Die Forschungselite

NEW BUSINESS - NR. 11, DEZEMBER 2018/JÄNNER 2019
Das Thema Innovation hatte im Jahr 2018 Hochkonjunktur. © Andrew Haimerl/unsplash.com

Österreich ist 2018 erstmals mit fünf Unternehmen, die insgesamt 700 Millionen Euro in F&E investiert haben, im Ranking der weltweit 1.000 innovativsten Unternehmen vertreten.

2018 stiegen die Forschungs- und Entwicklungsausgaben der 1.000 größten börsennotierten Unternehmen weltweit so stark wie zuletzt 2007: Im aktuellen Jahr investieren Unternehmen mit 782 Mrd. US-Dollar 11,4 % mehr als noch 2017. Die Forschungsintensität, sprich: der Anteil der F&E-Ausgaben am Gesamtumsatz, hält mit 4,5 % das Rekordniveau von 2017. Österreich ist in diesem Jahr erstmals mit fünf Unternehmen vertreten. Im Vorjahr waren es lediglich zwei Unternehmen mit rund 300 Millionen Euro F&E-Ausgaben. Das zeigen die Ergebnisse der aktuellen „Global Innovation 1000“-Studie von Strategy&, der Strategieberatung von PwC.

Für Industriegüter, IT und Elektronik wird am meisten ausgegeben
Österreich ist 2018 also erstmals mit fünf Unternehmen im Ranking der weltweit 1.000 innovativsten Unternehmen vertreten. Neuzugänge in diesem Jahr neben AMS AG und voestalpine AG sind S&T AG, Kapsch TrafficCom AG und Andritz AG. Sie kommen aus den Bereichen Industriegüter bzw. IT und Elektronik und geben 2018 rund 700 Millionen Euro für Forschung und Entwicklung aus. Die F&E-Intensität der AMS AG ist dabei mit 20,1 % die höchste im gesamten deutschsprachigen Raum. „Wir freuen uns, dass in diesem Jahr bereits fünf österreichische Unternehmen und insgesamt 74 Unternehmen aus dem DACH-Raum in der Global-Innovation-Studie vertreten sind. Dies spricht für eine positive Entwicklung am Wirtschaftsstandort Österreich“, erläutert Harald Dutzler, Partner bei Strategy& Österreich. „Allerdings zeichnen sich auch Herausforderungen im internationalen Umfeld ab. Zum einen zeigen die drastischen Budgeterhöhungen chinesischer Unternehmen, dass sich Asien in Sachen Forschung und Entwicklung gerade erst warmläuft und dort in den kommenden Jahren vermutlich ein Großteil zukunftsweisender Schlüsseltechnologien entwickelt werden. Und zum anderen beobachten wir, wie der F&E-Spitzenreiter Amazon in immer mehr Branchen vordringt und bereits über ein Forschungsbudget von über 20 Mrd. US-Dollar verfügt. Mit Blick auf die globale Wettbewerbsfähigkeit empfehlen wir, dass sich österreichische Unternehmen auf ihre innovationsstrategischen Stärken konzentrieren und diese in tragfähige Forschungsprogramme übersetzen sollten.“

USA belegen ersten Platz – China auf Überholspur
Die durchschnittliche Forschungsintensität liegt in Österreich mit 3,4 % leicht unter dem internationalen Mittelwert von 4,5 %. Insgesamt wurden 2018 aktuell im DACH-Raum rund 79 Mrd. Euro in F&E investiert. Im weltweiten Vergleich stocken 2018 vor allem chinesische (+34,4 %) und europäische Unternehmen (+14 %) ihre F&E-Ausgaben massiv auf, während die nordamerikanischen Budgets lediglich um 7,8 % wachsen. Wie 2017 führt Amazon das internationale Ranking der Unternehmen mit den größten F&E-Budgets vor Alphabet an. Platz drei belegt Volkswagen: Das Unternehmen konnte nach dem Absturz 2017 auf Platz fünf in diesem Jahr wieder zwei Ränge gutmachen. Auf Platz vier und fünf folgen mit Samsung und Intel zwei Gesellschaften aus dem Bereich Computer und Elek­tronik.

Hohes F&E-Budget nicht alleinentscheidend für innovatives Image
Wie innovativ Unternehmen von außen wahrgenommen werden, steht jedoch nicht in direktem Zusammenhang mit den F&E-Budgets. Die Befragung internationaler F&E-Verantwortlicher ergab, dass 2018 Apple vor Amazon und Alphabet als das innovativste Unternehmen weltweit gilt. Auf den Rängen vier bis zehn folgen Microsoft, Tesla, Samsung, Facebook, GE sowie die Neueinsteiger Intel und Netflix. Diese als innovativ wahrgenommenen Unternehmen sind im Schnitt auch finanziell erfolgreicher als jene Konzerne, die am meisten in Forschung und Entwicklung stecken. So stiegen etwa die Einnahmen der zehn am innovativsten wahrgenommenen Unternehmen in den vergangenen fünf Jahren mit 49 % stärker als die der Top 10 der Unternehmen mit den höchsten F&E-Ausgaben (37 %).
„Große Investments allein reichen nicht aus, um die Innovationskraft zu fördern. Das zeigen die Zahlen – während bei den innovativsten Unternehmen die Umsätze in den vergangenen fünf Jahren fast um die Hälfte gestiegen sind, legten die Unternehmen mit hohen F&E-Ausgaben um knapp 40 % zu. Eine visionäre Idee, gepaart mit einer strategischen Herangehensweise, ist unabdingbar für erfolgreiche Forschungsprojekte. Neben hohen F&E-Ausgaben, die vor allem große Unternehmen aufwenden können, sind auch eine innovationsfördernde Umgebung und eine schnelle Umsetzung wichtig, die z. B. Start-ups mitbringen. In einer Zusammenarbeit von Konzernen und Start-ups könnten Unternehmen ihre Innovationskraft bündeln und neue Produkte, Dienstleistungen und komplett neue Geschäftsmodelle auf den Markt bringen“, erklärt Thomas Riegler, Partner für Innovation und Digitalisierung bei PwC Österreich.

Bis 2020 die meisten F&E-Investitionen im Bereich Healthcare
Global entfallen 22,5 % der F&E-Ausgaben auf die Computer- und Elektronik-Branche, 21,7 % auf Healthcare-Unternehmen und 16 % auf den Automobilsektor. Die mit 14 % höchste Forschungsintensität weist dagegen die Software- & Internetbranche vor Healthcare- (11,4 %) und Computer- und Elektronik-Unternehmen (7,3 %) auf. Bis 2020 soll allerdings der Bereich Healthcare den Bereich Software & Internet mit einer Investitions-Prognose von 178 Mrd. US-Dollar überholen und somit zur größten F&E-Industrie werden. (VM)

AMS AG
ams ist international führend in der Entwicklung und Herstellung von Hochleistungs-Sensorlösungen. Das Produktportfolio umfasst neben Sensorlösungen auch Sensor-ICs sowie Schnittstellen und die damit verbundene Software für Kunden in den Märkten Consumer, Mobilkommunikation, Industrie, Medizintechnik und Automotive. Im Jahr 2017 verbuchte das Unternehmen F&E-Investitionen in Höhe von 214 Mio. Euro, das entsprach 20 % vom Umsatz und lag im forschungsintensiven Halbleitersektor international im Spitzenfeld. Auch für das Jahr 2018 erwartet man wiederum signifikante F&E-Aufwendungen.
Die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten im Bereich der Produktentwicklung umfassen hauptsächlich optische, bildgebende und akustische Sensorik sowie die Entwicklung von Spezialtechnologien für deren Integration und Kombination. Ein wichtiger Bestandteil aktueller und zukünftiger Entwicklungen sind Software und Algorithmen für komplexe Sensorlösungen.

Voestalpine AG
Auch die voestalpine schaut stolz auf die F&E-Ausgaben, die in den letzten Jahren kontinuierlich stiegen. Im Geschäftsjahr 2017/18 betrugen die Ist-Aufwendungen 152,1 Mio. Euro. Das um 13,4 % höhere Budget von 172,5 Mio. Euro für das Geschäftsjahr 2018/19 spiegelt die hohe Wertigkeit von F&E im Konzern wider. Die Forschungsaktivitäten sind auf den langfristigen Ausbau der Qualitäts- und Technologieführerschaft – insbesondere in den definierten Wachstumsbranchen Mobilität und Energie – sowie darüber hinaus auf die weitere Prozessoptimierung in Bezug auf Energie- und Rohstoffeffizienz sowie eine kontinuierliche Verringerung der Emissionen ausgerichtet. Im Vordergrund steht dabei die ganzheitliche Betrachtung von Produkten und Prozessen, d. h., der gesamte Produktlebenszyklus von den Rohstoffen über die Fertigung bis hin zur Wiederverwertung. Durch die Entwicklung neuer, bei gleichzeitig laufender Verbesserung bestehender Stahlqualitäten strebt der voestalpine-Konzern auch eine nachhaltige Erhöhung der Energieeffizienz und damit eine Reduktion der Umweltbelastung in Bezug auf die Endprodukte an.

S&T AG
Der österreichische Technologiekonzern S&T investiert kontinuierlich mit Fokus auf innovative Lösungen in den Bereichen Engineering, Forschung und Entwicklung. Zu den wichtigsten Projekten in diesem Jahr zählen zwei Entwicklungen in den Bereichen Industrie 4.0 und Internet of Things: Zum einen SUSiEtec, eine auf Microsoft Azure basierende Lösung für das Management von IoT-Devices. Zum anderen eine Embedded-Cloud-Lösung, die dank Time-Sensitive-Networking-Standards die Echtzeitkommunikation bei industriellen Anwendungen ermöglicht. „Außerdem sind wir sehr stolz darauf, eines der ersten SAP-S4/HANA-Cloud-Projekte in Österreich abgeschlossen zu haben. Wir haben unsere SAP-Expertise weiter ausgebaut und konnten innerhalb nur eines Jahres den Status als SAP-Gold-Partner erlangen“, erklärt Richard Neuwirth, Chief Financial Officer und stellvertretender Vorstandsvorsitzender der S&T AG. „Wir sind überaus zufrieden mit der geschäftlichen Entwicklung in diesem Jahr. Insbesondere das Segment ‚IoT Solutions‘ hat sich positiv entwickelt. Daher haben wir die EBITDA-Prognose für das Geschäftsjahr 2018 von 80 Mio. Euro auf mindestens 88 Mio. Euro erhöht. Zudem werden wir heuer unser anvisiertes Ziel erreichen und einen Umsatz von knapp einer Milliarde erzielen.“

Kapsch TrafficCom AG
Kapsch TrafficCom ist ein Anbieter von Intelligenten Verkehrssystemen in den Bereichen Mauteinhebung, Verkehrsmanagement, Smart Urban Mobility, Verkehrssicherheit und vernetzte Fahrzeuge. Eine Vielzahl von erfolgreichen Projekten in mehr als 50 Ländern rund um den Globus hat Kapsch TrafficCom zu einem international anerkannten Anbieter intelligenter Verkehrssysteme gemacht. Daran beteiligt ist die hohe Forschungsintensität des Unternehmens. Kapsch TrafficCom unterhält bedeutende Entwicklungsstandorte in Österreich, Schweden, Argentinien, den USA, Kanada und Spanien. Mit Stand 31. März 2018 arbeiteten 761 Ingenieure im Unternehmen, die mit F&E beschäftigt waren. Die Entwicklungsaufwendungen im Geschäftsjahr 2018/19 betrugen rund 103,00 Mio. Euro, das entspricht rund 15 % des Konzernumsatzes.

Andritz AG
Auch für Andritz ist Forschung und Entwicklung ein wichtiger Teil der Unternehmensstrategie und bildet die wesentliche Säule zur Schaffung von internem Wachstum und zum Erhalt der langfristigen Wettbewerbsfähigkeit. Insgesamt arbeiten mehrere hundert Mitarbeiter weltweit an zahlreichen Standorten im Bereich Forschung und Entwicklung. Der Aufwand im F&E-Bereich inklusive auftragsbezogener Arbeiten beträgt jährlich rund 3 % des Umsatzes. Die Zahl der angemeldeten Patente zeugt von einer regen Entwicklertätigkeit: Die Andritz-Gruppe hat derzeit rund 6.000 Patente angemeldet. Zwei Drittel davon sind bereits erteilt, der Rest befindet sich in Prüfung. Darüber hinaus hält die Gruppe die Rechte an rund 2.000 Produktmarken. Wesentliche Schwerpunkte bei der Entwicklung neuer und innovativer Technologien sind erhöhter Umweltschutz, die Verminderung des Energie- und Ressourceneinsatzes bei der Produktion sowie die Verlängerung des Lebenszyklus von Maschinen und Anlagen.