Prof. Bruno Buchberger, Gründer des Softwarepark Hagenberg im Porträt

NEW BUSINESS - NR. 7, SEPTEMBER 2013
Prof. Bruno Buchberger © Softwarepark Hagenberg

Mathematik: Theorie des Managements.

Der Softwarepark Hagenberg ist eines der erfolgreichsten und dynamischsten Technologiezentren Österreichs und der ideale Standort für IT-Unternehmen. Die Grundlage seines Erfolgs ist die Syn­ergie von Forschung, Ausbildung und Wirtschaft, die im Softwarepark eine einmalige Innovationskraft entfaltet. Der Softwarepark Hagenberg wurde 1987 von Professor Bruno Buchberger als Spin-off der Johannes Kepler Universität gegründet und wird seither weiter auf- und ausgebaut.

Weltruhm durch Erfindertum
In seiner Dissertation löste Buchberger weltweit erstmals ein mathematisches Problem (die allgemeine Behandlung beliebiger nicht-linearer Gleichungssysteme), das vorher über 60 Jahre offen war und an dem auch sein akademischer Lehrer, Professor Wolfgang Gröbner, schon rund 25 Jahre seines Lebens gearbeitet hatte. Durch die Lösung dieses Problems (die seinen Namen trägt: „Buchberger-Algorithmus") wurde Buchberger weltbekannt. Die dazu notwendige, von ihm entwickelte neue mathematische Theorie nannte er zu Ehren seines Lehrers „Gröbner-Basen-Theorie". Sein Verfahren ist inzwischen in allen mathematischen Software-Systemen routinemäßig verfügbar und wird in allen Bereichen der Naturwissenschaft und Technik, aber auch für theoretische Fragen innerhalb der reinen Mathematik angewandt. Es gibt inzwischen viele Tausend wissenschaftliche Arbeiten und etwa 30 Lehrbücher über seine Theorie. Das Gebiet „Gröbner-Basen" wurde bereits als neues Gebiet der Mathematik im Classification Scheme der AMS (American Mathematical Society) aufgenommen, was zu Lebzeiten eines Mathematikers sehr selten geschieht.
Seine wissenschaftliche Arbeit war auch die Grundlage für seine Professur „Computer-Mathematik" an der Johannes Kepler Universität (JKU) in Linz, seine Gründung des Research Institute for Symbolic Computation (RISC) 1987 an der JKU und seine Gründung und Entwicklung des Softwareparks Hagenberg mit inzwischen über 1.000 Mitabeitern in Forschung, ­Lehre und bei Firmen sowie über 1.000 Studierenden.

Faszination Forschung
Nach dem Ruf an die Johannes Kepler Universität (JKU) 1974 in Linz begann mit Bruno Buchberger die Etablierung der Computer-Mathematik und der theoretischen Informatik.
„Durch meine Tätigkeit als Doktoratsstudent und gleichzeitig Werkstudent hatte ich außerdem gelernt, zugleich in den beiden grundverschiedenen ,Welten‘ von Grundlagenforschung und Wirtschaft zu leben. Das befähigte mich, das Forschungsinstitut RISC (mit einem Grundlagenteil und einem Firmenteil) sowie den Softwarepark Hagenberg – in dem Forschung, Lehre und Wirtschaft zum Thema Software ,unter einem Dach‘ vereinigt sind – zu gründen und aufzubauen", so Buchberger über seine einzigartige Forschungskarriere.
Buchberger sieht im Potenzial der Ma­thematik die Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts, die hinter dem Computer und der damit einhergehenden Automatisierung der Wissenschaft, Technik, Wirtschaft und Gesellschaft steckt: „Wir stehen vor einer neuen Stufe der Mathematik, in welcher sich die durch die ­Mathematik grundgelegten Automati­sierungstechniken rückbezüglich (reflexiv) auf den intellektuellen Erfindungs- und Verifizierungsprozess der Mathematik selbst anwenden. Die Forschung an dem von mir gegründeten Institut RISC deutet in die Richtung, in welcher die ,Mathematik des 21. Jahrhunderts‘ gehen kann und wird, und ich bin begierig darauf, mit meinem Forschungsteam hier interna­tional an vorderster Front die Linien in die Zukunft zu ziehen und meine persönlichen Beiträge zur ,Algorithmik der mathematischen Reflexion‘ zu leisten."
Ein universitäres Institut ist der Grund­lagenforschung und der akademischen Lehre für die Forschung (Doktoratsstudium) im internationalen Kontext verpflichtet. Die Einhaltung der in der Geschichte mühsam erkämpften Werte der Denkfreiheit, akademischen Kritikkultur und Allgemeinbildung sowie der Basis-Kulturtechniken und ihrer Verfeinerungen (in der Sprachartistik der Mathematik) sind die Kraftquelle aus der Geschichte und die von Moden unabhängige solide Basis für eine dynamische und unvorhersagbare Zukunft voller neuer Möglichkeiten.

Die nächste Generation
„Mein ,Unternehmen‘ Softwarepark habe ich in neue Hände gelegt, die in Freiheit und mit neuen Ideen den Softwarepark in eine – hoffentlich neue und noch interessantere – Zukunft führen werden. Da werde ich mich möglichst nicht einmischen, damit der neue Geist ungebremst wehen kann. Im Softwarepark leben, arbeiten, studieren inzwischen über 2.000 junge Leute, von denen jede/r ein potenzieller ,Gründer‘ ist, (…) Gründer einer Firma, Initiator eines Projekts, Erfinder eines Verfahrens, Erfinder eines Patents, Initiator eines Netzwerks, politischer Innovator, (…) Gründer eines Techno-Parks. Das ist die beste Begegnung für die Anforderungen der Zukunft." So das Schlusswort des legendären Wegbereiters.

10 Fragen an Bruno Buchberger.

Was wollten Sie als Kind werden?
Jongleur im Zirkus.

Was bedeutet Glück für Sie?
Harmonie mit der Natur um uns und in uns.

Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?
Martin Sutter: Allmen und die Dahlien.

Welche Persönlichkeit inspiriert Sie?
Maharishi Mahesh Yogi (ca. 1924–2008; seine Meditationstechnik begleitet mich seit 40 Jahren).

Gibt es ein Lebensmotto, das Sie verfolgen?
Nein. Das Leben ist zu vielfältig für ein Motto.

Mit wem würden Sie gerne einen Tag lang tauschen?
Mit niemandem.

Was ist das Verrückteste, das Sie in Ihrem Leben getan haben?
Ein Jahr (zur Zeit des tiefsten Sowjet-Kommunismus) als Forscher, d. h. als Computer-Mathematiker, am Kernforschungsinstitut in Dubna bei Moskau zu verbringen. Das bewusste schlagartige Ändern des Kontexts war für mich immer die beste „Massage" für das kreative Bewusstsein.

Gibt es etwas, was Sie schon immer ausprobieren wollten, sich bisher aber nicht getraut haben?
Ein besseres Zimmer in einem Hotel zu verlangen, wenn mir das zugewiesene nicht gefällt.

Was motiviert Sie, tagtäglich aufzustehen?
Die vielen Dinge, die ich noch vorhabe.

Wenn Sie ein Tier wären, welches wären Sie dann und warum?
Eine Kuh. Schauen Sie in das Auge einer Kuh, und Sie verstehen alles!

Zur Person
Bruno Buchberger, geb. 1942 in Innsbruck, ist ordentlicher Professor für Computer-­Mathematik an der Universität Linz. Im ­Alter von 23 Jahren schuf er die Theorie der „Gröbner-Basen", eines grundlegenden Verfahrens für die Behandlung nicht-linearer Systeme, das inzwischen weltweit in allen modernen mathematischen Software-Systemen verwendet wird – mit immer neuen Anwendungen in Naturwissenschaft und Technik (Thermodynamik, Kryptografie, Artificial Intelligence, Software-Engineering, Robotic, ­Automated Reasoning u. v. a.). Für seine Theorie der Gröbner-Basen wurde er vielfach interna­tional ausgezeichnet, u. a. 2008 in San Francisco mit dem Award for Theory and Practice (eine Art „Oscar" der Informatiker; bisher nur an drei Europäer verliehen) der Association for Computing Machinery. Seit 1995 beschäftigt er sich in der Forschung mit Automated Reasoning und ­seinem Theorema-Softwaresystem.

(BO)