Mietendeckel bremsen den gemeinnützigen Wohnbau © APA - Austria Presse Agentur
Der Verband der gemeinnützigen Bauvereinigungen (GBV) zieht eine düstere Bilanz. "Die Bauleistung ist erneut gesunken", berichtete Verbandsobmann Klaus Baringer am Mittwoch. Trotz des hohen Nachfragedrucks nach leistbarem Wohnraum gingen die Fertigstellungen 2024 im Jahresabstand um 9 Prozent auf 14.000 zurück. Gegenüber dem Zehnjahresschnitt war das ein Minus von 16 Prozent. Auch der Mietendeckel macht den Gemeinnützigen zu schaffen. Das Geld fehle für Neubau und Sanierung.
Das mittlerweile 4. Mietrechtliche Inflationslinderungsgesetz (MILG), das Mieterinnen und Mieter beim Wohnen generell aus der Teuerungsspirale befreien soll, betreffe auch "die ohnehin schon günstigsten Wohnungen". Die gemeinnützigen Wohnungen sind knapp kalkuliert. "Wir Gemeinnützigen arbeiten nach dem Kostendeckungsprinzip", erklärte Baringer. Erst wenn eine Anlage nach etwa 35 Jahren ausfinanziert sei, gebe es einen Gewinn von 2,05 Euro pro Quadratmeter. "Und diese Gewinne sind für den Neubau zu verwenden", betonte der GBV-Obmann.
Mietendeckel ist Wohnbaudeckel
Mangels der mitbudgetierten Mieterhöhungen gingen die entsprechenden Mittel jetzt sowohl im Neubau als auch in der Instandhaltungsreserve für die Erhaltung und Sanierung der Wohnhausanlagen ab, so Baringer. Was die Gemeinnützigen betrifft handle es sich beim MILG "nicht um einen Mietendeckel, sondern um einen Wohnbaudeckel", kritisierte er diese zusätzliche Baubremse für leistbares Wohnen.
2024 hätte es bei den Mieten 15 Prozent Inflationsanpassung gegeben. "Das 3. MILG hat uns damals auf 5 Prozent gedeckelt - das bedeutete für uns Mindereinnahmen von 690 Mio. Euro über vier Jahre, nur durch MILG 3", rechnete der Vereinsobmann vor. "Heuer hätten wir 3 Prozent Indexierung, durch das 4. MILG werden es null." Damit fehlten den gemeinnützigen Bauvereinigungen weitere rund 150 Mio. Euro in den nächsten drei Jahren. "11.400 Wohnungen sind uns dadurch nicht möglich zu errichten", strich Verbandsobmann-Stellvertreter Herwig Pernsteiner mit Blick auf die Periode 2024 bis 2027 hervor. "Es tut uns weh, dass wir diese Mindereinnahmen haben." Die Mieterhöhungen seien "eine erforderliche Ertragskomponente, um weiterhin im Wohnbau tätig zu sein". Die Höhe der Miete, die Errichtungskosten, die Finanzierungskosten und die Grundstückskosten seien "kommunizierende Gefäße".
Heuer weiterer Rückgang im Neubau
Dabei hätten bei den Gemeinnützigen ohnehin bereits die hohen Baukosten, zu wenig leistbare Grundstücke, der Rückgang der Wohnbauförderung und weiterhin hohe Zinsen auf die Bauleistung gedrückt. Für 2025 rechnet der GBV, der 173 Mitglieder vertritt, mit nur noch 11.000 bis 12.000 Fertigstellungen und damit mit einem "neuen Tiefpunkt bei der Neubauleistung". Für 2026 sei dann ein leichter Aufwärtstrend erkennbar. Das zeigt ein Blick auf die Baubewilligungen.
Nominell und real fließt im Vergleich zu den 90er-Jahren deutlich weniger Wohnbauförderung des Bundes an die Länder. Damals seien rund 3 Milliarden jährlich zur Verfügung gestellt worden - das seien 1,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) gewesen; heute seien es nur noch 2 Milliarden bzw. 0,5 Prozent des BIP. "Und selbst diese Mittel sind derzeit nicht zweckgebunden", so Pernsteiner.
Zweckbindung der öffentlichen Gelder nötig
Ausdrücklich begrüßt wird die im Regierungsprogramm festgeschriebene Rückkehr zur Zweckbindung der Wohnbaufördermittel, die der Bund an die Länder verteilt. Wenn ein Land Förderdarlehen gebe, gebe es auch Rückflüsse - auch diese sollten laut GBV zweckgebunden werden. Jedes Bundesland hat seine eigenen Modelle, diese Wohnbauförderung zur Verfügung zu stellen. Ohne gesetzliche Zweckbindung für den Wohnbau dient sie häufig nur zum Stopfen von Budgetlöchern.
Zusätzlich zur Zweckbindung brauche es generell ein "Rausinvestieren aus der Krise". Investitionen in leistbare Wohnungen würden nicht nur den Mieterinnen und Mietern helfen, sondern auch der Konjunktur. Mit Blick auf die Wohnbaumilliarde, welche die Regierung vor einem Jahr lancierte, meinte Baringer: "Die Maßnahme als solche war zu begrüßen, die Umsetzung ist zu evaluieren", so seine verhaltene Kritik. "Was wir brauchen, sind keine Eintagsfliegen, sondern stabile strukturelle Maßnahmen."
Die GBV agiere "nicht in gewinnmaximierender, sondern in gemeinwohlorientierter Weise". Die Geschäftstätigkeit ist durch das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) sowie ergänzende Verordnungen reguliert. Die Gemeinnützigen verwalten derzeit laut Eigenangaben knapp über eine Million Wohnungen, davon rund 664.000 eigene Miet- und Genossenschaftswohnungen. "Dieses System hat Jahrzehnte gut funktioniert - das Rad ist gelaufen, jetzt haben wir 865 Mio. Euro Mindereinnahmen", beklagte Pernsteiner.