Energiesparchips der Zukunft

NEW BUSINESS Guides - UMWELTTECHNIK- & ENERGIE-GUIDE 2018/19
Halbleiter auf Galliumnitrid-Basis wandeln Strom deutlich effizienter um als herkömmliche Chips aus Silizium. © Infineon Austria

EU-Projekt PowerBase erfolgreich abgeschlossen

Drei Jahre lang wurde im europäischen Forschungsprojekt PowerBase unter Leitung von Infineon Austria an Energiesparchips der Zukunft geforscht. Nun präsentiert das hochkarätige Konsortium seine vielversprechenden Ergebnisse.

Der weltweit steigende Energiebedarf treibt die Entwicklung von immer leistungsfähigeren und effizienteren Energiesparchips an. Sie sind unabdingbar für hohe und nachhaltige Effizienzsteigerungen, beispielsweise bei der Erzeugung, Übertragung und Nutzung von Strom, in der Elektromobilität oder bei leistungsstärkeren Rechenzentren. Das europäische Forschungs­projekt PowerBase hat mit einem Projektvolumen von 87 Millionen Euro und 39 Partnern aus neun Ländern nach dreijähriger Laufzeit vielversprechende Ergebnisse geliefert: die erfolgreiche Entwicklung und Pilotproduktion der nächsten Generation von Energiesparchips. Das Projekt wurde von Österreich aus von Infineon Austria koordiniert.
Die sogenannten Leistungshalbleiter basieren auf dem neuen Halbleitermaterial Galliumnitrid (GaN). Erste Komponenten für Hochleistungsanwendungen wurden entwickelt, deren Produzierbarkeit demonstriert und damit die industriellen Voraussetzungen für den Einsatz am Massenmarkt erarbeitet. Diese Chips wandeln Strom weitaus effizienter um als Leistungshalbleiter aus Silizium, Energieverluste werden bis zur Hälfte reduziert.
„Für Europa sind Innovation, führende Kompetenz in Schlüsseltechnologien und eine starke industrielle Basis wesentliche Erfolgsfaktoren im Wettbewerb mit anderen Wirtschaftsräumen“, sagt Sabine Herlitschka, Vorstandsvorsitzende der Infineon Technologies Austria AG. „In der Leistungselektronik gibt es eine Vielzahl von europäischen Kompetenzen, die durch eine fokussierte Zusammenarbeit wesentliche Wettbewerbsvor­teile am globalen Markt bringen. Mit PowerBase zeigt Europa erfolgreich gemeinsame Forschungsstärke zur Erhöhung der Energieeffizienz in elek­tronischen Anwendungen.“

Europaweit erste Pilotlinie
Die grundlegende Zielsetzung von PowerBase war die erfolgreiche Einrichtung der europaweit ersten Pilotlinie für GaN-basierte Leistungskomponenten in einem hochvolumigen industriellen Fertigungsumfeld. Das ist eine ­wichtige Voraussetzung, um diese neuen Halbleiter zu global wettbewerbs­fähigen Kosten zu produzieren.

Serienreife GaN-Chips für anspruchsvollste Industrieanwendungen
Ein im Rahmen des Forschungsprojekts als Demonstrator entwickelter 600-Volt-GaN-Leistungshalbleiter konnte mittlerweile erfolgreich am Markt platziert werden. Der Energiesparchip ist bereits in rund 20.000 Geräten des Projektpartners Eltek, eines Komplettanbieters gesicherter Stromversorgungen, verbaut. Diese sorgen für wesentliche Effizienzsteigerungen in der Stromversorgung von energieintensiven Server- und Rechenzentren. „Wir streben danach, technologisch immer einen Schritt voraus zu sein. Der Einsatz der im Projekt PowerBase entwickelten, wegweisenden GaN-basierten Technologie gibt uns jetzt die Möglichkeit, diese Zielsetzung zu realisieren. Abgesehen von der Effizienzverbesserung bietet diese Technologie eine höhere Zuverlässigkeit, eine bessere Produzierbarkeit sowie weitere Vorteile, die es uns ermöglichen, auch in Zukunft der Branchenführer zu bleiben“, sagt Erik Myhre, Senior Manager Forschung & Entwicklung bei Eltek.

Verbesserte Qualität und Lebensdauer
Die intensive Material- und Zuverlässigkeitsforschung für verbesserte Qualität und Langlebigkeit von GaN-basierten Halbleitern hat sich ebenfalls gelohnt. Im herausfordernden Produktionsprozess wurden bei GaN-Wafern – dem Ausgangsmaterial für die Chips – Bruchraten unter zehn Prozent erreicht. Zusätzlich weisen die auf der Pilotlinie gefertigten Scheiben viermal weniger Defekte auf. Bei den demonstrierten 600-Volt-GaN-Chips wurden die Anforderungen industrieller Lebensdauer übererfüllt. Diese Chips sind auch bei ­harten Einsatzbedingungen äußerst robust und können kurzfristig einer Durchbruchspannung von mehr als 1.000 Volt standhalten.
Im Projekt PowerBase wurde auch das Grund­material Silizium von herkömmlichen Energie­sparchips optimiert und dessen Materialnutzungsgrad deutlich verbessert. Dieses Teilprojekt wurde bei Infineon Technologies Dresden umgesetzt. Die Ergebnisse werden bereits beim Projektpartner Siltronic in der Herstellung von Silizium­wafern angewendet. Die Siliziumstäbe, aus denen die 300-Millimeter-Dünnwafer (Siliziumscheiben mit 300 Millimeter Durchmesser) geschnitten werden, sind noch besser verwertbar. Dadurch konnte beispielsweise die verwertbare Stablänge für IGBT-Halbleiter (insulated-gate bipolar transistor) verdoppelt werden.
Im sogenannten Packaging, bei dem die Chips im Produktionsprozess abschließend in Gehäuse verbaut werden, wurden ebenfalls Fortschritte erzielt. Ein neuer Packaging-Ansatz ermöglicht die Inte­gration des 600-Volt-GaN-Chips in eine Systemlösung mit mehreren Halbleiterbauteilen und ausgezeichneten thermischen Eigenschaften.

Nächster Schritt: Massenmarkt für Konsumentenanwendungen
Die beim EU-Forschungsprojekt PowerBase entwickelten Technologien können bald in indus­triellen Anwendungen wie Wechselrichtern von Solaranlagen oder On-Board-Ladegeräten von Elektrofahrzeugen zum Einsatz kommen. Der nächste Entwicklungsschritt der neuen Genera­tion von Energiesparchips ist der Massenmarkt für Konsumentenanwendungen. Damit werden GaN-basierte Halbleiter in Smartphones, Computern, Beleuchtung oder Netzteilen eingesetzt. Wichtige Zielsetzungen dabei sind die Steigerung der Effizienz und eine weitere Miniaturisierung in der Anwendung. Die wesentlichen Voraussetzungen dafür, diese neuen Halbleiter reif für die industrielle Massenfertigung zu machen, hat ­PowerBase geschaffen. (BO)

INFO-BOX
Das Projekt und seine Finanzierung
Das Projekt PowerBase stärkt die globale Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Elektronikindustrie durch Investitionen seitens der Industrie, die Förderungen einzelner EU-Länder sowie die Unterstützung von ECSEL Joint Undertaking (Electronic Components and Systems for European Leadership). Eine Co-Finanzierung erfolgte durch Förderungen aus Österreich (Bundesministerium für Verkehr, Technologie, Innova­tion, bmvit), Belgien, Deutschland (Bundesministerium für Bildung und Forschung, BMBF), Italien, den Niederlanden, aus Norwegen, der Slowakischen Republik, aus Spanien, dem Vereinigten Königreich und durch ECSEL Joint Undertaking.