sowie Consumer-Engagement im Rahmen der „Open Innovation Ini­tiative“. Neben zahlreichen Auszeichnungen, wie dem PR-Staatspreis für die „Menschlichkeit fährt Bahn“-Kampagne, konnten die ÖBB in der Vertrauens­studie „brand2trust“ in der Kategorie Mobilität erneut den ersten Platz belegen.

Markenwertsteigerung am heimischen Finanzsektor
Österreichs wertvollste Finanzdienstleistungsmarke Raiffeisen Banken Gruppe konnte wieder um 1,5 Prozent an Markenwert auf 1,869 Milliarden Euro zulegen. Die Umstrukturierungsmaß­nahmen greifen,und die vertrauenswürdige Marke konnte mit gewohnt medienwirksamem Markenmanagement auf Platz sechs reüssieren.
Die Erste Group Bank steigerte mit Digital Leadership und Consumer-Engagement ebenfalls ihren Markenwert und zwar um 6,2 Prozent auf 1,654 Milliarden Euro. Die führende Retailbank im östlichen EU-Raum und in Österreich setzt auf die bewährte Markenportfoliostrategie und auf langfristiges Wachstumspotenzial in den Kernmärkten Österreich, Tschechien, Slowakei und Rumänien sowie das modernste Internetbanking „George“ und „George go“. Gernot Mittendorfer, CFO Erste Group Bank AG: „Das Thema Marke ist auch für mich als Finanzvorstand ein wichtiges Thema, spielen doch nichtfinanzielle Kennzahlen auch in der Regulatorik eine immer größere Rolle. Über die Marke präsentiert sich die Erste Group nach außen, für Kunden und für die Gesellschaft. Eine starke Marke macht uns als Unternehmen mit unseren Produkten attraktiver – und das freut auch den Finanzvorstand.“

Faktoren für nachhaltigen Markenerfolg
Laut dem Vorstand des European Brand Institute, Gerhard Hrebicek, ist es kein Geheimnis, dass Marken heutzutage von größerer Bedeutung sind als das Produkt selbst: „In der Einstellung der Kunden und der Firmen hat sich viel verändert. Früher waren die großen Markenartikelhersteller eigentlich einfache Industrieunternehmen, die in großer Zahl ihre Produkte auf den Markt brachten und – so ganz nebenbei – diese auch noch vermarkteten. Diesen Marken vertraute der Konsument, und daher kaufte er sie auch. Ich würde generell sagen, dass Marken heute vermutlich immer noch die wertvollsten, gleichzeitig aber auch die am wenigsten verstandenen immateriellen Vermögensgegenstände sind. Der Slogan: ‚People buy brands not products‘ gilt in der globalen Kommunikationsgesellschaft immer noch. Es hat sich also einiges grundlegend geändert“, so Hrebicek in einem Interview mit dem „iconannual“-Magazin. Im Zuge der „Österreichischen Markenwert Studie“ ermittelte der Experte drei wichtige Faktoren für den nachhaltigen Erfolg von Markenunternehmen.

• Wertvolle Marken betreiben Consumer-­Engagement
Am Beispiel Red Bull ist erkennbar, dass Markenwerte nicht nur durch das Überzeugen der Kunden vom Vorteil des Markenprodukts geschaffen werden, sondern vielmehr durch Erlebniswelten und Initiativen, die ein aktives Engagement der Kunden verbunden mit persönlichen Erfahrungen und Erlebnissen mit der Marke, die für ihre Ziele und Werte im täglichen Leben relevant sind, ermöglichen. Je mehr Engagement Kunden aufwenden, desto höher sind die Markenbindung, die Zufriedenheit, die Loyalität und die Weiterempfehlungsrate mit positiven ­Erfahrungsberichten in sozialen Netzwerken.

• Soziales Engagement und Corporate ­Responsibility zahlen in Markenwert ein
Jene Marken, die nicht nur wertvolle Erlebnisse für Kunden schaffen, sondern auch sozial und nachhaltig engagiert sind, schaffen durch diese Kombination von positiven Erfahrungen einen Verstärkungseffekt wodurch z. B. Werbung noch besser wahrgenommen wird. Dies steigert die Kundenbindung, die Effizienz und die Effektivität der Markenbotschaften und damit die Profitabilität und den Markenwert.

• Zunehmende Bedeutung von Marken­evaluierung und -reporting
Da der Anteil immaterieller Vermögenswerte und damit der Marke am Unternehmenswert stetig steigt, gewinnen die konsistente und vergleichbare Messung und das Reporting markenrelevanter Indikatoren, der Markenstärke, der Marken-Performance bis hin zum Markenwert an Bedeutung. Dies ist insbesondere bei Investment-Entscheidungen und am Kapitalmarkt relevant, wie die Gesetzesänderung im „Nachhaltigkeits- und Diver­sitätsverbesserungsgesetz“ (NaDiVeG) im Hinblick auf die Angabe nichtfinanzieller Informationen deutlich macht. Der ­Wirtschaftsrechtexperte Gerald Ganzger von der Kanzlei LANSKY, GANZGER + partner verdeutlicht: „Seit Jänner 2017 gilt für bestimmte österreichische Großunternehmen die Verpflichtung, eine Erklärung bzw. einen Bericht über Corporate-Responsibility-Maßnahmen zu erstellen. Wenngleich nur wenige Großunternehmen davon betroffen sind, zeigt diese gesetzliche Verpflichtung die zunehmende Bedeutung von Corporate Responsibility für die wirtschaftliche Tätigkeit von Unternehmen. Daraus ableitbar ist aber auch, dass CR-Maßnahmen zunehmend die ­Marke eines Unternehmens und deren Wert beeinflussen können.“

Generation Z: Die Kunden der ­ Zukunft fordern Personalisierung und ­Vertrauen
Sozial gerecht, ökologisch und personalisiert. Die absolute Vernetzung (Hyper-Connectivity) von jungen Kunden durch Facebook & Co. schlägt sich auch bei deren Kaufentscheidungen nieder. „Wir erleben zurzeit eine radikale Verschiebung der Marktmechanismen hin zu einer Welt, in der Vertrauen, Personalisierung und einzelne Influencer den Ausschlag geben“, kommentiert Mirko Warschun, Handels- und Konsumgüterexperte bei A.T. Kearney, diesen Mega­trend. „Die Zeiten, in denen die Massenmärkte den Gesetzen von Wohlstand, Verführung durch breite Werbung und Größe gehorchten, sind vorbei.“
Warschun bringt damit die Ergebnisse der von A.T. Kearney durchgeführten „Global Future Consumer“-Studie auf den Punkt. Dafür befragt wurden mehr als 7.000 mehrheitlich „zukünftige Kunden“ (Generation Z, Millennials, Generation X) in den USA, in Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Japan, Indien und China zu Präferenzen und ihrem Konsumverhalten. Die Ergebnisse zeigen, was die Kunden von morgen bewegt, und weisen auf regionale Unterschiede hin. Warschun: „Die zentrale Botschaft ist: Große Player haben eklatanten Nachholbedarf beim Zukunftsthema ,Vertrauen‘.“

Starker Vertrauensverlust bei ­etablierten Marken
Die wichtigsten Treiber auf dem Weg zur Konsumwelt von morgen sind der demografische Wandel, neue Werte und Hyper-Connectivity: Im Jahr 2027 wird ein Drittel der Menschheit zur Generation Z (geboren zwischen 1998 und 2016) gehören. Die Wertevorstellungen dieser zukünftigen Zielgruppe (Respekt, Social Entrepreneurship und hohe Eigenverantwortlichkeit) haben sich auf digitalen Plattformen herausgebildet. Soziale Gerechtigkeit, Schutz des Klimas sowie auch Individualität prägen ihr Einkaufsverhalten. Ihre Welt ist „hyper-connected“: Bereits im Jahr 2016 waren 2,8 Milliarden in den sozialen Netzwerken miteinander verbunden. 44 Prozent aller weltweit Befragten sind in sozialen Netzwerken aktiv. In China und Indien liegen die Zahlen noch höher.
Aus der Studie lassen sich drei Prinzipien für die Konsummuster von morgen ableiten: Erstens wird Vertrauen zur wichtigsten Grundlage für die Geschäftsbeziehung. Für große Unternehmen und Marken ist es indes immer schwieriger geworden, das Vertrauen ihrer Kunden zu gewinnen und auch zu halten. Während vor fünf Jahren 30 bis 40 Prozent der Befragten von wenig oder keinem Vertrauen in die großen Player sprachen, geben mittlerweile 50 bis 60 Prozent weltweit an, ihnen nicht oder nur wenig zu vertrauen. Weitere Brisanz erfährt der Vertrauensverlust durch die Vorliebe besonders junger Konsumenten für Marken, die die Umwelt schützen und sich für soziale Belange einsetzen. (Mehr als 70 Prozent sind bereit, einen Aufpreis dafür zu zahlen). Besonders in den westlichen Ländern Großbritannien, Frankreich, den USA und Deutschland ist das Vertrauen innerhalb der vergangenen fünf Jahre stark gesunken, während große Marken in ­China und Indien immer noch ihre „Coolness“ und Qualitätsmerkmale ausspielen können.
Das zweite Prinzip der zukünftigen Konsumwelt, digitale Einflussnahme, führt dazu, dass in Folge permanenter ­Vernetzung einzelne Stimmen ganze Märkte beeinflussen können. Schon heute ist klar: Macht hat, wer die Influencer im Netz auf seiner Seite weiß. 54 Prozent der Generation-Z-Befragten geben an, dass sie sich in ihren Kaufent­scheidungen von Bloggern und Vloggern beeinflussen lassen.
Personalisierung ist das dritte Prinzip, das die Unternehmen lernen müssen. Damit wird Big Data für individuell maßgeschneiderte Angebote zum zukünftigen Erfolgs­faktor. 30 bis 45 Prozent der befragten Kunden sind weltweit bereit, ihre Daten einem Unternehmen mitzuteilen, wenn sie im Gegenzug zum Beispiel personalisierte Ernährungsempfehlungen erhalten. Mit regionalen Unterschieden: Die höchste Bereitschaft ist in China (45 %), den USA (41 %) und in Großbritannien (40 %) zu finden, die größte Zurückhaltung üben die Deutschen (33 %).

Personalisierte Markenstrategien gefragt
„Wir erleben zurzeit eine weltweite Verschiebung vom ­Affluence- zum Influence-Modell“, fasst Warschun den Wandel zusammen. Definierten sich die Kunden in der alten Welt über ihren Besitz und konnten Unternehmen mit statischen Geschäftsmodellen und einer „One size fits all“-Marketingstrategie, die den großen Trends folgt, die Kundenbedürfnisse ausreichend gut befriedigen, verlangt das Influence-Modell stark ausdifferenzierte Vorgehensweisen, die auf viele einzelne Influencer setzen und die die Signale der Kunden sofort verstehen und umzusetzen wissen. „Nischenmarken, die für Authentizität und Werte stehen und Social-Influencer-Marketing perfekt beherrschen, machen den großen Playern Marktanteile streitig“, warnt Warschun. Doch auch große Brands hätten Chancen im Influence-Modell, wie der Sportwarenhersteller Adidas zeige: „Mit Micro-Influencern und der Einbindung von Sportlern, Kunden und Geschäftspartnern entstehen ­vertrauensstiftende Communitys“. (BO)