Mehr als 30 Millionen vernetzte Geräte sollen sich bis zum Jahr 2020 in privaten Haushalten weltweit wiederfinden. © Pixabay
Wachsendes Sicherheitsbedürfnis im intelligenten Zuhause
Dass die meisten Unfälle im Haushalt passieren, ist eine bekannte Tatsache. Im Smart Home mitsamt allerlei vernetzten Technologien lauern allerdings noch viel mehr Gefahren, als man annehmen würde.
Wenn der Fernseher eingeschaltet wird, dimmt sich automatisch das Licht, und die Jalousien gehen zu, damit die Sonne nicht blendet: Ein Smart Home ist mehr als ein intelligentes Gerät – es ist ein Haushalt, in dem die Geräte interagieren und zentral ferngesteuert werden können. Licht, Türen, Fenster und Heizung sind vernetzt und sorgen für ein gebündeltes Energiemanagement, für Gebäudesicherheit und Komfort. Viele Anbieter haben bereits Komplettpakete im Sortiment, die auch bei älteren Menschen für mehr Selbstständigkeit sorgen können: Bewohner sparen sich Wege und können Anstrengung vermeiden. Abgesehen vom Umgang mit einem Smartphone oder Tablet-PC, mit denen alle Funktionen gesteuert werden können, ist kein technisches Vorwissen nötig.
Enormes Potenzial
Das Marktforschungsinstitut SPLENDID RESEARCH hat im Rahmen einer repräsentativen Umfrage im Juni 2017 1.021 Deutsche zwischen 18 und 69 Jahren online zu ihrer Meinung zum Thema Smart Home befragt. Den Ergebnissen der Studie zufolge nutzen bereits 36 Prozent der Deutschen Smart-Home-Anwendungen, 40 Prozent zeigen sich interessiert, und lediglich jeder Vierte lehnt eine Nutzung aktuell ab. Die bisherigen Zugpferde der Branche, Anwendungen der Kategorien Energiemanagement sowie Entertainment und Kommunikation, behalten auch 2017 ihre Spitzenplätze – fast 60 Prozent der aktuellen Nutzer besitzen Anwendungen aus diesen Bereichen. Zukünftig dürfte auch der Bereich der Wohn- und Gebäudesicherheit in diese Regionen vorstoßen, denn gerade die Gruppe der Nichtnutzer zeigt sich hieran interessiert. Obwohl die Nutzerquote innerhalb der letzten beiden Jahre weiter gestiegen ist, hat sich ihr Wachstum zuletzt verlangsamt. Wie die Kalkulation des Instituts zeigt, birgt der Smart-Home-Markt aber weiterhin ein enormes Potenzial.
Daten für Dritte tabu
„Durch die digitale Vernetzung im Smart Home werden aus banalen Haushaltsgeräten plötzlich hochkomplexe IT-Produkte, die mit dem Internet verbunden sind. Da wird die originäre Funktion des Geräts fast zur Nebensache“, erläutert Marc Fliehe, IT-Sicherheitsexperte beim VdTÜV. „Hier stellt sich die Sicherheitsfrage besonders beim Datenschutz und dem Schutz vor Cyberattacken.“ Für Verbraucher sind die digitalen Komponenten eines Geräts in der Regel eine Black Box: Zwar ist oberflächlich die Funktionalität ersichtlich, die dem Produkt angeschlossene Cloud und weitere sicherheitsrelevante Parameter des Produkts selbst, wie zum Beispiel die Aktualität des ausgelieferten Betriebssystems, bleiben für den Verbraucher jedoch unsichtbar oder entziehen sich seiner Bewertung. Mehr Sicherheit bedeutet hier vor allem, dass durch die Einführung und die nachweisliche Erfüllung entsprechender Sicherheitsstandards ein hohes Sicherheitsniveau über den gesamten Produktlebenszyklus hinweg erreicht wird.
Um diese Technik vor Missbrauch zu schützen, tritt am 25. Mai 2018 die Europäische Datenschutzgrundverordnung (EU-DSGVO) in Kraft. Aufgrund dieser Grundverordnung sollen sich Verbraucher zukünftig keine Sorgen mehr machen müssen, dass autonome Saugroboter private Daten wie etwa den Grundriss der Wohnung oder die Betriebszeiten des Geräts sammeln und an Dritte weitergeben. Ab dem 25. Mai 2018 verpflichtet die EU-DSGVO Hersteller smarter Haushaltstechnologien zur Einhaltung der neuen Datenschutzrichtlinien. „Die neuen Datenschutzregeln sind ein wichtiger, längst überfälliger Schritt, um das Vertrauen der Verbraucher in diese Produkte zu stärken“, sagt Peter Krakau, Produktprüfer bei TÜV Rheinland.
Sicherheitsmängel sorgen für Ernüchterung
Dass die Bequemlichkeit im Smart Home in vielen Fällen zulasten der Sicherheit geht, zeigt auch ein aktueller Praxistest, den der renommierte Security-Evangelist Tony Anscombe durchgeführt hat. Gemeinsam mit anderen Sicherheitsforschern des europäischen IT-Security-Herstellers ESET untersuchte er einige der aktuell beliebtesten IoT-Geräte fürs Smart Home sowie einen Sprachassistenten. Insgesamt prüften die Experten elf Produkte von sieben Anbietern, unter anderem von Amazon, D-Link, Sonos und Nokia. Getestet wurde auch ein Gerät, das aufgrund signifikanter Schwachstellen nicht in den Abschlussbericht aufgenommen wurde. Stattdessen haben die Forscher das betroffene Unternehmen kontaktiert und über die Sicherheitsmängel informiert. Details dazu sollen erst veröffentlicht werden, wenn der Anbieter Zeit hatte, die Probleme zu beheben.
Doch auch die anderen Probanden im Test konnten nicht voll überzeugen. Bei jedem von ihnen gab es Probleme mit dem Datenschutz. Die meisten Geräte und Dienste müssen zwar grundlegende persönliche Daten erfassen. Die Forscher sehen allerdings Anzeichen dafür, dass unter Umständen mehr Informationen gesammelt werden, als in den Datenschutzbestimmungen angegeben ist.
Am problematischsten stuft das Team um Tony Anscombe jedoch den Sprachassistenten ein. Bei diesem Gerät ist zu befürchten, dass die erhobenen Informationen weiterverbreitet und kommerziell genutzt werden. Zudem ist der Schutz der gespeicherten personenbezogenen Daten unzureichend. Dies vereinfacht es Cyberkriminellen oder Datendieben, den digitalen Datenverkehr abzufangen und die Informationen für ihre Zwecke zu missbrauchen.
Die Lage im vernetzten Wohntraum ist aber nicht hoffnungslos
Wenn Cyberkriminelle die Kontrolle gewinnen, können sie nicht nur weitere Geräte innerhalb des gleichen Netzwerks angreifen, sondern auch ihre Opfer ausspionieren, um an sensible und persönliche Daten heranzukommen. „Aufgrund dieser Risiken für Sicherheit und Privatsphäre sollten Nutzer darüber nachdenken, ihre smarten Haushaltsgeräte ebenso abzusichern wie ihre Laptops, Tablets und Smartphones. Sie wie ein normales Fernsehgerät, eine Uhr oder einen Wasserkocher zu betrachten, kann fatale Folgen haben“, so Branislav Orlik, Mobile-Security-Manager bei ESET.
Kein Gerät und keine Software ist garantiert sicher oder immun gegen potenzielle Schwachstellen. Es bestehen jedoch deutliche Unterschiede darin, wie Unternehmen auf diese Problematik reagieren, wenn sie entdeckt wird. So hatten einige der getesteten Geräte Sicherheitslücken, die mit neuer Software und Firmware schnell behoben wurden. Wenn diese Lücken nicht sofort beseitigt werden oder der Hersteller gar nicht reagiert, dann sollten Verbraucher lieber ein anderes, gleichwertiges Gerät wählen, raten die Experten. Sie sind sich aber sicher: Mit Augenmaß und Vorsicht lässt sich ein Smart Home auch heute schon sicher betreiben.
ESET gibt Tipps für ein sicheres Smart Home
Verbraucher sollten den Sicherheitsversprechen der eingesetzten Geräte nicht per se vertrauen. Mit diesen fünf Tipps schützen Anwender ihr smartes Zuhause gegen Spionage, Datendiebstahl und andere Angriffe zusätzlich.
• Immer aktuelle Firmware: Die Firmware des Geräts sollte vom Hersteller automatisch aktualisiert werden. Zumindest aber sollten Sie über eine Anwendung oder eine E-Mail regelmäßig über Updates informiert werden, um sie dann zeitnah installieren zu können.
• Datenschutz ernst nehmen: Lesen Sie die Datenschutzerklärung. Wenn Sie verstehen, welche Daten gesammelt, gespeichert oder gemeinsam genutzt werden, können Sie entscheiden, ob das Gerät Teil des Gesamtnetzwerks sein oder isoliert bleiben soll. Und wenn keines von beiden als sicher gilt, heißt es: Finger weg von diesem Gerät!
• Informationsflut begrenzen: Vorsicht ist angebracht, wenn Sie Daten in sozialen Netzwerken oder mit den Systemen eines Anbieters austauschen. Diese gemeinsame Verwendung von Standort, Gerät und Nutzungsmuster reicht für viele Cyberkriminelle nämlich schon aus, um ausreichend Daten für einen Betrug oder Angriff zu erlangen.
• Nicht alles verraten: Digitale Sprachassistenten sind zweifellos praktisch. Anwender sollten jedoch sorgfältig darüber nachdenken, wie viel sie ihrem Assistenten verraten oder wie viel sie ihn in ihrem Namen zu sammeln bitten. Denn auch wenn die Sprachsteuerung bequem ist: Eine vollstän-dige Sicherheit, dass Ihre gesprochenen Informationen nicht in die falschen Hände geraten, gibt es nicht.
• Schutzwall errichten: Wenn möglich, sollten Sie auch die Geräte im smarten Heim wirkungsvoll gegen Angriffe schützen. Einen solchen Schutz bietet beispielsweise die ESET-Smart-Security-TV-App. Sie schützt Smart TVs und andere Geräte mit dem Android-TV-Betriebssystem unter anderem vor Android-Malware, Ransomware oder Datendiebstahl. (BO)
INFO-BOX
Smart Home – Facts & Figures
• Der Umsatz im Smart-Home-Markt beträgt 2018 etwa 225 Millionen Euro.
• Im Segment Vernetzung und Steuerung wird die Anzahl der Haushalte im Jahr 2022 laut Prognose 0,9 Millionen betragen
• Der durchschnittliche Erlös pro aktivem Haushalt im Segment Vernetzung und Steuerung liegt im Jahr 2018 bei 113,02 Euro.
• Mit einem Marktvolumen von 17.094 Millionen Euro im Jahr 2018 wird in den USA am meisten Umsatz generiert.
(Quelle: Statista GmbH)