Sparsam durch Intelligenz

NEW BUSINESS Guides - FACILITY-MANAGEMENT-GUIDE 2023
Smart-Living-Produkte bekommen immer mehr Akzeptanz, es gibt aber noch viel Aufklärungsarbeit. © Adobe Stock/AndSus

Im Gebäudesektor stecken erhebliche CO₂-Einsparungspotenziale. Das Maximum lässt sich aber nur herausholen, wenn neben der thermischen Sanierung auch in intelligente Gebäudetechnik investiert wird ...

... Damit steigt gleichzeitig der Komfort für die Bewohner.

Der Gebäudesektor wird in die Zange genommen, und der Druck nimmt nicht ab. Durch die vorgegebenen Klimaziele – etwa die vollständige Dekarbonisierung bis 2050 – auf der einen und steigende Preise sowie die unsichere Situation auf dem Energiemarkt auf der anderen Seite rückt die Energieeffizienz immer deutlicher in den Mittelpunkt. Auch in Österreich liegen hier, in einem der energieintensivsten Sektoren, noch erhebliche CO₂-Einsparungspotenziale begraben. 

Um den heimischen Gebäudesektor wie geplant bis 2050 klimaneutral zu gestalten, müssen seine Treibhausgasemissionen von über 13 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalent im Jahr 1990 auf knapp über null gesenkt werden. Zumindest die Richtung stimmt schon einmal: So hat der Gebäudebereich im Jahr 2020 den Angaben zufolge acht Millionen Tonnen CO₂-Äquivalent verursacht.

Doch das Tempo muss noch erheblich gesteigert werden, um das Ziel zu erreichen. Künftige Einsparungen werden vor allem in der Modernisierung von Bestandsgebäuden gesehen. Denn mehr als drei Viertel davon wurden vor 1990 gebaut und gelten laut Statistik Austria zu 60 Prozent aus energetischer Sicht als sanierungsbedürftig.

Nur eine Seite der Medaille
Die thermische Sanierung ist dabei nur eine Seite der Medaille. Wie in der im Auftrag der WKÖ und des OVE Österreichischen Verbands für Elektrotechnik vom AIT Austrian Institute of Technology durchgeführten Studie „CO₂-Ein­sparungspotenziale im Gebäudebereich“ fest­gestellt wird, lassen sich nur dann alle CO₂-Ein­sparungspotenziale heben, wenn auch eine ge­samt­heitlich energetische Sanierung mittels intelligenter Gebäudetechnik angegangen wird.

Mit Ansätzen wie intelligenter Regeltechnik, intelligenter Beleuchtung und einem verbesserten Haus- und Gebäudemanagement sollen sich im Einfamilienhaussektor und im mehrgeschoßigen Wohnbau zusätzlich mehr als 20 Prozent CO₂ (im Vergleich zu Sanierungen ohne Gebäu­de­­automation) einsparen lassen. Denn durch die Vernetzung von Technologien und Systemen ermöglicht intelligente Gebäudetechnik die optimale Nutzung von Energie.

Am größten sind die Einsparungsmöglichkeiten im Bereich Heizung: Kommt hier eine effiziente Regelung im Zusammenwirken mit einer ganzheitlichen Gebäude­automation zum Einsatz, ergibt das bei einer Sanierungsrate von fünf Prozent ein Einsparungs­potenzial von bis zu 85.000 Tonnen CO₂. Deutliche Effizienzsteigerungen ergeben sich bei einer gesamtheitlichen energetischen Sanierung auch bei der Trinkwassererwärmung und der Beleuchtung. 

Es braucht politische Signale
Damit die vollen Einsparungspotenziale ausgeschöpft werden können, braucht es allerdings auch die richtigen politischen Signale. Aus der Studie ergibt sich eine Reihe von Empfehlungen an die politischen Entscheidungsträger. Derzeit werden bei den Förderungen nur rein thermische Aspekte der Sanierung berücksichtigt, das Fördersystem müsse daher in Richtung ganzheitlicher energetischer Sanierungen adaptiert werden.

Investitionssicherheit und Anreize für eine höhere Sanierungsrate seien hier ebenso notwendig wie die Verankerung von Kennwerten zur Steigerung der Systemeffizienz in relevanten öster­reichischen Richtlinien, Verordnungen und Baunormen. Öffentliche Gebäude sollten bevorzugt ganz­heitlich energetisch saniert werden und so eine Vorbildfunktion einnehmen und als Referenz­projekte dienen.

Auch eine Roadmap, die alle relevanten Stakeholder und entsprechende Technologien einbindet, wird im Sinne einer ziel­gerichteten Umsetzung vorgeschlagen. Ohne diese Signale seitens der Politik bestehe laut den Studienautoren die Gefahr, „dass suboptimale, oberflächliche Sanierungen weiterhin den Markt dominieren und dadurch CO₂-Ein­sparungspotenziale nicht vollständig ausgeschöpft werden können“.

Smart Living – Das Wohnen von morgen
Kommen wir von der objektiven Sicht auf die Dinge zu einer etwas subjektiveren. Im „Marketingsprech“ hat sich für intelligente Gebäudetechnik im Wohnbereich auch der Begriff „Smart Living“ eingebürgert. Welche Anforderungen Bewohner, Eigentümer und Hausverwaltungen an dieses „Wohnen von morgen“ haben und wie smarte Anwendungen das Leben und Arbeiten für alle komfortabler machen, hat Magenta Telekom in einer Studie mit dem Marktforschungsinstitut Triple M untersucht.

Im Hinblick auf die aktuelle Situation steht auch in diesem Zusammenhang vor allem die Energieeffizienz beim Wohnen von morgen im Fokus. Sonnenschutz, steuerbare Heizungssysteme, Kühlung und energieeffiziente Lösungen sind die wichtigsten Anforderungen von Bewohnern an zukünftige Wohnkonzepte.

Bei gestützter Nachfrage sind für zwei Drittel eine vorinstallierte IT-Infrastruktur (66 %) sowie Vorkehrungen zur Sicherheit und Überwachung (64 %) wichtig. Smarte Anwendungen zur automatischen Steuerung von Geräten im Wohnraum spielen für Mieter eine nachgeordnete Rolle (48 %). Hausverwaltungen sehen zusätzlich mehr Gemeinschaftsflächen (Begegnungszonen und Co-Working-Spaces) sowie smarte Lösungen in neuen Wohngebäuden als Vorteil. Interessant ist auch der Unterschied in den Wohnkategorien: Im Luxussegment von Wohnobjekten gelten Smart-Living-Anwendungen bereits als Basisanforderungen, auch jüngere Menschen haben höhere digitale Anforderungen im Neubau.

Geht es um das Wohnen der Zukunft, hat knapp ein Drittel der Bewohner keine konkrete Vor­stellung der Bedeutung von Smart Living. 41 Prozent der Befragten assoziieren mit Smart-Living-Anwendungen digitale Heizungs­steuerung und Heizsysteme, gefolgt von Lichtsteuerung (28 %), Raumkühlung (20 %) und nachhaltigen Lösungen zur Steigerung der Energieeffizienz (18 %). Auch hier wird die Dominanz von energieschonenden Lösungen wieder deutlich.

Die Akzeptanz steigt, trotzdem braucht es Aufklärungsarbeit
Viele digitale Services werden bereits eingesetzt – wie zum Beispiel ein digitales Schwarzes Brett (31 %) oder eine digitalisierte Postbox (28 %). Vor allem diverse Sicherheitsaspekte wie Gegensprechanlagen (23 %), Zutritts- oder Schließ­systeme (10 %) spielen dabei eine große Rolle.

Besonders interessant ist auch hierbei wieder die Bedeutung von energieeffizienten Anwendungen: Zentrale, ressourcenschonende Beleuchtung (16 %) spielt in der Befragung ebenso eine Rolle wie die intelligente Energiesteuerung zur Steigerung der Energieeffizienz in Wohnungen und Gebäuden (10 %). Geht es um die Zahlungs­bereitschaft für Smart-Living-Lösungen, sind 57 Prozent der Befragten bereit, für Energieeffi­zienzanwendungen zu bezahlen, aber weniger für Anwendungen, die nur „bequem sind“.

Ein Thema, das in der Vergangenheit untrennbar mit der Digitalisierung verknüpft war und es nach wie vor ist: der Sicherheitsaspekt von Smart-Living-Anwendungen. Angst vor Ausfällen, Cy­ber­­kriminalität und der Schutz personenbezogener Daten sind die am häufigsten genannten Bedenken beim Einsatz von smarten Lösungen. Für 80 Prozent der unter 30-Jährigen ist es wichtig, dass das Wohnen in Zukunft „smarter“ wird, wohingegen 35 Prozent der Befragten über 50 Jahren dem Einsatz von digitalen Anwendungen mit Skepsis begegnen. Hier spielt die vermeint­liche Komplexität der Anwendungen eine Rolle.

„Smart-Living-Produkte bekommen immer mehr Akzeptanz, es gibt aber noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten. Gerade für Ältere können smarte Anwendungen im Bereich Sicherheit und Betreuung viele Vorteile bieten. Es ist daher eine gemeinsame Aufgabe aller beteiligten Unternehmen und Leistungspartner, die Vorteile digitaler Anwendungen aufzuzeigen und eine einfache Installation und Bedienbarkeit sicherzustellen“, betont Werner Kraus, CCO Magenta Business.

Auch Immobilienbesitzer erkennen mittlerweile die hohen Potenziale von Investitionen in Wohn- und Bürogebäude: Für acht von zehn der befragten Hausverwaltungen schlägt die Digitalisierung die Brücke zur Zukunftssicherheit von Immobilien in puncto Werterhalt. Und schließlich profitieren Bauunternehmer und Investoren von sicheren, effizienten Bauprojekten, um moderne, nachhaltige Gebäude für die Zukunft zu bauen.

Die Eigene Energie-Infrastruktur kritisch hinterfragen
In der Industrie stehen die Themen Klimaschutz und Nachhaltigkeit ebenfalls weit oben auf der Agenda. „Einerseits haben die Industriebetriebe aufgrund steigender Energiekosten rein aus ökonomischer Sicht ein Interesse daran, nachhaltiger und ressourcenschonender zu arbeiten, andererseits informieren sich auch Konsument:innen heutzutage zu diesen Themen und richten ihr Kaufverhalten danach aus“, so Robert ­Pfarrwaller, CEO des Elektrogroßhändlers REXEL Austria.

Er erläutert: „Der erste Schritt muss immer sein, die eigene Energie-Infrastruktur kritisch zu hinterfragen. Wir merken, dass die Nachfrage nach Energiemonitoringlösungen, die gezielt Last­spitzen identifizieren und Energieverschwendung aufzeigen, enorm steigt. Bei den derzeitigen Energiepreisen amortisiert sich so eine Investi­tion noch viel schneller und ist daher noch interessanter für Unternehmen.“

Über die aktuelle Energiepreisthematik hinaus würden Nachhaltigkeit, die Reduktion des CO₂-Fußabdrucks und Energieeffizienz auch langfristig eine große Rolle spielen. Somit wäre Pfarrwaller zufolge jedes Unternehmen gut beraten, sich mit diesen Themen auseinanderzusetzen. Großunternehmen wären ohnehin zum regelmäßigen Energieaudit verpflichtet, KMU zögen verstärkt nach.

Was der Elektrogroßhändler seiner Kundschaft verkauft, hat das Unternehmen zunächst in einem Selbstversuch geprüft. Im 23.000 Quadrat­meter großen Logistikzentrum in Weiß­kirchen konnte eine jährliche Stromeinsparung von 15 Prozent erreicht werden, was einer jährlichen CO₂-Reduktion von 60 Tonnen entspricht.

„Im Idealfall schafft ein Unternehmen ein autarkes Energiesystem aus erneuerbaren Quellen, unter anderem mithilfe von Solarenergie und Elektromobi­lität. So entsteht Unabhängigkeit von ­fossilen Energien, Preisschwankungen und Versorgungssicherheit. Es wird ein eigener Versorgungskreislauf geschaffen, in dem man Produzent und Konsument gleichzeitig ist. Dieses ­System ist auch im Kleinen anwendbar, Stichwort Smart Home, das ist sehr stark im Kommen. Wenn Unternehmen ihre Vorbildwirkung erfüllen, ziehen Privathaushalte nach“, zeigt sich Pfarrwaller überzeugt. (RNF)