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Ohne Göd ka Musi

NEW BUSINESS Export - NB EXPORT 2/2024
Es bleibt noch viel zu tun, um das Potenzial des heimischen Musikmarkts voll auszuschöpfen. © Nikolaus Ostermann

Der Unterhaltungsboom hält an – weltweit und in Österreich. Die Umsätze von Kino, Musik und vor allem Gaming steigen.

Das eröffnet auch für die heimischen Unternehmen Chancen auf den inter­nationalen Märkten. Da und dort muss aber noch an den Rahmenbedingungen gefeilt werden.

Es sieht gut aus und hört sich gut an. Denn trotz – vielleicht aber auch gerade wegen – wirtschaftlicher Unsicherheiten und starken Wettbewerbs wächst die globale Unterhaltungs- und Medienbranche weiter: 2023 stiegen die Umsätze um fünf Prozent auf 2,6 Billionen Euro. Auch in Österreich zeigt sich dieser positive Trend, wo die Branche 2023 mit drei Prozent auf 12,4 Milliarden Euro wuchs.

Vor allem die Gaming-Indus­trie und Streaming-Dienste treiben das Wachstum an. Aber auch traditionelle Bereiche wie Kino, Musik und Radio profitieren von Blockbustern sowie Welttourneen bekannter Musi­ker:innen. Bis 2028 soll die Unterhaltungsbranche hierzulande sogar auf 13,5 Milliarden Euro wachsen. Das zeigen die Ergebnisse des aktuellen „Global Entertainment & Media Outlook 2024–2028“ von PwC, der seit 25 Jahren Umsatztrends und Prognosen für 53 Länder, darunter Österreich, liefert.

Für Anbieter:innen in der Unterhaltungsbranche herrscht eine spannende Dynamik: „Der Markt verändert sich ­rasant. Immer mehr Unterhaltungsanbieter passen ihre Geschäftsmodelle an und nutzen gezielt die Möglichkeiten von GenAI. Auch müssen viele ihr Angebot erweitern und die Interaktion der Nutzer:innen auf ihren Plattformen stärker fördern“, so Nicole Prieller, Geschäftsführerin Digital and Customer Transformation bei PwC Österreich. 

Aufschwung bei Kino, Live und ­Streaming
Persönliche Erlebnisse wie Livemusik und Kinobesuche ­gewinnen wieder an Bedeutung. Große Veranstaltungen, darunter Konzerte von Weltstars und Blockbuster wie ­„Barbie“ oder „Oppenheimer“, trugen 2023 erheblich zu den Umsatzsteigerungen bei. Allerdings spürt das Kino weiterhin die Nachwirkungen der Lockdowns. Erst 2025 wird erwartet, dass die Einnahmen wieder das Vor-Pandemie-Niveau erreichen.

Der österreichische Streaming-Markt (Over-the-top-Video, OTT) bleibt ebenfalls weiterhin erfolgreich: Der Umsatz hat sich seit 2019 verdoppelt und erreichte 2023 einen Rekordwert von 307 Millionen Euro. Dieser Positivtrend zeigt sich auch auf globaler Ebene mit einem Umsatzanstieg von 17,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. „Der Streaming-Boom wurde durch die Pandemie angeheizt, aber in den nächsten Jahren wird das Wachstum wahrscheinlich langsamer. Streaming-Anbieter müssen ihre Geschäftsmodelle anpassen und neue Einnahmequellen neben den klassischen Abonnements erschließen“, erklärt die PwC-Expertin. Dazu können Maßnahmen zählen, wie die Einführung werbefinanzierter Varianten – etwa günstigere Abonne­ment­gebühren mit Werbung –, die Bekämpfung von Passwort-Sharing, die Integration von Livesport oder stärkere Zusammenarbeit und Konsolidierung innerhalb der Branche.

„Die Daten zeigen, dass die österreichische Unterhaltungs- und Medienbranche weiterhin wächst. Trotz einiger Heraus­forderungen bleibt der Aufwärtstrend bestehen, wenn auch nicht in allen Bereichen gleichermaßen. Am Ende entscheiden die Konsument:innen, welche Angebote sie unterstützen“, so PwC-Expertin Prieller.

Asien-Pazifik ist Schwergewicht beim Gaming-Umsatz
Die Gaming-Industrie – einschließlich E-Sport, also wettbewerbsorientiertes Gaming mit Turnieren und Livepublikum – gehört auf jeden Fall weltweit zu den am schnellsten wachsenden Bereichen. Der globale Gesamtumsatz erreichte im Jahr 2023 210,1 Milliarden Euro – was einem Anstieg von 4,6 Prozent seit 2022 entspricht. Bis 2028 wird erwartet, dass der Umsatz die Marke von 300 Milliarden Euro überschreitet, das doppelte Niveau von 2019.

In Österreich wurden in der Gaming-Sparte im vergangenen Jahr 753 Millionen Euro umgesetzt. „Der asiatisch-pazifische Raum dominiert diesen Markt und wird bis 2028 fast die Hälfte des weltweiten Umsatzes ausmachen. Für Österreich bietet dies Chancen, sich stärker zu vernetzen und von diesen Trends zu profitieren“, erklärt Prieller.

Game-Know-how aus Österreich ist weltweit gefragt
Österreichs Gaming-Branche scheint in Sachen Vernetzung aber auf jeden Fall schon ganz vernünftig unterwegs zu sein. Denn wie die brandneue Game Development Studie 2024 des Industriewissenschaftlichen Instituts (IWI) im Auftrag des Fachverbands Unternehmensberatung, Buchhaltung und IT der Wirtschaftskammer Österreich (UBIT) zeigt, hat noch nie zuvor eine so große Zahl heimischer Entwickler zum Erfolg internationaler Top-Games – sowie auch zur digitalen Transformation der österreichischen Wirtschaft – beigetragen. Rund 150 Unternehmen sind demnach aktiv in der Spieleentwicklung tätig, was laut Vergleichsstudie aus dem Jahr 2018 einem Wachstum von 71,3 Prozent in den vergangenen sechs Jahren entspricht.

Die heimischen Game-Developer generierten damit 2023 einen gesamtwirtschaftlichen Umsatz von 188,7 Millionen Euro (die Diskrepanz zu den zuvor genannten PwC-Zahlen ergibt sich daraus, dass unterschiedliche Aspekte betrachtet wurden). Jeder Arbeitsplatz in einem Unternehmen der Spieleentwicklung sichert mehr als einen weiteren Arbeitsplatz in Österreich ab. In Summe werden durch die heimischen Game-Developer rund 2.260 Arbeitsplätze direkt oder indirekt initiiert.

Von Wachstum geprägt
„Game-Development ist eine junge und dynamische Branche. Sie ist in Österreich geprägt von vorwiegend kleinen und kleinsten Unternehmen, mit überdurchschnittlich jungen, gut ausgebildeten und hoch motivierten Fachkräften. Die wirtschaftliche Leistungskraft und Impulswirkung sowie die volkswirtschaftlichen Effekte der Branche auf die heimische Wirtschaft sind von Wachstum geprägt“, fasst Wolfgang Koller (IWI) die Studienergebnisse zusammen. Die österreichische Szene ist vorwiegend jene der 25- bis 34-Jährigen. Rund 80 Prozent haben eine Universität oder Fachhochschule abgeschlossen.

„Ermöglicher zu sein bedeutet, den Wert der Arbeit unserer Unternehmen anzuerkennen“, ist Alfred Harl, Obmann des Fachverbands UBIT, überzeugt. „Der Standort Österreich wird im Zuge der Digitalisierung nur dann zukunftsfit sein, wenn die Transforma­tion auch bei den Jobs gelingt. Um den Fachkräftemangel zu bekämpfen, muss die Politik an vielen Schrauben drehen. Von der Ausbildung über die Attraktivität zum Schutz vor Abwanderung bis zum Erhalt von wertvollen Schlüsselkräften.“ Handlungsbedarf sieht die Branche insbesondere bei aktiver Politik für Spieleentwickler:innen in Österreich und der EU zur Verbesserung ihrer Rahmenbedingungen sowie Finanzierungsmöglichkeiten. 

Acht von zehn exportieren 
Acht von zehn Unternehmen der Spieleent­wickler:innen exportieren ihre Produkte. Spiele werden über das Internet vertrieben, und damit eröffnen sich globale Märkte. ­„Fachkräfte und Unternehmen aus Österreich im Bereich Gaming sind weltweit stark gefragt. Österreich hat hier schon hohes Niveau im Bereich der Ausbildung. Diese Absol­vent:innen in Österreich zu halten ist eine große Chance für den Standort und die Wirtschaft“, sagt Reanne Leuning von Außenwirtschaft Austria zur Exportquote und zur internationalen Bedeutung der Branche. 

„Österreich ist ein nach wie vor stark traditionell geprägtes Land – auch auf dem Arbeitsmarkt. Nun drängen viele junge, gut ausgebildete Menschen mit neuer Dynamik in Bereiche nach, die Wirtschaft und Industrie in Zukunft neu gestalten werden. Das schließt die Gaming-Branche mit ein“, ergänzt Martin Filipp vom Verband Pioneers of Game Development Austria (PGDA). „Wir haben aber nicht nur Game-Entwickler und Programmierer. Wir liefern Know-how und Technologie, um branchenübergreifend Prozesse neu zu denken und zu entwickeln.“

Neuer Stellenwert von Serious und Education-Games
Die Palette der Games reicht von Entertainment über Education- bis hin zu Serious Games. Entwickelt werden hauptsächlich PC- und Mobile Games (Smartphones/Tablets). AR (Augmented Reality) und VR (Virtual Reality) sind für 20 bzw. 35 Prozent der Branche ein wichtiger Teil der Produkte. Serious Games sind digitale Spiele, deren Zweck über Unter­haltung hinausgeht. Es geht um Lernen oder Bewusstseinsschärfung mit spielerischen Elementen, um nachhaltig etwas zu bewirken. Serious Games erfreuen sich immer größerer Akzeptanz. Das enorme Potenzial wird durch Digitalisierung und Integration neuer Technologien gestärkt.

Gemeinsam mit der Gamification stellen Serious Games einen bedeutenden Bereich der Digitalisierung der Gesellschaft dar, von Bildung über Gesundheit und berufliche Weiterbildung bis hin zu Themen des Alltags wie Bewusstseinsschärfung für soziale Themen wie Umwelt, Klima oder Konfliktvermeidung. Anders als Entertainmentspiele entstehen Serious Games überwiegend durch Aufträge oder Kooperationen der öffentlichen Hand (Länder und Gemeinden, Regierungsstellen, Ministerien oder Behörden). Auch Museen, Forschungseinrichtungen, NGOs oder Kirchen lassen Serious Games konzipieren, um ihre Anliegen spielerisch zu vermitteln.

Game-Development-Schwerpunkte werden schon in der Ausbildung gesetzt. Unis, FHs oder HTLs leisten in Österreich einen hochwertigen Beitrag. Insgesamt gibt es 25 Hochschulangebote für Game-Development mit Schwerpunkten in Puch bei Salzburg, Hagenberg in Oberösterreich, Wien (etwa zu Software-Engineering und Web-Development) und Kärnten (Klagenfurt). Puch und Hagenberg bilden rund 50 Prozent der Absolvent:innen in der Gaming-Branche aus. Was es für eine gute Standortpolitik ebenso wie Fachkräfte braucht, sind Förderschienen für Firmengründungen in Österreich, Studios für Game-Development und Jobs in der Industrie. Jedes dritte Unternehmen der Branche hat sich in den letzten 24 Monaten um öffentliche Fördermittel beworben.

Bzzzz – die Musikwirtschaft brummt
Standortpolitik war auch eines der Themen, die Anfang September bei der zweiten Auflage von „Bzzzz – Konferenz der österreichischen Musikwirtschaft“ zur Sprache gebracht wurden. Im Zentrum stand die Frage, wie der Musiksektor gestärkt werden kann, um noch mehr zur heimischen Wirtschaft beitragen zu können. Dazu brachten der Fachverband der Film- und Musikindustrie (FAMA), der Verband der österreichischen Musikwirtschaft (IFPI Austria), die Verwertungsgesellschaft AKM und der Verband unab­hängiger Tonträgerunternehmen, Musikverlage und Musik­produzentInnen Österreichs (VTMÖ) die verschiedensten Beteiligten an einen Tisch:

Ein vielfältig besetztes Panel diskutierte über Gleichstellung und Inklusion in der Programmierung von Radio und Festivals und darüber, wie es um die Situation der Musikschaffenden selbst in Österreich bestellt ist; Musikwirtschaft-Start-ups erklärten den Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) bei der Social-Media-Arbeit und Verwertungsrechte bei Musikevents; und zwei Arbeitsgruppen erläuterten Forderungen für eine Musikstandortstrategie, die der Politik als Leitlinie dienen soll.

Förderungen als Anschub für den Wirtschaftsmotor
Die Musikerin, Komponistin und Produzentin Sophie Lindinger fand im Spotlight-Interview im Rahmen der „Bzzzz“ klare Worte: „Nur weil man in Österreich ‚Erfolg‘ hat, heißt das noch lange nicht, dass man sich sein Leben damit finanzieren kann.“ Sie persönlich habe das Glück, von ihrer Musik ihre Miete bezahlen zu können. „Dies ist aber nach wie vor von sehr vielen Faktoren abhängig, und es gibt leider nichts, das mir langfristig die Sicherheit gibt, dies auch weiter zu können.“ Wenn also in der jüngsten großen Studie zur Wertschöpfung der Musikbranche, die im Mai veröffentlicht wurde, die Rede von einem Kern von rund 7.000 Musikschaffenden war, die von ihrer Musik leben können und den Musikmarkt mit einer Wertschöpfung von 7,5 Milliarden Euro pro Jahr und 117.000 generierten Jobs zu einer der wichtigsten Branchen in Österreich machen, darf man sich darunter nicht 7.000 Großverdiener:innen vorstellen.

Es ging aber insgesamt nicht darum, die Situation schlechtzureden, sondern im Gegenteil sollte aufgezeigt werden, welch riesengroßes Potenzial immer noch in der Musikbranche schlummert und welche strukturellen Änderungen erforderlich wären, um es auszuschöpfen. Denn wer diesen Sektor nachhaltig festigt, stärkt die gesamte Wirtschaft und sorgt im Endeffekt auch für höhere Steuereinnahmen. Somit kommt jeder als Musikförderung eingesetzter Euro vielfach wieder zurück. Das Thema Förderungen und die Frage, wie sie am besten genutzt werden können, war deshalb bei der diesjährigen Ausgabe der „Bzzzz“ allgegenwärtig.

Bereits in seiner Keynote zum Auftakt der Musikkonferenz betonte der Forschungskoordinator Virgo Sillamaa von European Music Exporters Exchange (EMEE), dass „die Politik die alten Gegensätze zwischen Kunst und Kommerz hinter sich lassen und einen ganzheitlichen, langfristigen Ansatz verfolgen muss“. Um in diesem Ökosystem, in dem sich Künstler:innen, Fachleute und Unterneh­mer:in­nen täglich auf einem herausfordernden Terrain bewegen, von den Vorteilen eines reichen Musiklebens zu profitieren und einige einzigartige kulturelle und kommerzielle Erfolge zu erzielen, ist eine blühende Basis unabdingbar. Deshalb, so Virgo Sillamaa in Richtung Politik, „braucht die Musiklandschaft in Österreich keinen Arzt, sondern einen Gärtner“.

Musikwirtschaft „in all ihren ­Farben“ versammeln
Die Musikkonferenz ist dabei für den Label-Berufsgruppenvorsitzenden Hannes Tschürtz „eine längst überfällig gewesene Plattform, um die Musikwirtschaft in all ihren Farben zu versammeln und eine Dialogfläche miteinander und auch für die Politik zu bieten“. Diese lud AKM-Präsident Peter Vieweger ein, „mit uns gemeinsam eine zukunfts­weisende und nachhaltige Strategie für die österreichische Musikbranche zu entwickeln“.

Für Hannes Tschürtz haben die zwei Tage „Bzzzz“ gezeigt, dass auch sehr viele unterschiedliche und meist einzeln agierende Player enorm viele gemeinsame Interessen haben. Deshalb war neben einer Verbesserung der Strukturen auch eine verstärkte Vernetzung der gesamten Branche ein großes Thema. „Die Musikwirtschaft besteht aus vielen Kreativzellen, die arbeitsteilig und gut vernetzt zusammenarbeiten und dabei sehr beachtliche wirtschaftliche Impulse auslösen“, stellte dazu IFPI-Geschäftsführer Franz Medwenitsch fest. „Wir brauchen einen Masterplan für den Standort, dürfen uns von internationalen Entwicklungen nicht abkoppeln und müssen uns auch aktiv dem Thema künstliche Intelligenz stellen.“

„Spätestens seit der Studie wissen wir auch, welche Kraft und welches weitere Potenzial hinter einem gemeinsamen Vorgehen stecken“, ergänzte Hannes Tschürtz mit Blick auf die im Mai veröffentlichte Studie zur Wertschöpfung der Musikbranche. „Ich denke also, wir haben in der Vorarbeit und den Gesprächen hier wichtige Eckpfeiler für eine künftige Musikstandortstrategie definieren können: mehr strukturelle Unterstützung, bessere Bildungsangebote, kluge Vernetzungsangebote. Wir sind bereit!“ Jetzt gehe es darum, „die Erkenntnisse der Studie in Taten umzusetzen, um den Kernbereich der heimischen Musikwirtschaft und seine Partnerinnen und Partner zu stärken“, betont Georg ­Tomandl, Obmann-Stellvertreter sowie Vorsitzender der ­Berufsgruppe Tonstudios im Fachverband der Film- und Musikwirtschaft.

Musik betrifft auch ­Wirtschaftspolitik
Wie genau das am besten geschieht, soll in einem Paper zusammengefasst und dieses der nächsten Bundesregierung übergeben werden. Wichtige Punkte dafür haben zwei Arbeitsgruppen im Rahmen der Konferenz aufgezeigt: Zum Beispiel wäre es höchste Zeit, Musik als Wirtschaftsfaktor stärker im zuständigen Wirtschaftsministerium zu verankern, „damit Musik nicht nur eine Sache der Kulturpolitik ist“, fasste Töchtersöhne-Agenturchef Matthias ­Pirngruber ein Ergebnis der von ihm geleiteten Arbeitsgruppe zusammen. 

Weitere Wünsche sind jener nach einem eigenen Musik­standortgesetz und nach mehr Förderungen nicht bloß für einzelne Künstler:innen und Tourneen, sondern auch für die gesamte Infrastruktur. „Es braucht entsprechende Auftritts- und Proberäumlichkeiten“, so Matthias Pirngruber. In der von Susanne Lontzen von der Verwertungsgesellschaft AKM geleiteten Arbeitsgruppe kam einmal mehr zutage, wie wichtig Transparenz und Informationen sind: „Vielen Musikerinnen und Musikern fehlt schlicht das Praxiswissen, wie sie ihre Rechte am besten verwerten können.“ Ein weiteres Problem: Die persönliche Weiterentwicklung als Künstler:in leidet, wenn man alle Ressourcen in die Selbstvermarktung und den Aufbau der Karriere stecken muss. Hier bräuchten kleine Acts am Beginn der musikalischen Laufbahn mehr Unterstützung.

Förderungen – und die entsprechend ausgelösten Effekte – sind auch ein Thema, wenn es um die bessere Vernetzung von Film- und Musikbranche geht. „So nahe beisammen diese Kunstrichtungen liegen, so weit auseinander agieren Film und Musik“, stellte dazu Hannes Tschürtz fest. „Damit sind wir in ­Österreich nicht alleine, das ist ein interna­tionales Problem.“

Und was wäre die Musikszene ohne das Management? Doch auch hier gibt es signifikanten Nachholbedarf. „Es braucht mehr Information, welche Jobs es in diesem Bereich überhaupt gibt“, so Susanne Lontzen. Ihre Arbeitsgruppe vermisst hier eine staatlich ­finanzierte Lehre, am besten als berufsbegleitende Aus­bildung.

Und die Musik muss der breiten Öffentlichkeit besser vermittelt werden. Daher lautet eine Forderung, in der Schule eine tägliche Musikstunde einzuführen und den Job als Musikpädagog:in aufzuwerten. Andererseits „muss die Musik in Radio und Fernsehen auch gespielt werden, damit ihr vielfältiges Potenzial wahrgenommen wird“, betonte Peter Vieweger. „Zusätzlich braucht es professionelle Strukturen und finanzielle Unterstützung, die Wachstum ermöglichen und das österreichische Musikschaffen über die Grenzen hinaus transportieren.“

Musik aus Österreich muss auch gespielt werden
Denn derzeit fließt vor allem viel Geld ins Ausland ab – zu viel Geld, findet VTMÖ-Sprecher Alexander Hirschenhauser. Als Gründe dafür nannte er einerseits die Macht der globalen Konzerne und Streaming-Plattformen – weshalb es aus seiner Sicht vor allem die Independent Labels sind, die für Innovationen und Produktionen sorgen, deren Erträge auch im Land bleiben – sowie andererseits die geringen Anteile von Musik aus Österreich in Radio und TV. 

Dass es auch anders geht, macht Radio FM4 vor. Dessen Chefin Dodo Gradištanac rechnete bei der „Bzzzz“ vor, dass ihr Sender „im aktuellen Bemessungszeitraum 40 Prozent Österreicherinnen und Österreicher spielt. Und warum? Weil sie so gut sind! Wir feiern home grown music nicht wegen einer zu erreichenden Quote, sondern aus Überzeugung. Es ist Mission und Passion zugleich.“ Auch der neue Ö3-Chef Michael Pauser legte ein klares Bekenntnis zur österreichischen Musik ab, die seinem Sender „ein aktives ­Anliegen ist. Wir halten uns im Rahmen unserer Selbst­verpflichtung an den bestehenden Anteil österreichischer Musik im Programm und werden das auf jeden Fall auch künftig tun.“ 

Trotzdem: Es bleibt noch viel zu tun, um das Potenzial des heimischen Musikmarkts voll auszuschöpfen. Sophie ­Lindinger nannte hier gleich mehrere konkrete Wünsche an die Politik: einen ernstzunehmenden Umgang mit ­Musik und Kultur außerhalb der Klassik als essenziellen Bestandteil Österreichs. Eine Besteuerung, die unregelmäßige Einkünfte von Kulturschaffenden berücksichtigt. Mehr Repräsentation österreichischer Musik nach außen hin. Und „eine sinnvolle Veränderung, um von Fördergeldern in ein nachhaltiges Einkommen überwechseln zu können“. Das würde nicht nur den Musikschaffenden helfen, sondern auch Kulturstätten, Kulturveranstaltungen, Licht- und Tontechnik und all den anderen Wirtschaftszweigen, die an ihnen dranhängen – und damit der gesamten österreichischen Wirtschaft zugutekommen.

„Alle diese Themen, die bei der ‚Bzzzz‘ angesprochen wurden, kennen wir bereits. Wir wissen, was zu tun ist“, sagte Susanne Lontzen. Was es jetzt braucht, ist ein starker Partner, um sie umzusetzen – dieser soll die Politik sein. Und wie heißt es so schön: „Ohne Göd ka Musi.“ Das gilt in diesem Fall für die gesamte Unterhaltungs- und Medienbranche. (RNF)