Die chinesische IT-Industrie macht Europa zu schaffen © APA - Austria Presse Agentur

Handelsstreit um Autos und Stahl, Sanktionen gegen chinesische Banken und europäische Nutzerdaten auf Tiktok: Die Stimmung vor dem EU-China-Gipfel am Donnerstag in Peking ist angespannt. Eine Einigung in den großen Streitpunkten erwarten EU-Beamte in Brüssel nicht, wohl aber eine "sehr direkte" Diskussion. Beide Seiten hatten den Ton zuletzt verschärft.

Die EU hatte in der vergangenen Woche Sanktionen gegen zwei chinesische Banken verhängt, weil sie Russland im Krieg gegen die Ukraine finanzieren. Zudem gelten Beschränkungen für die Ausfuhr sogenannter Dual-Use-Güter, die sowohl für militärische als auch zivile Zwecke verwendet werden können.

Kritik an der Rolle Chinas im Ukraine-Krieg

"China unterstützt de facto die Kriegswirtschaft Russlands, und das können wir nicht akzeptieren", sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bereits Anfang Juli vor dem Europaparlament. Darum soll es auch gehen, wenn von der Leyen und EU-Ratspräsident António Costa am Donnerstag den chinesischen Präsidenten Xi Jinping treffen.

Peking hatte mit scharfer Kritik auf die Sanktionen reagiert. Diese hätten "ernsthafte, negative Auswirkungen auf die Handelsbeziehungen und die finanzielle Zusammenarbeit zwischen China und der EU", sagte ein Sprecher des chinesischen Handelsministeriums am Montag.

Streit um Subventionen

Die Handelsbeziehungen sind ohnehin angespannt. Die EU wirft Peking vor, die eigene Industrie in einer Reihe von Branchen mit unfairen Subventionen und Vorschriften für einen Mindestanteil heimischer Beschaffung zu bevorzugen - darunter Elektroautos, Solarzellen, Stahl und Medizinprodukte. Diese Vorwürfe wollen von der Leyen und Costa bei einem Treffen mit Chinas Ministerpräsident Li Qiang ansprechen.

In dem Streit laufen mehrere Schlichtungsverfahren vor der Welthandelsorganisation (WTO), die eine Eskalation bisher nicht vermeiden konnten. Die EU hat chinesische Unternehmen von öffentlichen Aufträgen für medizinische Geräte im Wert von mehr als fünf Millionen Euro ausgeschlossen. Auf Elektroautos aus China werden in der EU Strafzölle fällig. China nennt diese Gegenmaßnahmen protektionistisch und verhängte Zusatzzölle auf europäischen Weinbrand.

Für die EU wiegt der Konflikt schwerer, seit US-Präsident Donald Trump einen weltweiten Zollstreit angezettelt hat. Während China mit hohen Gegenzöllen und einer harten Verhandlungslinie einen Kompromiss mit Washington ausgehandelt hat, wartet die EU weiter auf eine Einigung. Ein Problem ist billiger Stahl aus China, der wegen der US-Zölle verstärkt nach Europa gelangt und die Preise drückt.

"Überkapazitäten müssen an der Quelle angegangen werden, sie können nicht einfach auf die globalen Märkte abgewälzt werden", forderte von der Leyen Anfang Juli. "Wenn unsere Partnerschaft vorankommen soll, brauchen wir eine echte Neuausrichtung, weniger Marktverzerrungen", mahnte sie. Es gebe "keinen fairen Wettbewerb", sagte auch eine EU-Beamtin im Vorfeld der Gipfels in Peking.

Online-Plattformen im Visier

Ebenso sind der EU mehrere Online-Plattformen aus China ein Dorn im Auge. Die irische Datenschutzbehörde (DPC) teilte in der vergangenen Woche mit, Ermittlungen gegen die Videoplattform Tiktok eingeleitet zu haben, weil diese persönliche Daten europäischer Nutzer auf Servern in China speichere. Außerdem laufen in der EU Verfahren gegen Online-Händler wie AliExpress, Shein oder Temu wegen gefälschter Markenprodukte sowie Chemikalien in Spielzeug und Kleidung.

Angesichts der langen Liste der Streitpunkte will sich die EU nun unabhängiger von ihrem zweitwichtigsten Handelspartner machen. Das gilt insbesondere für Rohstoffe wie Lithium, das für Batterien benötigt wird, und seltene Erden. Einige Materialien importiert die EU derzeit fast ausschließlich aus China - das soll sich mit einer Förderung für europäische Minen und Fabriken ändern.

Dennoch setze die EU weiter auf die diplomatischen Beziehungen, betonte EU-Ratspräsident Costa. "Wir streben eine faire, ausgewogene Beziehung an, die für beide Seiten Vorteile bringt", erklärte er vor dem Gipfel. Darauf hofft auch die deutsche Bundesregierung. "Wir sind alle interessiert an offenen, fairen Märkten", sagte Regierungssprecher Stefan Kornelius am Dienstag in Berlin - auch mit Blick auf die chinesische Seite.

Wenigstens in einem Punkt hofft die EU am Donnerstag auf eine Einigung im Grundsatz: Ziel sei neben den Handelsstreitigkeiten eine gemeinsame Erklärung im Vorfeld der nächsten UN-Klimakonferenz, die im November in Brasilien stattfindet, hieß es von EU-Beamten.