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Die Krise als Katalysator der Digitalisierung © mohamed Hassan auf Pixabay

Gerade in der aktuellen Krise werden große Hoffnungen in die digitale Transformationen und Innovationen aus der „IT-Ecke“ gesetzt. Das hat für einen Aufschwung bei entsprechenden Projekten gesorgt.

Ein Wechsel der Perspektive sorgt oft dafür, dass ein und dieselbe Situation plötzlich ganz anders wahrgenommen wird. Für so einen Perspektivwechsel hat die Coronavirus-Krise in vielerlei Hinsicht gesorgt, nicht zuletzt bei Themen wie Digitalisierung, Homeoffice und Remote Work. Das ist einerseits spürbar, lässt sich aber andererseits auch belegen.

Einen solchen Beleg lieferte kürzlich der internationale IT- und Digitalisierungsexperte Nagarro mit der Veröffentlichung der Ergebnisse seiner eigenen Recherchen dazu. Im Rahmen des Nagarro Quality Leadership Circles im April 2020 diskutierten Experten des Unternehmens mit rund 15 österreichischen Top-CIOs. Die Ergebnisse decken sich mit Kundengesprächen, die Nagarro während und nach dem Lockdown rund um den Globus geführt hat. Demnach könnte die Krise als Katalysator der Digitalisierung wirken. „Uns haben die Geschwindigkeit und der Nachdruck, mit dem das passiert, überrascht. Viele Schwächen, die im normalen Tagesgeschäft übersehen wurden, wurden durch die Krise sichtbar“, so Thomas Riedl, einer der Managing Directors von Nagarro in Österreich, der ergänzte: „Es gilt jetzt, aktiv zu werden. Wenn man auf die anderen wartet, ist es zu spät.“

Den österreichischen CIOs zufolge gibt es gleich mehrere Gründe, warum diese Krise den Digitalisierungsthemen frischen Wind unter den Flügeln verleihen wird. Neben den von Riedl erwähnten Schwächen bei Produkten, Services und internen Prozessen, die durch den Lockdown an die Oberfläche getreten sind, sind die Unternehmen außerdem bezüglich der Wiederkehr von Krisensituationen sensibel geworden und wollen künftig vorbereitet sein. Die Ausgangsposition für tiefergreifende Änderungen an der IT-Front ist derzeit somit ausgesprochen günstig, denn die IT – wenn alles gut läuft oft für ihre Forderungen und Vorschläge belächelt – wurde in der Krise zum Enabler für Geschäftskontinuität und erhält jetzt die Anerkennung dafür. Durch den steigenden Wettbewerbsdruck ist darüber hinaus das Bewusstsein für neue Ressourcen, wie den Wert von Daten, gestiegen. Dabei zählt Technologie den CIOs zufolge zu den wichtigen Stellschrauben, um Produktivität zu steigern und Kosten zu sparen. Nicht zuletzt machen sich die Unternehmen jetzt Gedanken darüber, wie sie bei Mitarbeiter-Reduktion, Kurzarbeit und Physical Distancing ihren Betrieb aufrechterhalten können. Dabei scheint aber das „Diktat des Rotstifts“ nicht an erster Stelle zu stehen, wie Thomas Riedl beobachtet hat. Der Einsparungs-Aspekt innovativer Themen sei ihm zufolge in den Hintergrund gerückt, stattdessen gehe es darum, wie man beispielsweise seine Experten mittels künstlicher Intelligenz dabei unterstützen könne, noch bessere Arbeit abzuliefern. Es stünde nicht mehr im Mittelpunkt, mittels Technologie an der Kostenschraube zu drehen und Mitarbeiter wegzurationalisieren. „Das freut mich als IT-Mann sehr“, so Riedl mit ehrlicher Erleichterung.

Cloud: Na also, es geht doch!
Die während der Krise aus der Not geborenen Infrastrukturen – beispielsweise im Zusammenhang mit Cloud oder Remote Collaboration – werden nun im Nachhinein professionalisiert und werfen dabei auch die eine oder andere strategische Frage auf. Um beim Thema „Wolke“ zu bleiben: Nagarro zufolge hat sich die Einschätzung zu diesem Thema, das gerade in Österreich bislang noch immer mit gewisser Vorsicht beäugt wurde, in der Lockdown-Phase deutlich gedreht. War man zunächst „zur Cloud gezwungen“, würden jetzt im Zuge der nachträglichen Professionalisierung Barrieren aufgelöst. Diese überraschende Wendung spricht dafür, dass sich Infrastrukturen und Services in der Cloud in den nächsten fünf Jahren völlig verändern werden.

Den Erhebungen von Nagarro zufolge geht zum Beispiel kein CIO mehr davon aus, dass Software-Entwicklung, Software Development Lifecycle oder DevOps in Zukunft lokal betrieben werden. Das wäre eine massive Änderung, da etwa DevOps derzeit vorwiegend lokal betrieben werden. In fünf Jahren werde dies in der Cloud oder zumindest hybrid stattfinden, ist man bei dem IT-Unternehmen überzeugt. Auch Business Intelligence und Analytcis werden heute überwiegend lokal betrieben. Die befragten CIOs waren sich hier ebenfalls darüber einig, dass sie diese Prozesse binnen fünf Jahren in die Cloud verlegen werden. Der Hauptgrund hierfür liegt in den Kosten für Datenspeicher. Damit wäre wiederum die Basis für zahlreiche weitere Digitalisierungskonzepte geschaffen.

Homeoffice & Collaboration
Nagarro selbst hat weltweit 6.500 Mitarbeiter und stand damit selbstverständlich, wie jedes andere Unternehmen dieser Größenordnung auch, im Lockdown unter Zugzwang. Zumindest diese Herausforderung war für Nagarro jedoch überschaubar. Riedl: „Dadurch, dass wir ein global tätiges Unternehmen sind, ist Remote Work ohnehin zu einem Gutteil unser tägliches Doing. Was andere Unternehmen während der Krise lernen mussten, hatten wir bereits gelernt. Wir beraten auch schon seit einiger Zeit zu diesem Thema. Dadurch war es kein Problem, von Freitag auf Montag in den Remote-Modus zu schalten.“ Jedoch sei in der Zusammenarbeit mit manchen Kunden zu spüren gewesen, dass diese Erfahrung nicht überall in diesem Ausmaß vorhanden war. Bei den meisten resultierte daraus wohl eine steile Lernkurve. „Wir sehen bei den Kunden, die Probleme hatten, große Bestrebungen, diese Lücke zu schließen“, so Managing Director Riedl.

Nagarro hat die Gelegenheit genutzt, auch die eigenen Mitarbeiter „abzuklopfen“ und zu ihrer „Work from Home Experience“ zu befragen. Die Ergebnisse daraus decken sich mit anderen Umfragen, die zum Thema erschienen sind. So schätzten zwischen 81 und 95 Prozent der 4.900 befragten Nagarro-Mitarbeiter Home Work als sehr gut oder gut ein. In Österreich waren es 87 Prozent, die restlichen 13 Prozent beurteilten die Remote-Arbeit von daheim als OK oder eher schlecht. Den künftigen Homeoffice-Anteil schätzen die meisten Mitarbeiter auf drei Tage pro Woche, nur acht Prozent der Mitarbeiter in Österreich glauben, dass sich in Zukunft eine fünftägige Homeoffice-Woche durchsetzen wird. Dazu Riedl: „ Ich bin ein unverbesserlicher Optimist. Für mich wäre ein Szenario, in dem die Leute zwei bis drei Tage im Homeoffice sind, wo sie produktiver arbeiten können, und die ein oder zwei Tage im Büro als Highlight sehen, sehr schön.“

The New Enterprise
Was sich Nagarro an die Fahnen geheftete hat, das ist der Begriff „The New Enterprise“. Gemeint sind damit Technologiekonzepte, welche die Position eines Unternehmen stärken können und die damit gerade jetzt besonders gefragt sind. Wie das passieren kann, ist natürlich von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich. Einige Smart Services stehen bereits in den Startlöchern, sind technologisch ausgereift und einsatzbereit. Welchen Mehrwert sie im Einzelfall bieten, lässt sich über Proof-of-Concepts und anhand von Best-Practice-Evaluierungen einschätzen. Nagarro greift hier einige Innovations-Cluster gezielt heraus und stellt sie vor den Vorhang. Dazu zählt unter anderem „Cloud, Big Data und Analytics“ und wie man aus dem Datenberg, auf dem man als Unternehmen vielleicht ohnehin sitzt, einen Datenschatz machen kann.

Aber auch „Assisted und Augmented Reality“ sind keine Sci-Fi-Themen mehr und haben im Verlauf der Krise massiv an Bedeutung gewonnen. Ging es davor meistens darum, beispielsweise bei der Wartung von Anlagen rund um den Globus die Reisetätigkeit der ohnehin knappen Ressource Fach-Experte zu minimieren und stattdessen lokale Mitarbeiter durch Remote-Unterstützung zu befähigen, auch komplexe Arbeitsschritte durchzuführen, sind es jetzt andere Herausforderungen, die im Vordergrund stehen. „Der Aufhänger war: Wie kann ich die Anlagen während der nächsten Krise warten? Im Moment evaluieren viele Kunden, wie sie Remote-Wartung in der nächsten Krisensituation unter der Wahrung von Social Distancing durchführen können. Es war für viele Unternehmen eine schwierige Situation, einige Mitarbeiter zu Wartungen zu schicken, während alle anderen im Homeoffice waren“, erzählte Riedl.

Ähnliche Argumente werden auch beim Thema „Artificial Intelligence“ schlagend. Nagarro war im Bereich AI einer der Early Adopters am österreichischen Markt und es zeigt sich, dass viele Unternehmen ihre vorsichtigen Abwartehaltung verlassen und aktiv mit Projekten in Kernbereichen der jeweiligen Unternehmen beginnen. Ein Beweggrund dafür ist, Szenarien zu evaluieren, wie mit weniger Mitarbeitern der Betrieb aufrechterhalten werden kann. Neue Technologien und dadurch mögliche Prozessoptimierungen sind dafür ein wesentlicher Enabler.

Unter den Aspekten Kosten sparen zu wollen, die Mitarbeiteranzahl zu reduzieren sowie der Kurzarbeit hat sich auch das Thema der Automatisierung von industriellen Prozessen auf Basis von Internet of Things Nagarro zufolge massiv verstärkt.

Beim Thema „Connected Worker/Connected Enterprise“ kommen mehrere Innovationen gemeinsam zum Zug. Nagarro propagiert bereits seit längerem ein Connected Enterprise, in welchem verschiedene verfügbare Technologien intelligent miteinander kombiniert werden. Ein aktuelles Beispiel für Connected Worker wurde bei Energie Burgenland für die Inspektion von Windkraftanlagen umgesetzt, wo mit Hilfe intelligenter Datenbrillen Assisted Reality, Mobile App Development, Drohnen und Artificial Intelligence zu einer Smart Solution gebündelt werden.

Rasche Hilfe für Modul University
Das Nagarro mit seinen Angeboten auf das richtige Pferd gesetzt hat zeigt sich auch darin, dass die Auftragslage sich auch während der Krise gut entwickelt hat. Beispielsweise war die Modul University auf der Suche nach einer skalierbaren und zuverlässigen Lösung, die es unter den gegebenen Rahmenbedingungen erlaubte, das Sommersemester fortzusetzen, indem man vom physischen in ein virtuelles Klassenzimmer wechselt.

In nur zwei Wochen implementierte Nagarro virtuelle Klassenzimmer auf Basis von Microsoft Teams. Zusätzlich wurden Richtlinien und Prozesse zur Nutzung erstellt, sowie Schulungen für die Dozenten und Fakultätsmitarbeiter durchgeführt. Doch damit war das Projekt noch nicht beendet. In einem nächsten Schritt ist das Ziel, ein Franchise-fähiges Arbeitsplatzmodell zu schaffen, mit Anbindung an die Cloud und der automatisierten Bereitstellung von zusätzlichen Arbeitsplätzen. Damit wird die Modul University in die Lage versetzt, ihre Lösung selbst weiterzuvermarkten und auch anderen Einrichtungen zur Verfügung zu stellen. Ganz im Sinne der digitalen Transformation wurde damit nicht nur ein akutes Problem gelöst, sondern zugleich ein potenzielles neues Geschäftsmodell für die Zukunft eröffnet.

Was wird bleiben?
Eine der spannendsten Fragen ist, welche durch Corona hervorgerufenen Änderungen dauerhafter Natur sein werden und welche nicht. „Ich glaube, dass jede Prognose, die man jetzt abgibt, falsch ist. Aber meine ‚falsche Vermutung‘ wäre, dass es wahrscheinlich wieder eine Rückkehr zu den Verhaltensweisen und Dynamiken vor der Krise geben wird – allerdings nicht restlos. Die Beschleunigung, die jetzt passiert ist, wird zurückgenommen. Da ist bei vielen Unternehmen die Luft raus. Ich glaube aber auch, dass die Dynamik höher bleiben wird. Auch die Themen Remote oder Homeoffice werden wieder ein bisschen zurückgehen. Aber es gibt sicher kaum jemanden, der nicht ein oder zwei Tage Homoffice pro Woche machen will“, so Thomas Riedl zum Abschluss mit einem kleinen Lächeln. (RNF)

www.nagarro.com

Übrigens: Noch bis 2. Juli läuft die virtuelle Event-Serie "The Rise of The New Enterprise" von Nagarro. In 90-minütigen Tracks wird gezeigt, wie Marktteilnehmer die Lage einschätzen und welchen Beitrag Technologien, aber auch ein Umdenken im kulturellen Mindset, gerade jetzt leisten können. Weitere Informationen zu den noch ausstehenden Veranstaltungen finden Sie hier.