Die Nachfrage nach den Stahlprodukten ist auch in der Krise hoch © APA - Austria Presse Agentur

Trotz Coronakrise und Lieferkettenproblemen in der Automobilindustrie hat der Linzer Stahlkonzern voestalpine Umsatz und Gewinn im ersten Halbjahr 2021/22 massiv ausgebaut. Dank robuster Nachfrage blieb unter dem Strich ein Ergebnis von 486 Mio. Euro, wie das Unternehmen am Mittwoch bekanntgab. Vor einem Jahr, zu Beginn der Pandemie, standen hier noch Verluste in Höhe von 276 Mio. Euro. Die Verkaufserlöse legten heuer von April bis September von 5,1 auf 7 Mrd. Euro zu.

"Wir haben aber auch Lieferkettenprobleme gesehen, vor allem in der europäischen Automobilindustrie - nach dem Sommer haben wir die Auswirkungen merkbar gespürt", räumte Konzernchef Herbert Eibensteiner in der heutigen Online-Pressekonferenz anlässlich der Halbjahreszahlen ein. Die Problematik hat sich verschärft.

Bereits im zweiten Geschäftsquartal sei es zu "Einschränkungen bei der Lieferung für die Automobilindustrie" gekommen. Die kurzfristigen Abrufveränderungen seien zum Teil "sehr schwer koordinierbar" gewesen - eine Schwierigkeit, die sich auch wirtschaftlich bemerkbar gemacht habe, berichtete Finanzvorstand Robert Ottel.

Der Chipmangel in der Autoindustrie dürfte auch weiterhin durchschlagen: "Die 'Supply-Chain-Probleme' werden noch bis ins nächste Jahr andauern, das heißt auch für uns, dass sich Produktionen verschieben können", sagte Eibensteiner. "Wir hören von unseren Kunden, dass dieser Chipmangel noch bis ins Jahr 2022 dauern wird und dass es dann eine Erholung geben wird", berichtete der CEO. "Daher bleibt unser Ausblick unverändert", erklärte der CEO. "Wir bleiben in der Entwicklung unserer Firma leicht positiv."

In den meisten Bereichen habe die voestalpine "eine sehr gute und hohe Auslastung", betonte Eibensteiner. Im Bereich Automotive hingegen müsse sich der Konzern "natürlich auf die verringerten Abrufe einstellen" - dort müssten die Kapazitäten logischerweise angepasst werden. "In unseren deutschen Automobilwerken, wo wir am stärksten abhängig sind von diesen Branchen, gibt es bereits Kurzarbeit", sagte der Vorstandschef.

In Österreich gebe es keine Kurzarbeit, hier würden Zeitkonten abgearbeitet bzw. gebe es einen Austausch hin zu Kapazitäten, die stärker ausgelastet seien. In einigen Bereichen wird das Personal derzeit wieder aufgestockt.

Das gilt etwa für die Nahtlosrohrfertigung bei voestalpine Tubulars in Kindberg (Steiermark), wo zuletzt noch wegen Corona 250 Jobs gestrichen worden sind. "Wir sind bei Tubulars im Moment bei einer '3,5-Schicht-plus-Auslastung'", sagte Eibensteiner. Das entspreche ungefähr dem Niveau vor der Krise. "Wir gehen davon aus, dass wir in den nächsten Monaten wieder in Bereiche des Vor-Covid-Niveaus kommen werden", so der CEO. Der Aufschwung in der Öl- und Gasindustrie habe an Fahrt gewonnen - das sei aus steigenden Energiepreisen und Investitionen ersichtlich.

Auch im Bereich Flugzeugtechnik, bei voestalpine Aerospace im steirischen Kapfenberg, würden gerade wieder Mitarbeiter aufgebaut. "In der Luftfahrtindustrie sehen wir steigende Aufträge, vor allem für Kurz- und Mittelstreckenflugzeuge", ließ Eibensteiner wissen. Zuvor wurden in Kapfenberg wegen der Coronakrise noch 300 Jobs gestrichen.

Nach mehrjähriger Bauzeit wird in Kapfenberg auch schon bald das neue Stahlwerk laufen: "Wir arbeiten sehr intensiv daran, die Anlagen fertigzustellen und werden Mitte nächsten Jahrs in Betrieb gehen", kündigte der Konzernchef an.

Weltweit beschäftigte die voestalpine heuer zum Halbjahr 49.068 Mitarbeiter (Vollzeitäquivalente) - das waren um 2,4 Prozent mehr als vor einem Jahr.

Insgesamt sind die Rahmenbedingungen angesichts des globalen Anstiegs der Energiepreise und teilweise unterbrochener Lieferketten sowie neuer Mutationen des Coronavirus bei regional unterschiedlichem Impffortschritt laut Management "herausfordernd". Doch fast alle wesentlichen Markt- und Produktsegmente des Unternehmens hätten im ersten Geschäftshalbjahr "eine sehr solide Entwicklung" verzeichnet.

Die voestalpine-Führung hält an der bereits kommunizierten Gewinnerwartung für das gesamte Geschäftsjahr 2021/22 (per Ende März) fest: Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) soll zwischen 1,9 und 2,2 Mrd. Euro liegen, also doppelt so hoch sein wie im Vorjahr mit 1,1 Mrd. Euro.

Heuer erhöhte sich der Wert gegenüber der Vorjahresperiode alleine im ersten Halbjahr 2021/22 bereits von 395 Mio. auf 1 Mrd. Euro. Das operative Ergebnis (EBIT) drehte von minus 215 auf plus 651 Mio. Euro, rund 370 Mio. Euro davon kamen laut Ottel von der Steel Division.

Die wirtschaftliche Erholung von der Covid-19-Krise habe sich im ersten Geschäftshalbjahr 2021/22 insgesamt gesehen fortgesetzt. Die weiteren positiven Wachstumserwartungen würden unter Berücksichtigung der zuletzt in den Fokus geratenen Entwicklungen jedoch "etwas unsicherer erscheinen".