Keine Insel der Seligen

NEW BUSINESS Innovations - NR. 09, NOVEMBER 2020
V.l.: Stephan Grad, Gründer von A-Commerce und Gerald Sebastian Eder, Head of Business Development E-Commerce, CRIF Austria © RNF

Auch im B2B ist der E-Commerce mittlerweile angekommen. Welche Herausforderungen es gibt und welche Trends sich abzeichnen, verraten die Experten ...

... Gerald Sebastian Eder von CRIF und Stephan Grad von A-Commerce im Interview.

Aus dem A-Commerce Day im „realen Raum“ , wie er bisher immer über die Bühne ging, wurden dieses Jahr, bedingt durch die aktuellen Umstände, die digital veranstalteten A-Commerce Days. An drei statt wie bisher einem Tag ging es in den Räumlichkeiten des Gastgebers CRIF Anfang Oktober unter anderem um digitale Vernetzung, Omni-Channel, neue Anforderungen im B2B-Bereich und die steigende Relevanz von Fraud Prevention. Mit mehr als 40 Branchenexperten, die ihr Wissen und ihre Erfahrungen live mit den über 1.000 Zusehern teilten, wurden alle Erwartungen übertroffen. NEW BUSINESS nutzte diese Gelegenheit, um mit Gerald Sebastian Eder, Head of Business Development E-Commerce von Gastgeber CRIF Austria, sowie Stephan Grad, dem Gründer des E-Commerce-Beratungsunternehmens A-Commerce und Veranstalter des Hybridevents, Face-to-Face über aktuelle und künftige Trends im E-Commerce zu sprechen.

E-Commerce boomt bereits seit Jahren. Welchen Anschub hat die Coronavirus-Krise da oben draufgesetzt?
Gerald Sebastian Eder: Einen richtigen Boost. In Transaktionsmengen gerechnet, waren die Zahlen deutlich stärker als das vergangene Weihnachtsgeschäft im November, Dezember und Jänner.
Stephan Grad: Wir haben vor den A-Commerce Days Zahlen erhoben, wonach es wahrscheinlich ein Umsatzplus im Vergleich zum letzten Jahr von 20 Prozent geben wird. Spannender als das Umsatzplus ist aber, dass es bei einem großen Anteil der Bevölkerung jetzt zu einem Gedankenumschwung gekommen ist, wie convenient der Onlinehandel sein kann – obwohl es E-Commerce ja schon seit ein paar Jährchen gibt. Mehr als 40 Prozent der Konsumenten haben früher nur ab und zu online eingekauft, wollen das künftig aber regelmäßig tun. Dieses Plus an Stammkunden wird die Branche weiter voranbringen.
Eder: Supermärkte sind ein gutes Beispiel dafür. Da war ­E-Commerce immer das Stiefkind. Auf einmal gab es diesen Push und es besteht eine höhere Akzeptanz dafür, Lebensmittel online zu bestellen.

Wird die Welle nach der akuten Krise auch wieder zurückschwappen oder werden sich die Unternehmen darauf einstellen müssen, dass die Kunden noch stärker nach guten Onlineshops verlangen werden?
Grad: Definitiv. Es geht aber nicht nur um den Onlineshop. Ein guter Shop ist wahnsinnig wichtig für das Einkaufserlebnis, aber es hängen auch Payment, Logistik, Kundenservice dran. Wenn Unternehmen bisher kein E-Commerce gemacht haben und dann einen Shop hingestellt bekommen, werden sie drei Monate später im Chaos versinken. Wer macht die Bilder, wer kümmert sich um die Prozesse und den Kundenservice? Wenn keine Werbung gemacht wird, weiß niemand, dass ich einen Shop habe. Wir sagen unseren Kunden, dass der Shop ein Drittel des Initialbudgets kosten darf, zwei Drittel brauchen sie für die Kommunikation nach außen. Dessen müssen sich die Unternehmen bewusst werden. Ein Onlineshop ist kein Auto, das ich kaufe und dann fünf Jahre damit herumfahren.
Eder: Beim Onlinehandel ist spannend, dass auch vermehrt Branchen darauf setzen, bei denen man das nicht gedacht hätte. Zum Beispiel ist ein fleischverarbeitender Betrieb mit uns in Kontakt getreten, weil sie Kauf auf Rechnung integrieren wollen. Da geht es um einen Conversion-Boost, darum, keine Kunden durch fehlende Zahlungsoptionen abzuschrecken oder abzulehnen. Wir haben auch einen Kunden, der Semmeln und Brot online verkauft. Der Markt ist in Bewegung gekommen, B2B-Onlineshops werden professioneller. Früher wurden Neukunden oft manuell angelegt, das dauert seine Zeit. Das wird aber heute nicht mehr toleriert, der Kunde sucht sich einen Shop, wo das Kunden-Onboarding automatisiert und in Echtzeit geht und er seinen Einkauf sofort nach Registrierung fortsetzen kann.

Man hat bei einigen Unternehmen gesehen, dass sie von dem raschen Shift der Nachfrage zu Online überfordert waren und teilweise bis jetzt sind. Kann man sich so etwas heute noch leisten oder muss jedes ­Unternehmen auf ein Niveau wie Amazon kommen?
Grad: Selbst Amazon hatte zu Beginn der Krise das Problem, dass Bestellungen storniert oder verspätet ausgeliefert worden sind. Es geht darum, wie man sich auf solche Situationen einstellt. Wenn das ein bis zwei Wochen dauert, versteht es der Konsument. Wenn es drei oder vier Monate dauert, versteht er das nicht. Wir hatten beispielsweise einen Kunden bei den A-Commerce Days, der in dieser Zeit ein geschlossenes Hotel gemietet hat und mit Unterstützung von Arbeitskräften einer Leiharbeitsfirma dort Packerl eingepackt hat. Davon hatten auch der Hotelier und die Zeitarbeitsfirma etwas. Andere haben sich zurückgelehnt und gewartet. Das ist nicht der Weg aus der Krise.
Eder: Ein Kunde von uns hat sehr schnell reagiert, als sein POS-Geschäft durch den Lockdown weggefallen ist. Er hat vollen Fokus auf Online gesetzt und auch die Mitarbeiter aus den Shops haben im Onlinegeschäft mitgearbeitet.

Herr Eder hat den B2B-Bereich schon angeschnitten­. Wie sieht die Entwicklung dort aus? Ist es ein ­vergleichbarer Boom wie im Consumer-E-Commerce?
Grad: Ja. Es gibt viele Unternehmen, die schon seit zehn Jahren sehr professionell E-Commerce betreiben. Jetzt sind wir im Jahr 2020 und jeder B2B-Einkäufer ist auch im Privaten ­E-Commerce-affin. Die Leute, die früher mit Fax bestellt haben, kaufen jetzt online ein und wollen, dass das nett und angenehm funktioniert. Das ist die zweite Welle im B2B-Bereich. Die Unternehmen, die schon vor zehn Jahren angefangen haben, müssen jetzt modernisieren. Viele B2B-Unternehmen fangen auch jetzt damit an, online nach Bestellmöglichkeiten zu suchen. Im Consumer-Bereich hat man mittlerweile gelernt, dass ­E-Commerce ein relevanter Kanal ist, den man nicht vom Praktikanten „mitmachen“ lässt. Im B2B ist diese Erkenntnis noch viel wichtiger, denn es gibt viel mehr Prozesse und Schnittstellen im Unternehmen. Die Firmen müssen lernen, dass man sich dafür die richtigen, gut ausgebildeten Leute holt.
Eder: Das wichtigste im B2B-Bereich sind die Prozesse. Vielen B2B-Shops muss man als Neukunde erst seine Unterlagen schicken, wenn man bestellen will. Nehmen wir ein typisches Beispiel für B2B-E-Commerce: Büroartikel. Der Kunde will sofort bestellen. Wird man als Neukunde manuell angelegt, womöglich ein Firmenbuchauszug verlangt, was alles Zeit kostet, bricht der Kunde oftmals den Kaufprozess ab und bestellt dort, wo es einfach automatisiert funktioniert. Das nächste sind die Zahlungsoptionen. Wenn zum Beispiel nur Vorauskasse oder Kreditkartenzahlung angeboten werden, der Kunde das aber nicht will, legt man sich selbst Steine in den Weg. Man sieht aber heute, dass die Firmen bereit sind, zu automatisieren.
Grad: Dazu würde ich gerne noch etwas sagen: Bis vor einem Jahr habe ich bei jedem zweiten Termin mit Consumerbrands gehört: „Unser Kunden ticken total anders.“ Das gleiche erzählen mir jetzt die Firmen im B2B. Wenn man nachfragt, warum sie anders ticken, kommt keine vernünftige Antwort. Es gibt also keinen Grund. Die Firmen trauen sich nur nicht. Viele Unternehmen hatten früher Angst, im Consumer-Bereich Experimente zu machen, weil sie sich vor Beschwerden und schlechtem Feedback gefürchtet haben. Im B2B-Bereich mit seinen oft schon lange bestehenden Geschäftsbeziehungen kann man mit den Kunden arbeiten. Sie sind froh, wenn man gemeinsam mit ihnen etwas austestet und dafür vielleicht noch einen kleinen Benefit anbietet. Da kann man wahnsinnig viel machen, aber vielen Unternehmen fehlt der Mut dazu.
Eder: Das ist die „Das haben wir immer schon so gemacht“-Einstellung. Da waren die letzten Monate ein Schuss vor den Bug. Man kann die Krise als Beschleuniger sehen. Sonst hätte es vielleicht noch ein oder zwei Jahre gebraucht, aber so haben wir jetzt einen Digitalisierungs- und Automatisierungs-Boost. Viele Projekte, die für die nächsten Jahre geplant waren, wurden vorgezogen.

Gibt es Unterschiede bei den Herausforderungen ­zwischen Consumer- und B2B-E-Commerce?
Grad: Ganz provokant: Nein, die gibt es nicht. Die Systeme, sowohl der Shop am Frontend als auch das Tracking, das ­Onlinemarketing, das CRM, Buchhaltung, Logistik – es ist alles 1:1 dasselbe. Natürlich ist es ein Unterschied, ob ich Masken, T-Shirts oder Maschinenbauteile verkaufe. Aber es sind so kleine Unterschiede, dass es vom Grundsystem, den Verantwortungen und vom Aufbau des Projekts her zu 99,9 Prozent ident ist.

Das ist ja super! Dann kann man doch aus den B2C-­E-Commerce-Erfahrung der letzten 20 Jahre schöpfen.
Grad: Könnte man. Aber weil die Agenturen verstanden haben, dass im B2B-Bereich das Budget meistens um den Faktor 10 höher ist als im Consumer-Bereich sind natürlich auch Projekte in diesem Bereich um den Faktor 10 teurer. Viele Dienstleister haben sich SAP als Vorbild genommen, die es geschafft haben, Tagessätze für Berater durchzusetzen, die horrend sind. Einen wirklich guten Consumer-Shop mit Anbindung an die Systeme bekommt man ungefähr um 50.000 Euro – rein das System, wir reden da nicht vom Design. Einen richtig guten B2B-Shop bietet kaum jemand unter 250.000 Euro an. Ja, die Schnittstellen sind ein bisschen komplizierter, aber nicht fünf Mal so kompliziert. Da verdient sich unsere Branche gerade an großen Industrie- und B2B-Unternehmen eine goldene Nase.
Eder: In der Vergangenheit haben auch viele Firmen gedacht, im B2C-Onlinehandel gibt es viel Betrug, aber im B2B nicht. Das stimmt nicht und die Fälle sind oft viel größer. Es macht einen Unterschied, ob zwei Pullis oder vier LKW-Reifen ergaunert wurden. B2B-Onlinehandel ist keine Insel der Seligen. Deswegen wird jetzt viel in Betrugsvermeidung investiert. Das sind kriminelle Organisationen, die Lücken in den Shopsystemen – egal ob B2C oder B2B – finden und für ihr ­betrügerisches Handeln nutzen.
Grad: Es war auch noch nie so leicht zu betrügen, wenn sich die Unternehmen nicht davor schützen. Man tut sich auch extrem leicht, die Produkte, die man mit seinem Scam ergaunert hat, online zu verhökern.
Eder: Es gibt sogar nach wie vor B2B- und B2C-Onlineshops, die wegen der Conversion-Rate Kauf auf Rechnung anbieten, das aber nicht prüfen. Die machen also ihre Tür auf und sagen: „Nimm dir was du willst, alles ist kostenlos.“ Es gibt das Beispiel eines Onlineweinhändlers, der seine Conversions steigern wollte und Kauf auf Rechnung angeboten hat. Er hatte den besten Monat seiner Geschichte, hat alles verkauft, aber es wurde nichts bezahlt. Seine Weinraritäten hat er dann auf Online-Kleinanzeigenportalen zu günstigeren Preisen gefunden, als er sie angeboten hat. Er hat sich damit im Endeffekt nur selbst Konkurrenz geschaffen.

Wir treffen uns hier ja im Rahmen der A-Commerce Days, die dieses Jahr rein digital stattfinden. Warum war es eigentlich bisher ein Event im realen Raum? Das „Naheverhältnis“ zu Online schreit doch geradezu nach einer digitalen Konferenz.
Grad: Die Events sind für uns wichtig, um die Branche miteinander zu vernetzen. Wir machen neben den A-Commerce Days auch drei weitere, kleinere Events pro Jahr. Wir haben immer Onlinehändler bzw. Multi-Channel-Händler auf der Keynotebühne, die aus ihrer Erfahrung erzählen. Auch beim A-Commerce Day ist für uns immer das Wichtigste, dass die Keynotebühne ausschließlich von Händlern bespielt wird, um ganz offen zu zeigen, was gut läuft, was schlecht läuft, wo man danebengegriffen hat. Was uns auch wichtig ist, das ist das Netzwerken. Durchs Reden kommen die Leute zusammen und das passiert am besten nicht nur untertags beim Event, sondern auch am Abend bei einem Bierchen, einem Gin Tonic. Man tauscht sich aus, man plaudert. Das war heuer nicht möglich, deswegen war für uns schon im April klar, dass wir weder unsere Speaker noch unsere Partner oder Aussteller in ein Risiko bringen, und wir probieren es deshalb mit diesem Multi-Channel-Ansatz. Das heißt wir haben die Keynote-Speaker hier in unserem Videostudio, es gibt Workshops, die remote zugeschaltet werden, und so haben wir das in diesen drei Tagen sehr gut über die Bühne gebracht und der Erfahrungsaustausch funktioniert. Wir sehen, dass es heuer sehr gut angenommen wird. Ich glaube nicht, dass es vor ein oder zwei Jahren denselben Erfolg gehabt hätte.

Gab es so etwas wie einen roten Faden, der sich durch die Veranstaltung gezogen hat?
Grad: Wir haben bewusst versucht, das Thema Covid auszuklammern – das kann niemand mehr hören –, aber es hat die Branche wirklich beeinflusst. Es hat vielen Unternehmen aufgezeigt, was sie schon sehr gut machen, was sie schlecht machen, was sie gar nicht machen und was verbesserungswürdig ist. Was sich durchzieht, ist Automatisierung, Professionalisierung und, was in fast jedem Vortrag vorgekommen ist, die Mitarbeitersuche. Jeder Onlinehändler sucht gute, leistungsfähige und leistungsbereite Mitarbeiter. Das sind doch eher ungewöhnliche Worte, wenn man die Medienberichte der letzten Monate verfolgt hat, in denen es darum ging, dass die Arbeitslosenquote enorm in die Höhe gegangen ist und wir in Österreich mit einer Rekordarbeitslosigkeit konfrontiert sind. Unsere Branche sucht Leute und es müssen keine voll durchgebildeten E-Commerce-Manager sein. E-Commerce besteht aus viel „Training-on-the-Job“. Man muss einfach bereit sein, sich neue Themen anzueignen. Gerade Personen mit Mathematikkenntnissen, Texter oder Fotografen sind wahnsinnig wichtig. Es gibt viele Jobmöglichkeiten, man muss nur ein bisschen umdenken.
Eder: Was bei dieser Veranstaltung schön herauskommt, ist, dass die Bereiche On- und Offline verschmelzen. Im Vortrag von Humanic haben wir zum Beispiel von einem Fuß-Scanner gehört. Man geht in die Filiale und lässt die Füße seiner Kinder scannen, hat diese Daten dann im Profil im Onlineshop und bekommt passende Schuhe vorgeschlagen. Genauso bei Modehändlern, bei denen man in der Filiale fünf T-Shirts mitnimmt und dann zum Beispiel auf Raten oder in 14 Tagen bezahlt. Das kann man alles nicht mehr so getrennt sehen. Die große Kunst ist es, das als Merchant zusammenzubringen. Das war auch die Herausforderung in der Krise. Aber viele haben es geschafft, die Ressourcen von Offline zu nehmen und in den Online­kanal zu stecken.

Es ging doch sicher auch um die kommenden Trends im E-Commerce. Was darf man sich als Kunde für die Zukunft erwarten bzw. was sollte man als Anbieter in der mittleren bis nahen Zukunft umsetzen, um nicht den Anschluss zu verlieren?
Grad: Für Konsumenten wird alles noch einfacher, es wird neue Login-Methoden, noch einfachere Bezahlmethoden geben. Was sehr stark im Kommen ist, ist das Thema Personalisierung. Aufgrund bisheriger Einkaufsgewohnheiten, Vorlieben, Wünsche werden noch genauer Produkte bzw. Dienstleistungen ausgespielt. Für Anbieter wird sehr viel Unsicherheit kommen, weil die EU es wieder einmal nicht geschafft hat, Reglementarien sauber aufzusetzen, mit vernünftigen Zeitlimits. Zum Beispiel war die verminderte Mehrwertsteuer in Deutschland für die E-Commerce-Branche eine absolute Katastrophe und wird es auch im nächsten Jahr, wenn sie wieder erhöht wird. Dazu kommt mit 1. 7. 2021 die vereinheitlichte Besteuerung für E-Commerce-Transaktionen. Auch da gibt es noch keine Jurisdiktion wie das funktionieren und umgesetzt werden soll. Man weiß, dass es kommt, man weiß aber nicht, wie genau. Dazu kommt alles, was den Datenschutz angeht. Natürlich will man Datenschutz liefern und nur vielleicht einer von 10.000 Händlern würde Daten aktiv missbrauchen. Auf der anderen Seite ist es nicht unbedingt förderlich gegenüber dem Wettbewerb aus Asien oder den USA, dass wir uns hier in Europa selbst so stark reglementieren, weil wir immer mehr ins Hintertreffen geraten. Man muss nur vergleichen, was man technologisch in Amerika machen kann. Dort kann man auf eine Person alle Vorlieben und Eigenschaften runtertracken und sie wirklich zielgerichtet ansprechen. Ich könnte das gleiche auf Knopfdruck auch in Europa machen. Den Aufschrei, der darauf von den Datenschützern folgen würde, möchte ich aber nicht erleben.

Wie sieht es von der Payment-Seite aus, Herr Eder?
Eder: Ein Trend ist sicher „Conversion is King“. Man muss den Antragsprozess so smooth wie möglich gestalten. Man sieht auch einen Trend bei Luxusartikeln, von denen man früher nicht gedacht hätte, dass es funktioniert. Prada hat zum Beispiel eine eigene Kollektion für den Onlinehandel entwickelt. Da muss man sich absichern, aber natürlich muss das auf eine smoothe Art passieren. Beispielsweise wenn der Kunde eine Handtasche für 2.000 Euro im Warenkorb hat und per Kauf auf Rechnung bezahlen will. Der Händler ist sich vielleicht nicht sicher, kann es sich aber auch nicht leisten, den Kunden abzulehnen. Dann kann man zusätzliche Identifikationsmethoden einfügen, etwa über den Scan eines Ausweises oder eine Identifikation über eine Bank-ID. Kauf auf Rechnung ist ein Trend, den alle für tot gehalten haben. Aber ganz im Gegenteil! In der DACH-Region war das schon immer eine beliebte Zahlungsweise und wir sehen, dass sich das stark ausweitet. Wir haben konkrete Projekte mit Händlern, die jetzt in Polen und Italien Pay-later-Modelle ausrollen. Auch aufgrund der PSD2-Verordnung (Payment Service Directive II; Zahlungsdiensterichtlinie) und dem 3D Secure Code bei Kreditkarten, der einfach nicht convenient ist, sind andere Zahlungsweisen im Kommen. Man sieht bei Kauf auf Rechnung auch höhere Summen in den Warenkörben und bessere Conversion.
Grad: Wir sind alle mit Kauf auf Rechnung aufgewachsen und kennen das aus dem Katalog-Versandhandel. Warum diese Bezahlmethode trotzdem vor allem bei Jungen immer mehr im Kommen ist, das liegt an der Kreditkartenpenetration. Gerade einmal 25 Prozent der erwerbsfähigen Österreicher besitzen eine Kreditkarte. Wenn ich als Händler also nur Pay­pal und Kreditkarte anbiete – und Paypal war früher sehr oft mit der Kreditkarte hinterlegt –, was mache ich dann mit den Kunden, die keine Kreditkarte haben? Für EPS wiederum müsste ich meine Verfügernummer auswendig kenne. Da ist Kauf auf Rechnung der schnellste Weg.

Können Sie sich vielleicht erinnern, was das Erste war, das Sie persönlich online bestellt haben?
Grad: Bei mir war die erste Transaktion ein Lied auf iTunes.
Eder: Mein erster Onlinekauf war auch ein Song.
Grad: Apple war mit iTunes ein Wegbereiter im E-Commerce. Es gab keine Einstiegshürde.

Und was war ihr jüngster Online-Einkauf?
Grad: Da muss ich nachsehen. Wir kaufen berufsbedingt sehr viel online – ah, ein Hörbuch.
Eder: Sneakers. Die kommen heute. Das ist auch ein gutes Beispiel. Sonst gehe ich immer ins Geschäft, aber das ist in Italien und aufgrund der Corona-Krise habe ich es im Online­store bestellt – und habe mich geärgert, weil sie keinen Kauf auf Rechnung anbieten. (lacht) (RNF)