Der Energieträger Gas ist für den Schwerverkehr perfekt geeignet. © IVECO
Auf lange Sicht bietet verflüssigtes Erdgas die einzige Kraftstoffalternative für den Straßengüter- und Schiffsverkehr, um eine sofortige Reduktion von Umweltschadstoffemissionen zu erzielen.
Die Österreichische Energieagentur hat 123 Experten aus Forschung, Verwaltung, und Infrastruktur sowie Mobilitäts- und Energiedienstleister zum Thema „Zukunft der Mobilität“ befragt. 59 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass der Elektroantrieb unter den alternativen Antriebskonzepten bei privaten Nutzern und im gewerblichen Verkehr mit bis zu 3,5-Tonnen-Fahrzeugen eine hohe Bedeutung haben und langfristig zu den drei wichtigsten Antriebsarten zählen wird. Stark bezweifelt wird aber, dass Schwerverkehr in Zukunft elektrisch betrieben wird.
Flüssiges Erdgas als idealer Kraftstoff für Nutzfahrzeuge
Diese Meinung teilt etwa auch Karl Martin Gruber, Geschäftsführer der Gruber Transport und Logistik: „Bei unseren PKW setzen wir auf Elektromobilität. Durch den Verzicht auf fossile Brennstoffe schonen wir damit nachhaltig die Umwelt. Elektromobilität ist aber für den Schwerverkehr auch in Zukunft keine Option, verflüssigtes Erdgas jedoch sehr wohl.“ Aus diesem Grund fährt der neueste LKW des niederösterreichischen Transportunternehmens mit LNG (Liquefied Natural Gas). „Mit Erdgas betriebene Fahrzeuge verursachen bis zu einem Viertel weniger Kohlendioxid als herkömmliche Fahrzeuge. Damit setzen wir gemeinsam mit unseren Kunden ein wichtiges Zeichen für die Reduktion der Treibhausgase“, so der umweltbewusste Geschäftsführer. In den USA und China haben sich die LNG-LKW bereits etabliert, in Europa wächst die Nachfrage nach LNG insgesamt rasant. Wurde LNG bisher vor allem genutzt, um Erdgas pipelineunabhängig in großen Mengen über die Weltmeere transportieren zu können, erkannte man in den letzten Jahren das Potenzial für den Gütertransport für LKW und Schiffe. Das deutsche Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) hält LNG sowohl kurzfristig als auch für die nächsten zehn bis 15 Jahre für die beste Lösung im Fernverkehr. Das unterstreicht auch die größte paneuropäische Transportfirma Jost Group mit Hauptsitz in Luxemburg. Das Unternehmen will 35 Prozent seiner Flotte auf LNG umstellen und investiert in diesem Zusammenhang in ein eigenes LNG-Tankstellennetz. In seinen großen belgischen Niederlassungen sollen bis zu drei Tankstellen entstehen. Außerdem wurden Ende 2017 bereits 500 LNG-betriebene LKW der Marke IVECO Stralis NP von der Jost Group bestellt –die bislang größte Bestellung dieses Typs. IVECO war der erste Hersteller im Nutzfahrzeugsektor, der bereits 1991 das Potenzial von Erdgas erkannte. Daraufhin entwickelte das innovative Unternehmen eine breite Modellpalette an erdgasbetriebenen LKW, Transportern und Bussen. Bislang hat der Betrieb mehr als 22.000 erdgasbetriebene Fahrzeuge verkauft. Europaweit sind derzeit mehr als 2.000 LKW dieses Typs unterwegs. Karl-Martin Studener, IVECO Business Director, ist sich sicher: „Der Iveco Stralis Natural Power kann schon heute einen aktiven Beitrag zu umweltfreundlicher Gütermobilität leisten. Kein Feinstaub und 70 Prozent weniger Stickoxide geben Zeugnis davon. Der wesentlich niedrigere Verbrauch von Erdgas im Vergleich zum Diesel bedeutet weniger CO2-Ausstoß und ist für die Transportunternehmer zudem ein Beitrag zu kostenoptimierter Logistik.“
Schwerverkehr wächst, LNG wird von EU gefördert
Mittel- und langfristig wird eine Steigerung des Verkehrs – insbesondere des Schwerverkehrs – prognostiziert. Daher fördern zahlreiche EU-Initiativen wie z. B. „LNG Blue Corridors“ die verstärkte Nutzung des umweltfreundlichen und emissionsarmen Erdgas bzw. LNG als Treibstoff. Neben der Nutzung von natürlich vorkommendem Erdgas kann künftig auch aus erneuerbaren Energien hergestelltes Gas als LNG verwendet werden (Biogas, Gas aus Wind- und Sonnenenergie – „Power-to-Gas“). Der Kraftstoff Gas steht somit dauerhaft zur Verfügung. „Gas ist der Energieträger der Zukunft, der auch als Kraftstoff für den Schwerverkehr seine Vorteile ausspielen kann. Gas ist weltweit in großen Mengen vorhanden, ist umweltfreundlich, preisgünstig und kann mittlerweile erneuerbar hergestellt werden. Als viertgrößter Betreiber von Gasspeichern in Europa können wir als RAG die verlässliche Versorgung mit Gas gewährleisten und beschäftigen uns zudem intensiv mit der Herstellung von Gas aus erneuerbaren Energien“, betont Markus Mitteregger, CEO der RAG, den hohen Grad an Versorgungssicherheit, den Gas bietet. Das Unternehmen RAG engagiert sich intensiv im Bereich der Forschung und Entwicklung zur Herstellung von erneuerbarem Gas in zwei vom österreichischen Klima- und Energiefonds geförderten Projekten.
Erste LNG-Tankstelle in Österreich
Auch in Österreich tut sich schon etwas in Sachen Infrastruktur. Im Herbst letzten Jahres eröffnete RAG gemeinsam mit Ennshafen OÖ GmbH und IVECO Austria im Rahmen des Zukunftsforums LNG im oberösterreichischen Ennshafen die österreichweit erste Tankstelle für LNG. „Dank unserer Tankstelle kommt LNG endlich auch in Österreich an“, freut sich Mitteregger über die wettbewerbsfähige, saubere und leistbare Alternative zu herkömmlichen Treibstoffen im Straßengüterverkehr. „Die Logistikdrehscheibe Ennshafen im oberösterreichischen Zentralraum eignet sich ideal als Standort für die erste LNG-Tankstelle Österreichs. Hafenumschlag und hohe LKW-Verkehrsdichte gehören untrennbar zusammen. Der Ennshafen als Knotenpunkt im transeuropäischen Verkehrssystem (TEN-T) bietet in einem ersten Schritt somit die Infrastruktur zur Etablierung dieses neuen Kraftstoffs in Österreich, weitere Ausbauschritte sind bereits in Vorbereitung. Die Transportkette an der Wasserstraße macht damit einen wichtigen Entwicklungsschritt, um auch in den nächsten Dekaden den Anspruch einer hohen Umweltverträglichkeit erfüllen zu können“, betont Werner Auer, Geschäftsführer der Ennshafen OÖ GmbH, die Vorteile der Standortentscheidung Ennshafen.
LNG made in Austria
Am Standort Ennshafen können derzeit rund zwölf Tonnen verflüssigtes Erdgas gelagert werden, das entspricht rund 60–90 LKW-Tankfüllungen. Angeliefert wird das Erdgas mit dem RAG-eigenen LNG-Tankwagen. Das Erdgas stammt u. a. aus heimischen RAG-Erdgaslagerstätten und wird in der RAG-eigenen LNG-Anlage im oberösterreichischen Gampern aufbereitet, wo etwa zwei Tonnen LNG pro Tag hergestellt werden, die dann an der LNG-Tankstelle Ennshafen genutzt werden können. Das entspricht einer Betankung von 10–15 LNG-LKW pro Tag. „Das Potenzial für die Zukunft ist aber sicherlich deutlich größer, das sehen wir an der Entwicklung in Deutschland und in ganz Europa. Daher planen wir ,einerseits unsere eigene LNG-Produktion auszuweiten, um mehr LNG ,made in Austria‘ zur Verfügung stellen zu können. Andererseits sollen weitere LNG-Tankstellen an den Hauptverkehrsrouten in Tirol, in OÖ, Steiermark und im Raum Wien folgen“, erläutert Mitteregger. (VM)
INFO-BOX
Vorteile von LNG-betriebenen LKW:
• Pro LKW können im Vergleich zu einem EURO-6-Diesel-LKW bis zu 20.000 Kilogramm CO2 pro Jahr eingespart werden
• Reduktion Feinstaub um 95 %
• Reduktion Stickoxide (NOx, NO2) um mehr als 70 %
• Kein AdBlue/Katalysator erforderlich
• LNG für Schwerverkehr und Industrie technisch ausgereift und dauerhaft verfügbar
• Kraftstoff LNG reduziert Lärmemissionen um ca. 50 %
• Infrastruktur entlang den LNG Blue Corridors, den Hauptrouten für den LNG-Schwerverkehr in Europa, in Umsetzung