Jeder Beitrag zählt

NEW BUSINESS Guides - IT- & DIGITALISIERUNGS-GUIDE 2022
Seit Februar 2021 ist Gregor Grindjan als Chief Operating Officer für SAP ­Österreich tätig. © SAP Österreich

Welchen Zusammenhang gibt es zwischen den Themen Profitabilität und Nachhaltigkeit? Wie kann Transparenz erreicht werden? Und wo kommen Softwarelösungen ins Spiel?

Chief Operating Officer Gregor Grindjan von SAP Österreich gibt Antworten auf diese Fragen.

Nachhaltigkeit ist ein Thema, das Gregor Grindjan privat sehr beschäftigt. Aber auch in seiner Rolle als Chief Operating Officer von SAP Österreich spielt sie eine zentrale ­Rolle, sind die lokalen Nachhaltigkeitsprojekte des Softwareherstellers doch in seinem Office beheimatet. Im Gespräch mit NEW BUSINESS beleuchtet er den hohen Stellenwert von Nachhaltigkeit für das Unternehmen, seine Kunden und ihn ganz persönlich.

Herr Grindjan, zu Beginn, wenn auch mit einem knappen Jahr Verspätung, würde ich Ihnen gern zu Ihrem Aufstieg zum COO gratulieren.
Vielen Dank. Es macht auch jetzt, ein Jahr später, noch Spaß. (lacht) 

Sie haben sich von Beginn Ihrer Laufbahn an mit SAP beschäftigt, oder?
Die Wurzeln liegen schon 17 Jahre zurück. In der klassischen SAP-Beratung habe ich die Liebe zur Software und zur Betriebswirtschaft gefunden. Es hat mich sofort gepackt. Ich bin zwar sehr technikaffin, aber die Betriebswirtschaft hat mich schon immer interessiert. Mein Studium der Geschäftsprozessoptimierung hat das alles vereint. Mittlerweile arbeite ich seit elf Jahren bei SAP in unterschiedlichen Rollen. In meiner neuen Rolle kann ich starke Akzente setzen und mein Wissen bei Kunden einsetzen.

Nachhaltigkeit ist für Sie persönlich ein wichtiges Thema, wie ich gesehen habe. Sie haben beispielsweise vor einiger Zeit in einem LinkedIn-Beitrag die Frage aufgeworfen, ob es zwischen Nachhaltigkeit und Profitabilität einen Zusammenhang gibt. Wie ist Ihre Meinung dazu?
Profitabilität hängt mittlerweile sehr stark mit nachhaltigem Wirtschaften zusammen. Die Kaufentscheidungen der Konsumenten basieren – und das ist bei mir selbst nicht anders – darauf, wie Unternehmen mit Nachhaltigkeit umgehen. Wo beschaffen sie Ressourcen? Wo und wie wird produziert? Wie sieht es mit dem Social Impact aus? Das wird immer wichtiger.

Man merkt das auch daran, dass sich die Unternehmen immer stärker damit auseinander­setzen, wie sie Transparenz gegenüber den Konsumenten schaffen können und wie es mit ihrem CO₂-Haushalt bei ihren Produkten aussieht. Wenn man online bestellt, sieht man oft schon beim Produktkauf Angaben zum CO₂-Fußabdruck, kann zwischen Verpackungsmöglichkeiten wählen oder für einen Aufpreis sogar die CO₂-Neutralität der Bestellung verbessern.

Am Feedback merkt man, dass Kunden gern bereit sind, das zu bezahlen, und dabei sogar in Kauf nehmen, wenn die Lieferung deswegen länger dauert. Wenn man sich ansieht, wo die Entwicklung gerade im Bereich Fördertöpfe, Unterstützungen, Auftragslagen oder Ausschreibungen hingeht, bin ich davon überzeugt, dass Nachhaltigkeit immer signifikanter wird. Nachhaltigkeit wird sich in Zukunft sehr stark in der Profitabilität und Marge widerspiegeln – oder tut das eigentlich schon jetzt.

SAP geht mit seinen Nachhaltigkeits­bestrebungen seit Jahren mit gutem Beispiel voran. Das sieht man daran, dass Sie letztes Jahr zum 15. Mal in Folge als führendes Unternehmen der Softwarebranche im Dow Jones Sustainability Indices aufgeführt wurden. Was tut SAP konkret? 
Wir betreuen das Thema nicht erst seit gestern, das stimmt. 2009 haben wir den ersten Schritt gesetzt und erste Emissionseinsparungsprogramme ins Leben gerufen. Das geschieht seitdem konsequent und effizient. Wir sind zwar ein Softwarehersteller, aber sehen uns genau an, wo wir Stellhebel haben.

Es ist meine persönliche Meinung, dass jeder noch so kleine Beitrag wichtig ist und zählt, auch im privaten Bereich. Jedes Unternehmen, das auf dem globalen Markt wirtschaftet, muss Verantwortung übernehmen. Deswegen bin ich stolz, bei SAP zu sein, weil wir das sehr ernst nehmen und mit vollem Herzblut leben. Sowohl auf globaler Ebene, aber auch lokal. Das Thema Nachhaltigkeit ist bei der Geschäftsführung angesiedelt, und wir können somit in Österreich Nachhaltigkeitsprojekte fördern und unterstützen. Das Unternehmensleitbild lautet „make the world run better and improve people’s lives“ und ist nicht nur ein netter Slogan.

Wir haben zwei Ansprüche. Der erste ist, dass wir als Vorbild am Markt agieren wollen. Alles, was wir tun, hat einen Impact auf unseren Markt. Was wir entscheiden, muss eine positive Vorbildwirkung haben. Der zweite ist, dass wir Möglichmacher sein wollen, um mit unseren Lösungen und gemeinsam mit unseren Kunden in einer Partnerschaft das Thema Nachhaltigkeit in deren Betrieben weiterzubringen. Ganz konkret werden wir bis 2023 klimaneutral sein, statt wie ursprünglich geplant bis 2025. Wir sind in der Lage, dieses Ziel früher zu erreichen.

Die Covid-Situation war augenöffnend. Von einem Tag auf den anderen gab es Reisestopps. Wir sind ein Unternehmen mit viel Beratungstätigkeit bei unseren Kunden, das heißt auch Reisetätigkeit, und haben erkannt, dass das Business trotzdem effizient weiterläuft. Auch sehr viele Industrie­unternehmen haben gesehen, dass Homeoffice gut funktioniert. Die Mitarbeiter sind genauso engagiert, genauso effizient und müssen nicht jeden Tag ins Büro und im Stau stehen.

Allein das Covid-Jahr 2020 hat sehr stark dazu beigetragen, dass der CO₂-Fußabdruck nach unten gegangen ist. Wir haben gleich gehandelt und in unsere Dienstverträge ein flexibles Arbeits­modell einfließen lassen. Alle unsere Mitarbeiter weltweit haben dadurch die Möglichkeit, für sich flexibel zu wählen, ob sie ins Büro fahren oder von zu Hause arbeiten. So hat man auch letztes Jahr wieder gesehen, dass der CO₂-Fußabdruck, natürlich auch beeinflusst durch Lockdowns, weiter gesunken ist.

Wenn ich intern eine Reise buche, sehe ich zum Beispiel, welchen CO₂-Fußabdruck das hinterlassen würde. Man überlegt bereits im Vorfeld, ob die Reise notwendig ist. Wir sind viel flexibler geworden. Für eine Stunde Meeting muss man nicht in den Flieger. Wenn eine Reise wirklich notwendig ist, geht von der eigenen Kosten­stelle ein kleiner Beitrag an die Kostenstelle des Sustainability-Managers, der dieses Geld für Nachhaltigkeitsprojekte verwendet.

Eine Stellschraube ist also die Reduktion von Reisen. Aber wir sind nicht nur Softwarehersteller, sondern haben auch Rechenzentren. Dort wurde vom ersten Tag an darauf geachtet, nachhaltige, energieeffiziente Konzepte anzuwenden. Mit lokalen Projekten leisten wir außerdem in Österreich einen Beitrag.

Sie haben einen wesentlichen Punkt angesprochen: Nur mit dem Erheben von Daten wird der Einfluss von Maßnahmen und den eigenen Entscheidungen nicht nur messbar, sondern in gewisser Weise auch fühlbar. Man muss messen und vergleichen, um auch tatsächlich handeln zu können. ­Darum geht es im Endeffekt doch auch bei Ihren Lösungen in diesem Bereich, oder?
Die Stärke von SAP war und ist, dass wir es den Kunden ermöglichen, jeglichen Geschäftsprozess, von der Beschaffung der Rohstoffe bis hin zur Produktion und der Auslieferung, zu durchlaufen. So gibt es keinen Medienbruch. Jetzt geht es darum, die eingekauften Rohstoffe und die Produktion nach ihrem CO₂-Fußabdruck zu bewerten. Es geht in erster Linie darum, mit bestehenden Daten Transparenz für die Unternehmenssteuerung zu schaffen. Wir schaffen Lösungen, um diese komplexeren CO₂-Be­rech­nungen durchzuführen, denn dort ist gerade der größte Hebel.

Wir haben drei Evolutionsstufen. Evolutionsstufe Nummer eins ist das Erfüllen von globalen oder regionalen Richtlinien. Der zweite spannende Part ist „chasing zero“, also Emissionen und Abfall auf null zu bringen und die Kreislaufwirtschaft anzuregen. Schritt drei, sozusagen die Königsklasse, ist, nachhaltige Produkte und Dienstleistungen zu schaffen. Ein gutes Beispiel ist das Unternehmen Colgate-Palmolive, das schon bei der Produktentwicklung darauf achtet, welche Verpackungsmaterialien und Produkte verwendet werden, damit das Erzeugnis vom ersten Tag an nachhaltig ist. Wir unterstützen unsere Kunden schon in der Entstehung ihrer Produkte, um etwa Rohstoffentscheidungen durchführen zu können.

Was mich am meisten motiviert, ist, dass wir den Kunden nicht allein lassen. Wir arbeiten mit unseren Kunden und unseren Lösungen gemeinsam an tollen Projekten. Döhler ist ein gutes Beispiel, bei dem wir gemeinsam mit dem Kunden die komplette Lieferkette nach CO₂-Optimierungspunkten durchsuchen. Für mich ist der gemeinschaftliche Ansatz wichtig. Jeder kleine Beitrag jedes Einzelnen zählt, und in den Synergien und Allianzen steckt Kraft, um am Markt etwas zu verändern.

SAP fährt eine „eat your own dog-food“-Strategie, weil Sie Ihre eigenen Lösungen auch intern einsetzen, oder?
Ja, unsere Grundphilosophie ist, dass wir unsere Lösungen klarerweise selbst einsetzen. Wir können unsere Kunden nur dann optimal unterstützen, wenn wir selbst die Vorteile und Nachteile spüren. Seit 2012 ist das Thema Nach­haltigkeit auch in unserem Geschäftsbericht verankert. Wir machen transparent, wo unsere Impacts auf die Umwelt liegen, wo wir Emis­sions- oder Müllreduktionen erreicht haben, unseren Energieverbrauch und unsere sozialen Leistungen.

Wir messen das Mitarbeiterengagement bei internen Aktivitäten und sorgen für Diversität und Inklusion. Steuern kann man nur mit Transparenz. Das bedeutet einerseits, unsere eigenen Softwarelösungen zu nutzen, aber auch diese Aspekte sehr stark in die Unternehmenssteuerung und -philosophie einzubeziehen. Damit, dass wir das alles in unserem Geschäftsbericht sehr klar darlegen, sind wir sicher auch Vorreiter.

Wie sieht es bei den österreichischen Unternehmen mit der Nachfrage nach solchen Lösungen aus? Stehen wir noch am Anfang?
Wir sind mittendrin, die Nachfrage der Kunden ist sehr groß. Was sich verändert hat, ist, dass das Thema ganz oben auf der Agenda angekommen ist. Noch vor fünf Jahren gab es vielleicht einen Nachhaltigkeitsbeauftragten, oder einen Quality-Manager, der klassischerweise der erste Vorreiter in dieser Thematik in vielen Unternehmen war und ein kleines Budget dafür hatte. Laut einer Umfrage sind es aber jetzt 48 Prozent der CEOs, die das in ihren Unternehmen selbst umsetzen und es zu ihrer Philosophie machen.

In Österreich sind wir da sehr weit vorn. Jeder Geschäftsführer und jedes Vorstandsmitglied hat das Thema auf dem Radar. Bei jeder ­Kundendiskussion geht es auch darum, wie das jeweilige Thema mit Nachhaltigkeit zusammenspielt. Wir sind also nicht am Anfang, sondern kontinuierlich mit diesem Thema beschäftigt. Bei unseren letzten Produkt-Announcements aus diesem Bereich sind die Account-Teams schon am nächsten Tag von den Kunden angerufen worden. In Österreich sind wir da, wie so oft, Vorreiter und hinken nicht hinterher. Das ist sehr schön zu sehen.

Das ist eine gute Nachricht. Sie haben erwähnt, dass die Pandemie diversen Themen Vorschub geleistet hat. Kann dieser Schwung in die Zeit nach der Pandemie mitgenommen werden?
Ich bin mittlerweile fest davon überzeugt, dass es bei einer Balance zwischen Reiseminimierung und der Rückkehr ins Büro bleibt. Was mir bei Industriekunden, für die Homeoffice ein No-Go war, aufgefallen ist, ist, dass sie dem gegenüber mittlerweile komplett offen sind. Das Mindset hat sich bewegt. Kandidaten fordern Homeoffice und Flexibilität mittlerweile auch in Bewerbungsgesprächen. Ich bin überzeugt, dass Mitarbeiter nicht mehr zu hundert Prozent von Montag bis Freitag im Office sein werden und in vielen Fällen auch Remote-Termine statt Reisen bestehen bleiben. Ob das in Ewigkeit so bleiben wird? Ich hoffe es. 

Auf der anderen Seite merkt man auch im privaten Umfeld, dass die Reiselust steigt. Aber man überlegt zweimal, ob es wirklich der 46-Euro-Flug nach Lissabon sein muss oder ob man sich für eine Fluglinie entscheidet, die besser mit dem Thema Nachhaltigkeit umgeht. Ob und wie schnell das Pendel zurückschwingt, das kann ich nicht beantworten. Aber ich gehe davon aus, dass es eine Balance geben wird. Ich sehe es auch an mir selbst. Ich bin in Linz statio­niert, aber als Teil der SAP-Geschäftsführung in Wien, und es ist absolut okay, dass ich zwei Tage in der Woche oder jede zweite Woche in Wien bin. Vor fünf Jahren wäre das wahrscheinlich nicht so gut angekommen, wenn der COO nicht von Montag bis Freitag im Office ist. Da hat sich richtig viel getan.

Die SAP mit ihrer Transformation in Richtung Cloud-Unternehmen ist genau dafür bereits gut aufgestellt. Die Bereitstellung von Software für Mitarbeiter im Homeoffice über die Cloud ist deutlich einfacher.
Die Pandemie hat vielen Unternehmen gezeigt, wie viel Flexibilität sie durch Cloud-Lösungen erreichen. Ein gutes Beispiel ist die Signatur von Verträgen. Bei etlichen unserer Kunden mussten Verträge in eine Unterschriftenmappe und zu allen Beteiligten – ein Prozess, der oft bis zu eineinhalb Wochen dauert. Mit unserer Lösung DocuSign ist das in zwei Stunden erledigt. Dadurch werden die Geschäftsabschlüsse viel schneller und effizienter. Das ist eine kleine Anwendung in der Cloud, die viel Flexibilität schafft. Zusammenarbeit und Kollaboration sind nur über solche Cloud-Lösungen möglich.

Ich finde es sehr spannend, dass es oft ganz kleine Dinge sind, die enorme Auswirkungen haben. So wie bei dieser Signaturlösung. Zwei Stunden statt einer Woche ist eine enorme Verbesserung. Das ist keine KI, kein Roboter-Assistent oder was auch immer, aber trotzdem können sehr schnell große Potenziale gehoben werden.
Jeder noch so kleine Beitrag zählt. Das ist wie ein Butterfly-Effekt oder wie wenn man einen Stein ins Wasser wirft. Man geht viele Themen oft viel zu komplex an. Besser ist es, man beginnt mit schnellen, kleinen Häppchen, die man leicht verdauen kann, wie so einer Unterschriftenlösung. Viele von solchen kleinen Veränderungen öffnen das Mindset eines Unternehmens.

Diese Häppchen machen dann also Appetit auf mehr. Wenn wir schon bei den Lösungen sind – wollen Sie uns vielleicht einen kleinen Überblick über die Nachhaltigkeitslösungen von SAP geben?
Sehr gern. Die Hauptthemen spielen sich natürlich in unserem SAP-Kern ab, weil das die Grundlage für jeden Geschäftsprozess ist. Aber wir haben letztes Jahr viele Lösungen zu diesem Thema angekündigt. Die erste nennt sich ­Sustainability Control Tower, die Unternehmen hilft, Geschäftsentscheidungen auf Basis von Daten aus dem ERP, aber auch anderen Systemen zu treffen, die für die jeweiligen Fachbereiche aufbereitet werden. Wir nennen das „steering to zero“, also die Entscheidungen auf dem Weg zu zero emission auf Basis der Daten und Fakten, die das Unternehmen hat, zu treffen und Transparenz für alle Abteilungen zu schaffen. Das war das zuletzt präsentierte Produkt. 

Sehr spannend ist das Product Footprint Mana­gement für die Berechnung des Emissionsausstoßes anhand von Rohstoffwerten und Logistikprozessen. Das ist im Moment das gefragteste Tool, von Großunternehmen bis zum Mittelstand. Wir haben Lösungen für jede Unternehmensgröße. 

Ebenfalls spannend ist unsere Travel-Management-Lösung SAP Concur, die es mittlerweile schafft den CO₂-Fußabdruck über alle Reisenetzwerke hinweg zu berechnen, um Reisen transparenter zu machen. Erwähnenswert ist auch SAP Responsible Design and Production, mit dem schon in der Produktentwicklung sehr viele Entscheidungen getroffen werden können, wie ein Produkt im Sinne einer Kreislaufwirtschaft designt werden kann, wie man mit der Abfallwirtschaft umgeht, beispielsweise ob die Verpackung kompostierbar ist.

Die Roadmap wird immer länger, wir werden sicher noch vieles zu diesem Thema announcen. Ebenfalls kürzlich angekündigt wurde das Produkt SAP E-Mobility, das bei E-Fahrzeugen unterstützt. Wir sehen das selbst, weil auch wir viele E-Fahrzeuge im Einsatz haben: Es kommen alle zur selben Zeit und stecken ihre Fahrzeuge an. Das erzeugt eine Stromspitze.

Diese E-Mobility-Lösung sorgt für ein intelligentes Lademanagement. Wenn 50 Autos gleichzeitig angesteckt sind, kann der einzelne Arbeitnehmer sagen, er braucht das Fahrzeug erst morgen wieder, und das System reguliert den Ladevorgang entsprechend, um diese Spitze abzufangen. Das wurde letztes Jahr announct, und quasi im gleichen Augenblick haben die Telefone zu klingeln begonnen. Wir haben einige solcher kleineren Lösungen, die man schnell adaptieren kann.

Sie haben vorhin davon gesprochen, dass Sie auch lokal Möglichkeiten haben, Nachhaltigkeitsmaßnahmen zu setzen, wie etwa Bienen auf der Dachterrasse. Was ist denn in dieser ­Richtung in Österreich in Planung?
Unsere letzten Projekte waren alle erfolgreich, wie etwa zum Thema Müllverwertung, wo wir Speisereste zu Strom verwerten, oder unsere Photovoltaikanlage auf dem Dach. Heuer wollen wir Bewusstsein beim Einkauf schaffen. Wir arbeiten mit einem österreichischen Start-up zusammen, das den Einkaufsbeleg analysiert, Feedback über den CO₂-Fußabdruck gibt und alternative Empfehlungen macht. Dadurch können wir als SAP Österreich durch Änderung des Einkaufsverhaltens im privaten Umfeld zur Einsparung von CO₂ beitragen.

Das ist ein toller Ansatz, bei dem sich die Wellen, die im Unternehmen geschlagen werden, im Privaten ­fortsetzen. Wobei natürlich die ­großen Verbraucher auch größere Verantwortung tragen.
Absolut. Man muss sich nur ansehen, welche Unternehmen die größten Beiträge zum Klimaschutz leisten können. Umso wichtiger ist es, dass die entsprechenden Investitionen in größerem Umfang anlaufen. Mir persönlich ist wichtig, dass diese Investitionen keine Augenauswischerei sind, sondern wirklich signifikant. Wir wollen als nächstes Projekt unseren Mitarbeitern auch Fahrräder zur Verfügung stellen, über einen Leasing-Partner. Man darf nicht kurzfristig denken, sondern muss mittel- bis langfristig agieren.

Sie haben es gerade zwar nicht beim Namen genannt, aber angedeutet: Greenwashing. Ist das heute noch ein Thema? Darauf wird doch schon sehr geachtet.
Die Folgeschäden davon sind zu groß, als dass sich das noch jemand erlauben würde. Das passiert nicht mehr, im Gegenteil. Man versucht eher, gemeinsame Standards zu definieren, um Schwierigkeiten, wie es sie früher zum Beispiel bei Bio-Zertifikaten und -Logos gegeben hat, zu vermeiden. Es geht heute darum, Standards zu schaffen, die für den Endverbraucher transparent sind. In Europa, traue ich mich zu sagen, wird niemand mehr Greenwashing betreiben. Dafür sind die Auswirkungen mittlerweile zu groß und die Möglichkeiten, das herauszu­finden, auch.

Haben Sie sich für die nächsten Jahre auch persönliche Nachhaltigkeits­ziele gesetzt?
Privat wie beruflich sind mir zwei Punkte sehr wichtig: Der erste ist der bewusste Umgang mit Reisen. Nächste Woche fahre ich nach Budapest, und mein erster Gedanke war, weil ich ein E-Auto fahre, wo ich laden muss. Aber dann habe ich mich entschieden, mit dem Zug zu fahren. Da kann ich sogar arbeiten. Wenn ich mir etwas wünschen könnte, dann das, dass sich mehr Mitarbeiter zu nennen wir es „Reise-Communitys“ zusammenschließen. Das passiert in Österreich noch zu wenig.

Der zweite Part, der eine große Rolle in meinem Leben spielt, ist lokales Einkaufen. In Oberösterreich gibt es an jeder Ecke einen Landwirt, der seine Produkte verkauft. Dieses bewusste Einkaufen ist vielleicht aufwendiger, weil man sich damit auseinandersetzen muss und nicht einfach schnell den Einkaufswagen füllen kann, ich fühle mich dann aber beim Konsumieren viel wohler. Das Lokale zu unterstützen, macht viel mehr Freude, als ein Produkt zu kaufen, das vielleicht auf den ersten Blick günstiger und attraktiver ist, aber aus tausenden Kilometern Entfernung kommt. Bewusstes Reisen und Einkaufen sind für mich in den nächsten Jahren große Themen. Ich habe gemerkt, dass in diesen Bereichen viele umdenken. (RNF)

INFO-BOX
Zur Person
Seit 1. Februar 2021 zeichnet Gregor ­Grindjan als Chief Operating Officer für SAP Österreich verantwortlich. Vor diesem Karriereschritt entwickelte er als Head of Digital Supply Chain mit seinem Team in 17 Ländern der Region CEE neue Themen rund um das SAP-Supply-Chain-Portfolio weiter. Davor war Grindjan bereits sechs Jahre erfolgreich als Account Executive für Large-Enterprise-Kunden im Segment produzierende Unternehmen tätig. Seine Karriere bei SAP startete er 2011 im Vertrieb für SAP-Cloud-Lösungen und war für den Aufbau des Cloud-Markts und der entsprechenden Partnerlandschaft in diesem Bereich verantwortlich. Vor seinem Wechsel zu SAP arbeitete Grindjan u. a. bei Siemens, NÖM AG und ­Battenfeld Kunststoffmaschinen in beratender Funktion für die Supply-Chain. Grindjan hat zwei Universitätsabschlüsse, einen Master in Prozess- und Produktionsmanagement und ein Diplom (FH) in Wirtschaftsingenieur­wesen. Darüber hinaus unterrichtete er als Dozent an der Fachhochschule Wiener Neustadt.