Ein anderer Weg

NEW BUSINESS Guides - IT- & DIGITALISIERUNGS-GUIDE 2025
Eigentlich bereits als erfolgreicher Unternehmer mit der Firma Mass Response unterwegs, reizte Franz Pichler die Herausforderung, ein Mobilfunkunternehmen zu gründen. Gesagt, getan. © RNF

Die Werte „einfach.menschlich.fair“ sind Franz Pichler, Gründer, Eigentümer und Geschäftsführer des Mobilfunkers spusu, sehr wichtig. Nicht zuletzt darauf beruht der Erfolg des Unternehmens.

Der österreichische Mobilfunkanbieter spusu wurde 2015 von Franz Pichler gegründet, der auch Eigentümer und Geschäftsführer ist. Hierzulande wird dafür das Netz von Drei genutzt. Mittlerweile ist das Unternehmen neben Österreich auch in Italien, Großbritannien und der Schweiz tätig – und außerdem nicht nur im Mobilfunkbereich aktiv. Im Interview mit NEW BUSINESS spricht Pichler unter anderem über die Entstehung der Mobilfunkmarke, die Bedeutung eines eigenen Mobilfunk-Cores und die weiteren Geschäftsfelder des Unternehmens.

Herr Pichler, spusu hat eine bemerkenswerte Entstehungsgeschichte. Wie kam es zu der Idee, diese Mobilfunkmarke aus der Taufe zu heben? Sie waren ja bereits erfolgreich mit Ihrer Firma Mass Response ­unterwegs.
Die Firma Mass Response existiert bereits seit 2002. Ich habe sie 2011 im Rahmen eines Management-Buy-outs übernommen. 2012 habe ich in der Zeitung gelesen, dass ­Hutchison Orange kauft und von der EU die Auflage bekommen hat, andere Anbieter in ihr Netz zu lassen, da es in Österreich dadurch nur noch drei Netze gab. Das habe ich zum Anlass genommen, um mich sofort zu melden und unser Interesse zu bekunden. Da die Verträge von der EU-Kommission bereits ausgearbeitet waren, war es im Grunde nur noch eine Unterschriftensache.

Die eigentliche Herausforderung bestand darin, ob wir als österreichisches Unternehmen in der Lage wären, einen ­Mobil­funk-Core zu entwickeln, aufzubauen und zu betreiben. Ein Mobilfunknetz besteht aus zwei Hauptkompo­­nenten: dem Access-Network mit den ­Funksendern und dem Mobilfunk-Core, der die Intelligenz des Netzes darstellt.

Sie hätten den Core auch zukaufen können, oder?
Genau. Andere Anbieter kaufen solche Systeme von Huawei, ZTE, Sony Ericsson oder anderen großen Herstellern. Wir gehen jedoch typischerweise einen anderen Weg: Wir entwickeln alles selbst, betreiben intensive Forschung am Standort Österreich mit unseren eigenen Technikern und sind stolz darauf, mit der Weltspitze mithalten und teilweise sogar besser sein zu können als große Hersteller.

Was sind die größten Vorteile eines eigenen Mobilfunk-Cores?
Der größte Vorteil ist die Unabhängigkeit in der Weiterentwicklung. Wir können Themen direkt und ohne Lieferanten und lange Wartezeiten lösen. Auch bei Problemen können wir sofort intern reagieren.

Sie haben aber nicht komplett bei null angefangen. Mit Mass Response hatten Sie bereits Erfahrung im Umgang mit einer großen Anzahl von Nutzern.
Richtig. Seit 2004 wickeln wir das Gesamt­voting für den Eurovision Song Contest ab. In zehn Minuten haben wir die Stimmen aus allen teilnehmenden Ländern bearbeitet. Dies ist meines Wissens nach der Dienst mit der höchsten Spitzenlast überhaupt – das haben wir entwickelt. Wir verfügen daher über ausgeklügeltes Know-how im Umgang mit großen Datenmengen in kurzer Zeit. 

Da das Voting bereits über SMS und Telefonie abgewickelt wurde, war ein Teil des Mobilfunk-Cores schon vorhanden, aber ein wesentlicher Teil musste noch entwickelt werden. Diesen Teil haben wir von 2013 bis 2015 erfolgreich dazuentwickelt. Am 15. Juni 2015 erfolgte dann der Startschuss.

Wie lange dauerte es von der Zeitungsmeldung bis zum ersten Kunden?
Zweieinhalb Jahre. 

Das ist beachtlich.
Ja, wir hatten einen Plan und haben diesen zeitlich eingehalten.

Wie ist dann der ungewöhnliche Name „spusu“ entstanden?
Die Markenentwicklung dauerte über ein halbes Jahr. Da der Firmenname „Mass Response“ für den Mobilfunkbereich ungeeignet war, holten wir uns einen internationalen Markenguru aus dem Telekommunikationssektor zur Unterstützung. Nach zahlreichen Namensversuchen, bei denen wir immer wieder negative Assozia­tionen im Internet fanden, entstand der Name „spusu“ spontan.

Der Gedanke war „Sprich und Surf“, und die Abkürzung „spusu“ kam ohne langes Nachdenken auf. Erst haben wir gedacht, es hört sich komisch an. Aber egal, wie man es in die Suchmaschine eingibt, man kommt immer zu uns – und es gab keinerlei negative Assoziationen. Der Name hatte nur Vorteile.

Was war der zweitbeste Vorschlag?
Es gab keinen zweitbesten Vorschlag, sondern viele verworfene Vorschläge. Einer davon war „Olive“, da wir uns stark auf die Farbe Grün konzentrieren wollten. Allerdings haben wir festgestellt, dass es auch hier negative Assozia­tionen gab. 80 Prozent der Bevölkerung mögen Oliven, 20 Prozent hassen sie.

Was ich sehr interessant finde, ist, dass spusu quasi ein Mobilfunk-­Familienbetrieb ist. Ihre Frau und Ihre Söhne arbeiten tatkräftig mit.
Ich würde uns eher als Technik-Familienbetrieb bezeichnen. Mittlerweile sind wir auch im Festnetz, im E-Bike- und Weinhandel sowie im Sport aktiv. Wir bauen in Asparn an der Zaya ein eigenes Gebäude mit Büros, Wohnungen und Nahversorger und haben eine eigene Baufirma für den Glasfaser-Infrastrukturausbau. Es ist ein breites Spektrum. 

Aber im Prinzip sind wir ein Familienbetrieb. Davon leiten sich auch viele Punkte der Firmenkultur ab. Wir denken schon an die nächsten zehn, 20, 30 Jahre – und das ist uns auch wichtiger als das nächste Jahr. In einer Aktiengesellschaft wird anders gedacht. Das ist ein wesentlicher Unterschied.

Wie kam es zu dieser Erweiterung des Angebots um E-Bikes und Wein?
Wir möchten die Marke spusu im Bewusstsein der Konsumenten als Qualitätsmarke positionieren. Das E-Bike ist ein qualitativ hochwertiges Produkt, das wir mit unseren eigenen Technikern direkt zum Kunden nach Hause liefern, dort auf die Bedürfnisse anpassen, eine Einschulung durchführen und auch den Service übernehmen. Dies trägt dazu bei, dass spusu vom anfänglichen Discounter-Image abrückt und als Qualitätsmarke wahrgenommen wird. 

Ähnlich verhält es sich mit dem Wein. Meine Frau und ich stammen aus dem Weinviertel und haben von unseren Eltern die Weinproduktion für den Eigenbedarf kennengelernt. Wir haben uns in Sachen Wein weitergebildet, und unser erster Wein, der „First 2022“, wurde Anfang 2024 beim Global Wine Master in London als bester Wein unter 245 Teilnehmern ausgezeichnet. Die Blindverkoster waren internationale Gastronomen und Weinhändler. Dies unterstreicht den Qualitätsanspruch von spusu Wein.

Sie haben vorhin auch das „Home of spusu“ in Asparn an der Zaya angesprochen. Was steckt da dahinter?
Viele unserer Mitarbeiter kommen aus dem Weinviertel und pendeln täglich nach Wien. Wir möchten den Trend umkehren und Arbeitsplätze dort schaffen, wo die Mitarbeiter wohnen. Das „Home of spusu“ soll den Mitarbeitern aus der Umgebung von Asparn an der Zaya einen Arbeitsplatz in ihrer Nähe bieten.

Wie haben sich die Zahlen von spusu im vergangenen Jahr entwickelt? Es scheint ein Rekord geworden zu sein.
Ja, wir haben 2024 unser stärkstes Kundenwachstum im Mobilfunkbereich in Österreich mit einem Aktivzuwachs von deutlich mehr als 100.000 Kunden verzeichnet. Einige Kunden verliert man immer, also ist unser Neukundenzuwachs sogar noch höher. Auch im Glasfaserbereich in Österreich und in den Mobilfunk-Märkten England und der Schweiz wachsen wir sehr gut. In Italien haben wir ein kontinuier­liches Wachstum.

Unser Ziel ist es, in vier ­Ländern eine halbe Million Kunden zu erreichen. Das ist in den nächsten fünf Jahren erreichbar. In Österreich haben wir mittlerweile 650.000 Kunden und sind sehr zufrieden. Wir sind stolz darauf, sowohl unser eigenes ­Wachstumsziel als auch den Titel des am stärksten wachsenden Mobilfunkers in Österreich im Jahr 2024 erreicht zu haben.

Was ist der Grund für diesen Erfolg? Nicht nur der Preis, oder?
Nein, wir sind nicht mehr der Preisführer, sondern bieten hohe Qualität zu einem sehr günstigen Preis. Wir setzen stark auf Qualität. Unsere eigenen Mitarbeiter beantworten alle Anrufe, E-Mails und WhatsApp-Nachrichten. Wir erhalten dafür viel positives Feedback von unseren Kunden. Vor einigen Jahren wurden wir vom Market Institut sowohl im Net Promoter Index als auch im Brand Lover Index als Erster unter 800 gängigen Marken in Österreich ausgezeichnet. Dies zeigt die Loyalität und Wertschätzung unserer Kunden.

Der österreichische Mobilfunkmarkt gilt als gesättigt, sogar übersättigt. Wie sehen Sie diese Situation aus geschäftlicher Sicht?
Angesichts unseres Erfolgs in den letzten zehn Jahren sehe ich die Situation positiv. Unser ursprüngliches Ziel war aber auch nicht primär ein großes Kundenwachstum, sondern die Entwicklung und der Betrieb eines Mobilfunk-Cores in Österreich und die Erfüllung unserer Kernwerte – einfach, menschlich, fair – gegenüber unseren Kunden und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Daraus ist dann ein beachtliches Kundenwachstum entstanden. Ich erinnere mich, dass ich nach unserem ersten Jahr auf die Frage nach unseren Zielen antwortete, ich wäre stolz, 100.000 Kunden zu erreichen. 

Heute haben wir über 650.000 Kunden in Österreich, zuzüglich der Kunden in anderen Ländern. Damit haben wir nicht gerechnet und sind sehr stolz darauf. Wir haben uns auch immer darauf konzentriert, mit dem Kundenwachstum auch die Anzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entsprechend zu erhöhen.

Die Suche nach guten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist in den letzten Jahren schwieriger geworden. Wie erleben Sie das bei spusu?
Wir haben sehr viele Bewerbungen und können uns die passenden Mitarbeiter aussuchen. Oftmals kennen die Bewerber bereits jemanden, der bei spusu arbeitet, und daher auch unsere Unternehmenskultur. Wir vermitteln das Bild eines guten, angenehmen, aber auch arbeits­intensiven Umfelds. Daher haben wir keine Schwierigkeiten bei der Mitarbeitersuche.

Von welcher Größenordnung sprechen wir bei den Mitarbeiterzahlen?
Seit der Übernahme des Unternehmens 2011 mit 19 Mitarbeitern sind wir auf über 300 Mitarbeiter angewachsen. Allein 2024 kamen über 50 Mitarbeiter hinzu.

Diese Zahlen beziehen sich auf Mass Response insgesamt, nicht nur auf ­spusu, oder?
Ja, einschließlich unserer Baufirma und anderer Bereiche. Mittlerweile gehören wir zur Kategorie großer internationaler Konzerne mit Standorten in Wien, München, London, Mailand und Zürich. Das hätte ich mir vor zehn Jahren nicht träumen lassen.

Glasfaser ist ebenfalls ein wichtiges Thema für Sie, sowohl im Infrastrukturbereich als auch als Dienstanbieter. Wie ist die Situation mit Glasfaser in Österreich?
Die Situation ist schlecht. Österreich war im Jahr 2000 europaweit führend, ist aber mittlerweile auf den vorletzten Platz abgerutscht. Deshalb haben wir 2014 begonnen, selbst Glasfaser verlegen zu lassen. Wir haben mit einer beauftragten Baufirma begonnen, aber bald erkannt, dass eine eigene Baufirma kosteneffizienter ist und wir nur so unserem Qualitätsanspruch gerecht werden können. Mittlerweile haben wir sieben Bautrupps, die unseren Glasfaserausbau vorantreiben. Wir bieten unsere Dienste aber auch in allen anderen Netzen an. Dort haben wir typischerweise einen Marktanteil zwischen 33 und 50 Prozent unter etwa 20 Anbietern.

Was müsste getan werden, um den Glasfaserausbau in Österreich zu beschleunigen?
Man sollte den Konsumenten fördern, der den Glasfaseranschluss tatsächlich nutzt, anstatt die Baufirmen. Dadurch würde die Take-up-Rate deutlich steigen, was die Projekte wirtschaftlicher macht. Eine Take-up-Rate von 80 Prozent ist ideal.

Wie sieht es mit der Unternehmensnachfolge aus? Bleibt Mass Response ein Familienunternehmen?
Meine Söhne Patrick und Michael sind über 30 und im Unternehmen tätig, Patrick bereits in der Geschäftsführung. Die Nachfolge ist gesichert.

Es gibt Wein, es gibt E-Bikes. Worauf dürfen wir uns unter der grünen ­Fahne von spusu noch einstellen?
Bei mir im Büro hängt am Kasten ein Zettel, da steht drauf: Nichts Neues mehr. Und ich schaue mal, ob ich mich daran halten kann. (RNF)