Verfügbarkeit ohne Unterbrechung

NEW BUSINESS Guides - INDUSTRIE GUIDE 2018/19
Nie mehr ungeplante Maschinenstillstände – in der ­smarten Industrie werden Wartungsfenster voraus­schauend geplant. © Pixabay

Der Blick in die Datenglaskugel hilft, Stillstände zu vermeiden

Die Verfügbarkeit von Anlagen spielt im Produktionsprozess eine wichtige Rolle. Dementsprechend selten sollten Ausfälle sein. Neue Techniken wie Predictive ­Maintenance, Machine-Learning und künstliche Intelligenz helfen Unternehmen, die Verfügbarkeit der Systeme zu erhöhen und Ausfälle zu reduzieren. Unter ­anderem, indem sich viele Arbeiten aus der Ferne durchführen lassen.

Für die Wirtschaftlichkeit von Maschinen und Anlagen ist es ein maßgeblicher Faktor, die Leistungsfähigkeit von Komponenten bestmöglich in Form einer maximalen Betriebsdauer zu nutzen. Grund genug für den Industrie­ausrüster Murrelektronik, bei den hauseigenen Stromversorgungskomponenten großen Wert ­darauf zu legen, dass diese zum optimalen Zeitpunkt ausgetauscht werden, „so spät wie möglich, aber so früh wie nötig“.
Wenn eine Komponente bis zum „bitteren“ Ende genutzt wird, riskiert man ungeplante Maschinenstillstände, warnt das Unternehmen. Nutzer könnten so zwar gewiss sein, das Bauteil maximal genutzt zu haben. Der Aufwand, der zeitlich oder monetär zur Wiederaufnahme der Produktion notwendig wird, lässt jedoch keine Freude aufkommen.
Eine eher defensive Vorgehensweise besteht darin, Anlagenkomponenten früh auszutauschen, möglichst zu einem Zeitpunkt, bis zu dem sie mit absoluter Gewissheit laufen. Dies kann zwar gut organisiert werden, hat aber den Nachteil, dass Ressourcen verschwendet werden.
Das Konzept der „vorausschauenden Wartung“ zielt daher darauf ab, den Mittelweg zwischen diesen beiden ausgeprägten Varianten zu finden. Dabei wird versucht, einerseits die Lebensdauer auszureizen, zugleich aber keine ungeplanten Maschinenstillstände zu verursachen. Für Murr­elektronik sei dies „in letzter Instanz der wirtschaftlichste Weg in der Komponentennutzung“.

Prognose über Restlebensdauer
Ein Beispiel aus der Praxis ist das Schaltnetzteil Emparro67 Hybrid für den Einsatz im indus­triellen Feld (Schutzart IP67). Das Gerät bietet umfangreichste Diagnosedaten, die über eine IO-Link-Schnittstelle auf unproblematische Weise ausgelesen werden können. Das Gerät überwacht Strom und Spannung, Überlast, Temperatur, Kurzschlüsse sowie die Anzahl der Startvorgänge. Es trifft auf dieser Basis eine Prognose über seine Restlaufzeit.
Beim Schaltnetzteil Emparro 3~ 40A werden ebenfalls Daten wie die Temperatur, die Anzahl der Startvorgänge, die Auslastung und die Lebens­dauer der Komponenten kontinuierlich überwacht. Wird ein Grenzwert überschritten, warnt das Gerät über einen Meldekontakt. So kann der Austausch im nächsten Serviceintervall geplant werden.
Eine weitere interessante Lösung ist das USV-Modul Emparro ACCUcontrol, welches eine unterbrechungsfreie Stromversorgung gewähr­leistet und damit „per se ein Gerät für die vor­beugende Wartung“ sei. Das Modul wird in besonders sensible Maschinen- und Anlagen­installationen integriert und hält Maschinen und Prozesse am Laufen, wenn die Stromversorgung ausfällt. Das Modul überwacht die angeschlossenen Bleigelakkus auf ihr Funktionieren sowie auf die Restlaufzeit und koordiniert ein strukturiertes Nachladen bei Unterschreiten einer bestimmten Füllmenge. Dieser Ladevorgang geschieht temperaturgeführt, um die maximale Lebenszeit der Akkus zu erreichen. Die Informationen können zudem über einen Meldekontakt oder über eine USB-Schnittstelle ausgelesen werden.

Optimaler Zeitpunkt zum Komponententausch
Diente die Präventivdiagnosefunktion in den bislang genannten Komponenten vor allem der Eigenkontrolle, so richtet sich der Blick beim intelligenten Stromüberwachungssystem Mico Pro auf die Verbraucher in einer Maschinen- und Anlageninstallation. Mico Pro überwacht einzelne Kanäle und zeigt durch eine leuchtende LED (sowie durch ein Signal über einen Ausgang) an, wenn mehr als 90 Prozent der für diesen Kanal festgelegten Last beansprucht werden. So kann in Prozesse eingegriffen werden, ehe ein Stillstand durch Auslösen der Sicherung entsteht. Klassische Anwendungsgebiete seien „schleichende Prozesse“, so das Unternehmen, zum Beispiel weil sich der Strombedarf von Motoren oder Ventilen im laufenden Betrieb erhöht.
Murrelektronik legt bei seinen Produkten großen Wert auf die Möglichkeit der „vorausschauenden Wartung“, da dies den Trend in Richtung einer 100-prozentigen Prozesssicherheit unterstützt. Ausfälle nehmen ab, oder sie können schnell behoben werden. In vielen Fällen amortisieren sich die finanziellen Aufwendungen, die für Maßnahmen der Predictive Maintenance aufgebracht werden, bereits beim ersten vermiedenen Stillstand. Unternehmen, die frühzeitig ein Bewusstsein für eine solche Betrachtungsweise entwickeln, können ihre Wettbewerbsfähigkeit erhöhen beziehungsweise an ihre Endkunden weitergeben. Gerade Unternehmen mit Prozessen, bei denen durch die Unterbrechung hohe Kosten oder im ungünstigsten Fall sogar Gefahren entstehen, sind für solche Innovationen sehr offen. Der Trend, dass Maschinenbauunternehmen zunehmend nicht mehr einfach nur Maschinen und Anlagen verkaufen, sondern über bestimmte Finanzierungsmodelle auch deren Verfügbarkeit, wird die Sensibilität für diese Thematik vertiefen, prophezeit der Industrieausrüster.

Professionelle Unterstützung aus der Ferne
Einen anderen Weg geht SIG. Als Teil des eigenen Digital Service Portfolios hat das Unternehmen kürzlich Remote Services auf den Markt gebracht, die Lebensmittel- und Getränkeherstellern eine noch effizientere Möglichkeit bieten sollen, ihre Abfüllmaschinen zu warten und eine höhere Verfügbarkeit der Anlagen zu erreichen.
Der digitale Service, der einen Kunden oder Servicetechniker von überall auf der Welt sofort mit einem SIG-Service-Experten verbindet, ermöglicht es, durch den Einsatz von videofähigen Smart-Brillen einen sicheren Live-Feed mit einem SIG-Experten zu etablieren, der den Anwender dann bei der Lösung von Fehlern oder Problemen unterstützt. SIG entwickelte den Service laut eigenen Angaben als Antwort auf neue Herausforderungen und Anforderungen seiner Kunden. Die Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie sieht sich einem höheren Wettbewerbsdruck, steigender Komplexität und immer kürzeren Produktions­zyklen gegenüber, sodass sich die Hersteller keine langen Wartezeiten auf technischen Kundendienst und keine Ausfallzeiten mehr leisten können.
Die Lösung stellt sicher, dass SIG-Kunden schnelle Reaktionszeiten, eine verbesserte First-Time-Fix-Rate, mehr Erkenntnisse aus Daten und letztlich eine höhere Verfügbarkeit der Abfüll­an­lagen erhalten. Darüber hinaus können Remote Services dazu beitragen, Reisezeiten, Kosten und CO₂-Emissionen zu reduzieren.

Smarte Abfüllbetriebe
„Viele Unternehmen entwickeln digitale Lösungen, einzig um sie in ihrem Portfolio zu haben“, erklärt Christian Grefrath, Global Service Product Manager und Projektleiter für Remote Services bei SIG. „Unser Anspruch aber war es, unseren Kunden genau zuzuhören und ihre Bedürfnisse mit den innovativen Möglichkeiten der Digitalisierung in Einklang zu bringen. Wir bieten jetzt eine Lösung, die maßgeblich den Erfolg unserer Kunden fördert, indem wir unser Know-how viel schneller dorthin bringen, wo es gebraucht wird. Wir werden unser Portfolio im Bereich Digital Service kontinuierlich ausbauen und dabei immer die Anforderungen unserer Kunden im Auge haben.“
Remote Services ist dabei Teil der Smart-Factory-Plattform von SIG, die das Ziel verfolgt, mit IoT-fähigen Systemen, Daten- und Automatisierungslösungen aus reinen Abfüllbetrieben intelligente, vernetzte Fabriken zu machen. „Wir haben die Remote Services gemeinsam mit einem unserer Kunden getestet und konnten bei technischen Problemen sofort und effektiv helfen“, sagt ­Ferdinand Schneller, Head of Technical Service bei SIG in Nordamerika. „Wir sind sehr zuversichtlich, dass Remote Services von SIG eine der Lösungen ist, nach denen unsere Kunden gesucht haben.“

Eiskalt optimierte Intralogistik
Auch die Tiefkühllogistik stellt höchste Ansprüche an Raumnutzung, Leistung, Verfügbarkeit und Energieeffizienz. Um diese zu erfüllen, hat sich Aviko, ein Anbieter tiefgekühlter Kartoffelprodukte, zu einer Erweiterung und Modernisierung seiner bestehenden Anlagen entschlossen und dabei auf SSI Schäfer als Generalunter­nehmer für die Intralogistik vertraut. Als Generalunternehmer verantwortete SSI Schäfer dabei das Logistikkonzept, die Ausführungsplanung und den Neubau eines zweigassigen Hochregallagers (HRL). Weiterhin übernahm der Intralogistik­experte das Retrofit von zwei bestehenden TK-Shuttle-Lagern.
Das neue, mehrfachtiefe HRL bietet 11.000 Palettenstellplätze für die rund 600 Artikel. Um die Qualität der Produkte zu sichern, herrscht im Lager eine konstante Temperatur von –25 Grad Celsius. Im HRL kommen dabei zwei universell einsetzbare Regalbediengeräte vom Typ Exyz zum Einsatz. Mit je einem dynamischen SSI-Orbiter-LHD als Lastaufnahmemittel können sie zusammen eine Umschlagleistung von 32 Ein- und 46 Auslagerungen pro Stunde erreichen. Für den schnellen Transport der palettierten Artikel zwischen den verschiedenen Lagern und dem Versand lieferte SSI zudem energieeffiziente Förder­technikkomponenten. Hierzu zählen unter anderem 158 Rollenbahnen und Kettenförderer, 27 Eckumsetzer, drei 90-Grad-Drehtische und sieben Auf- und Abgabestationen.
Für die Koordination sämtlicher Materialflüsse in der gesamten Einheit sorgt die Logistiksoftware WAMAS. Das integrierte Visualisierungssystem WAMAS Lighthouse bietet außerdem maximale Transparenz über die Anlagenauslastung und die Materialströme. Die Anlagenerweiterung bietet künftig Platz für rund 25.000 Paletten. Zugleich wird die Durchsatzleistung der Gesamtanlage von etwa 88 Paletten auf 132 Paletten pro Stunde gesteigert. Die Inbetriebnahme der erweiterten und modernisierten Anlage ist für den Spätsommer 2019 vorgesehen.

Alte Maschinen digitalisieren
Janz Tec bietet mit dem neuen MDE:connect ein Hardware-Software-Lösungspaket für die flexible Maschinendatenerfassung in der digitalisierten Produktion. Durch die Verfügbarkeit der Prozessdaten können zahlreiche Anwendungen, wie beispielsweise Leitstand, Big-Data-Analytics, Predictive Maintenance oder KPI-Monitoring, realisiert werden. Eine hochmoderne Produktion im IoT-Umfeld basiert laut dem Unternehmen auf der Vernetzung des Shop-Floors mit klassischen IT-Applikationen. Maschinendaten sollten zur direkten Weiterverarbeitung für ERP-, CRM- oder SCM-Systeme bereitgestellt werden. Hierbei müssen die Daten von Feldbusprotokollen in moderne IT-Protokolle übersetzt werden. Üblicherweise werden hierfür aufwendige und unflexible Individuallösungen entwickelt.
Die Kooperation zwischen Janz Tec und verlinked bietet mit dem MDE:connect eine neue Lösung: Durch den integrierten connect Gateway werden die Janz-Tec-Systeme zu flexiblen Dolmetschern in der Industrie-4.0-Welt. Ob von CAN nach OPC-UA oder von Profinet nach MQTT – jede Übersetzungsaufgabe kann einfach über ein webbasiertes Interface konfiguriert werden. Flexibel definierbare Datenpunkte können von dem IoT-Gateway automatisch in verschiedene Protokolle übersetzt werden. (TM)

www.murrelektronik.at
www.sig.biz
www.ssi-schaefer.com
www.janztec.com