Nicht nur wie hier im Krankenhaus-OP unter der Überwachung von Fachpersonal, sondern auch zu Hause werden medizinische Geräte angewendet und müssen sicher sein. © Ahmad Ardity/Pixabay
Steve Roberts, Innovation Manager von RECOM, spricht im Interview über die Anforderungen an Stromversorgungen für Medizintechnik.
Die Nutzung von Elektrizität hat dem Menschen viele Möglichkeiten eröffnet, sie ist zu seinem ständigen Begleiter geworden. Doch bleiben die beiden, aus gutem Grund, in den allermeisten Fällen doch voneinander isoliert. Denn der direkte Kontakt wird fast immer zumindest als unerfreulich erlebt. Daher werden Schutzmaßnahmen ergriffen. Das gilt ganz besonders in der Stromversorgung von Medizintechnik, die mit dem Menschen auf Tuchfühlung geht.
Die Palette an Stromversorgungsprodukten, die in medizinische Geräte eingebaut werden, ist extrem breit: von kleinen 1W- oder 2W-DC/DC-Wandlern, die zum Isolieren von Eingangskanälen in einem Multiparametermonitor verwendet werden, über universelle Eingangsmodule mit geringem Stromverbrauch zur Stromversorgung von Infusionen, Pumpen, Herzfrequenzmonitoren oder tragbaren Geräten bis hin zu AC/DC-Wandlern mit Kilowatt oder mehr Leistung für die Medizinrobotik, für motorisierte Operationstische oder Röntgengeräte.
Die Sicherheit ist natürlich von größter Bedeutung, nicht nur, weil durch Telemedizin viele medizinische Geräte heute außerhalb des Krankenhausumfelds in Kliniken oder zu Hause von Patienten verwendet werden, sodass die Stromversorgung sowohl bei normalem als auch bei anormalem Gebrauch sicher sein muss. Steve Roberts ist Innovation Manager von RECOM, einem österreichischen Hersteller von Stromversorgungen. Im Interview gibt er Auskunft darüber, was Lösungen zur Stromversorgung von Medizintechnik von anderen Anwendungsfällen unterscheidet, spricht von geänderten Regulatorien und erläutert den Stellenwert von Energieeffizienz in diesem Zusammenhang.
Wie unterscheiden sich die Anforderungen an die Stromversorgung in der Medizintechnik von anderen anspruchsvollen Anwendungen, wie etwa in der Industrie?
Industrielle Netzteile haben ihren Hauptfokus auf Zuverlässigkeit, während medizinische Netzteile auf hohe Sicherheit ausgerichtet sind. Somit wäre der Unterschied zwischen zwei ansonsten identischen Netzteilen eine höhere Isolationsfestigkeit, größere Kriech- und Luftstrecken und 2MoPP (Two Means of Patient Protection) für die medizinische Version. 2MoPP und seine Konsequenz 2MoOP (Two Means of Operator Protection) bedeuten, dass jedes sicherheitskritische Teil verdoppelt wird (doppelte Isolierung, zwei Y-Kapazitäten in der Reihe über die Isolationsbarriere usw.) und die Sicherheitsmargen erhöht werden, damit die Patientensicherheit oder die des medizinischen Personals nicht durch einen einzigen Ausfall gefährdet wird. Außerdem wird der Ableitstrom vom Ausgang zum Eingang oder Masse begrenzt, damit beim Kontakt eines Patienten mit gefährlicher Spannung (entweder versehentlich oder absichtlich, zum Beispiel während einer Defibrillation oder Elektrokauterisation) kein übermäßiger Strom in das Netzteil zurückfließt. Schließlich sind die EMV-Anforderungen für medizinische Geräte etwas strenger, beispielsweise dürfen sich zwei Geräte nicht gegenseitig stören, wenn sie nebeneinander aufgestellt werden.
Gab es bei entsprechenden Komponenten in den letzten Jahren neue Entwicklungen oder Änderungen bei den Anforderungen?
Die technischen Grundnormen für medizinische Geräte (60601-1 für Sicherheit, 60601-1-2 für EMV) werden regelmäßig überprüft. Derzeit sind 60601-1 Edition 3 und 60601-1-2 Edition 4 aktuell. Die größte Änderung der letzten Zeit war die Medical Device Regulation (MDR). Eine Verordnung (Regulation) unterscheidet sich von einer Richtlinie dadurch, dass die EU-Mitgliedsstaaten die Verordnung ohne Änderungen oder Auslegung in ihre eigenen regionalen Gesetze überführen müssen. Die MDR gilt eher für medizinische Geräte als für Komponenten oder Netzteile, aber die Anforderungen an die Lebensdauerdokumentation und Risikobewertung erfordern Unterstützung von den Subsystemherstellern. Eine wichtige Belastung durch die MDR, die insbesondere Netzteile betrifft, ist die Anforderung, dass das Stromversorgungssystem seinen Status meldet und vor der thermischen Abschaltung oder dem Überlastschutz warnt. Dies könnte in vielen Fällen bedeuten, dass in sicherheitskritischen medizinischen Anwendungen nur noch Netzteile mit digitaler Schnittstelle eingesetzt werden können.
Spielen Themen wie Energieeffizienz und Nachhaltigkeit in diesem Bereich eine Rolle, bzw. hat ihre Wichtigkeit zugenommen? Oder sind diese Aspekte eher untergeordnet?
Überraschenderweise stellen die aktuellen medizintechnischen Standards keine Leistungs- oder Effizienzanforderungen an Netzteile. Allerdings fordern die Endverbraucher effiziente und nachhaltige Produkte, sodass die Medizinindustrie selbst diesen Themen einen sehr hohen Stellenwert beimisst. Beispielsweise müsste ein Netzteil mit einem universellen Eingangsspannungsbereich, das für den Einsatz in mobilen Umgebungen (Krankenwagen oder Hubschrauber) bestimmt ist, im Batteriebetrieb einen sehr hohen Umwandlungswirkungsgrad aufweisen. (RNF)
INFO-BOX
Über RECOM
Die RECOM Gruppe ist ein Hersteller von Stromversorgungen mit Sitz in Österreich, der über mehr als vier Jahrzehnte Erfahrung in der Entwicklung und Herstellung modernster standardisierter und kundenspezifischer Wandlertechnologien mit einem Leistungsspektrum von unter 1W bis zu mehreren zehn kW verfügt. Kunden in aller Welt profitieren von der großen Auswahl an DC/DC-Wandlern und AC/DC-Stromversorgungen sowie einem breiten Sortiment an Schaltreglern und LED-Treibern von RECOM, die allesamt den internationalen Sicherheitsnormen entsprechen und die neuesten Zertifizierungen besitzen.
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