Energiewende am Himmel

NEW BUSINESS Innovations - NR.10, DEZEMBER 2021
Am 28. Oktober ließ Airbus im Rahmen einer Testreihe in Zusammenarbeit mit Safran, Dassault, Onera und französischen Behörden einen A319neo erstmals drei Stunden lang ausschließlich mit sogenanntem Sustainable Aviation Fuel (SAF) auf Basis alten Speiseöls über dem ­Firmensitz in Toulouse fliegen. © Airbus/H. Goussé

Mit technologischen Innovationen und alternativen Antrieben soll klimaneutrales Fliegen bis 2035 Wirklichkeit werden. Wie der Weg in die Zukunft aussehen soll ...

... wurde auf dem Airbus Summit Ende September 2021 präsentiert. 

Klimaneutralität ist auch das zentrale Ziel der Luftfahrt. Daher forscht die Luftfahrtindustrie mit Hochdruck an zukunftsfähigen und nachhaltigen Technologien. Bis 2035 soll das erste CO2-emissionsfreie Flugzeug in Betrieb genommen werden. Auf dem Airbus Summit 2021 am 21. und 22. September wurde gezeigt, wie der Weg zu klimaneutralem Fliegen aussehen könnte: Mit alternativen Kraftstoffen, Wasserstofftechnologie, Elektroantrieb und verbessertem Flugverkehrsmanagement soll die Energiewende am Himmel Realität werden.

Alternative Kraftstoffe für Energiewende 
Nachhaltige Flugkraftstoffe (sustainable aviation fuels) spielen eine wichtige Rolle bei der Reduzierung der CO2-Emissionen. Daher sind bereits heute alle modernen Airbus Flugzeuge für eine Beimischung von bis zu 50 Prozent nachhaltigen Flugkraftstoffen zugelassen. Bis 2030 sollen es bis zu 100 Prozent sein. Gleichzeitig muss die Produktion von nachhaltigen Flugkraftstoffen deutlich gesteigert werden. Das senkt den Preis und ermöglicht so den Übergang zu alternativen Kraftstoffen in der zivilen Luftfahrt. Regierungen und Energieversorger tragen hierbei eine besondere Verantwortung. Auf der Kurz- und Mittelstrecke sind nachhaltige Flugkraftstoffe aber nur eine Übergangslösung. Wasserstofftechnologie macht CO2-emissionsfreie Kurz- und Mittelstrecke möglich.
 
Energieautonomie und Klimaschutz
Bis 2035 sollen die ersten Wasserstoffflugzeuge fliegen. Diese werden vor allem auf Kurz- und Mittelstreckenflügen zum Einsatz kommen. Im Rahmen der ZEROe-Initiative arbeitet Airbus mit dem Turbofan, Turboprop und Blended-Wing Body an drei Prototypen. 

Um klimaneutrales Fliegen zu erreichen, wird sich auch die Rolle von Flughäfen ändern. Das Aufkommen von neuer Wasserstofftechnologie wird für die Luftverkehrszentren neue Funktionsmöglichkeiten eröffnen. Denn neben den Verkehrsträgern spielt auch die Infrastruktur von Flughäfen eine zentrale Rolle auf dem Weg zur Klimaneutralität. Gerade hier treffen komplexe Systeme aufeinander: Beförderung von Passagieren durch Busse, Einsatz von Schwerlastfahrzeugen für die Logistik, wie Flugzeugschlepper und Frachtfahrzeuge. Wasserstoff hat das Potenzial, auch komplexere Fahrzeugsysteme zu betreiben, die mehr Energie benötigen. Zudem könnte Wasserstoff dazu beitragen, Energie zum Kühlen und Heizen bereitzustellen und so die Gesamtemissionen an den Luftverkehrszentren zu senken.
 
Elektroantriebe definieren urbane Mobilität 
Besonders in urbanen Zentren wird emissionsarme, effiziente Fortbewegung in Zukunft noch an Bedeutung gewinnen. Der CityAirbus NextGen will Antworten auf die Frage liefern, wie urbane Mobilität mit ökologischen und sozialen Faktoren in Einklang gebracht werden kann. Der auf dem Airbus Summit vorgestellte Prototyp eines vollelektrischen Senkrechtstarters kann bis zu vier Personen innerhalb eines 80 km Radius befördern – und das extrem leise und ohne Emissionen beim Flug zu produzieren. Als klimaneutrales Verkehrsmittel kann solch ein Modell zukünftig in großen Städten zusätzliche Optionen bieten, um stark frequentierte Wegstrecken schnell und komfortabel in der Luft zurückzulegen.

Im neuen Drohnencenter Manching wird die Erprobung des elektrischen Drehflüglers weiter ausgebaut. Im Oktober ging dort ein neues, weiterentwickeltes Modell des CityAirbus an den Start. Dabei stehen dann vor allem Fragen der Reichweite und der Nutzlast im Zentrum. Das Ziel ist eine wirtschaftlich nutzbare Version, das Fliegen zum Taxipreis. Ingolstadt und dessen nähere Umgebung werden zur Modellregion für die Urban Air Mobility. Das erhöht die Bedeutung des Standortes und hilft dem Klima gleichermaßen. 

Flugverkehrsmanagement senkt Emissionen
Das Flugverkehrsmanagement nimmt in den Diskussionen um klimaneutrales Fliegen häufig eine untergeordnete Rolle ein. Dabei können Verbesserungen in diesem Bereich bereits heute den CO2-Ausstoß drastisch senken. Verschiedene Maßnahmen wie ein kontinuierlicher Steig- und Sinkflugbetrieb, der das Kreisen in Warteschleifen überflüssig macht, Flugbahnoptimierungen in Form von direkten Flugbahnen zwischen Ab- und Ankunftsort sowie das Fliegen in bestimmten Flughöhen und das Taxing auf der Rollbahn mit nur einem Triebwerk können zu CO2-Einsparungen von bis zu 10 Prozent führen. Das stellte der Flug des Airbus A320neo von Paris zum Airbus Summit nach Toulouse unter Beweis. Er markiert den Beginn einer Reihe von Forschungsflügen, die im Rahmen des Single-European-Sky-Forschungsprojektes „Albatross“ zwischen 2021 und 2022 stattfinden. Ziel ist es, Erkenntnisse hin zu einem verbesserten Flugverkehrsmanagement zu gewinnen und damit Emissionen zu reduzieren. (BS)