Michael Wölfl verantwortet als Geschäftsführer das Gesamtunternehmen GW St. Pölten und die Geschäftsfelder Textil, Schilder.Druck.Werbetechnik und GW Services sowie die internen Bereiche. © GW St. Pölten
Vielfalt und Inklusion liegen in der DNA von GW St. Pölten, dem größten Integrativen Betrieb in Österreich.
So gewährleistet der Industriebetrieb nicht nur eine hohe Produkt- und Servicequalität, sondern übernimmt auch Verantwortung für wirtschaftliche und soziale Belange.
Die GW St. Pölten Integrative Betriebe GmbH ist ein moderner und innovativer Industriebetrieb und zugleich der größte Integrative Betrieb in Österreich. Das Unternehmen ist in fünf unterschiedlichen Geschäftsfeldern aktiv. Dazu zählen die Bereiche Metall, Elektro, Textil, Schilder.Druck.Werbetechnik sowie Dienstleistungen wie Gebäudereinigung, Sanierung und Grünraumpflege. Neben den Standardleistungen bietet die GW St. Pölten auch zusätzliche Services, die Partnern und Kund:innen einen Mehrwert verschaffen.
Im Bereich der Logistik setzt das Unternehmen auf Flexibilität und einen wendigen Fuhrpark sowie auf persönlichen Service, um vor allem mittelständische Kund:innen optimal zu beliefern. Bei der Zusammenarbeit mit international orientierten Großkunden hat die GW St. Pölten zudem ihre Expertise in der effizienten Unterstützung von Supply-Chains unter Beweis gestellt.
Seit Oktober hat das Unternehmen eine neue Geschäftsführung, die aus Katrin Springsholz, Mario Schuh sowie Michael Wölfl besteht. NEW BUSINESS hat sich anlässlich des „Führungswechsels“ mit Geschäftsführer Michael Wölfl unterhalten.
Herr Wölfl, ist die GW St. Pölten vom aktuellen schwierigen Marktumfeld betroffen? Wie steuern Sie gegen?
Das Jahr 2024 stellt für die GW St. Pölten, wie für viele andere Unternehmen und Industriebetriebe, eine herausfordernde Phase dar. Das erste Halbjahr verlief noch zufriedenstellend, doch seit dem Sommer spüren wir eine Abflachung und Rückgänge in einzelnen Geschäftsfeldern, insbesondere in der Industrie. Dank unserer breiten Aufstellung mit fünf Geschäftsfeldern sind wir als Gesamtunternehmen jedoch nicht so stark betroffen, wenn es in einer Branche zu Rückgängen kommt. In bestimmten Bereichen schmerzt es uns jedoch, insbesondere, wenn wir mit einer geringeren Auslastung kämpfen und nicht alle Mitarbeiter:innen vollständig beschäftigen können.
Insgesamt ist das Marktumfeld deutlich dynamischer und kurzlebiger geworden, was die zukünftige Entwicklung der Auftragslage schwer planbar macht. Dennoch hilft uns die enge Zusammenarbeit mit unseren Kund:innen, Lieferanten und Partnern, diese schwierigen Situationen zu meistern. Besonders stolz bin ich auf die Wandlungsfähigkeit und Flexibilität unserer Organisation sowie unserer Mitarbeiter:innen. Diese Eigenschaften ermöglichen es uns, schnell zu reagieren, indem wir personelle Kapazitäten in Bereichen und Abteilungen einsetzen, in denen aktuell mehr Arbeit anfällt. Diese Flexibilität sorgt dafür, dass alle weiterhin Beschäftigung haben, auch wenn einzelne Geschäftsfelder momentan Rückgänge verzeichnen.
Ist die Nachfrage in manchen Bereichen höher als in anderen? Gibt es Leistungen, die Sie im Moment stärker fokussieren?
Die Nachfrage nach unseren Dienstleistungen entwickelt sich insgesamt positiv, und in bestimmten Bereichen beobachten wir eine verstärkte Nachfrage. In den kommenden Monaten wollen wir unseren Fokus auf die Bereiche Metallbearbeitung, Baugruppenfertigung und Textilarbeiten legen. Diese drei Geschäftsfelder stehen im Mittelpunkt unserer Aktivitäten für die kommenden Monate, da die Nachfrage in diesen Bereichen wächst.
Was die GW St. Pölten ganz besonders auszeichnet, ist das soziale Engagement als integrativer Betrieb „mit einem expliziten gesellschaftlichen Auftrag“, wie auf Ihrer Website zu lesen ist. Worin unterscheiden sich Ihre Ziele und die Entscheidungen, die getroffen werden, von einem „herkömmlichen“ Industriebetrieb?
Während die Ziele und Entscheidungen in vielen Bereichen mit denen anderer Unternehmen übereinstimmen, gibt es klare Unterschiede in der Herangehensweise und Perspektive. Ein entscheidender Faktor bei uns ist, dass der Mensch im Mittelpunkt steht. Wir beschäftigen Menschen mit Behinderung und setzen alles daran, diese individuell zu fördern und ihnen die Möglichkeit zu geben, ihre persönliche Leistung zu hundert Prozent zu erbringen. Dabei berücksichtigen wir stets ihre Restleistungsfähigkeit sowie ihre Gesundheit, was uns dazu anregt, Arbeitsbedingungen besonders modern und inklusiv zu gestalten. Dies unterscheidet uns von vielen anderen Unternehmen, die bei der Personalplanung primär auf Leistung und Effizienz fokussieren.
Des Weiteren binden wir relevante Interessengruppen wie den Betriebsrat, die Behindertenvertrauensperson und die Betriebliche Sozialarbeit aktiv in unsere Entscheidungen ein. Diese umfassende Perspektive stellt sicher, dass die Bedürfnisse aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter berücksichtigt werden, und fördert ein harmonisches Arbeitsumfeld.
In der Geschäftsführung ist eine strategische Personalplanung von zentraler Bedeutung. Unsere Prämissen des Handelns basieren auf der Wandlungsfähigkeit und Flexibilität unseres Personals und der gesamten Organisation. Besonders in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten versuchen wir, die Ergebnisse primär durch innovative Lösungen und eine positive Anpassung der Arbeitsabläufe zu verbessern. Dabei ist der Personalabbau eine der allerletzten Optionen, da wir Arbeitsplatzsicherheit und Stabilität als fundamentale Werte hochhalten. Insgesamt verfolgen wir also das Ziel, eine Balance zwischen den wirtschaftlichen Erfordernissen und unserer sozialen Verantwortung zu finden.
Ergeben sich dadurch besondere Stärken, mit denen Sie gegenüber dem Mitbewerb punkten können?
Die GW St. Pölten kann sich durch mehrere besondere Stärken gegenüber dem Mitbewerb hervorheben, die sowohl im sozialen als auch im wirtschaftlichen Bereich von entscheidender Bedeutung sind. Als Unternehmen, das auf soziale Nachhaltigkeit setzt, bieten wir Menschen mit Behinderung die Möglichkeit, voll in den Arbeitsprozess integriert zu werden – bei voller Entlohnung und im Rahmen eines normalen Dienstverhältnisses. Diese individuelle Berücksichtigung der Lebenssituation unserer Mitarbeiter:innen stellt uns als sozial verantwortungsbewussten Arbeitgeber heraus und stärkt unsere Position gegenüber anderen Unternehmen. Diese Ausrichtung wurde kürzlich in der Kategorie „Sustainable Factory“ beim Fabrik-Wettbewerb 2024 ausgezeichnet, was unsere Vorreiterrolle im Bereich der inklusiven Arbeitsgestaltung unterstreicht.
Die GW St. Pölten zeichnet sich durch eine große Vielfalt an Lösungen aus einer Hand aus. Mit Leistungen aus mehreren Geschäftsfeldern bieten wir unseren Kund:innen die Möglichkeit, komplexe Anforderungen mit nur einem Ansprechpartner zu koordinieren. Dies reduziert den Koordinationsaufwand und erhöht die Effizienz für unsere Partnerunternehmen. Durch unsere Logistik- und Digitalisierungskompetenz können wir professionelle Lösungen anbieten, die nicht nur die Qualität steigern, sondern auch die Prozesse unserer Kund:innen optimieren.
Unsere Philosophie der partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit Lieferanten, Kund:innen und anderen relevanten Stakeholdern führt zu gemeinsam wirksamen Lösungen, die auf Nachhaltigkeit und langfristigen Erfolg ausgerichtet sind. Wir verstehen uns als starker Partner in verschiedenen Bereichen und leisten einen wertvollen Beitrag zu den ökonomischen und sozialen Zielen unserer Interessenspartner:innen.
Durch diese Kombination aus sozialer Verantwortung, effizienter Lösungskompetenz und partnerschaftlicher Zusammenarbeit hebt sich die GW St. Pölten deutlich von anderen Mitbewerbern ab und trägt nachhaltig zu einer erfolgreichen und integrativen Wirtschaft bei.
Seit Oktober gibt es eine neue Geschäftsführung. Wird es dadurch Veränderungen in der Unternehmensstrategie geben? Was sind Ihre konkreten Pläne für die nächsten drei Jahre?
Mit der neuen Geschäftsführung, bestehend aus mir, Mario Schuh und Katrin Springsholz, werden sich automatisch Veränderungen in der Unternehmenskultur ergeben. Als langjährige Mitarbeiter:innen mit wertvoller Erfahrung bringen wir neue Perspektiven ein, um die GW St. Pölten weiterzuentwickeln – in Fortführung des Erfolgs des ehemaligen Geschäftsführers Gerhard Nachförg.
In den nächsten drei Jahren wollen wir verstärkt auf strategische Partnerschaften setzen. Unser Team – Führungskräfte, Mitarbeiter:innen und Lehrlinge – wird dabei eine zentrale Rolle spielen. Wir streben eine noch engere Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat sowie mit Institutionen wie den Integrativen Betrieben Österreichs, Fördergebern und Partnerunternehmen aus Wirtschaft und Wissenschaft an, um gemeinsam Projekte umzusetzen und Wissen zu teilen – denn wir sind überzeugt, dass wir vieles nur gemeinsam erreichen können.
Ein weiterer Fokus wird auf der Überarbeitung unserer Gesamtstrategie liegen. Wir möchten stärker auf die Bedürfnisse unserer Kund:innen eingehen und neue Geschäftsmodelle sowie Prozessinnovationen entwickeln. Dabei stellen wir uns die Fragen: Was bringt die Zukunft? Welche Kompetenzen und Arbeitsplätze sind gefragt? Unser Ziel ist es, unsere Mitarbeiter:innen gezielt in diese Richtung zu entwickeln.
Ein wichtiger Schwerpunkt wird auch auf der effizienten Nutzung unserer Flächen liegen, um Zusammenarbeit und Effizienz zu fördern. Zudem werden wir Nachhaltigkeit weiter in den Mittelpunkt rücken – sowohl im sozialen als auch im ökologischen Bereich. Nachdem wir in den letzten Jahren bereits in Energie- und Umweltthemen investiert haben, möchten wir diese Bestrebungen in den kommenden drei Jahren intensivieren. Mit diesen strategischen Ansätzen sind wir zuversichtlich, die GW St. Pölten zukunftsfähig aufzustellen und erfolgreich weiterzuentwickeln.
Haben Sie sich persönliche Ziele in Ihrer neuen Position gesetzt?
In meiner neuen Position habe ich mir das oberste strategische Ziel gesetzt, durch mein Handeln, meine Entscheidungen und meine Haltung die nachhaltige Beschäftigung von Menschen mit Behinderung zu ermöglichen und nach wie vor wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Das bedeutet, den Fortbestand des Unternehmens zu sichern und die notwendigen Investitionen eigenständig zu finanzieren. Die Förderung und Weiterentwicklung von Personen liegen mir dabei besonders am Herzen. Es gibt bereits einige Ideen, wie wir unser Personal noch gezielter weiterentwickeln können, um langfristig erfolgreich zu bleiben. Für das Jahr 2025 möchte ich insbesondere die Unternehmenskultur durch mein Vorleben und mein Vorbild prägen. Darüber hinaus ist es mir wichtig, die Organisation für zukünftige Herausforderungen noch fitter zu machen. Dazu zählt unter anderem, die Strategiearbeit neu zu gestalten, Prozesse weiter zu optimieren und das Managementteam noch stärker einzubinden. (RNF)