Vorhaben finanzieren

NEW BUSINESS Guides - IT- & DIGITALISIERUNGS-GUIDE 2021
Zuerst vor der eigenen Haustür kehren, bevor man an fremde Türen klopft. Bei scheinbar profanen Dingen im eigenen Einflussbereich sollte man den Anfang machen. © Qube’s Pictures/Pixabay

„Geld macht glücklich, wenn man rechtzeitig drauf schaut, dass man’s hat, wenn man’s braucht“, bläute die TV-Legende Josef Kirschner den Fernsehzuschauern schon in den fernen 1980er-Jahren ...

... im Rahmen ­einer Bausparwerbung ein.

Diese alte Weisheit hat aber nichts an Aktualität eingebüßt, sie gilt für Geschäftsführer junger IT-Start-ups ebenso wie für Entwicklungsleiter etablierter Unter­nehmen. Die Wege zum Ziel sind vielfältig, und zumeist umfasst die optimale Lösung ein Bündel an Maßnahmen.

Leicht erreichbare Früchte nicht vergessen
Es ist ratsam, sich zunächst mit Dingen zu beschäftigen, die sich im eigenen Einfluss­bereich befinden und rasch zu Ergebnissen führen. Das beginnt mit sehr profanen ­Dingen wie dem zeitnahen Inkasso von Forderungen. Keinesfalls sollte man darauf vergessen, die leicht erreichbaren Früchte zu pflücken: Es gibt Produkte und Leistungen, die weder neu noch innovativ noch besonders sexy sind, die aber hier und jetzt nachgefragt werden. Diese Produkte und Leistungen mögen innerhalb weniger Jahre obsolet werden, aber hier und jetzt kann man mit ihnen Geld verdienen. Oft ist es angebracht, am Geschäftsmodell zu schrauben: Software-as-a-Service-Modelle (SaaS-Modelle) z. B. haben zwar das Potenzial, nachhaltig Erträge zu generieren, falls die Einrichtung aber mit Aufwand verbunden ist, sollte nicht auf entsprechende Einmalentgelte vergessen werden, weil sonst der Markterfolg kurzfristig zu erheblich negativen Cashflows führen kann.
Bei größeren Vorhaben wendet sich der Start-up-Unternehmer an Investoren, der Entwicklungsleiter eines etablierten Unternehmens hingegen an den Finanzchef. Investoren und Finanzchefs ticken grundsätzlich ähnlich, sie finanzieren am liebsten Vorhaben, die schnell, mit möglichst geringem Risiko möglichst hohe Gewinne nach sich ziehen. Der Entwicklungsleiter hat einen Vorteil: Der Weg zum Finanzchef ist typischerweise ein kurzer, und er bekommt normalerweise rasch ein Nein oder ein Ersuchen, vertiefte Grundlagen für eine Investitionsentscheidung zu liefern. Der Start-up-Unternehmer benötigt einen ausgefeilten Businessplan, um überhaupt einen Termin bei einem Investor zu bekommen, und er wird deutlich mehr als einen Termin benötigen. Erstens muss er mit einer Mehrzahl von Investoren sprechen, die von einer Vielzahl von Unternehmen umworben werden, und zweitens dauert der Beteiligungsprozess von der ersten Kontaktaufnahme bis zum Geldfluss typischerweise fünf bis sechs Monate.

Crowdfunding gewinnt an Bedeutung
In den letzten Jahren hat Crowdfunding an Bedeutung gewonnen. Crowdfunding ist vor allem deshalb attraktiv, weil man sich die langen und zähen Verhandlungen mit einem oder mehreren Investoren erspart, weil man sich an eine Vielzahl von kleinen Privatinvestoren wendet, die jeweils nur kleine Beträge investieren. Man erspart sich jedoch nicht die Erarbeitung von gesetzeskonformen Unterlagen (Kleininvestoren werden vom Gesetzgeber besonders geschützt), und wenn man viele Investoren erreichen will, dann braucht man die Marketing-Power von Crowdfunding-Plattformen, denn auch Kleininvestoren wollen überzeugt werden, und für Kleininvestoren ist der Verlust von kleineren Beträgen ähnlich ärgerlich wie der Verlust von größeren Beträgen für Großinvestoren. Tendenziell eignet sich Crowdfunding eher für Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle, die für auch für Kleininvestoren leicht verständlich sind. Hinsichtlich der Durchlaufzeit sind Crowdfunding-Finanzierungen in etwa mit Investorenfinanzierungen vergleichbar.

Öffentliche Hand
Es gibt aber auch vielerlei „öffentliche Hände“ auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene, die Vorhaben unterstützen. Hierbei gibt es folgende Instrumente:
• nicht rückzahlbare Zuschüsse
• bedingte Zuschüsse (ein Rückfluss an die Förderstelle erfolgt nur bei Projekterfolg)
• Förderdarlehen (entweder die Förderstelle vergibt das Darlehen direkt, oder sie vergibt Garantien, die Banken als Sicherheit dienen, was zur Folge hat, dass die Unternehmer keine Kreditsicherheiten aus der Privatsphäre wie z. B. Immobilien oder Wertpapiere beibringen müssen)
• eine Kombination aus nicht rückzahlbaren Zuschüssen und Förderdarlehen
• stille Beteiligungen (hierbei handelt es sich um eine Kombination aus Darlehen und Erfolgsbeteiligung)
• echte Beteiligungen (Fonds im öffentlichen Eigentum treten zuweilen auch als Investoren auf)
Die öffentliche Hand fördert unterschiedliche Dinge, insbesondere:
• Forschung und Entwicklung (z. B. im Zusammenhang mit der Entwicklung neuer Produkte)
• Innovation (das Produkt oder die Dienstleistung ist zwar innovativ, die Produktentwicklung ist jedoch technisch besonders anspruchsvoll)
• Investitionen
Die Investitionsförderung hat unterschiedliche Zielrichtungen, es werden besondere Expansionsvorhaben gefördert (z. B. Internationalisierung oder Digitalisierung) oder aber Investitionen ins Anlagevermögen (z. B. neue Gebäude, Ausrüstungen, Maschinen), von denen man sich positive Effekte für den Wirtschaftsstandort, die Schaffung von Arbeitsplätzen und bestimmte Umwelteffekte erwartet.
Die meisten Förderanträge sind vor Projekt­beginn zu stellen, eine Ausnahme bildet die steuerliche Forschungsprämie, bei dieser erhält man einen Zuschuss für die Ausgaben für Forschung und Entwicklung im letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr, wobei der Antrag gestellt werden muss, bevor das Finanzamt den Körperschaftssteuerbescheid übermittelt. Typischerweise gehen je nach Förderantrag vom Beginn des Verfassens des Antrags bis zum Geldfluss drei bis fünf Monate ins Land.
Wenn eine Produktentwicklung von einer Förderstelle gefördert wird, erleichtert dies auch die Gespräche mit Investoren und dem Finanzchef. Für den Finanzchef hat eine positive Förderzusage seitens einer Förderstelle zwei Vorteile: Erstens wurde das Vorhaben von externen technischen Experten geprüft und für gut befunden, und zweitens müssen infolge der Förderung weniger Eigenmittel seitens des Unternehmens fließen. Das senkt einerseits das Risiko und sorgt andererseits dafür, dass sich das Vorhaben schneller rechnet. Bei Investoren ist es ähnlich, wobei die Tatsache, dass der Investor wenig Geld in die Hand nehmen muss, auch zur Folge hat, dass der Unternehmer weniger Unternehmensanteile abgeben muss.
Unternehmensfinanzierung ist insgesamt dann doch komplexer als Bausparen, es reicht nicht, rechtzeitig zu starten, sondern man sollte sich auch überlegen, welche Instrumente man zu welchem Zeitpunkt und in welchem Ausmaß einsetzen will und könnte. (CE)

INFO-BOX
Der Autor
Mag. Christian Ebner ist Finanzierungsexperte und Partner bei Elpis Consulting GmbH.
Nähere Informationen finden Sie unter www.elpis-consulting.at