Um der Spezialisierung gerecht zu werden, wurde mit der Pollmann Werkzeugbau GmbH kürzlich eine eigene Tochterfirma geschaffen. © Pollmann
Das niederösterreichische Familienunternehmen Pollmann bündelt 50 Jahre Werkzeugbau-Know-how in einer eigenen Tochterfirma und stockt Werk II in Vitis mit einer PV-Anlage auf.
Es gibt heute weltweit kaum eine Automarke, die nicht eine Baugruppe von Pollmann in ihren Fahrzeugen verbaut hat. Unter anderem werden an den beiden Waldviertler Standorten in Karlstein und Vitis sowie in den Werken in Tschechien, China und Mexiko Schiebedachmechaniken, Türschlossgehäuse und E-Mobility-Komponenten wie Busbars produziert.
Genau wie ohne Rohstoffe und qualifizierte Mitarbeiter keine Serienproduktion erfolgen könnte, gäbe es diese auch ohne die richtigen Werkzeuge nicht. Und so ist der hauseigene Werkzeugbau bereits seit mehr als 50 Jahren ein unverzichtbarer Teil der Pollmann-Firmengeschichte. Um dieser Spezialisierung gerecht zu werden, wurde mit der Pollmann Werkzeugbau GmbH kürzlich eine eigene Tochterfirma geschaffen. Durch diesen Schritt kommt das Know-how jahrelanger Praxis nicht länger nur der eigenen Produktion zugute, sondern kann in Form von Entwicklung und Fertigung auch externen Kunden angeboten werden.
Und da zur Pollmann-Gruppe nicht nur der Werkzeugbau, sondern auch die Maxxom Automation GmbH als Spezialist für Automatisierungstechnik gehört, profitieren Kunden von einem wahren Rundum-sorglos-Paket. Das ist ein echtes Alleinstellungsmerkmal, denn andere Lohnwerkzeugbauer haben üblicherweise keine Automatisierung im Haus.
50 Neuwerkzeuge jährlich
Tatsächlich sind allein am Pollmann-Hauptsitz in Karlstein aktuell rund 1.250 Werkzeuge aktiv. Dabei handelt es sich um verschiedene Arten von Spritzguss- und Stanzwerkzeugen. Von den 70 Werkzeugbau-Mitarbeitern werden jährlich rund 50 Neuwerkzeuge hergestellt. Am häufigsten sogenannte Umspritzwerkzeuge, mit denen zum Beispiel Kontaktgitter mit Kunststoff zu einem Türschlossgehäuse umgespritzt werden.
Zwischen Konstruktionsstart und Nutzungsbeginn liegen durchschnittlich 15 Wochen. Dabei werden bis zu 10.000 Einzelteile zusammengesetzt, was in einem bis zu 10 Tonnen schweren Werkzeug resultiert.
„Solch ein Werkzeug geht durch alle unsere Fertigungsabschnitte und jeder unserer Mitarbeiter hat Berührungspunkte“, erzählt Werkzeugbau-Leiter Manuel Kohl über den Prozess. Der Aufwand lohnt sich, denn tatsächlich gibt es Exemplare, die ihren Dienst nach 20 Jahren immer noch nicht quittiert haben. „Unsere Werkzeuge zeichnen sich durch eine extrem hohe Lebensdauer und Wartungsfreundlichkeit aus“, weiß Kohl.
Permanente Weiterentwicklung
In der Pollmann-Fertigung ist auch ein 2K-Spritzwerkzeug mit Würfeltechnologie im Einsatz. Verglichen mit einem Indexplattenwerkzeug liegt der Vorteil dieser Technik in der extrem kurzen Zykluszeit. Weil es sich um ein zweiseitiges Werkzeug mit einer permanent produzierenden Einheit handelt, wird beim Bestücken und beim Entnehmen der Teile keine Zeit verloren.
Dieses in der Automobilindustrie noch seltene Würfelwerkzeug, mit dem bei Pollmann Komponenten für die Sitzverstellung im Auto hergestellt werden, wurde nicht selbst gebaut. Das soll sich in naher Zukunft jedoch ändern. Denn das Werkzeugbau-Team legt großen Wert auf die stetige Weiterentwicklung der eigenen Kompetenzen. „Wir konnten uns hier schon viel Know-how aneignen und wollen dieses künftig bestmöglich nutzen“, freut sich Kohl auf die neue Herausforderung.
Internationaler Einkauf
Während der Standort in China bei der Werkzeugbeschaffung selbstständig agiert, stammen die Werkzeuge für die weiteren Produktionsstätten meist aus Karlstein. Die angesichts des Pollmann-Netzwerkes und China-Standortes bestehende Möglichkeit, gewisse Teile und Werkzeuge direkt aus Asien zu beziehen, ist aufgrund der Kostenersparnis ein immenser Vorteil. So ist es durchaus gängig, dass der Einkauf in China erfolgt, die vorangegangene Konstruktion und abschließende Abstimmung aber in Karlstein. Durch diese Vorgehensweise wird ein Know-how-Verlust verhindert.
Die Verfügbarkeit der für den Werkzeugbau benötigten Teile war aufgrund der Coronapandemie jedoch zeitweise schwierig. „Hier haben wir die Abhängigkeit von China gemerkt, darum achten wir nun vermehrt darauf, regional zuzukaufen“, erläutert Manuel Kohl. Der regionale sowie der internationale Einkauf schließen sich gegenseitig also nicht aus, hier gilt es das Für und Wider abzuwägen.
Der Werkzeugbau selbst läuft auch nach der Unternehmensgründung in gewohnter Manier weiter, andere Prozesse sind hingegen neu. Ganz oben auf der Agenda steht gerade der Vertriebsaufbau, um einen starken Außenauftritt für die Kundenakquise sicherzustellen.
Photovoltaik-Ausbau steht in den Startlöchern
Wo produziert wird, wird Energie verbraucht – das liegt auf der Hand. Gerade produzierende Betriebe sind daher mehr denn je gefordert, Energie einzusparen und so einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Und dieser Verantwortung ist sich die Pollmann International GmbH bewusst. Beim Neubau des zweiten österreichischen Werkes in Vitis äußerte sich dieses Bewusstsein unter anderem in der perfekten Nord-Süd-Ausrichtung des Gebäudes und der vollen Ausschöpfung aller Möglichkeiten zur Energierückgewinnung.
Doch das Einsparen allein ist nicht genug, natürlich soll auch Strom erzeugt werden. Und so wurde 2021, also direkt im Jahr nach der Werkseröffnung, der erste Teil der Photovoltaikanlage in Betrieb genommen. Diese 60-kWp-Anlage am Dach des Hochregallagers ist aber nur als erster Schritt zu verstehen. Noch diesen Frühling wird sie nämlich um 352 Module, also zusätzliche 143 kWp erweitert. Die Investitionskosten hierfür belaufen sich auf 150.000 Euro.
Zur besseren Vorstellung: Die künftige Gesamtleistung von mehr als 200 kWp entspricht dem durchschnittlichen Jahresstrombedarf von 60 Haushalten. Dadurch können rund 10 Prozent des jährlichen Verbrauches des Vitiser Werkes gedeckt werden. „Durch den erhöhten PV-Einsatz leistet Pollmann seinen Beitrag zum Umweltschutz und zu weniger Abhängigkeit gegenüber Strompreisentwicklungen“, freut sich der Energiebeauftragte Rainer Hobiger.
100 Prozent Grünstrom
Aber nicht nur der eigens produzierte, auch der zugekaufte Strom stammt zur Gänze aus erneuerbaren Energieträgern. Wie ein Zertifikat der Energieallianz Austria bestätigt, werden sowohl der Hauptsitz in Karlstein wie auch das zweite heimische Werk in Vitis ausschließlich mit Grünstrom betrieben. Das unterstreicht einmal mehr, dass die Nachhaltigkeit im Familienunternehmen Pollmann keine leere Floskel, sondern ein gelebtes Handlungsprinzip ist.
Die zunehmende Achtsamkeit begünstigt eine weitere Entwicklung: Immer mehr Pollmann-Firmenautos fahren mit Strom. Selbst wenn die Elektrizität dafür nicht selbst gewonnen wird, sind das positive Nachrichten, denn E-Fahrzeuge sind durch ihren höheren Wirkungsgrad energieeffizienter als Autos mit Verbrennungsmotoren. (BO)
INFO-BOX
Über Pollmann International
Pollmann ist ein weltweit an fünf Standorten agierendes Familienunternehmen im Automotive-Segment mit 130 Jahren Erfahrung. Der Spezialist für die Produktion von hochkomplexen mechatronischen Baugruppen in hoher Stückzahl ist von der Entwicklung über Prototypen, Werkzeugbau oder Automatisierungsanlagen bis zur Serienreife rund um den Globus für seine Kunden wertvoll. Mit dem Anspruch „Prozessinnovation und Bauteilpräzision“ kann Pollmann seine Kunden an den Automotive-Hotspots in Europa, Amerika und Asien betreuen und das eigene Entwicklungs- bzw. Produktions-Know-how flexibel ins Spiel bringen. Pollmann International beschäftigt heute 1.400 Mitarbeiter und erzielte 2021 einen Umsatz von rund 144 Mio. Euro.