Es werde Licht!

NEW BUSINESS Guides - FACILITY-MANAGEMENT-GUIDE 2019
Mit Li-Fi lassen sich zum Beispiel Meetingräume in ein Unternehmensnetzwerk integrieren, sodass mehrere Notebooks gleichzeitig bei einem Meeting auf das Netzwerk zugreifen können. © Fraunhofer IPMS

Licht statt WLAN? LED-Lampen statt Funksender? Das klingt nach einer guten Idee und hat auch bereits einen Namen: Li-Fi ...

... Wenn die entsprechenden Geräte zur Marktreife gelangen, könnten sie die ­Vernetzung von Gebäuden – und Städten – revolutionieren.

Das Licht ist etwas ganz Besonderes. Ohne Licht können wir nichts sehen, und doch sehen wir nicht alle Teilspektren des Lichts. Die Physik ist sich noch immer nicht so ganz sicher, ob das Licht nun aus Teilchen besteht, eine Welle ist, beides – oder nichts davon. Zum Glück hat es den Menschen noch nie davon abgehalten, etwas zu nutzen, selbst wenn er es nicht völlig versteht. Es reicht ihm zu wissen, dass es hell wird, wenn er den Schalter betätigt. Aber Licht kann noch viel mehr.
Seit es entsprechende Sinnesorgane gibt, wird das Licht genutzt, um Informationen zu empfangen und zu senden. Denken Sie nur an die warnenden Signalfarben und Muster aus dem Tier- und Pflanzenreich. Aber für digitale Informationen setzt der Mensch zum Großteil auf Kabel und Funkwellen. Warum nicht auch auf Licht? Schließlich umgibt es uns, und das Schadenspotenzial ist im Gegensatz zu den Auswirkungen von Elektrosmog besser erforscht. Bis auf die aus der Mode gekommene Infrarotübertragung und einige Anwendungen von Laserstrahlen in der Elektronik fristen Photonen (die theoretischen Lichtteilchen) als Überträger von Bits und Bytes eher ein Schattendasein. Darüber haben sich Forscher den Kopf zerbrochen und eine Idee geboren: Li-Fi (Light Fidelity), das „Licht-WLAN“.

Schalter ein, Schalter aus
Das Funktionsprinzip ist simpel: Ein Modulator am Sender schaltet eine Leuchtdiode, kurz LED, sehr schnell ein und aus, sodass es das menschliche Auge nicht wahrnimmt. Eine Fotodiode am Empfänger nimmt das sichtbare oder infrarote Licht auf und wandelt es in elektrische Impulse um. Voraussetzung dafür ist natürlich der direkte Sichtkontakt zwischen Sender und Empfänger – gleichzeitig Fluch und Segen der Technologie. Denn während die Unterstützer der Technologie von hoher Datensicherheit sprechen, da sich das Licht im Gegensatz zu Funkwellen von Wänden und anderen Hindernissen stoppen lässt, bedeutet das natürlich auch, dass tunlichst nichts zwischen Sender und Empfänger treten sollte, wenn die Verbindung bestehen bleiben soll.
Im Zusammenhang mit Unternehmensnetz­werken streicht das Fraunhofer-Institut für Photonische Mikrosysteme IPMS die Sicherheitsvorteile von Li-Fi gegenüber WLAN hervor. Wireless-LAN sei anfällig für Missbrauch, selbst verschlüsselte Netzwerke wären für Kenner verhältnismäßig einfach zu knacken. Alexander Noack, Gruppenleiter Optische Systeme am Fraunhofer IPMS, erläutert: „Während physische Hindernisse wie etwa dicke Wände die Leistung eines Funksignals lediglich schwächen, sodass ein Angreifer nur ein Empfangsgerät in Reichweite der Funksignale benötigt, um Zugang zu sensiblen Unternehmensdaten zu erhalten, bietet unser Li-Fi-Netzwerk bereits bei geschlossenen Räumen Sicherheit gegen Hackerattacken.“

An der frischen Luft
Aber auch „an der frischen Luft“ soll sich Li-Fi nach dem Willen der Forscher als interferenzfreie, schnelle und sichere Alternative durchsetzen, um die bestehenden und zukünftigen Funknetze zu entlasten. Beispielsweise bei Verkehrskonzepten für Smart Cities, die auf der Vernetzung verschiedener Transportmöglich­keiten untereinander basieren. Moderne Prozesse wie diese produzieren aber nicht nur immer mehr Daten, auch deren Übertragung in Echtzeit spielt in vielen Anwendungen eine Schlüsselrolle. Für die aktuellen drahtlosen funkbasierten Datenübertragungsverfahren ist das allerdings vor allem in Städten mit hoher Funkzellendichte eine Herausforderung. Doch wie sieht es bei Li-Fi mit der Echtzeitübertragung aus? Alexander Noack: „Wenn wir im Alltag von Echtzeit sprechen, meinen wir oft die Datenübertragung ohne zeitliche Verzögerung. In der Realität allerdings gibt es immer Verzögerungen, die auch Latenzen genannt werden. Je nach Anwendung werden unterschiedliche Verzögerungszeiten toleriert. Wir haben unsere Li-Fi-Module nun den unterschiedlichen Anforderungen zugeordnet, um Systementwicklern die Auswahl der richtigen Technologie zu erleichtern.“
Das Fraunhofer IPMS entwickelt seit Jahren Li-Fi-Technologien für die unterschiedlichsten Anwendungen und Echtzeitanforderungen. Neben dem Li-Fi GigaDock, das im Hinblick auf die Übertragung auf kurze Strecken mit sehr hohen Datenraten (10 cm, bis 12,5 Gbit/s) und sehr geringen Latenzzeiten entwickelt wurde, werden auch sogenannte Li-Fi-HotSpot-Module entwickelt. Diese zeichnen sich eher durch lange Übertragungsstrecken bis zu 30 Meter und größere Abdeckungsbereiche aus. „Echtzeitanforderungen können aber auch mit diesen Modulen erreicht werden“, erläutert Noack. „Messungen in einem Multipunkt-zu-Multipunkt-Szenario haben gezeigt, dass bei einer Datenrate von 549 Mbit/s Latenzen von weniger als 800 μs erreicht werden können. Typische Anwendungen mit solchen Latenzanforderungen sind der Stream von Video- und Audiodateien sowie ­Virtual- und Augmented-Reality-Anwendungen oder die Maschine-zu-Maschine-Kommunikation. Messungen in einer Profinet-Testumgebung zeigten, dass die Li-Fi-HotSpots kompatibel zur Klasse A des offenen Industrial-Ethernet-Standards Profinet sind und eine stabile und fehlerfreie Datenübertragung gewährleisten.“

Praxistauglichkeit
Langsam kommen also entsprechende Li-Fi-Geräte auch in der Praxis an. Beispielsweise experimentiert der Beleuchtungsspezialist Zumtobel bereits sehr konkret mit innovativen LED-Lösungen auf Basis der Drahtlostechnologie Li-Fi. Dabei arbeitet man mit dem Unternehmen pureLiFi zusammen, das sich ebenfalls seit Jahren mit dieser Technologie auseinandersetzt. Für den Testlauf hat Zumtobel das System von pureLiFi in seine LED-Leuchten integriert. Das System ermöglicht eine Datenübertragung mit hoher Geschwindigkeit mittels einer LED-Leuchte, indem die Helligkeit der Leuchte geringfügig variiert. Zumtobel sieht den Einsatz von Li-Fi besonders in Bereichen wie Medizin, Sicherheit, Industrie und Produktion und will in den kommenden Monaten die Marktnachfrage nach dieser Technologie weiter prüfen.
„LiFi-Lösungen von Zumtobel ermöglichen den Einstieg in ein neues Zeitalter der Drahtloskommunikation. Im Vergleich zu Standard-Funktechnologien oder Mobilfunk wie Wi-Fi weist Li-Fi eine höhere Übertragungsrate auf, ist zuverlässiger, praktisch störungsfrei und unvergleichlich sicher“, sagt Zumtobel-Group-CEO Alfred Felder und ergänzt: „Wir glauben, dass Li-Fi in einer zunehmend vernetzten digitalen Welt eine maßgebliche Rolle spielen wird, um unsere Branche in das Zeitalter des digitalen Lichts zu führen.“ (RNF)