V. l.: Christian Purrer (Vorstandssprecher Energie Steiermark), Bürgermeister Johannes Schmid (Gemeinde Rosental an der Kainach), Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer, Energie- und Klimaschutzministerin Leonore Gewessler, Martin Graf (Vorstandsdirektor Energie Steiermark), Bürgermeister Jochen Bocksruker (Stadtgemeinde Bärnbach) © Energie Steiermark
Die Energie Steiermark schickt Premstätten auf die „Glasfaserüberholspur“ und startet wegweisende Investitionsprojekte im Kampf gegen die anhaltende Energie- und Klimakrise.
Der Ausbau einer modernen Glasfaserinfrastruktur ist im ländlichen Raum essenziell, um als attraktiver und zukunftssicherer Lebensmittelpunkt sowie Wirtschaftsstandort wahrgenommen zu werden. Im Jahr 2022 startete die Energie Steiermark daher in der Marktgemeinde Premstätten mit dem flächendeckenden Ausbau eines FTTH (fiber-to-the-home)-Glasfasernetzes für über 3.300 potenzielle Kund:innen.
Ausschlaggebend für die erfolgreiche Umsetzung des Ausbaus war die Entscheidung von mindestens 40 Prozent der Bewohner:innen im Projektgebiet für einen Glasfaseranschluss. Die Investition von rund 6,8 Millionen Euro hat zum Ziel, dass ab 2023 die ersten Kundenanschlüsse aktiviert werden können.
Ultraschnelles Breitbandinternet gilt mittlerweile als unverzichtbare Infrastruktur und nimmt in einem modernen Lebensalltag – geprägt von den Faktoren Homeoffice, E-Learning, Smart-Home-Lösungen und diversen internetbasierten Anwendungen des täglichen Gebrauchs – einen ähnlichen Stellenwert wie ein Wasser-, Kanal- oder Stromanschluss ein. Bewährte Techniken, wie Kupfer-Telefonkabel oder bestehende Mobilfunklösungen können mit der fortschreitenden Entwicklung von Geräten und Anwendungen nicht mithalten.
FTTH (fiber-to-the-home) bietet nahezu unendliche Übertragungsgeschwindigkeiten und hat genügend Kapazität für die Nutzung verschiedener Internetanwendungen auf mehreren Geräten gleichzeitig. Glasfaser ist eine zukunftssichere Technologie, die über mehrere Jahrzehnte bestehen bleibt und zur Wertsteigerung von Immobilien beiträgt.
„Mit dem Ausbau des Glasfasernetzes leistet die Energie Steiermark einen Beitrag zur flächendeckenden Breitbandversorgung, vor allem auch in ländlichen Gebieten. Am Ende profitiert nicht nur die Bevölkerung, für viele Unternehmen bedeutet dieser leistungsfähigere Internetzugang einen Quantensprung im Bereich Digitalisierung. Mit der Marktgemeinde Premstätten haben wir einen Partner gefunden, für den das Gleiche gilt wie für uns – die digitale Zukunft ist jetzt“, so die Vorstände der Energie Steiermark Christian Purrer und Martin Graf.
Baustart für Österreichs erste Produktion von „grünem“ Wasserstoff in Gabersdorf
Neben der Breitbandoffensive hat sich die Energie Steiermark auch den Ausbau des erneuerbaren Energiesystems auf die Fahnen geheftet. Bereits im Geschäftsjahr 2021 wurden 186,4 Mio. Euro in den Ausbau und die Instandhaltung von Projekten im Bereich Erneuerbare Energie investiert. Über 120 Millionen flossen dabei in den Ausbau intelligenter Netzinfrastruktur, um vor allem grünen Strom aus Photovoltaikanlagen einspeisen zu können.
„Diese Rekordinvestition ist Teil unserer Strategie, die Abhängigkeit von internationalen Märkten zu verkleinern“, betonten Christian Purrer und Martin Graf anlässlich der Präsentation des Jahresergebnisses.
In der südsteirischen Gemeinde Gabersdorf beispielsweise erfolgte im April der Spatenstich für die Errichtung der ersten außerbetrieblichen Produktionsanlage für „grünen“ Wasserstoff in Österreich. Das Modellprojekt mit einem Invest-Volumen von 10,5 Millionen Euro entsteht auf einem 10.000 Quadratmeter großen Areal. Hier wird eine bestehende Biogasanlage mit einer neuen, 6.000 Quadratmeter Photovoltaikgroßanlage kombiniert. Jährlich werden somit bis zu 5.200 Tonnen CO2 eingespart.
Ab Ende 2022 werden in der neuen Anlage jährlich bis zu 300 Tonnen grüner Wasserstoff produziert. Erster Großkunde ist das Industrieunternehmen Wolfram Bergbau und Hütten AG – eine Tochter des global agierenden Sandvik-Konzerns. Der Betrieb in St. Martin ist Weltmarktführer bei Wolfram-Pulvern und übernimmt ab 2023 jährlich rund 70 Tonnen des grünen Wasserstoffs für seine Energieprozesse.
Die aktuellen Pläne der Energie Steiermark sehen vor, künftig auch die in der Landeshauptstadt Graz geplanten Wasserstoff-Autobusse versorgen zu können. Die in Gabersdorf produzierte Energiemenge reicht immerhin für rund 4 Millionen Kilometer bzw. 50 Busse.
Zusätzlicher Nebeneffekt: „Grünes Erdgas“ aus der Anlage wird ab 2023 parallel auch in das bestehende Erdgasnetz eingespeist. Damit ist Gabersdorf ab dem kommenden Winter eine „dreifache grüne Quelle“: für die Industrie (Wolfram), für die Mobilität (Busse) und für die Haushalte.
Energie Steiermark baut größten Photovoltaikpark Österreichs
Auf dem Areal der Aschekippe des ehemaligen Braunkohle-Abbaus in der Weststeiermark entsteht wiederum der größte Photovoltaikpark Österreichs, der bereits ab Herbst 2022 in das öffentliche Stromnetz einspeisen soll. Die mehr als 38.000 Kollektoren werden auf einer Fläche von insgesamt 21 Hektar (das entspricht 28 Fußballfeldern) positioniert.
Mit einer Leistung von 16,1 Megawatt werden pro Jahr mehr als 18 Millionen Kilowattstunden grüner Strom erzeugt. Das sorgt für die Einsparung von über 13 Millionen Kilogramm CO2 jährlich. Die Energie Steiermark investiert 12 Millionen Euro in die Umsetzung dieses österreichweiten Vorzeigeprojekts in Sachen Energiewende.
Während ähnliche Projekte – etwa beim Flughafen Wien – auf die teilweise Deckung des Eigenbedarfs ausgelegt sind, wird der Sonnenstrom in diesem Fall direkt über das Umspannwerk in Bärnbach für die privaten Kund:innen in der Region verfügbar gemacht. Über mindestens 25 Jahre kann der Bedarf von mehr als 5.700 Haushalten in der Region gedeckt werden.
„Die überaus konstruktive Zusammenarbeit mit den Gemeinden vor Ort und den Behörden auf Landesebene hat die Umsetzung in nur zwei Jahren ermöglicht. Das ist absolut beispielgebend und würde man sich auch in anderen Projekten wünschen“, so Vorstandssprecher Christian Purrer beim offiziellen Baustart.
„Auch die GKB Bergbau als Grundstückseigentümer und die Anrainer haben sich partnerschaftlich und positiv eingebracht. In Summe wollen wir als führendes grünes Energieunternehmen in den kommenden Jahren landesweit ja mit einer Gesamtleistung von rund 300 Megawatt über 100.000 Haushalte mit Strom aus Photovoltaik versorgen. Unser Budget für den Ausbau erneuerbarer Energieproduktion liegt bei über 2 Milliarden Euro“.
Zusätzlich zu den bereits bestehenden rund 25.000 privaten PV-Anlagen sollen in den kommenden Jahren noch mindestens 20.000 weitere kommen. „Dabei liegt der Fokus unserer Sonnenstrom-Offensive auf einer Nutzung der bestehenden Dachflächen – insbesondere auch von Industrie- und Agrarbetrieben – sowie auf der Errichtung von Freiflächenanlagen“, so Graf, „wir haben dafür bereits Flächen im Gesamtausmaß von 450 Hektar gesichert und ein Invest-Volumen von über 250 Millionen Euro eingeplant. Die dafür erforderlichen Investitionen in die Aufrüstung des Stromnetzes liegen bei rund einer Milliarde Euro.“ Allein die Fläche der PV-Kollektoren auf Unternehmensdächern hat sich in den letzten vier Jahren vervierfacht.
Geschützte Erdgas-Speicherkapazitäten für Industrieunternehmen
Vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen der Liefersituation bei Erdgas hat die Energie Steiermark für 15 heimische Industriebetriebe geschützte Speichermengen 150 GWh Erdgas von westeuropäischen Energielieferanten über südwesteuropäische Lieferrouten organisiert. Diese werden ab sofort in frei gewordenen Kapazitäten im Speicher Haidach in Salzburg eingespeichert.
In enger Kooperation mit der Industriellenvereinigung Steiermark wurde das neue Pilotmodell den großen steirischen Unternehmen vorgestellt, 15 Industriebetriebe haben das Angebot angenommen und Verträge über insgesamt 150 GWh Speichervolumen unterzeichnet. Das entspricht dem Jahresverbrauch von mehr als 15.000 Haushalten.
„Eine proaktive Absicherung der Energieversorgung – insbesondere jene von Gas – ist von enormer standortpolitischer Bedeutung. Wir haben uns daher entschieden, ein partnerschaftliches Hilfspaket zu schnüren, das Modellcharakter hat“, betont Christian Purrer.
Neues Kooperationsprojekt mit Enery
Aufgrund der anhaltenden Preisturbulenzen auf den internationalen Energiemärkten wurde außerdem ein Kooperationsprojekt mit dem österreichischen Grünstromerzeuger Enery gestartet: Mit einer Investitionssumme von rund 4,4 Millionen Euro wird in Frauental an der Lassnitz (Bezirk Deutschlandsberg) eine 50.000 Quadratmeter große Photovoltaikfreiflächenanlage errichtet. Der Baustart erfolgt noch im heurigen Jahr, die Inbetriebnahme wird bereits im April 2023 erfolgen.
20-Jahres-Liefervertrag mit globalem Industriekonzern unterzeichnet
Bereits im Vorfeld konnte der internationale Industriebetrieb Lenzing AG als erster Großabnehmer für den dort erzeugten grünen „Sonnenstrom“ gewonnen werden: Das weltweit agierende Unternehmen beschäftigt insgesamt rund 8.000 Mitarbeiter:innen und erzielte 2021 einen Jahresumsatz von 2,2 Milliarden Euro. Lenzing hat sich die Strombezugsrechte aus der Anlage für die kommenden 20 Jahre gesichert.
Damit bezieht der führende Produzent von biologisch abbaubaren, holzbasierten Spezialfasern für die globale Textil- und Vliesstoffindustrie nicht nur grünen, sondern garantiert auch langfristig günstigen und sicheren Strom und positioniert sich einmal mehr auch als wahrer Champion der Nachhaltigkeit.
Für die gemeinsame Errichtung der Anlage in Frauental wurde ein Areal im Ortsteil Gleinz ausgewählt, das bereits für die Sondernutzung gewidmet ist. Die installierte Leistung liegt bei 5,5 MW, die jährliche Energiemenge liegt bei 6 GWh (das entspricht dem durchschnittlichen Jahresverbrauch von rd. 1.800 Haushalten). Rund 1.800 Tonnen CO2 können damit jährlich eingespart werden.
Richtungsweisende Zusammenarbeit
Für Christian Purrer und Martin Graf ist das PPA-Projekt (Power Purchase Agreement) „das Ergebnis eines effizienten und richtungsweisenden Zusammenspiels zwischen Energieunternehmen, Regionalpolitik und Industrie mit klarer Win-win-Situation für alle Beteiligten. Mit diesem langfristigen Vertrag können wir Ökostrom zu einem fixen Preis über einen langen Zeitraum anbieten. Damit können sich gerade stromintensive Unternehmen vor den Risken der Ausschläge und der Volatilität der Energiepreise schützen. Diese Kooperation zeigt beispielhaft, wie rasch grüne Erzeugungsprojekte umgesetzt werden können, wenn sich alle Beteiligten auf gemeinsames Handeln einigen und auf Erklärungen verzichten, warum etwas nicht geht. Nach der Sicherung der Gasspeicherkapazitäten gemeinsam mit der steirischen Industrie setzen wir hier einen weiteren, wesentlichen Schritt“. (BO)