Sie befinden sich hier:  Home  |  Aufklärung im digitalen Wandel
Claus Zeppelzauer, Geschäftsführer der ecoplus Digital GmbH © Daniel Hinterramskogler

Digital- und AI-Transformationsexperte Nahed Hatahet im Gespräch mit Claus Zeppelzauer, Geschäftsführer der ecoplus Digital GmbH.

Neben den vielen neuen Möglichkeiten und den rasanten Veränderungen geht es im Zeitalter der Digitalisierung vor allem darum, die Menschen und die Gesellschaft mitzunehmen, aufzuklären und zu inspirieren. Das „Haus der Digitalisierung“ schafft genau dafür den passenden Raum.

Im Interview mit Claus Zeppelzauer, Geschäftsführer der ecoplus Digital GmbH, blicken wir gemeinsam hinter die Kulissen dieses einzigartigen Projekts. Erfahren Sie, wie das „Haus der Digitalisierung“ entstanden ist, wie es Menschen in die Welt der Digitalisierung begleitet, Ängste abbaut und den Übergang in eine neue Ära erleichtert. Und entdecken Sie, welche Rolle Kunst dabei spielt, Digitalisierung emotional erlebbar zu machen.

Nahed Hatahet: Was treibt Sie persönlich an, sich so leidenschaftlich für den digitalen Wandel zu engagieren, und wie hat Ihr eigenes Interesse an diesem Thema Ihre Entscheidungen geprägt? Was war der Auslöser dafür, genau diesen Weg einzuschlagen und schließlich die Idee des „Haus der Digitalisierung“ Wirklichkeit werden zu lassen?

Claus Zeppelzauer: Für mich begann alles mit einer Frage, wie wir die Wirtschaft zukunftsfähig machen können. 2012 stieß ich zum ersten Mal auf den Begriff „Industrie 4.0“. Damals starteten wir im ecoplus Mechatronik-Cluster mit der Entwicklung von Projekten, die tief in diese neue Welt eintauchten. Ich war fasziniert von der Art und Weise, wie Technologien unsere Arbeitswelt revolutionieren können – doch schnell wurde mir klar, dass dies erst der Anfang war - und ich habe mich gefragt, was nach Industrie 4.0 kommen wird. 

2017 erhielten wir den Auftrag, die Digitalisierung in Niederösterreich voranzutreiben. Für mich war dabei entscheidend, keinen neuen Cluster für dieses Thema zu schaffen. Unsere Cluster sind branchespezifisch orientiert, Digitalisierung hingegen ist eine Querschnittsmaterie. Es sollte etwas Neues, Übergreifendes und Lebendiges entstehen – ein System, das Menschen, Unternehmen und Kompetenzen miteinander verbindet. So wurde die Idee des „Hauses der Digitalisierung“ geboren. 

Niederösterreich ist ein großes und vielseitiges Bundesland, in dem die Digitalisierung an vielen unterschiedlichen Orten ihre Stärken entfaltet. So finden sich beispielsweise Kompetenzen in Cybersecurity in St. Pölten, Additive Manufacturing in Wiener Neustadt und Agrar-Digitalisierung in Wieselburg. Diese Vielfalt inspirierte uns, ein Netzwerk aufzubauen, das diese Stärken verbindet, sichtbar macht und Unternehmen aktiv bei der digitalen Transformation begleitet. 

Ein Highlight war der letzte Schritt: die Schaffung eines realen Ortes – eines Hauses, das Austausch, Experimente und Fortschritt unter einem Dach vereint. Anfangs war es nur ein Konzept, und ich hätte nicht gedacht, dass wir es jemals umsetzen könnten. Doch es kam anders: Als ich zum ersten Mal durch den Showroom in Tulln ging, spürte ich, dass wir etwas Einzigartiges geschaffen haben. Dieser Ort verbindet nicht nur Technologie, sondern auch Menschen, die eine gemeinsame Vision teilen: den digitalen Wandel aktiv mitzugestalten. 

Bei meinem Besuch in Ihrem „Haus der Digitalisierung“ hat mich nachhaltig beeindruckt, wie Sie einen Raum geschaffen haben, in dem Menschen digitale Technologien nicht nur kennenlernen, sondern hautnah erleben können. Was bedeutet für Sie „Bewusstsein schaffen“ und „Aufklärung“ in diesem Kontext, und warum ist es Ihnen persönlich ein so wichtiges Anliegen?

Für mich bedeutet „Bewusstsein schaffen“ und „Aufklärung“, digitale Technologien greifbar und erlebbar zu machen, anstatt sie lediglich abstrakt zu vermitteln. Das „Haus der Digitalisierung“ ist weit mehr als ein Ort, an dem Technologien präsentiert werden – es ist ein Ort der Begegnung, des Austauschs und des gemeinsamen Erlebens. 

Bei uns sind Menschen mit Interesse an Digitalisierung nicht bloß Besucher, sondern aktive Mitgestalter. Sie erleben digitale Technologien hautnah und gestalten sie durch interaktive Formate, digitale Erlebnisse und die Möglichkeit zum Dialog aktiv mit.

Unsere aktuelle Themengestaltung „Smart Data & Du“ bindet die Besucher aktiv in das Setting ein und macht sie zu einem zentralen Teil des Erlebnisses. Mir persönlich liegt es sehr am Herzen, die Verbindung zwischen Menschen und Technologie zu stärken und ein Bewusstsein dafür zu schaffen, wie Digitalisierung unser Leben prägt.

Welche Ansätze erachten Sie als besonders wirksam, um jungen Menschen in der Ausbildung ein Bewusstsein für die Chancen und Risiken der Digitalisierung zu vermitteln, sie für einen reflektierten Umgang mit dieser zu sensibilisieren und gleichzeitig über die Gefahren digitaler Manipulation aufzuklären?

Ich bevorzuge den Begriff „lebenslange Neugier“ gegenüber „lebenslangem Lernen“. Meine persönliche Neugier ist ein treibender Faktor, der mich kontinuierlich motiviert, neue Dinge zu entdecken und dazuzulernen – sei es durch formelle Bildung oder eigenständige Recherche. Unser Ziel ist es, diese Neugier auch bei jungen Menschen zu wecken und sie für die Chancen und Risiken der Digitalisierung zu sensibilisieren. 

Ein Beispiel dafür sind die beiden Studiengänge, die von der FH Wiener Neustadt direkt bei uns im „Haus der Digitalisierung“ angeboten werden: Bio Data Science und der neue Studiengang Softwaretechnik und digitaler Systembau, der in Kooperation mit der TU Wien entwickelt wurde. 

Wir legen großen Wert darauf, ein inspirierendes Umfeld zu schaffen, das junge Menschen auf ihrer Reise in die digitale Welt unterstützt und ihnen neue Perspektiven eröffnet.

Zusätzlich zu unseren Studienangeboten informieren wir gezielt über die Gefahren digitaler Manipulation und fördern einen reflektierten Umgang mit digitalen Technologien. Gemeinsam mit dem BMI bieten wir im Rahmen der Cybersicherheit-Bezirkstour spezielle Schulungen und gezielte Aufklärungsmaßnahmen für Schüler an. Ziel ist es, sie für Cybergefahren zu sensibilisieren und einen sicheren Umgang in der digitalen Welt zu vermitteln. 

Aufgrund des positiven Feedbacks der Schulbesuche während der Roadshow im vergangenen Jahr planen wir für 2025 eine Erweiterung des Angebots: spezielle Schulungen zur Prävention gegen Cybermobbing und Online-Risiken, die sich an Eltern und Lehrende richten. In Zusammenarbeit mit der Bildungsdirektion Niederösterreich sollen diese Schulungen einen verantwortungsvollen und sicheren Umgang mit sozialen Medien fördern.    

Aus unserem Gespräch hat sich ergeben, dass wir beide eine große Begeisterung für Kunst teilen. Welche Möglichkeiten sehen Sie, durch die Verbindung von Kunst und digitalen Technologien neue Perspektiven auf den digitalen Wandel zu eröffnen und ein stärkeres Bewusstsein für dessen Auswirkungen zu schaffen?

Die Verbindung von Kunst und digitalen Technologien eröffnet spannende Möglichkeiten, den digitalen Wandel auf eine völlig neue Ebene zu heben. Wir betrachten dies nicht nur als Weg, Innovationen greifbar und erlebbar zu machen, sondern auch als Medium, um ein breiteres Bewusstsein für die Auswirkungen der Digitalisierung zu schaffen. 

Medienkunst und interaktive Ausstellungen können eindrucksvoll zeigen, wie Technologie unsere Lebensrealität verändert. Auch wenn dies noch ein wenig Zukunftsmusik ist – unsere vorrangige Zielgruppe bleibt die Wirtschaft, insbesondere in Niederösterreich. Dennoch möchten wir Kunst gezielt als Werkzeug nutzen, um Digitalisierung emotional und verständlich zu vermitteln. Es geht uns darum, Kunst und Technologie miteinander zu verbinden, denn wir sind überzeugt, dass beide untrennbar miteinander verknüpft sind.

Dieser Ansatz ist für uns eine Reise mit offenem Ziel. Wir wollen uns kontinuierlich weiterentwickeln, ohne dabei unsere Grundidee aus den Augen zu verlieren. Gleichzeitig sehen wir darin eine Chance, die kulturelle und gesellschaftliche Dimension des digitalen Wandels stärker in den Fokus zu rücken. 

Unsere erste Ausstellung digitaler Kunst trug den Titel „Biomorph-DK“. Dabei entwickelte der Künstler Stefan Prommer eine interaktive Motion-Graphic-Installation. Ein eigens programmierter Bilderosionsalgorithmus „frisst“ sich – beeinflusst durch die Interaktion des Publikums – langsam und unaufhaltsam durch das gemalte Material. Schicht für Schicht enthüllt er dabei faszinierende Einblicke in die Anatomie kleinster Lebewesen. 

Empfinden Sie die Entwicklungen rund um künstliche Intelligenz als beängstigend, oder betrachten Sie sie vielmehr als eine Herausforderung, der man mit Besonnenheit und gezieltem Fokus begegnen sollte?

Angst ist für mich das falsche Wort, aber ich empfinde durchaus ein gewisses Unbehagen – vor allem, wenn ich sehe, wie unreflektiert viele Menschen mit der Digitalisierung umgehen. Besonders nachdenklich stimmt mich die Frage, was geschieht, wenn diese Technologien in die falschen Hände geraten. Doch Angst ist kein guter Begleiter, denn sie lähmt und führt zu Fehlentscheidungen.

Ich vergleiche das gerne mit meiner früheren Erfahrung im alpinen Bergsteigen. Hätte ich damals der Angst nachgegeben, hätte ich nie die Konzentration und den Fokus aufbringen können, um sicher den Gipfel zu erreichen. Ähnlich betrachte ich die Entwicklungen rund um künstliche Intelligenz. Es ist entscheidend, mit Besonnenheit und klarem Fokus an diese Herausforderungen heranzugehen. 

Herausforderungen sind dazu da, gemeistert zu werden. Ich bin überzeugt, dass ein bewusster und verantwortungsvoller Umgang der Schlüssel ist, um die Chancen der Digitalisierung erfolgreich und sicher zu nutzen.  

Vielen Dank für das Gespräch. Es hat mir wieder gezeigt, wie wichtig es ist, sowohl die Chancen als auch die Herausforderungen der Digitalisierung mit einem klaren Fokus und menschlicher Perspektive zu betrachten.

Danke für das angenehme Gespräch.  

Das Interview wurde vom Digital- und AI-Transformationsexperten Nahed Hatahet für seinen Blog geführt.