Mit der Pilotfabrik „LIT Factory“ werde die JKU Linz zu einer Drehscheibe für Industrie 4.0, verspricht die Politik. © Zeman
In Österreich bekommt – stark von politischen Ambitionen getragen – das Thema smarte Produktion viel frischen Wind.
So wird in Oberösterreich eine Industrie-4.0-Pilotfabrik errichtet, auf mehrere Bundesländer verteilt soll darüber hinaus ein Forschungszentrum für Mikroelektronik auf Weltniveau etabliert werden.
Laut jüngsten Bekanntgaben will das Infrastrukturministerium eine eigene Pilotfabrik für Industrie 4.0 in Oberösterreich einrichten. In dem Testlabor in Linz könnten heimische Unternehmen in Zukunft digitalisierte Produktionstechnologien erproben, ohne den eigenen Betrieb zu stören. In der „LIT Factory“ würden dabei innovative Verfahrenstechniken erforscht, mit dem Ziel, Materialien für neue Zwecke einzusetzen. So würden beispielsweise Leichtbauteile aus Kunststoff für Autos entwickelt, die anstelle von Stahl den Motor mit der Karosserie verbinden. Weitere Forschungsprojekte lägen in den Bereichen Produktionstechnik, Medizintechnik, Maschinenbau, Bau- und Recyclingtechnik, wie die Projektverantwortlichen betonen. So sei die Johannes-Kepler-Universität Linz federführend für die Pilotfabrik verantwortlich und gemeinsam mit 23 heimischen Betrieben an dem Projekt beteiligt. Das Infrastrukturministerium investiert zwei Millionen Euro in den Standort, etwa die gleiche Summe soll in der Anfangsphase von Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft kommen. Das Land Oberösterreich und die Stadt Linz stellen zudem zweieinhalb Millionen Euro für das Gebäude bereit.
„In der Pilotfabrik erproben unsere heimischen Unternehmen schon heute die digitale Produktion von morgen. In Zukunft werden Unternehmen in Linz innovative Methoden entwickeln, um Materialien für neue Zwecke zu verwenden. So wird etwa beim Auto Stahl durch Leichtbauteile aus Kunststoff ersetzt: Das macht die Fahrzeuge leichter und sicherer und ist günstiger in der Herstellung. Mit der Pilotfabrik bereiten wir unsere Unternehmen auf die Digitalisierung vor. So holen wir neue Arbeitsplätze nach Oberösterreich“, erläutert Infrastrukturminister Jörg Leichtfried.
Ziel ist, Europas „Top“-Region zu werden
„Ich habe ein klares Ziel für Oberösterreich: Unser Bundesland soll zu den Top-Regionen Europas aufsteigen. Diese Top-Regionen zeigen uns, dass die enge Vernetzung von Wirtschaft und Wissenschaft ein zentraler Erfolgsfaktor für die Wettbewerbsfähigkeit ist. Mit der LIT Factory wird die JKU Linz zu einer Drehscheibe für Industrie 4.0 bzw. Digitalisierung und der direkte Know-how-Transfer in die Wirtschaft wird verbessert. Das ist ein großer Wurf für den Standort Oberösterreich und ein wichtiger Schritt in Richtung europäische Spitze“, ergänzt Landeshauptmann Thomas Stelzer.
„Die LIT Factory ist ein weiterer wichtiger Meilenstein für die oberösterreichische Forschung“, unterstreicht Forschungsreferent Landeshauptmann-Stv. Michael Strugl. „Dass die neue Pilotfabrik, verbunden mit einem nachhaltigen Strukturaufbau am LIT, von enormer strategischer Bedeutung für die oberösterreichische Industrie und Wirtschaft ist, wird durch die massive Firmenbeteiligung deutlich. Mit aktiver Unterstützung durch die Cluster konnten für die Aufbau- und Nutzungsphase der Pilotanlage insgesamt rund 10 Millionen Euro an Firmenbeteiligungen aufgebracht werden. Das liegt weit über dem relevanten Volumen für den Antrag. Mit ihrem zentralen Beitrag zu strategisch wichtigen Innovationsvorhaben – z. B. Pro2Future oder das neue COMET-K2-Zentrum Center for Symbiotic Mechatronics – hat die Johannes-Kepler-Universität Linz wieder einmal bewiesen, ein zentraler Innovationstreiber in der oberösterreichischen Forschungslandschaft zu sein.“
„Die Pilotfabrik ist eine einzigartige Chance für den Innovationsstandort Linz. Ich freue mich, dass wir den Förderzuschlag bekommen haben. Die Kooperation zwischen Linzer Leitbetrieben, der Johannes-Kepler-Universität, dem Land Oberösterreich sowie der Stadt Linz zeigt, dass ein gemeinsames Vorgehen zum Erfolg führt. Es unterstreicht unser Vorhaben, Linz als innovativste Stadt in Österreich zu positionieren“, ergänzt Klaus Luger, seines Zeichens Linzer Bürgermeister.
Potenziale und Synergien nutzen
„Das starke wirtschaftliche Umfeld Oberösterreichs ist unbestritten. Mit der LIT Factory als Pilotfabrik im Bereich Industrie 4.0 (I4.0) sollen bereits vorhandene Potenziale und Synergien weiter forciert werden. Unter der Leitung von Jürgen Miethlinger fördert die LIT Factory in Kooperation mit Wirtschaftsunternehmen den Einsatz von neuartigen, teils prototypischen I4.0-Technologien. Die Pilotfabrik wird auch in der Lehre der JKU eine wichtige Rolle spielen“, sieht JKU-Rektor Meinhard Lukas in der Förderungszusage einen wesentlichen Schritt für die Zukunft. Die Pilotfabrik, unmittelbar am Campus als Teil des Linz Institute of Technology angesiedelt, soll als offene Plattform Potenziale und Technologien der Digitalisierung erforschen, entwickeln und lehren sowie branchenübergreifende Lösungen für Produkte und Produktion schaffen.
„Kunststoff und Digitalisierungslösungen erleichtern in vielen Bereichen unser tägliches Leben. Wir wissen aber auch, dass unsere Produkte zur Umweltverschmutzung beitragen können, wenn sie nicht richtig entsorgt werden. Mit der LIT Factory entsteht ein einzigartiges Zentrum, das industrienahe interdisziplinäre Aufgabenstellungen bearbeitet. Daher wollen wir durch Kooperation mit der LIT Factory innovative und nachhaltige Produkt- und Prozesslösungen mit Mehrwert entwickeln“, erklärt Axel Kühner, Vorstandsvorsitzender der Greiner-Gruppe.
Neben der bereits bestehenden Pilotfabrik in der Wiener Seestadt Aspern und der LIT Factory in Linz soll auch Graz eine Pilotfabrik bekommen, in der diskrete Fertigung erforscht wird, also die rentable Herstellung kleiner Stückzahlen. Diese „Demofabriken“ sind realitätsnahe Modelle einer Fabrik und helfen, Neuentwicklungen schneller marktreif zu machen. Das sei deshalb so wichtig, weil sich die Produktion gerade in einem tiefgreifenden Wandel befinde. In den Fabriken würden Menschen, Produkte, Maschinen und Werkstoffe in immer komplexeren computergesteuerten und per Internet vernetzten Systemen miteinander kommunizieren.
Kompetenzen bündeln
Daneben bekommt Österreich auch ein Forschungszentrum für Mikroelektronik auf Weltniveau. Ziel sei, die heimischen Kompetenzen in der Mikroelektronik zu bündeln und Österreich international an die Spitze zu bringen. Die drei Standorte von Silicon Austria würden dafür in Graz, Linz und Villach eingerichtet und hätten unterschiedliche Schwerpunkte. So werde in Villach an „Sensorik und Sensorsystemen“ sowie „Leistungselektronik“ geforscht und entwickelt, Ziel sind leistungsfähige Sensoren und energieeffiziente Mikrochips. In Linz werde wiederum im Bereich der „Hochfrequenz“ daran gearbeitet, große Mengen an Daten sicher zu senden und zu empfangen. Graz soll diese Themen mit dem Schwerpunkt „Systemintegration“ verbinden und dabei untersuchen, wie das reibungslose Zusammenspiel unterschiedlicher Komponenten wie etwa Radarsensoren, GPS-Empfang und Internetverbindung in einem selbstfahrenden Auto funktioniert.
„Wenn wir auch in Zukunft ein erfolgreicher Standort sein wollen, müssen wir uns ganz besonders auf unsere Stärken konzentrieren. Eine davon ist Mikroelektronik, und mit diesem Spitzenforschungszentrum stellen wir in diesem Bereich auch in Zukunft den Führungsanspruch. Silicon Austria ist auch ein Paradebeispiel für die erfolgreiche Zusammenarbeit von Staat und Unternehmen. Ein Beispiel für den innovativen, unternehmerischen Staat, den wir brauchen“, unterstreicht Bundeskanzler Christian Kern.
Vom Auto bis zum Handy Mikroelektronik
„Mikroelektronik durchzieht alle Lebensbereiche: unsere Autos, das Handy, sogar elektrische Zahnbürsten. Mit dem neuen Forschungszentrum Silicon Austria sorgen wir dafür, dass ‚Mikroelektronik Made in Austria‘ eine Weltmarke wird. Was die Schweizer bei den Uhren sind, wird Österreich für Elektronik und Mikroelektronik“, ergänzt Leichtfried.
„Die Mikroelektronikindustrie ist die mit Abstand forschungsintensivste und innovativste Branche unseres Landes“, erläutert Sabine Herlitschka, Vizepräsidentin des Fachverbands der Elektro- und Elektronikindustrie (FEEI). „Mit Silicon Austria eröffnet sich für die österreichische Industrie ein Window of Opportunity, indem wir unsere Aktivitäten in einem international aufgestellten Spitzeninstitut konzentrieren. Das gibt uns auch als kleine Region die Chance auf die notwendige kritische Masse, um uns in einer der global am stärksten umkämpften Schlüsseltechnologien als exzellenter Hotspot auf Augenhöhe mit
den ganz großen Technologienationen zu messen.
Und genau das muss unser Anspruch sein, um Investitionen und zukunftsorientierte Arbeitsplätze in Österreich zu schaffen.“ (TM)
www.bmvit.gv.at