Wir müssen unseren Stromverbrauch zunehmend in jene Zeiten verlagern, wo in Zukunft Überschüsse aus erneuerbarem Strom erzeugt werden. © APG
Bis Ende September waren bereits 125,6 Mio. Euro nötig, um Überlastungen im Stromnetz zu verhindern.
APG verbuchte 10 Mio. Euro für Redispatch-Maßnahmen und 87 Prozent Stromverbrauchsdeckung durch erneuerbare Energien.
Als zentraler Akteur der Energiewirtschaft ebnet Austrian Power Grid (APG) mit seiner Strominfrastruktur den Weg für die versorgungssichere Energiewende Österreichs. Dies ist die Voraussetzung, um die Klima- und Energieziele des Landes zu erreichen. Diese sind klar festgelegt: Bis 2030 soll der gesamte Stromverbrauch Österreichs von rund 80 TWh aus erneuerbaren Energien stammen bzw. die gesamte erneuerbare, installierte Leistung von rund 36.000 MW managebar sein.
Bis 2040 gilt es, Österreich klimaneutral zu machen. „Die Erreichung der Ziele ist eine Mammutaufgabe, bei der es neben der Dekarbonisierung der Erzeugung auch die Transformation des Gesamtsystems versorgungssicher zu managen gilt. Damit diese gelingt, müssen erneuerbare Anlagen und das überregionale Stromnetz im Rahmen einer Gesamtsystemplanung inklusive Speicherstrategie koordiniert ausgebaut werden“, sagt Gerhard Christiner, Vorstand von APG.
Allein im September kosteten die notwendigen Eingriffe in die Fahrpläne der Stromversorgung 10 Millionen Euro. Dabei wird der Stromfluss mit sogenannten Redispatch-Maßnahmen gesteuert. Darunter versteht man den gezielten und kontrollierten Einsatz thermischer und hydraulischer Kraftwerke, um Überlastungen im Stromnetz zu verhindern und die sichere Stromversorgung zu gewährleisten.
Derartige Maßnahmen mussten im Jahresverlauf bis Ende September bereits an 169 Tagen ergriffen werden. Mit 20 Tagen allein im September. Ein Umstand, der zu denken gibt und auch teuer zum Tragen kommt. Die für die sichere Stromversorgung dringend erforderlichen Redispatch-Maßnahmen kosteten dieses Jahr bis Ende September bereits 125,6 Millionen Euro, das sind um 31,6 Millionen Euro mehr, als im gesamten Jahr 2022 gebraucht wurden.
Hierbei wird von Kosten gesprochen, die am Ende der Stromkunde bezahlen muss. Ein leistungsstarkes Stromnetz mit ausreichenden Kapazitäten sowie entsprechende Speicherkapazitäten in allen Ebenen des Stromsystems würde den Redispatch-Bedarf erheblich verringern und damit die Kosten reduzieren. Der unmittelbare Ausbau der Netzinfrastruktur sowie der Stromspeicher haben daher oberste Priorität.
In den Septemberwochen (KW 36–39) konnten die erneuerbaren Quellen in Österreich 3.576 GWh (Gigawattstunden) Strom erzeugen. Damit konnten bilanziell 87 Prozent des heimischen Stromverbrauchs (4.097 GWh) gedeckt werden. Hauptanteil daran hatte die Wasserkraft, die im September mit 2.693 GWh rund 75 Prozent der Erneuerbaren ausmachte. Die Windenergie trug mit 492 GWh rund 14 Prozent zu den Erneuerbaren bei und die Photovoltaikanlagen mit 267 GWh rund 7 Prozent.
Positive Dynamik bei installierten PV-Anlagen erschwert die Stromverbrauchsprognose
„Im Sinne der Energiewende und des wachsenden Anteils erneuerbarer Energien ist der rasche Ausbau der Photovoltaikanlagen ausdrücklich zu begrüßen. Mit dem erwarteten Ausbau von nahezu 2.000 MW Photovoltaik in diesem Jahr wird eine Leistung mit der Größenordnung aller Donaukraftwerke innerhalb eines Jahres an das Netz angeschlossen“, erklärt Gerhard Christiner.
Gleichzeitig stellt diese Dynamik die Netze vor neue Herausforderungen. Die vermehrte Eigenproduktion durch Photovoltaikanlagen führt zu massiven Rückspeisungen von regionalen Stromüberschüssen aus dem Verteilernetz in das Übertragungsnetz. Die ursprünglich gewohnte Verbrauchsspitze zu Mittag gibt es an sonnigen Tagen nicht mehr, im Gegenteil, der Stromfluss dreht sich vollständig um und die regionalen Stromüberschüsse müssen über das Übertragungsnetz zu den Speicherkraftwerken oder ins Ausland transportiert werden.
Das verändert auch die Strompreiskurve signifikant und führt an verbrauchsschwachen Wochenenden zur Mittagszeit sogar zu negativen Marktpreisen, wenn es für den Strom keine Abnehmer mehr gibt oder aufgrund von Netzengpässen eine weiträumige Verteilung nicht möglich ist. Wir müssen unseren Stromverbrauch zunehmend in jene Zeiten verlagern, wo in Zukunft Überschüsse aus erneuerbarem Strom erzeugt werden.
„Diese Entwicklung zeigt uns die große Dringlichkeit, die Stromnetze zu verstärken und alle Akteure des Energiesystems zu digitalisieren, um mögliche Flexibilitäten der Stromkunden für das Stromsystem nutzbar zu machen. Das schaffen wir nur mit noch schnelleren Genehmigungsverfahren und einem neuen Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ELWG), welches den Rahmen für ein modernes, kundenzentriertes Energiesystem schafft“, erklärt Christiner. (BO)