Die Delegation beim Smart-Farming-Projekt von Huawei und Dronetech in Linz © Fotostudio Eder
Im Zuge ihres Besuchs des European Smart Villages Forums in Linz machte sich eine Delegation von Mitgliedern des Europäischen Parlaments ein Bild von der digitalen Vorzeigeregion.
Die Stadt Linz gilt als digitaler Leuchtturm Österreichs. Mit einer Vielzahl an Angeboten schuf die Stadt Linz ein österreichweit einzigartiges Angebot an „digitalen Gemeingütern“ (Open Commons) und setzt auch seit vielen Jahren europaweit Akzente: 120 Internet-Hotspots an öffentlichen Plätzen im gesamten Stadtgebiet, Gratis-WLAN in allen Straßenbahnen, freier Webspace für alle Linzer:innen (Public Space Server) oder die kostenlose Zurverfügungstellung von Verwaltungsdaten (Open Government Data) sind dabei nur die wichtigsten Beispiele.
Linz ist außerdem Zuhause für das Ars Electronica Festival, welches die Wechselwirkungen zwischen Kunst, Technologie und Gesellschaft in den Mittelpunkt seiner Ausstellungsräume setzt, die Tabakfabrik, welche in ihren 38.148 Quadratmetern ein Zuhause für die Kreativindustrie Österreichs geworden ist und als Inkubator für diese dient, und Peak Technology, welches einer der global führenden Unternehmen im Bereich Leichtbau und Composite ist und Teile der europäischen Ariane-Rakete geliefert hat.
Interfraktionelle Arbeitsgruppe auf „Fact Finding Mission“
Die interfraktionelle Arbeitsgruppe des europäischen Parlaments, RUMRA & Smart Villages, hat zusammen mit dem European Smart Villages Forum eine Informationsreise (fact finding mission) nach Linz und seine Umgebung unternommen, um zu erkunden, welche Lehren wir vom Linzer Beispiel für Gesamteuropa ziehen können.
Der österreichische Europaabgeordnete Hannes Heide, welcher zusammen mit dem slowenischen Europaabgeordneten Franc Bogoviˇc diese Reise initiierte, sagte: „Wir wollen Europa dezentral und regional gestalten, um so die Europäische Union für die Menschen spürbar zu machen. Ländliche Gebiete und mittelgroße Städte haben das Potenzial, für Innovation und Digitalisierung zu stehen. Wenn wir in unseren ländlichen Räumen mit innovativen Technologien qualitativ hochwertige Dienstleistungsangebote anbieten können, wird das Leben auf dem Land attraktiver sein. Das haben wir während der Covid-19-Pandemie deutlich erleben können.“
Franc Bogoviˇc fügte hinzu: „Wir müssen uns der zunehmenden Entvölkerung unserer ländlichen Gebiete entgegenstemmen. Eine 5G-Smart-Farm und die Ansiedlung von Dronetech in einer Kleinstadt wie Leonding sind ausgezeichnete Beispiele dafür, wie unser demografisches Problem durch die Ansiedlung innovativer Firmen umgedreht werden kann. Nur, wenn wir die Lebensqualität erhöhen und Arbeitsmöglichkeiten schaffen, können wir den negativen Trend der Entvölkerung unserer ländlichen Gebiete umkehren und das Leben auf dem Lande wieder attraktiv machen.“
Digitalisierung im ländlichen Raum
Die Delegation aus Brüssel begann ihr zweitägiges Programm mit einem Besuch der „Paris, wir kommen“-Gemeinde Ottensheim, die bekannt ist für die flächendeckende Installation von PV-Anlagen auf kommunalen Gebäuden, den Ausbau von Mikro-ÖPNV-Systemen und von Radwegen, die Förderung von begrünten Fassaden oder Flachdächern und nachhaltiges Energiemanagement. Der oberösterreichische Umwelt- und Klima-Landesrat Stefan Kaineder sagte dazu:
„Mit dem Projekt ‚Paris, wir kommen‘ wollen wir gemeinsam mit Vorreitergemeinden den Weg zur klimaneutralen Transformation auf kommunaler Seite vorangehen. Ziel ist, damit eine vielfältige Blaupause für alle oberösterreichischen Gemeinden zu schaffen, damit sich ganz Oberösterreich schnellstmöglich auf den Weg machen kann. Neben Klimawandel-Anpassungsmaßnahmen, etwa Sicherung der Wasserversorgung oder Eindämmen der Überhitzung von Ortsplätzen, steht die Reduktion der Treibhausgase der Gemeinden im Zentrum des Projektes. Zur Bewältigung der größten Herausforderung in der Geschichte der Menschheit brauchen wir auf allen Ebenen die schnellstmögliche Reduktion aller fossilen Emissionen. Ottensheim ist schon lange in vielen Bereichen sehr weit vorne, was nachhaltige Ortsentwicklung betrifft, daher freue ich mich, dass die wunderschöne Donaugemeinde Teil unseres Klimaschutz-Projektes für Gemeinden ist.“
Die österreichische Europaabgeordnete Simone Schmiedtbauer stimmte zu: „Die Digitalisierung ist voll im ländlichen Raum angekommen und bietet enorme Chancen für unsere Gemeinden und Regionen und ihre Bewohner:innen. Unsere Aufgabe ist es, den Prozess der Digitalisierung aktiv zu gestalten. Digitale Technologien können etwa in der Land- und Forstwirtschaft eingesetzt werden, um gleichzeitig die Produktivität und die Ökologie zu stärken. Wir sind in Österreich nicht zuletzt durch die Breitbandinitiative unserer Bundesregierung schon sehr weit im Ausbau digitaler Infrastruktur. Als österreichische Europaabgeordnete bin ich stolz, meinen Kolleginnen und Kollegen unsere bisherigen Erfolge in der Digitalisierung des ländlichen Raums zeigen zu dürfen.“
Die Zukunft der Landwirtschaft ist smart und digitalisiert
Am Folgetag besuchte die Delegation die 5G-Smart-Farm Buschenschank in Leonding, welche von Huawei und Dronetech betrieben wird. Mithilfe von 5G helfen Drohnen dort, die Weinfelder zu beobachten und Pestizide gezielt einzusetzen, was den Ernteertrag maßgeblich steigert. „Es ist eine Ehre für Huawei, dieses bedeutende Projekt vor einer so hochrangigen Delegation zu präsentieren. Wir glauben, dass die Zukunft der Landwirtschaft digital ist, und wollen mit unserer Technologie zu diesem wichtigen Thema beitragen“, so Harvey Zhang, CEO von Huawei Österreich.
„In der heutigen Zeit sind wir in der Landwirtschaft mit vielen Herausforderungen konfrontiert. Die Landwirtschaft ist sehr arbeitsintensiv, Fachpersonal ist schwer zu bekommen und es ist wichtig, die Pflanzen so umweltfreundlich wie möglich zu behandeln“, erklärt Beatrix Velechovsky, Weinbäuerin des Nussböckguts in Leonding. David Hopf, CEO von Dronetech Austria, beschreibt: „KI-gestützte Drohnen sind ein wichtiger Schritt auf dem Weg in eine nachhaltige Landwirtschaft. Gemeinsam mit Huawei haben wir eine Lösung entwickelt, die nicht nur den Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln massiv reduzieren, sondern auch die Effizienz der Landwirtschaft steigern und die Arbeitskosten senken kann. Das hilft dabei, in unseren Lebensmittelversorgungsketten nachhaltiger zu werden.“
Drohnen für die Landwirtschaft der Zukunft sind mit speziellen Sensoren ausgestattet: Mit hochauflösenden RBG-Sensoren kann der Gesamtzustand des Feldes sowie Löcher in der Bepflanzung beurteilt und ein ‚Green Leaf Index‘ erstellt werden. Ein ‚Multispektralsensor‘ hilft bei der Erstellung des ‚Normalised Difference Vegetation Index‘, welcher Rückschlüsse darauf zulässt, wie gesund eine Pflanze ist.
In diesem Zusammenhang sagte der italienische Europaabgeordnete Dino Giarrusso: „Ich habe schon viel über intelligente Landwirtschaft gehört und bin sicher, dass sie sehr nützlich sein kann, um eine gute Entwicklung unserer ländlichen Gebiete zu gewährleisten. Ich freue mich auf die Möglichkeit, ein Netzwerk auch in Sizilien und Sardinien zu schaffen, wo einige ländliche Gebiete immer noch kämpfen und sich isoliert fühlen. Aus diesem Grund planen wir im Juni eine Veranstaltung in Sizilien, um diesen interessanten Prozess voranzutreiben und das Beste aus der Zusammenarbeit zwischen dem Forschungszentrum von Huawei und der Universität Catania herauszuholen.“
Wachsender Weltraumsektor
Der CEO von Peak Technology, Dieter Grebner, betonte während des Besuchs seiner Firma über den wachsenden Weltraumsektor in Österreich: „Durch innovative Entwicklungen in der Weltraumtechnologie kann auch Österreich als Global Player am internationalen Markt partizipieren. Peak Technology hat durch Pionierprojekte, wie die Entwicklung und Produktion der Xenon-Treibstofftanks für das neue Galileo-Satellitennavigationssystem, maßgebend dazu beigetragen.“
Der ehemalige österreichische Europaabgeordnete und Präsident von SME Global, Paul Rübig, lobte in diesem Kontext den Standort Linz: „Linz und Peak Technology sind ein ausgezeichnetes Beispiel für die Agilität und Innovationsfreudigkeit unserer Wirtschaftsstandorte. Peak baute Teile der Ariane-Rakete. Nicht in Paris oder London in einem milliardenschweren internationalen Konzern, sondern bei einem Mittelständler in Oberösterreich. Das ist die Zukunft Europas. Der Green Deal braucht mehr Rohstoffe, Ingenieure und Energie in der EU auf der Grundlage eines Wettbewerbsfähigkeitstests mit Folgenabschätzung und Optionen. “
Lernen von der Innovationshauptstadt Österreichs
Ein Höhepunkt der Reise war sicherlich das Treffen mit dem Linzer Bürgermeister Klaus Luger, der einer der Architekten und Visionäre des digitalen Linz ist. Bürgermeister Luger teilte seine Vision mit der Gruppe: „Es ist immer wieder eine Ehre, internationale Gäste in Linz begrüßen zu dürfen. Insbesondere freut es mich, dass die Europaabgeordneten im Rahmen des Smart-Villages-Forums Beispiele aus Linz kennenlernen und sich einen Überblick über unsere technologische Fortschritte verschaffen möchten. Mit dem Rundgang im Ars Electronica Center präsentieren wir eines unserer wichtigsten Technologie-, Digitalisierungs- und Kreativitätskompetenzzentren. Der Besuch der Delegation ist ein weiterer Beleg dafür, dass sich Linz als Innovationshauptstadt Österreichs europaweit einen Namen gemacht hat.“
Generaldirektor Heinrich Schaller betont beim Besuch der Delegation in der Raiffeisenlandesbank OÖ, welches die letzte Station der Brüsseler Delegation war, welche Rolle Raiffeisen hinsichtlich der Regionalentwicklung und Digitalisierung zukommt: „Raiffeisen war schon immer ein Vorreiter, wenn es um die Sicherung der Wirtschafts- und Zukunftsfähigkeit des ländlichen Raumes geht. Wir sind uns bewusst, dass wir als größte Regionalbank Österreichs gesellschaftliche Verantwortung tragen und regionale Werte bewahren müssen. Gleichzeitig ist es essenziell, in der Entwicklung der Regionen den Spagat zu neuen Technologien und Digitalisierung zu schaffen – sowohl aus Sicht des Bankgeschäfts per se als auch im Sinne unserer Firmenkunden und Beteiligungen. Gerade die KMUs in unserem Bundesland leisten Großartiges und zeigen hohe Innovationskraft. Dabei unterstützen wir sie gerne als finanzieller Partner.“
Adam Mouchtar, der Koordinator dieser Reise für die interfraktionelle Arbeitsgruppe im Europaparlament, freute sich über die gelungene Realisierung dieses ambitionierten Programms und sagte: „Jetzt ist es an uns, das Gelernte umzusetzen und aus dem Europaparlament heraus mehr Regionen in Europa vom Linzer Beispiel zu begeistern.“ (BO)