Herkömmliche mechanische Schlüssel müssen erst händisch verteilt oder im Bedarfsfall eingesammelt, bei Verlust ganze Schließanlagen getauscht werden. Das entfällt bei digitalen Lösungen. © SALTO
Elektronische Zutrittslösungen bieten große Vorteile und erlauben viel mehr, als einfach nur Türen zu- und aufzusperren. NEW BUSINESS hat mit jemandem darüber gesprochen ...
... der sich mit so etwas auskennt: Wilfried Hirmann, CEO von ESSECCA.
Das Unternehmen ESSECCA, heute sehr erfolgreich am österreichischen Sicherheitstechnikmarkt tätig und Marktführer im Bereich der elektronischen Zutrittslösungen, geht auf die ehemalige Niederlassung von EVVA in Bad Fischau-Brunn zurück. Der heutige Geschäftsführer Wilfried Hirmann erhielt von den Eigentümern 2012 – er war damals als selbstständiger Unternehmensberater tätig – den Auftrag, ein strategisches Konzept für die zukünftige Marktausrichtung der Niederlassung zu erstellen. „Die Vision war, ein von EVVA unabhängiges Unternehmen unter einer eigenen Marke als Marktführer auf dem Gebiet der elektronischen Zutrittslösungen zu etablieren“, erinnert sich Hirmann. Das Resultat trägt seit 2013 den Namen ESSECCA, der sich laut Hirmann übrigens folgendermaßen herleitet: „ACCESS, zu Deutsch ‚Zutritt‘, von hinten gelesen und das vorangestellte E für ‚elektronisch‘.“ Ein wichtiger Grundpfeiler für den Erfolg des EVVA-Spin-offs war die Vereinbarung mit SALTO, dem weltweiten Marktführer bei kabellosen elektronischen Zutrittskontrollanlagen, über eine exklusive Partnerschaft als österreichischer Herstellervertreter.
NEW BUSINESS hat mit CEO Hirmann über die Vorteile elektronischer Zutrittslösungen, das Ausräumen von Bedenken hinsichtlich der IT-Sicherheit, künftige Entwicklungen, aber auch die Berechtigung des klassischen Schlüssels gesprochen.
Herr Hirmann, eine vielleicht etwas provokante Frage für den Anfang: Hat der klassische Schlüssel ausgedient?
Der klassische Schlüssel wird auch in Zukunft in gewissen Bereichen und als Ergänzung zu elektronischen Lösungen erhalten bleiben. Klar ist aber, dass im Zeitalter der Digitalisierung immer mehr Gebäude und Infrastruktureinrichtungen „schlüssellos“ gesichert und gesteuert werden. Die Funktionen der elektronischen Zutrittslösungen sind heute sehr vielfältig und bieten dem Nutzer weit mehr als das klassische Zu- und Aufsperren, womit sich die etwas höheren Anschaffungskosten für den Investor sehr rasch amortisieren.
Welche sind Ihrer Meinung nach die größten Vorteile einer elektronischen Zutrittslösung im Vergleich zu klassischen Schließsystemen?
Die großen Vorteile liegen vor allem in der flexiblen Zuteilung bzw. der raschen Vergabe und, falls erforderlich, dem unmittelbaren Entzug von Zugangsberechtigungen über die Software. Während bei mechanischen Anlagen die auszugebenden Schlüssel mühsam verteilt bzw. bei Bedarf wieder eingesammelt werden müssen oder bei Verlust eines hochwertigen Schlüssels sogar gesamte Schließanlagen mit allen Zylindern getauscht werden müssen, können Berechtigungen von elektronischen Zutrittsmedien einfach, sehr rasch und ohne großen Aufwand in der Zutrittssoftware gesperrt werden. Die Ausgabe der elektronischen Schließmedien bzw. -berechtigung (Karten, Chips etc.) kann softwaregestützt oder auch OTA (Over the Air) über das Smartphone und somit ohne großen Aufwand erfolgen. Neben diesen Vorteilen kann eine elektronische State-of-the-Art-Zutrittskontrolle über Zeitzonen gesteuert werden, womit z. B. der Zutritt für Reinigungskräfte zeitlich eingeschränkt werden kann. Aus der Zutrittssoftware können bei Bedarf Informationen über die Bewegungen oder die erfolgten Zutritte ausgewertet werden. Das kann bei etwaigen Vorfällen die Aufklärung wesentlich erleichtern. Die digitalen Zutrittsdaten können auch für die Zeitabrechnung von Mitarbeitern oder für die Verrechnung von Dienstleistungen verwendet werden. Dabei können Personendaten und mit den Personen verbundene Rollen aus einem bestehenden EDV-System übernommen werden, sodass grundsätzlich keine händische Verwaltung mehr nötig ist. Mit diesen Möglichkeiten werden die Geschäftsprozesse optimal und automatisiert unterstützt.
Die Lösungsmöglichkeiten sind vielfältig, aber allein an diesen wenigen Beispielen ist zu erkennen, welchen großen Nutzen kundenspezifisch angepasste elektronische Zutrittslösungen gegenüber mechanischen Schließanlagen für den Anwender bringen können.
Sobald Bits und Bytes im Spiel sind, machen sich Skeptiker schnell Sorgen wegen Hackern und anderen IT-Sicherheits-Bedenken. Wie würden Sie einem solchen Skeptiker gegenüber argumentieren?
Elektronische Zutrittskontrollanlagen von SALTO bieten den höchsten Sicherheitsstandard, technisch vergleichbar mit jenem, der bei Banken im Electronic Banking Anwendung findet. Dadurch ist das Sicherheitsrisiko sogar wesentlich geringer als bei mechanischen Schließanlagen, wo z. B. ein jederzeit möglicher Schlüsselverlust ein hohes Sicherheitsrisiko darstellt. Auch durch die Möglichkeit der zeitlichen Beschränkung der Zutrittsberechtigung über die Software wird das Risiko gegenüber dem herkömmlichen mechanischen Schlüssel beträchtlich reduziert. Darüber hinaus setzen unsere Sicherheitslösungen auf der vorhandenen IT-Infrastruktur unserer Kunden auf, sodass auch die kundenseitigen IT-Sicherheitsrichtlinien zur Geltung kommen, was zusätzlichen Schutz bedeutet.
Wie profitiert speziell das Gebäudemanagement von dem Einsatz digitaler Sicherheitslösungen?
Umso mehr Sicherheitssysteme ein Unternehmen im Einsatz hat, desto komplexer kann die Verwaltung werden, beginnend mit der Einschulung und Bedienung verschiedener Steuerungssoftwares. Mit dem ESSECCA-Sicherheitsmanagementsystem können alle Systeme über eine einheitliche Benutzeroberfläche gesteuert werden und ebenso die Grafikpläne, die zur Visualisierung dienen. Das Gebäudemanagement kann die elektronischen Sicherheitslösungen (Zutrittskontrolle, Video, Alarm, Brand …) über standardisierte Schnittstellen auf das ESSECCA-Sicherheitsmanagementsystem VISECCA aufschalten und damit von zentraler Stelle Ereignisse verfolgen und Handlungen steuern. Über dieses System kann ein automatisierter Ablauf in Form von Workflows für den Fall von Störungen oder Alarmierungen definiert werden. Somit können die Sicherheitsaufgaben des Gebäudemanagements von zentraler Stelle über standardisierte Prozesse sehr effizient erledigt werden. Und dabei ist auch die Mobilität gegeben, denn das kleinste Steuerpult ist das Smartphone.
In welche Richtung gehen die Entwicklungen in diesem Bereich?
Die Entwicklungen gehen immer mehr hin zu integrierten digitalen Systemen, bei denen Effizienzsteigerung, einfache Installation und Bedienbarkeit, Komfortsteigerung und die Unterstützung von Unternehmensprozessen im Vordergrund stehen. Digitale Daten spielen dabei eine wesentliche Rolle: So kann etwa der komplette Personen-Flow gesichert und ohne großen Personalaufwand im Gebäude gesteuert und überwacht werden. Die so gesammelten digitalen Daten können über Schnittstellen anderen Bereichen, etwa für Marketingzwecke oder zur automatisierten Verrechnung von Dienstleistungen, zur Verfügung gestellt werden. Die Basis für integrierte digitale Lösungen bilden Hardware- und Softwareprodukte von den führenden Herstellern wie etwa SALTO, welche dann vom professionellen Lösungsanbieter zu einer integrierten Gesamtlösung veredelt werden, die auf individuelle Kundenbedürfnisse eingeht.
Wonach herrscht bei Ihren Kunden aktuell die größte Nachfrage?
Die Nachfrage unserer Kunden ist vielfältig und geht immer mehr in Richtung integrierte Gesamtlösungen, die oft weit über die Sicherheitstechnik hinausgehen, mit Steuerungsmöglichkeiten über das Smartphone. Dabei spielt fachkundige und kompetente Beratung bis hin zur Entwicklung eines Gesamtkonzepts eine wichtige Rolle. Wir können auf diesem Gebiet alle sicherheitsrelevanten Felder mit Ausnahme von Brandmeldeanlagen abdecken. Unsere Produkte und die daraus aufgebauten Lösungen sind über Standardschnittstellen miteinander verbunden und können über unser Sicherheitsmanagementsystem VISECCA gesteuert werden. Neben den klassischen, lokal installierten On-Premise-Lösungen bieten wir vollwertige Cloudlösungen an, die auch ohne lokale Server- oder LAN-Infrastruktur funktionieren. Zukünftig wird es aus unserer Sicht einen deutlichen Zuwachs an Cloudlösungen geben, da damit eine digitale Integration mit anderen Cloudservices technisch einfacher, günstiger und sicherer möglich ist.
Worauf sollte man als Kunde, der sich für elektronische Zutrittskontrolle interessiert, besonders achten?
Die Entscheidung für eine elektronische Sicherheitslösung, egal ob Zutrittskontrolle, Alarmanlage, Videoanlage oder Sicherheitsmanagementsystem, gilt für viele Jahre. Umso wichtiger ist daher die Planung, die wir mit unseren erfahrenen Mitarbeitern unterstützen. Um die passende und zukunftsorientierte Sicherheitsanlage für sich zu finden, sollte wie folgt vorgegangen werden:
• Analysieren des aktuellen Gefahrenpotenzials
• Überlegungen über die zukünftige Entwicklung des Unternehmens anstellen
• Die Sicherheitsbedürfnisse in den einzelnen Bereichen definieren
• Informationen über die technischen Möglichkeiten einholen
• Erstellung eines Lösungskonzepts oder Beauftragung eines solchen
• Auswahl jener Lösung bzw. des Umsetzungspartners, durch die/den sichergestellt wird, dass das Lösungskonzept bestmöglich umgesetzt wird
Wichtig ist, dass die Lösungen zukunftssicher und einfach an die zukünftigen Bedürfnisse anpassbar sind.
Würden Sie für unsere Leser vielleicht einen kleinen Blick in die Kristallkugel werfen? Wie wird das intelligente Haus der Zukunft aussehen, welche Systeme werden miteinander sprechen und welche Vorteile werden dadurch für das Management und die Nutzer der Gebäude entstehen?
Die fortschreitende Digitalisierung wird die Errichtung von intelligenten, vollvernetzten und automatisierten Gebäuden fördern. Neue Anforderungen im Betrieb von Bürogebäuden und Wohnhausanlagen – durch Co-Working oder Co-Living – benötigen smarte Lösungen, um die Abläufe flexibel und effizient gestalten zu können. Es wird möglich sein, beim Betreten eines Gebäudes oder eines Raums verschiedene Ereignisse anzustoßen, wie z. B. das Einschalten der Beleuchtung, der Heizung oder Klimaanlage, aber auch die technische Infrastruktur wie Computer oder Beamer können nutzerorientiert aktiviert werden. Basis dafür ist der intelligente Austausch von digitalen Daten zwischen den einzelnen Systemen. ESSECCA hat mit seinen smarten Zutrittslösungen schon heute den digitalen Schlüssel für den Anstoß von intelligenten Abläufen in Gebäuden zum Wohl und zum Nutzen der Anwender.
Würden Sie uns Referenzen nennen?
Sehr gern. In Österreich werden derzeit etwa vierhunderttausend Zutrittspunkte mit einer elektronischen Zutrittskontrollanlage von ESSECCA gesichert. Unsere Referenzen beginnen bei der Kleinanlage mit nur wenigen Türen und gehen bis zum Großkunden mit vielen Standorten in Österreich, wo mehr als zehntausend Zutrittspunkte installiert sind. Als größtes Einzelobjekt mit sechstausend Zutrittspunkten ist die neue Wirtschaftsuniversität Wien eine unserer Referenzen. Aber auch das höchste Gebäude Österreichs, der Vienna DC-Tower, oder das neue Krankenhaus Nord sind mit unseren Sicherheitslösungen ausgestattet. Ich kann hier viele weitere namhafte Projekte, wie das Einkaufs- und Bürozentrum Wien-Mitte, das T-Center am Rennweg, die Vetmed-Uni, die Universität Wien, die Universität Innsbruck und zahlreiche weitere Universitäten österreichweit sowie Industriebetriebe wie Magna oder Lenzing anführen. Aber auch tausende Hotel- und Freizeitbetriebe, zahlreiche Gebäude in Gemeinden und neuerdings Studentenwohnheime sind mit unseren Lösungen ausgestattet. Besonders stolz sind wir, dass wir das neue Haus der Wiener Wirtschaft am Praterstern mit einer ESSECCA-Gesamtlösung ausstatten durften. Diese Lösung umfasst die elektronische Zutrittskontrolle, die Videotürsprechanlagen, die Videoüberwachung und das Sicherheitsmanagementsystem VISECCA, über welches alle Lösungen zentral gesteuert werden können.
Wie sieht die geschäftliche Entwicklung von ESSECCA aus?
Wir sind mit der Entwicklung äußerst zufrieden. Seit wir unter der Marke ESSECCA auftreten, konnten wir den Umsatz verdoppeln und erwarten das heurige Jahr mit einem Umsatz von 20 Millionen Euro abschließen zu können. Besonders erfreulich ist, dass wir Steigerungen in allen Regionen und allen Kundensegmenten erzielen konnten. In den nächsten Jahren wollen wir unser Volumen weiter erhöhen, werden unsere Position als End-to-End-Anbieter weiter ausbauen und dabei den Fokus auf smarte, digitale und integrierte Gesamtsicherheitslösungen für alle Gebäude legen. Wir wollen es den Menschen in diesen Gebäuden ermöglichen, einen höchstmöglichen Grad an „Convenience“ zu erleben. Wir wollen den Nutzern das Leben im und um das Gebäude mit Sicherheit deutlich erleichtern.
Was dürfen Ihre Kunden 2020 von Ihnen erwarten?
Mithilfe neuer und innovativer Produktentwicklungen unseres Exklusivpartners SALTO können wir unseren bestehenden und zukünftigen Kunden prozessunterstützende Sicherheitslösungen anbieten, welche einen greifbaren Nutzen im täglichem Geschäftsbetrieb mit sich bringen. Mit SALTO SVN-Flex – einer Weltneuheit – können wir kabellose Real-Time-Zutrittspunkte installieren, durch welche kostengünstig, ohne aufwendige Verkabelung hoher Komfort auf höchstem Sicherheitsniveau erreicht wird. Mit der Cloud-Zutrittslösung SALTO KS (Keys as a Service) bieten wir eine mobile und kabellose Lösung an, die ohne lokale Software-Installation auskommt, womit sich der Investor die Anschaffungs- und Betriebskosten für die IT-Infrastruktur und Netzwerke erspart. Aber auch auf dem Sektor Mobilität bieten wir mit den SALTO JustIN Mobile Solutions umfangreiche Funktionen, vom Senden der Zutrittsberechtigung Over the Air an das Smartphone, vom Handy als Schlüssel bis hin zur zentralen (Fern-)Steuerung aller ESSECCA-Sicherheitslösungen über unser Sicherheitsmanagementsystem VISECCA. Und wir arbeiten schon jetzt an den Lösungen der Zukunft mit Blickrichtung 2025. (RNF)
INFO-BOX
Über ESSECCA
Das Unternehmen EVVA wurde 1919 gegründet und ist bis heute ein Familienunternehmen geblieben. Schon früh erkannte man den immer stärker werdenden Bedarf an professioneller Sicherheitstechnik und spezialisierte sich darauf. Mit der im Jahr 2001 in Bad Fischau errichteten EVVA Sicherheitssysteme GmbH wurde der Grundstein für ganzheitliche Sicherheitskonzepte gelegt. Aus ebendieser Betriebsstätte ging die ESSECCA GmbH hervor. ESSECCA hat mit Wirkung vom 1. Jänner 2013 alle bestehenden Verträge und Vereinbarungen sowie alle Mitarbeiter im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge von EVVA übernommen, ist seither eine eigenständige und von EVVA unabhängige Gesellschaft und gehört heute zu den führenden Anbietern von elektronischen Sicherheitslösungen in Österreich. Angeboten werden umfassende sicherheitstechnische Lösungen für die Bereiche elektronische Zutrittskontrolle, Alarm, Video, Türsprechanlagen und Sicherheitsmanagementsysteme sowie die mechanische Sicherheitstechnik.
www.essecca.at