Mariana Karepova, Präsidentin Österreichisches Patentamt, im Porträt

NEW BUSINESS - NR. 11, NOVEMBER 2022
»Wie können wir nützlich sein für die Menschen und für die ­Gesellschaft? Das ist der Lackmustest, dem wir unser Angebot täglich unterziehen.« © Österreichisches Patentamt/APA-Fotoservice/Reither

Gegen Routine und den Stillstand: Die Unterstützung von Innovationen und Erfindergeist steht im Mittelpunkt des Schaffens von Mariana Karepova.

Beginnen wir aus aktuellem Anlass mit einer kleinen – obwohl, so klein ist sie überhaupt nicht – Sensation: Im soeben erschienenen European Innovation Scoreboard liegt Österreich in der Kategorie „Geistiges Eigentum“ ganz oben an der Spitze. Kein anderes Land in der EU meldet, am BIP gemessen, so ­viele Patente, Marken und Designs an.

Daran haben auch die Patentamtspräsidentin Mariana Karepova und ihr Team einen nicht unwesentlichen Anteil. Denn ­Karepova hat ihr Amt im Jahr 2015 mit dem erklärten Ziel angetreten, die Serviceorientierung der altehrwürdigen Institution auf ein ­neues Niveau zu ­heben. Seitdem steht sie dort am Ruder – übrigens als erste Frau in der ­Geschichte des 1899 gegründeten Österreichischen Patentamtes.

Schon vorher besaß sie langjährige Erfahrung im Innovations-, Technologie- und Forschungsförderungs- bereich. So beschäftigte sie sich nach ihrem Studium der Volkswirtschaftslehre an der Universität Wien mit österreichischer und europäischer Wirtschafts- und Innovationspolitik. Karepova war unter anderem ab 1997 bei der Arbeiterkammer in Wien beschäftigt, wechselte für die ­Europäische Kommission im Jahr 2000 nach Brüssel, war dann von 2003 bis 2011 in mehreren Positionen beim Forschungs­förderungsfonds sowie bei der Forschungsförderungsgesellschaft tätig und zudem fast fünf Jahre lang Teil des Kabinetts von Bundesminister:innen für Innovation und Technologie.

Begonnen hat Mariana Karepova ihre Studienzeit aber in einem anderen Fach – und in einem anderen Land. Nach dem Abschluss eines zweisprachigen Gymnasiums in Moskau, wo sie auf Russisch und Englisch unterrichtet wurde, studierte sie ebendort bis 1990 Slawistik an der Pädagogischen Universität. Doch schon einer ihrer ersten Jobs als IT-Lehrling in der Telefonzentrale der russischen Hauptstadt deutete den weiteren Berufsweg an.

„Ganz nebenbei“ hat sie außerdem eine Weiterbildung im Innovationsmanagement an der MIT Sloan School absolviert und ist heute darüber hinaus stellvertretende Vorsitzende des Vereins „Industrie 4.0 Österreich – die Plattform für intelligente Produktion“, Mitglied des Präsidialrates von Austrian Stan­dards, Mitglied des Aufsichtsrates des BFI Wien – und nicht zuletzt Mutter eines erwachsenen Sohnes.

„Jeder neue Job war ein Highlight, für das ich große Begeisterung empfunden habe“, erzählt Karepova. „Ohne dieses Gefühl hätte ich keine Job­angebote angenommen beziehungsweise mich nicht beworben. Das Kribbeln im Bauch ist einfach das beste Zeichen dafür, ob man überhaupt Lust und Kraft für den neuen Job aufbringt.“

Die Rolle, die sie und ihr Team beim ­Österreichischen Patentamt einnehmen, bringt breit gefächerte Herausforderungen mit sich, wie sie erklärt: „Freund aller innovativen und kreativen Menschen zu sein, bedeutet, die Türen des Amtes nach außen weit zu öffnen, die einzigartige Expertise unserer Patent­prüfer:innen aus allen Nischen und Branchen der Technik und Marken­expert:innen allen Erfin­der:in­nen und kreativen Menschen zur Verfügung zu stellen. Und andererseits, wenn es um die Prüfung und die Erteilung der Monopolrechte – nichts anderes sind Marken, Designs und Patente – geht, die Rolle zu wechseln, die Tür zu schließen und umsichtig und unabhängig zu entscheiden.“ 

Begeisterung für Neues
Zu Beginn wäre das so etwas wie eine „Kulturänderung“ gewesen, sagt Karepova, da das Amt zuvor fast ausschließlich in der zweiteren Rolle aufgetreten sei. „Inzwischen gibt es bei uns viel Hingabe und Begeisterung bei den Beratungen und Dienstleistungen.“ Diese Begeisterung spürt man auch bei ihr deutlich, wenn sie von ihrer Tätigkeit spricht.

„Es ist fast schon eine banale Floskel, aber wahr: Wir haben jeden Tag mit Neuem zu tun. Wir sind, außer den Erfinderinnen und Erfindern selbst, die Ersten, die Innovationen sehen. Schön ist auch, dass wir mit kreativen und sehr energischen Menschen – unseren Kun­d:in­nen – zu tun haben, die Neues, Sinnvolles auf den Weg bringen, Unternehmen gründen, eigene Produkte kreieren. Kurz: Es ist niemals Routine“, so die Patentamtspräsidentin.

Sie haben richtig gelesen, es ist von Kund:innen die Rede, nicht von Antragstellern oder anderen Begriffen, die man aus dem „Amtsdeutschen“ kennt. Serviceorientierung wird beim Patentamt eben wirklich groß geschrieben. Wie das erreicht wird? „Indem wir uns jeden Tag fragen, ob das, was wir ‚produzieren‘ und anbieten, auch das ist, was die Kundinnen und Kunden wirklich brauchen. Erleichtert es ihr Leben? Wie kann man Prozesse noch mehr verschlanken, Zeit- und Geldaufwand für Erfinderinnen und Erfinder und Kreative noch kleiner halten? Alles in allem: Wie können wir nützlich sein für die Menschen und für die Gesellschaft? Das ist der Lackmustest, dem wir unser Angebot täglich unterziehen.“

Dieses „Wir“, von dem Karepova spricht, ist ihr besonders wichtig, wie sie betont: „Teamplayer zu sein, ist für mich eine der absolut wesentlichsten Charakter­eigenschaften, sodass am Ende eines Arbeitstages ein Erfolg steht. Ich selbst bin es – hoffentlich – auch. Mit meinen Mitarbeiter:innen im Patentamt bin ich damit mehr als gesegnet.“

Dass Patentamtspräsidentin Mariana Karepova diesen „Wir-Begriff“ deutlich weiter denkt als nur bis zu den Außenmauern des Gebäudes in der Wiener Dresdner Straße, zeigt sich auch darin, dass sie zum Abschluss charmant eine schmeichelhafte Parallele zieht: „Ich mag den Titel Ihres Magazins sehr, denn jedes Business muss ein NEW BUSINESS sein, wenn es erfolgreich sein möchte. Das Österreichische Patentamt ist 123 Jahre alt, aber trotzdem ‚new business‘, das sich gegen Routine und gegen den Stillstand stemmt.“ Vielen Dank, Frau Karepova! Das sehen wir ganz genauso. (RNF)


11 FRAGEN AN MARIANA KAREPOVA

Was wollten Sie als Kind werden?
Mit zwölf habe ich mit meiner besten Freundin, völlig grafomanisch, an einem Roman geschrieben, den wir nie beendet haben, weil wir nach einigen Monaten selbst erkannt haben, wie grottenschlecht er war. 
    
Was bedeutet Glück für Sie?
Glück ist jedenfalls kein Dauerzustand, dafür ist es ein zu starkes Gefühl. Hätten wir es dauernd, würde es abflachen, gäbe es keinen Flash. Glück empfinde ich in Momenten, in denen ich mich mit der Natur oder einem meiner geliebten Menschen eins fühle, oder wenn ich etwas erfolgreich angehe, dort wo ich im Flow bin. 

Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?
„Die Wohlgesinnten“ von Jonathan Littell. Ein Roman über den Holocaust, darüber, wie ein hochintelligenter und gebildeter Mann im Namen einer „übergeordneten Ideologie“ seine Unsicherheit und moralischen Zweifel überwindet und zum Kriegsverbrecher wird. Nach dem Motto: „Ich hatte keine Wahl, ich habe nur Befehle ­befolgt“. Leider sehr aktuell in Kriegszeiten und nicht nur da.

Was war Ihr bisher größter Erfolg?
Das Leben besteht aus vielen kleinen Erfolgen, die man nicht gegeneinander auf- oder abwerten kann. 

Gibt es etwas, dass Sie schon immer ausprobieren wollten, sich bisher aber nicht getraut haben?
Paragleiten.

Was ist das Mutigste, das Sie je in ihrem Leben getan haben?
Das Mutigste war, aus der damaligen Sowjetunion nach Österreich zu kommen, ohne die Sprache zu kennen und nur irgendein Bild von dem zu haben, was der „Westen“ wirklich ist. Es waren ja noch die Zeiten des Eisernen Vorhangs. Das war ein tolles Abenteuer, aus dem ein schönes, erfülltes Leben in meiner neuen Heimatstadt geworden ist.

Welche Persönlichkeit inspiriert Sie?
Mich inspirieren Menschen mit einem großen Grad an innerer Freiheit. Menschen, bei denen sich ehrliche Neugierde mit aufrichtigem Interesse paart – besonders, wenn beides bis ins hohe Alter anhält. Ich kenne ein paar solche Menschen. Sie sind nicht prominent, deswegen würde hier Namedropping nichts bringen, aber für mich eine Inspirationsquelle. 

Mit wem würden Sie gerne einen Tag lang tauschen?
Mit einem kreativen Menschen, mit einer Malerin, einer Sängerin oder einer Architektin – wenn ich diese Skills hätte, was aber leider nicht der Fall ist.

Worüber haben Sie zuletzt gelacht?
Glücklicherweise bin ich von sehr humorvollen Menschen umgeben. Zuhause, in der Arbeit und im Freundeskreis. Sie bringen mich mehrmals am Tag zum Lachen. Und ich sammle und liebe Witze. Der letzte Hit: „Und denke daran: Immer, wenn eine Tür zugeht, geht eine andere auf.“ – „Klar, weiß ich doch. Ich hatte auch einen Trabi!“

Was motiviert Sie, tagtäglich aufzustehen?
Vasco, ein portugiesischer Wasserhund und mein Motivator des Jahres, der mich jeden Tag aufweckt, weil er Gassi gehen muss.

Wenn Sie ein Tier wären, welches wären Sie dann und warum?
Keines, ich gehe gerne aufrecht. 


ZUR PERSON
Forschung, Technologie und Innovation
Mag.a Mariana Karepova hat Volkswirtschaft studiert und Weiterbildung im Innovationsmanagement an der MIT Sloan School absolviert. Sie war in der Arbeiterkammer Wien und in der Europäischen Kommission tätig, bevor sie sich auf die Forschung, Technologie und Innovation fokussierte: In den vergangenen Jahren, war sie Projektbegutachterin und Entwicklerin von neuen Programmen in der Forschungsförderungsgesellschaft und war im Kabinett von Bundesminister:innen für Innovation und Technologie tätig. Seit 2015 ist Karepova Präsidentin des Österreichischen Patentamtes. Sie berät nationale und internationale Organisationen, ist unter anderem stellvertretende Vorsitzende der Plattform Industrie 4.0, Mitglied von Aufsichtsgremien sowie Jurorin bei Fonds und Preisausschreibungen.