Im Linzer Transformatorenwerk sind rund 300 Mitarbeiter und Lehrlinge beschäftigt. © Siemens
Vom regionalen Elektro-Baubetrieb zum internationalen Big Player. Seit mittlerweile 100 Jahren werden im Siemens Transformatorenwerk in Linz neue Standards am Energiesektor gesetzt.
Die Energietechnik hat sich für den Technologiekonzern Siemens in den vergangenen Jahren zu einem dynamischen Geschäftsfeld entwickelt. Einen wichtigen Teil seiner Innovationskraft schöpft das Unternehmen aus einem österreichischen Standort mit langer Tradition. Das Transformatorenwerk in Linz blickt 2020 auf eine 100-jährige Geschichte zurück. Durch seine Pionierleistungen nimmt der Produktionsstandort heute eine Vorreiterrolle am Weltmarkt ein, die sich in einer Exportquote von über 80 Prozent niederschlägt. Rund 300 Mitarbeiter und Lehrlinge entwickeln und fertigen Transformatoren, die in mehr als 50 Ländern der Welt eine sichere Stromversorgung gewährleisten. Pro Jahr werden im Schnitt 120 Leistungstransformatoren, Phasenschieber, Drosseln und Erdschlusslöschspulen hergestellt.
Effiziente Energieübertragung über weite Strecken
Transformatoren verbinden im Stromnetz die verschiedenen Spannungsebenen vom Kraftwerk bis zum Endverbraucher und ermöglichen somit eine effiziente Energieübertragung über weite Strecken. Die Lebensdauer beträgt durchschnittlich 30 bis 50 Jahre. Ausfälle können schwerwiegende Folgen für das Stromnetz haben und zu großflächigen Blackouts führen – entsprechend robust und sicher müssen Transformatoren konstruiert werden. Die Stärke des Werks in Linz liegt darin, mit Erfindungen den weltweiten Transformatorenmarkt maßgeblich mitzugestalten.
„Wir blicken zum Jubiläum zufrieden auf die Geschichte und optimistisch in die Zukunft“, freut sich der Geschäftsleiter des Siemens-Transformatorenwerks Ronald Schmid. „Trotz des gesättigten und hart umkämpften Marktes können wir unsere Wettbewerbsposition weiter ausbauen und signifikant wachsen. Die Energieverteilung der Zukunft muss sicher, digital und umweltfreundlich sein. Diesen Anforderungen will das Transformatorenwerk Linz auch zukünftig in enger Zusammenarbeit mit Kunden und Lieferanten gerecht werden.“
Unikate für digitale Anforderungen
Nahezu jeder Transformator ist ein Unikat, das nach Faktoren wie Spannung, Leistung, Umgebungsklima, Geräuschpegel oder verfügbarer Platz den Kundenwünschen entsprechend konstruiert wird. Alle Transformatoren aus Linz entsprechen den digitalen Anforderungen und verfügen mit der Sensformertechnologie über ein effizientes, cloudbasiertes Monitoringsystem, mit dem in Echtzeit Daten wie Ölstand, Temperatur, Leistungsfluss und Position via GPS gemessen werden und vom Kunden via App abgerufen werden können. Außerdem wurden in Linz technische Lösungen entwickelt, um Transformatoren rund um den Globus erdbebensicher sowie kälte- und hitzeresistent zu machen.
Ester als umweltfreundlicher Ölersatz
Eine wesentliche Entwicklung der letzten Jahre war der Ersatz herkömmlichen Mineralöls durch Ester als Isolierflüssigkeit. Ein Transformator enthält bis zu 100 Tonnen Öl als Isolier- und Kühlmedium. Üblicherweise wurde dafür Mineralöl eingesetzt, das inzwischen durch die umweltfreundliche Alternative Ester ersetzt werden kann. Ester Isolierflüssigkeiten sind biologisch abbaubar und haben einen höheren Brennpunkt. Mit Ester isolierte Transformatoren sind insbesondere für den Einsatz in Umweltschutzgebieten, auf hoher See zum Beispiel auf Offshore-Plattformen, und in Windturbinen sowie in Städten geeignet. Über 100 Ester-Trafos auf mehreren Kontinenten sind mittlerweile im Einsatz.
Schmid streicht die hohe Innovationskraft des Werks hervor: „Innovationen wie die Ester-Trafos sind das Ergebnis von Flexibilität und der Fähigkeit unserer Mitarbeiter, sich an wandelnde Marktgegebenheiten anzupassen. Dafür haben wir hier in Linz ein motiviertes Team mit besonderem Know-how und Erfahrung.“
Sicherung heimischer Wertschöpfung
Um die technologische Vorreiterrolle des Standorts weiter auszubauen, wurde in den letzten Jahren umfassend sowohl in Erweiterungen der Fertigungsstätten als auch in die Prüftechnologie und Maschinerie des Werks investiert. Im Rahmen dieses Investitionsprogramms wurden im Linzer Siemens-Werk die Betriebsflächen nachhaltig adaptiert und zum Beispiel um einen 1.800 m2 großen Verladetunnel erweitert und ein neuer Wicklungstrocknungsofen angeschafft.
Rund 400 österreichische Unternehmen sind neben internationalen Partnern bei der Produktentwicklung und -fertigung involviert. Bei Forschung und Entwicklung wird eng mit österreichischen Hochschulen kooperiert, darunter die Johannes-Kepler-Universität Linz, die Fachhochschule OÖ Campus Hagenberg und die TU Wien.
Die für Juni angesetzte Feierlichkeit musste leider aufgrund von COVID-19 auf 2021 verschoben werden. (BO)
INFO-BOX
Meilensteine des Siemens Transformatorenwerks in Linz:
• 1920 Gründung der O.Ö. Elektro Bau GmbH (EBG)
• 1936 Verlegung des Standorts von der Linzer Innenstadt auf das heutige Gelände in der Kraußstraße
• 1944 Bombardierung – 1945 Stillstand der Produktion
• 1945 Wiederaufbau
• 1953 Errichtung des neunstöckigen Bürogebäudes auf dem EBG-Betriebsgelände (erstes Hochhaus in Linz)
• 1959 Export des ersten Trafos
• 1971 Beginn der Produktion von 220-kV-Trafos
• 1985 Fertigung des ersten 400-kV-Trafos
• 1996 Ausgliederung des Transformatorenbaus von der Elektro Bau AG und nachfolgende Fusion mit Elin zur Elin EBG Elektrotechnik GmbH
• 1997 Durchführung der ersten Kurzschlussprüfung
• 1999 Umbenennung in VA TECH EBG Transformatoren GmbH & Co
• 2000 Export der ersten Trafos nach Nordamerika
• 2003 erste Lieferung eines Transformators per Flugzeug – und zwar mit dem größten Frachtflugzeug der Welt, der Antonov AN 225. Der 220-MVA-Dreiphasen-Generatortransformator wird von Linz nach Arizona (USA) überstellt.
• 2004 Lieferung des ersten Ester-Trafos an Vattenfall Schweden
• 2005 Erwerb des Trafowerks Linz durch Siemens Österreich im Zuge der VA-TECH-Übernahme
• 2010 Bau des ersten Subsea Transformers in Linz
• 2013 Beginn der Fertigung von 500-kV-Trafos
• 2018 Produktion des ersten Resiliency-Trafos
• 2019 Auslieferung des ersten Trafos mit Sensformer®-Technologie
• 2020 Markteinführung Sensformer® Advanced